fen: „Ihr habt gut reden, als Ihr jung wäret, habt Ihr auch , anders gedacht und gehandelt. Ihr seid zu strenge."
„Meinst Du?" fuhr der Alte fort, „und doch bin ich noch lange nicht fertig. Fleiß ist gut und wohl; aber ohne Ordn u n g, ! Festigkeit, Wachsamkeit würde selbst der ausdauernste ^ Fleiß nicht viel nutzen. Du mußt Deine Geschäfte mit eignen ^ Augen übersehen und Andern nicht zu viel vertrauen; denn der , arme Richard sag:: „Des Meisters Auge düng: den Acker." — I Du mußt fest halten an dem was Du angefangen, ausdaucru i bis zum Ende, nicht hin und her versuchen, bevor Du den ersten Versuch ganz durchgemachr. „Ich sah nie eenen oft versetzten Baum/' sagt der arme Richard, „nie eine hin und her ziehende Familie gedeihen; — Dreimal umziehen ist gerade so schlimm wie einmal brennen." Und wieder sagt er: „Sorge für Deine Werkstatt und Deine Werkstatt wird für Dich sorgen. — Willst Du einen Auftrag ausgcrichtet haben, gehe ielbit; ist es Dir einerlei, ob er nicht ausgerichtet wird, so kannst Du einen Andern schicken. Willst Du mit Pflügen gewinnen, so mußt Du den Pflug selbst halten. Des Herrn Auge schaff: mehr als seine beiden Hände; denn Mangel an Aufsicht schadet mehr als Mangel an Einsicht; Arbeiter ohne Aufsicht kosten viel; Du hast ihnen Deinen Geldbeutel offen übergeben."
„Mancher ist zu Grunde gegangen, weil er zu viel auf Andere baute. In weltlichen Dingen macht nicht der Glaube selig, sondern der Mangel an Glauben. Eigne Sorgfalt bringt Gewinn. Wünschest Du einen treuen Diener zu haben, und einen dazu, der Dir lieb ist und der Dich lieb hat, so bediene Dich selbst. Eine kleine Nachläßigkeit kann großen Schaden bringen; weil ein Nagel fehlte, verlor das Pferd ein .Hufeisen. Weil ein Hufeisen fehlte, wurde das Pferd lahm; weil das Pferd lahm war, holte der Räuber den Reiter ein und erschlug ihn; — Alles weil ein wenig Sorgfalt wegen des Nagels gefehlt hatte!"
VII.
„Ihr habt Recht, Vater Richard," sagte der Altbürgermeister, „und deßwegen müßt Ihr hier bleiben bis nach der Versteigerung, die gleich angehen wird, dann wollen wir eine Flasche Zweiundvierziger aus Euer Wohl mit Euch trinken. Ihr habt's verdient für die guten Lehren."
„Und ich," ries des Rathschreibers Sohn, „ich kaufe Euch den schönen Rohrstock des verstorbenen Ochsenwirthes mit dem schönen elfenbeinernen Knopf zum Andenken daran, daß Ihr am Tage vor meiner Hochzeit mir alle die practischen Sprüchlein des alten Richard über Fleiß und Ordnung mit in die Ehe gegeben habt. Ich werde mir sie merken."
„So, so! Das beweist Alles nur, daß Ihr aus den armen Richard nicht hört, sonst wüßtet Ihr, daß Fleiß und Ordnung immer noch nicht Alles thun, daß Sparsamkeit mit ihnen Hand in Hand gehen muß, wenn am Ende Alles gut gehen soll. Wer nichts zu bewahren weiß, kann sein Lebenlang rastlos arbeiten, und doch sterben, ohne sein Grab zahlen zu können. Eine fette Küche macht ein mageres Testament. Wie manche Besitzung ist, kaum gewonnen, wieder verloren gegangen, seit die Frauen spinnen und stricken und die Männer Hanen und spalten verlernt haben."
„Willst Du wohlhabend werden, denke an's Erhalten so gut wie an's Gewinnen. Amerika hat Spanien zahllose Schätze Goldes geliefert und es doch nicht reicher gemacht, weil Alles in Spanien, von dem Glanze des Goldes geblendet, sich an Ausgaben gewöhnte, größer als die Einnahme. Weg mit allen kostbaren Narrethcien, und dann werdet Ihr nicht mehr so viele Ursachen haben, über harte Zeiten und schwere Abgaben zu klagen. Spiel, Luxus, Wein und leichtfertige Frauen machen den größten Reichthum klein und die Armnth groß und immer größer. Was ein Laster kostet, kann zwei Kinder nähren. Vielleicht meint Ihr: dann und wann einen Schoppen mehr, ein Glas Punsch, eine gute Schüssel im Wirthshause, ein kleines Festessen zu Hause, ein wenig feinere Kleider, S-eidenlücher, Spitzenhauben und dergleichen haben doch nicht viel zu bedeuten. Aber merkts: Viel Wenige machen leicht Ein Viel! Nehmt Euch vor „kleinen" Ausgaben in Acht. Ein kleines Leck macht ein großes Schiff sinken, wie der arme Richard sagt. Wer Lecke- ' reim liebt, ist dem Bettelstäbe verfallen; Narren geben Feste, ! Kluge essen den Braten." (Forts, f.) !
