In Paris sind zwei Damen der Hähern Region, Fürstin Paul Demidoff-Metschorsky und Baronin Hely d'Hoisscl an dem ihnen bei der Niederkunft gereichten Chloroform gestorben. Die Frage, ob in obigem Fall überhaupt das Chloroform angewendet werden dürfe, ist bereits der Akademie vorgelegt.
Madrid, 25. Okt. Die Gesandten Frankreichs, Portugals, Englands und Preußens überreichten dem Minister des Auswärtigen, Lorenzano, Noten ihrer Regierungen, welche die provisorische Regierung von Spanien anerkennen. Die Anerkennung durch Italien wird mit nächstem erwartet. Olozago wird in besonderer Mission seiner Regierung nach Paris und London reisen.
Madrid, 26. Okt. Die Gaceta veröffentlicht ein Manifest der provisorischen Regierung an die 'Nation, worin sie die Bürger auffordert, über die positiven Bedürfnisse nachzudenken, welche demnächst befriedigt werden müssen. Sie faßt den Fall der Dynastie als den Probirstein der durch die Revolution eröff- neten neuen Aera auf. Die Verwaltnngsprinzipien der künftigen Regierung werden auf die Freiheit im weitesten Sinne basirt fein. Am wichtigsten sei die durch die neue politische Lage herbeigeführte religiöse Freiheit, sodann die Unterrichts-, Preß- und Versammlungsfreiheit. Das Manifest sagt, die provisorische Regierung stimme für eine starke Monarchie, entwickelt die Gründe hiefür, versichert jedoch, die Nationalfouveränetät solle respektier- werden und schließt, indem es Vertrauen, Ordnung und den Beistand des Volkes fordert.
Die neueren Nachrichten aus Spanien lauten so, daß man dem Gange der Dinge daselbst eine günstigere Seite abgewinnen kann. Nicht durch das unsichere Mittel einer Volksabstimmung, sondern durch eine ruhig berathende Versammlung vom Volke gewählter Vertreter soll die künftige Form des Staates bestimmt werden und die Republik darf bereits als unterlegen betrachtet werden. Erst die Verfassung und dann der Regent, das ist der naturgemäße Gang der Dinge! (T. Chr )
Aus Lissabon, 24. Okt., wird dem Fr. I. telegraphirt, daß, nachdem der König Dom Fernando von Portugal die spanische Krone mit aller Bestimmtheit abgelehnt habe, Unterhand langen mit dem Herzog von Montpensier angeknüpft worden seien, der, wie man sagt, die ihm angetragene Krone annehmcn werde.
Eine Geistergcschichte aus dem Leben Pauls i. von Rußland.
Im Jahre 1782 hatte der Großfürst Paul mit seiner Gemahlin unter dem angenommenen Namen Comte du 'Nord eine Reise nach Frankreich unternommen.
Er war damals achtundzwanzig Jahre alt. Klein von Gestalt und mit nichts weniger als einnehmenden Gesichtszügen, gefiel er nicht auf den ersten Augenblick. Bei näherem Beschauen fand man jedoch viel Intelligenz und einen ungemein klugen Ausdruck in diesen Zügen. Seine Lippen umspielte ein etwas mokantes Lächeln, so daß man nicht begriff, wie er damit einen so entschiedenen Ausdruck von Sanstmuth und Würde, welch letztere sich trotz des Natürlichen und Behaglichen seines Wesens nie ver- leugnete, vereinigen konnte.
Außer seiner schönen Gemahlin befand sich noch der Fürst Kurjakin bei ihm, sein Jugendgespiele, der ihn auch begleitete, sobald er ohne die Großfürstin und sonstigen Gefolgen ausging.
Darf man den Mitteilungen Glauben schenken, welche die Baronin Oberkirchen, eine Freundin der später» Kaiserin Marie, in ihren Memoiren gemacht hat, so war der Großfürst Paul auf dieser ganzen Reise äußerst liebenswürdig, großmüthig, Wohltaten spendend, wo man es nicht erwartet hatte, und freute er sich herzlich des von ihm bereiteten Glückes. Freilich wird es schwer, dieses Bild mit dem zu vereinbaren, das die Geschichte von ihm aufbewahrt hat. Indessen mag wohl ein später cinge- tretener krankhafter Zustand den Grund zu der übergroßen Leidenschaftlichkeit gelegt haben, welche ihn zu so vielen Ungerechtigkeiten führte und schließlich seinen gewaltsamen Tod veranlaßte.
