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hat keineswegs eine bestimmte Grenzlinie bezeichnet. Auch ist in unterrichteten Kreisen nichts davon bekannt, daß irgend eine aus­wärtige Macht eine Lösung yorgcschlagcn habe.

In Folge der Geneigtheit des Reichstages, aus die 10 Mil­lionen Anleihe sür Marinezwecke einzugchcn, sind die früher sistir- ten Marinearbeitcn wieder ausgenommen. In Kiel brach am Samstag Abend nm 10 Uhr aus der DampskorvetteHertha" Feuer aus, welches nach Mitternacht noch nicht gelöscht war. Die Zerstörung ist bedeutend und die ganze Bevölkerung der Stadt war am Hafen versammelt.

Wie verschiedene Blätter meiden, hat Se. Mas. der König von Preußen die württemb. Offiziere, die am Donnerstag ihre Heimreise antraten, zur Tafel gezogen. Beim Abschied sprach der König den Offizieren gegenüber den Wunsch aus, cs möchte Se. Mas. der König von Württemberg mit dem Ergebniß ihres Aufenthalts in Berlin zufrieden sein.

Wien, 12. Juni. (Segen des Absolutismus.) Die öster­reichischen Gesammteinnahmen haben in diesem Jahrhundert nur einmal hingereicht, um die Gesammteinnahmen zu decken, nämlich im Jahre 1810. Sonst schloß man stets mit einem Defizit. Und mit welchem ? 1909-167 Mill., 1810219 Mill.. 1849 bis 193 Mill., 1894197 Mill., 1899198 Mill. Daß dadurch die Schuldenlast von Jahr zu Jahr progressiv wuchs und schließ­lich die Zinsen die indirekten Steuern fast eben so vollständig verschlangen, wie das Militär die direkten, ist begreiflich. Nach dem Bankerott im Jahre 1811 hatte man die Lchuld auf 726 Mill. Effekten und 211 Mill. Baukozettel herab gemindert. Schon 1830 hatte man wieder 1084 Mill. L>chulden, 1840 schon 1149 Mill., 1890 1669 Will., 1898 2439 Mill., 1864 3097 M. und Ende Dezember 1867 bereits 3,944,779,699 fl. Schulden mit einer Zinsenlast von 193,812,137 fl. Seit dem letzten halben Jahr hat sich die Schuldenlast noch um nahezu 37 Mill. vermehrt. Was Wunder also, wenn man endlich zumStaatsbankerott" greisen muß, um das Staatsschiff flott zu erhalten, zumal wenn man bedenkt, daß das Militärbudget nicht nur nicht beschränkt wurde, sondern gleichfalls progressiv wuchs. 1820 betrug es 96 Mill., 1840 noch 93 Mill. Aber schon 1890 129 Mill. und 1899 gar 211 Mill.; 1864 wieder 129 und gegenwärtig 89 M.

Wien, 16. Juni. Die N. Fr. Pr. schreibt: Um einem eventuellen Verlangen von Seite Preußens, die des Hochverralhs angeklagien.Hannoveraner auszuliefern, vorzubengen, hat Oest- reich den Auslieferungsvertrag zwischen den ehemaligen deutschen Bundesgliedern als nicht mehr rechtskräftig erklärt.

Prag, 19. Juni. Prinz Napoleon empfing gestern mehr­fache Notabilitätcn der Stadt, eine Abordnung des czechischen Arbeitervereins, sowie die Herren Polacki und Rieger. Heute reist er nach Wien zurück.

Paris, 13. Juni. In den höchsten Kreisen nimmt man mit Befriedigung von dem guten Empfang Kenntniß, den Prinz Napoleon in Wien bei der Bevölkerung und am Hofe findet. Der Konstitutionncl widerspricht mit etwas auffallendem Eifer der Nachricht, daß der Kaiser von Oestreich und der König von Preußen im Laufe dieses Sommers eine Zusammenkunft haben werden. Dieser Eifer erklärt sich einigermaßen dadurch, daß daß man sich hier in derHoffnung auf einen Besuch des öster­reichischen Kaiserpaares ge-läuscht sieht.

Paris, 13. Juni. Wie man aus Wien vernimmt, be­nimmt die östreichische Diplomatie sich sehr klug, und Prinz Na­poleon wird die östreichische Monarchie trotz der überaus freund- lieben Aufnahme, die er daselbst gesunden, mit der Gewißheit verlassen, daß für Frankreich an der Donau gegenwärtig nichts zu suchen sei.

Paris. Nach demStandard" hat der Sultan hier einen massiv silbernen Tisch bestellt, dessen Werth nicht weniger als 3 Mill. Fr. betragen soll.

