Karlsruhe, 2. Juli. Ein gestern Nachmittag in dem Orte Kuppcnheim nahe bei Rastatt abgebrochener Brand hat 20 Gebäude in Asche gelegt und auch die Kirche beschädigt.
München, 4. Juli. Der König genehmigte einen von Bayern ausgearbeiteten Entwurf, betreffend die Bildung einer ständigen bayrisch-württembergisch-badischen Militärkommission behufs der Beaufsichtigung des süddeutschen Dcfensivsystems im Zuhammenhange mit der Vertheidigung Gesammtdeutschlands. Die desfallsigen Verhandlungen mit Württemberg und Baden werden demnächst beginnen.
Berlin, 3. Juli. Der König wird erst im Herbst nach den Elbherzogthümern sich begeben und auf dieser Reise vom Grafen Bismarck begleitet sein. Er ivird dort im Schlosse Gücks- burg bei Flensburg wohnen.
Im Städtchen Criwitz in Mekleuburg dürfen Gesellen, Lehrlinge und Diener um 9 Uhr Abends nicht mehr ausgehen.
In der Festhalle des Bundesschießens in Wien halten am 49. Juli 6000 Cmste ein Probe-Essen, um zu sehen, was Küche und Keller leisten können. Für die Unterkunft von 17,000 Schützengästen ist gesorgt.
Die Kette bischöflicher Hirtenschreiben, mit welchen die Kirche und die Gesellschaft gegen die Entweihung durch die konfessionellen Gesetze abgesperrt werden sollen, hat sich wiederum um zwei Glieder vermehrt. Der Breslauer Fürstbischof Förster und der Brixener Fürstbischof Gaffer haben in den Chorus ihrer Brüder eingestimmt. Was wir hier mitzutheilen hätten, ist nicht neu; die stärksten Ausdrücke, die von dieser Seite über die Gesetze gebraucht und die lieblosesten Maßregeln, die ihre Ausführung zu Hintertreiben ersonnen werden, — man entschuldgt sich sozusagen als Akte der Nothwehr. Aber man traut seinen Augen nicht, wenn im „Vaterland", dem Organ der Legitimisten und Ultramontanen, die unsittlichsten Grundsätze einer von aller Welt verabscheuten Kasuistik ohne Scham als Heilmittel gegen das Gift jener Gesetze angepriesen werden! Das Blatt schreibt mit Bezug auf die päbstliche Allocution: „Unzweideutig wissen wir nun vom Statthalter Christi, den neuen Gesetzen wohne durchaus keine im Gewissen verbindliche Kraft bei, sie seien vielmehr als Gesetze einfach nullius rodorius, und folglich zu betrachten als loxvs mors xoenalss, d. h. wer sie Übertritt, ohne dabei erwischt zu werden, hat sich im Gewissen nichts vorzuwerfen, und wer erwischt wird, zahlt seine Strafe oder sitzt sie ab und braucht es dennoch nicht zu beichten"; und weiter: „Den Eid mag Jeder schwören, er braucht ihn ja nicht zu halten, denn dazu ist er im Gewissen nicht verpflichtet."
P a r i s, 2. Juli. Die Reise des Kronprinzen Humbert und seiner jungen Gemahlin nach Deutschland wird hier vielfach besprochen.
Von dem alten Paris steht feit 15 Jahren kein Stein mehr auf dem andern. In diesem Zeitraum sind 15,000 Häuser nicdergerissen und 44,000 neue gebaut worden. Es gibt jetzt 110,000 Wohnungen mehr als früher, darunter 80,000, die weniger als 500 Franks jährlich Miethe zahlen. Die Stadt steckt aber trotz der Zuschüsse des Staats in Schulden bis über die Ohren.
Den Prinzen Napoleon, der als politischer Commis Vogageur in der Welt umherreist, nennen die Pariser Plon-Plon. Das ist einfach eine Verballhornung des Namens Napoleon, eine zärtliche Verkleinerung; Fürst Demidoff pflegte seine Napoleonische Frau, die Prinzeß Mathilde, Plon-Plon zu rufen. Die Pariser aber nannten den Prinzen, als er 1854 die Krim plötzlich verließ, Craint-Plon d. h. Fürchteblei. Der Prinz und sein Vetter, der Kaiser, stehen oft auf dem Kriegsfuß, vielleicht nur aus Politik, jedenfalls hat der Prinz ein böses Maul. Als Louis Napoleon mit seinem Staatsstreich zu lange zögerte, machte ihm sein Vetter den Vorwurf, daß er nichts von dem Blute Napoleons 1. in sich habe. „Aber seine Familie habe ich auf dem Halse!" fertigte ihn Louis N. ab. — Eines Tages, als sich das Kaiserreich in Gefahr befand, rieth der Prinz zum Kriege mit Deutschland. „Ich fürchte den Rhein", sagte Louis Napoleon, „wir könnten leicht in ihm ertrinken!" — „Besser wir ertrinken im Rhein als in einer Gosse!" meinte der Prinz. — Der Kaiser soll es seinem Vetter lang nachgetragen haben, daß dieser, nachdem er seine Gemahlin Clotilde (Tochter Victor Emanucls) bei Hose vorgestellt, das Wort hingeworfen: „Jetzt haben wir doch
wieder eine ordentliche Prinzessin in unserer Familie." — Der Kaiser soll sich damals hurch einen bekannten Witz gerächt haben- Als der kleine Napoleon seinen Vater fragte, was für ein Unterschied zwischen seeickenl (Unfall) und mallwur (Unglück) sei, antwortete der Kaiser : Liebes Kind, wenn Dein Onkel Plon- Plon ins Wasser siele, so wäre es ein aeeickent, wenn er wieder herausgezogen würde, so wäre das ein maltwur.