(Ein gesendet.)
Michels Abschied von der Wiirttenib. Lnudcszeitung.
(An Schwindsucht entschlafen in der Belscr'schen Acrlagehandluna in Stuttgart, 30. Juni
' Michel:
Will sich denn die Landeszeitung von mir wenden,
Wo der arge Nordbund mit den Parlamenten Uns so ganz inkompetent zu Leibe dringt?
Wer wird künftig noch uns Württemberger lehre», Preußen schmähen und die siebzehn Schwaben ehren, Wenn der Belser dich nicht mehr zu Markte bringt?
L ande s zeitung:
Guter Michel, laß dichs nicht so sehr betrüben!
Ist dir doch dein edler Mayerle geblieben,
Der das Schimpfen besser noch versteht als ich.
An mir labten nur Amtleut und Spezielle Sich kostuitzer die Kanzleibeamtenseele;
Doch an ihm erbaut ja Kind und Kegel sich.
Michel:
Nimmer lausch ich deines Schimpfens frommem Schwalle, Trauernd lieg ich wie das >Lchas im dunkeln Stalle, Schwabens räsonnirendes Geschlecht verdirbt.
Du gehst hin, wo kein Minister dich mehr hütet,
Kaum der Jud als Maklatur noch aus dich bietet,
Wo am End sogar der Preußenhaß erstirbt.
Landcszeitung:
All dein binnen, Michel, all dein schwaches Denken, Magst du mit mir in mein frühes Grab versenken,
Aber deine Preußenfeindschaft nicht!
Horch, der Nordbund rüttelt schon des Landes Pfähle, Nimm nur von der Lüge kompetentem Oele, Kleinstaatsdusel sterb im bilden nicht!
Alle r l e i.
Thierkalender. Wo man am Hopfen zerfressene Blätter bemerkt, da klopfe man den Ucbelthüter, eine grüne zappelnde und springende Raupe, ab in eine» Regenschirm, den man verkehrt darunter hält, und tödte sie. — Wo in der letzten Zeit viele Brumweißlinge (mit dunklem Flügelgcäder) geflogen sind, da pflücke man, soweit möglich die Blätter ab, aus denen die goldgelben Eierkuchen des Schmetterlings sitzen. Die im Juli ausschlüpfenden Rüupchen schaden zwar in diesem Jahr nicht viel, wohl aber im kommenden.
— Der Herzog von Buckinham ward einst von Jemanden gebeten, sich für ihn bei Hose zu verwenden, „denn", fügte der Mann hinzu, „ich kann mich aus Niemand, als aus Gott und Sie verlassen! „Dann bedaure ich Sie", entgegnete der Herzog, „der liebe Gott und ich gelten jetzt gerade bei Hose am wenigsten!"
— Ein 94jähriger Ehckandidat. Vor einigen Tagen heirathete, wie der „Pesther Lloyd" meldet, in Sze'cseny ein Jsraelite im Alter von 94 Jahren eine 70jährige Frau. Der alte Mann hat nunmehr das vierte Weib, während auch sie sich zum vierten Male verheirathet. Die Nachkommenschaft des Mannes ist eine besonders zahlreiche. Er hat nicht weniger uls 96 Enkel und die Familie, deren Stammvater er ist, besteht aus 125 Seelen.
Nagold. Bei der Landtagsabgeordnetenwahl am Mittwoch den 8. Juli d. I. kommen znr Stimmgebung im Abstimmungsort Nagold die Wahlberechtigten aus Stadt Nagold von Morgens 7 Uhr an,
Jselshausen um 10 Uhr, Vorm.,
Emmingen Mindersbach Pfrondorf Nothfelden Rohrdorf
10 '
11
11 '/,
12
1
Mittags,
Geschlossen wird die Wahl Nachmittags 3 Uhr.
Den 3. Juli 1868.
Distriktswahlkommission.
Aedakrion, Druck und Verlag der G. W- Zaijer'schen Buchhandlung.