Zu Auch in Frankreich brach Feuer aus und griff schnell um sich. Aus einem brennenden Hause hörte man schreien: Rettet uns, Rettet uns! Herzzerreißend war der Schrei einer Mutter: Rettet mein Kind! Der Erzbischof in Auch, der bis dahin mit den Löschenden gearbeitet, trat vor und rief:29 Louisd'or dem, der die Frau und das Kind aus den Flammen rettet!" Mehrere Männer näherten sich den Flammen, traten aber wieder zurück.29 Louisd'or dem, der die Frau und das

Kind aus den Flammen rettet!" rief der Bischof von Neuem. Die Menge stand ergriffen in höchster, peinlichster Erwartung. Keiner wagte sich ans Werk. Da nimmt der Erzbischof ein lei­nenes Tuch, taucht es in einen Eimer Wasser, umwickelt sich da­mit so gut es geht und besteigt die Brandleitcr. Die Volks­menge siel auf die Knie, betend und das Auge unverwandt auf den Erzbischof gerichtet. Er erreicht das in Flammen stehende Fenster und von Flammen und Oualm umgeben stand am Fen­ster eine ergreifende Gruppe: der Erzbischof, die Mutter, das Kind. Er nahm das Kind, half der Frau und die Rettung ge­lang. Unten angekommen riß er das halbverbrannte Tuch von seiner Schulter, kniete nieder und dankte Gott sür die Rettung. Dann trat er zu der armen Frau.Frau, sagte er, ich halte 29 Louisd'or dem versprochen, der Sie retten würde. Ich habe die Summe verdient und Ihnen will ich sie schenken".

Viele englische Zeitungen predigen jetzt tagtäglich den Fran­zosen Vernunft und Mäßigung, Frankreich habe weder das Recht, noch einen Anlaß mit Deutschland Händel anzufangen, und alle Welt werde wider die Franzosen sein, wenn sie Streit vom Zaune brechen wollten.

Belgrad, 13. Juni. Gestern erschien das diplomatische Korps unter der Führung des englischen Generalkonsuls im Mi­nisterium des Aenßeren und drückte sein tiefstes Bedauern über die Ermordung des Fürsten aus. Marinovich dankte. Heute hat der Kriegsminister einen Aufruf an das Militär erlassen, nach welchem der ermordete Fürst von Serbien seinen adoptirten Neffen, Milan Obrenovich, Sohn des 1862 in Belgrad gestorbenen Ephrem Obrenovich, zum Nachfolger ernannt und das Militär ihn einzusetzen habe. 'Nicht nur das Militär, son­dern auch die Bürgerschaft nahm diesen Ausruf günstig auf: der Gemeinderath proklamirte einstimmig den 'Neffen zum Thron­folger. Dieser sieht im 13. Lebensjahr und lebte bis jetzt mit seinem Erzieher, dem Professor Hunt, in Paris.

Allerlei.

Eine Erfindung, die in wissenschaftlicher Hinsicht von sehr großer Bedeutung und gleichzeitig für die Industrie von sehr großem Interesse ist, wurde in der letzten Sitzung der Aka­demie der Wissenschaften viel besprochen. Gaudin hat nämlich ein chemisches Resultat erlangt, welches in dem Handel und der Industrie der Diamanten und Edelsteine eine Revolution herbei- sühren wird. Gaudin erzeugt mit Hülfe seiner Eombiiiakioiien krrfftallisirte Massen, welche man schneidet, denen man alle For­men und alle Farben gibt, die von außerordentlicher Härte sind und die das Glas ritzen und schneiden. Er zeigte ein Schmuck­kästchen, das mit Diamanten, Saphiren, Smaragden, Rubinen, Aquamarin gefüllt war, die im Lichte eine glänzende Wirkung erzeugten. Diese Diamanten und Edelsteine können in allen or­namentalen Zusammensetzungen der Juwelirkumt und der Bijou­terie benutzt werden.

Aus Klagenfurt schreibt man:In Kärnten sind gegen­wärtig die Regen-Bittprozessionen an der Tagesordnung, lin- längst wurde ein hübsches Gcschichtchen von einer solchen Prozession bei Villach erzählt, deren Theilnehmer so sicher auf Erhörung ihrer Bitten rechneten, daß sie gleich die Regen­schirme Mitnahmen. Auf den Luschariberg kamen Prozessionen aus Kärnten, die baten um Regen, und Prozessionen aus Kram, die baten nm schönes Wetter, weil es dort genug geregnet."

Mittel gegen die Gicht. In einem französischen Journal wird ein Mittel gegen die Gicht mitgetheilt, das au­ßerordentlich schnell und sicher wirken soll und bisher noch gänz­lich unbekannt war. Man soll Eschenblüthe und Hollunderblüthc vermischt, drei Stunden lang in Wasser kochen und dieses Was­ser zu Fußbädern gebrauchen; es wird versichert, daß hierauf die Gicht in zwei oder höchstens in vier Tagen gänzlich ver­schwinden. (Probiren schadet nichts!)

Auflösung des Räthsels in Nro. 68: Bleiche, Leiche, Eiche.

Kedakuo», Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen BuchhanMüng.

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