*
Eines Abends kam in einem geselligen Kreise, dem auch der Großfürst mit seinem oben genannten Begleiter angehörte, die Rede auf „Geistererscheinungen." Plötzlich mischte sich Paul mit den Worten ins Gespräch:
„Kurjakin weiß, daß ich ebenso gut als andere erzählen könnte, wenn ich wollte. Aber ich suche Gedanken dieser Art zu vertreiben, sie haben mich früher sehr gequält."
Niemand antwortete. Der Großfürst sah seinen Freund au und sagte mit einem Anflug von Traurigkeit:
„Nicht wahr, Kurjakin, es ist mir etwas höchst Sonderbares begegnet?"
„Etwas so Sonderbares, gnädigster Herr," erwiderte jener, „daß ich es bei aller Ehrfurcht, die ich vor Ew. kaiserl. Hohheit Wort empfinde, doch nur als ein Spiel ihrer Phantasie halten kann."
„Und doch ist es nur zu wahr," sagte der Großfürst. „Wenn die Damen mir versprechen, meiner Frau nichts davon zu sagen, so will ich sie erzählen. Auch Sie, meine Herren, bitte ich übrigens, das diplomatische Geheimniß nicht zu verrathen," setzte er lächelnd hinzu, „denn es würde mir nicht angenehm sein, wenn eine von mir erlebte Geistcrgeschichte in ganz Europa erzählt würde."
Alle machten die gewünschte Zusage, und der Großfürst begann :
„Ich befand mich eines Abends oder vielmehr in einer Nacht mit Knrjakin und in Begleitung zweier Lakaien in den Straßen Petersburgs. Wir hatten in meinem Palaste zusammen geraucht und geplaudert, als mir der Gedanke kam, die Stadt bei Mondschein zu durchwandern. Es war eine der schönsten und wärmsten Nächte unseres Frühlings, der freilich nicht mit dem Frühling im Süden verglichen werden darf. Wir waren sehr heiter und dachten an nichts Ernstes. Ueber die wenigen uns begegnenden Personen machte Kurjakin allerhand Scherze. Ich ging, voran, das heißt nach einem der Lakaien, der uns führte; Kur- jakiu folgte mir und der andere Lakai war mehrere Schritte hinter uns.
„Der Mond schien so hell, daß man einen Brief hätte lesen können; unsre Schatten sielen lang und dunkel. Als wir um eine Ecke bogen, sah ich einen langen hagern Mann in einer Hausthür stehen. Er hatte sich gleich einem Spanier in seinen Mantel gehüllt und die militärische Kopfbedeckung tief in's Gesicht gedrückt. Er schien auf Jemand zu warten, und als wir vorüber gingen, verließ er die Thür, nahm Platz an meiner linken Seite und schritt stumm und ruhig neben mir her. Seine Gesichtszüge zu unterscheiden war mir unmöglich, und der Schall seiner Schritte hatte etwas ganz Eigenthnmliches, es war gerade, als ob immer ein Stein auf den andern fiele."
„Anfangs war ich über diese Begegnung verwundert; da cs mir aber bald so vorkam, als würde meine eine Seite, die der seltsame Manu fast berührte, nach und nach kalt, wendete ich mich zu Kurjakin um und sagte:
„Welch sonderbaren Begleiter haben wir!"
„Welchen Begleiter?" fragte er mich.
„Nun, den zu meiner Linken, ich dächte, er träte laut genug ans, um gehört zu werden."
„Kurjakin sah mich erstaunt an und versicherte mir, daß er niemand sähe."
„Wie?" rief ich aus, „du siehst nicht den Mann, welcher zwischen mir und der Mauer geht?"
„Ew. kaiserl. Hohheit berühren fast die Mauer und es ist kein Platz da für eine andere Person vorhanden," meinte aber wieder Knrjakin."
„Ich hob den Arm ei» wenig auf und berührte wirklich dis Mauer. Der Mann verließ mich jedoch nicht und richtete seine hammcrähulichen Schritte ganz nach den meinen. Ich betrachtete ihn mir nun genau und erblickte unter dem Hute Augen von einem höchst eigenthümlichen, vorher noch nie gesehenen Glanze. Der Blick, der mich traf, fesselte mich derart, daß ich ihm nicht ausweichen konnte "
„Ich weiß nicht, was ich empfinde," sagte ich zu Kurjakin, „aber es ist mir ganz sonderbar zu Muthe."
„Ich zitterie nicht vor Furcht, aber vor Kälte. Es schnürte mir das Herz zusammen; das Blut schien mir in den Adern zu erstarren."
(Schluß folat.)
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