Am Johannestag wurde in Paris der erste Sack dies;»., rigen Waizens zu Markt gebracht und von Napoleon für sen. Hofbäckerei gekauft.
Prinz Napoleon und Graf Platen, der ungeduldige Minister König Georgs, unterhielten sich über Hietzing in Preußen. Aber, Prinz, fragte Platen, die Allmacht Preußens kann doch nicht ewig dauern? — Nein, lieber Graf, aber eines Tags wird ganz Deutschland die Stelle Preußens und der kleinerenStaaten eiunehmen.
London, 30. Juni. Die Versuche, dem Arbeiter billiges Fleisch aus Ausstralien, wo an selbigem großer Ucberfluß ist, zu beschaffen, sind in jüngster Zeit mit großem Erfolge wieder anfgenommen worden, und dießmal mit gutem Erfollge. Das Fleisch, von den Knochen befreit, wird mit Talg in die Fässer gegossen und hält sich sehr gut. Ein Pfund dieses Fleisches (Rindfleisch sowohl, wie Hammelfleisch) kostet hier 5 Pence.
Der Weg zum Reichthum.
(Fortsetzung.)
VIll.
„Aber sind wir denn Verschwender? Fast sollte man es meinen," rief der Rathschreiber halb im Zorne.
„Und doch seid Jhr's; seid's, fast ohne es zu wissen; verschwendet alle Tage mehr als Ihr verantworten könnt."
„Aber du mein Gott, wie so denn ?" rief wieder der Rathschreiber.
Der Alte fuhr ruhig fort und sagte: „Seid Ihr denn nicht hier versammelt zu einer Versteigerung, bei der Ihr Gott weiß wie viel überflüssige Dinge, die ihren verstorbenen Besitzer in Schulden gestürzt haben, kaufen werdet. Ihr erwartet, daß Ihr weniger für sie geben müßt, als sie gekostet haben uno als sie werth sind. Wenn Ihr sie nun aber nicht nothwendig braucht, so werden sie theuer, viel zu theucr für Euch sein. Der arme Richard sagt: Was Du bedarfst, und soll's auch nur einen Pfennig kosten, überleg's eine Weile, ehe Du kaufst." Er meint damit wohl, daß der gute Handel, weil er das Geld nothweudigen Geschäften und Bedürfnissen entzogen, dir mehr schaden als nützen könne. Ein Andermal sagt der arme Richard: „Schon Mancher hat sich durch wohlfeile Einkäufe zu Grunde gerichtet. Thöricht ist's, sein Geld auszugeben, um Reue dafür einzukaufen. Wie Mancher geht um seiner Kleider willen mit hungrigem Magen umher und läßt die Seinen darben, um des Geldes willen, das er dem Schneider aufhängte. Taffct und Atlas, Sammt und Seide löschen das Küchenfeuer aus."
„Diese Dinge sind keine Bedürfnisse, kaum darf man sie Annehmlichkeiten des Lebens nennen; und doch sehnen sich so Viele darnach, blos weil sie hübsch aussehen. Durch solche und ähnliche Thorheiten werden die Weltleute arm. Dann sind sie gezwungen, von denen zu borgen, die sie vorher verachteten, die aber durch Fleiß und Sparsamkeit ihre Stellung zu behaupten gewußt haben. Der arme Richard aber sagt: „Willst Du den Werth des Geldes kennen lernen, so geh und leih welches. Dann wirst Du bald merken, daß Borgen Sorgen macht." Und so geht es auch denen, welche ihr Geld solchen Leuten geliehen haben, und es gerne rückgezahlt haben möchten. Der arme Richard sagt weiter: „Prunksucht ist ein sehr großes Unglück. Bevor Du die Mode fragst, frage deine Börse; der Stolz ist ein so lauter Bettler wie die Noth, und nur noch unverschämt dazu." Hast Du Dir Ein schönes Putzzeug, gekauft, mußt Du noch zehn andere dazu kaufen, damit in Deiner. Erscheinung Eins zum andern paßt. Aber der arme Richard sagt: „Es ist viel leichter, sich den ersten Wunsch zu versagen als alle, die ihm Nachfolgen, zu befriedigen, und es ist so einfältig für den Armen den Reichen nachzuäffen, als für den Frosch, sich abzublasen, um einem Ochsen gleich zu erscheinen. Große Schiffe können sich schon in's Meer hinauswagen, die kleinen aber müssen das Ufer im A uge behalten." _ (Schluß f.)
Siedaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.