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nen. Befassen wir uns mehr mit den großen Evolutionen, die im Kriege von Werth sind. Da ein Krieg zu den Möglichkeiten gehört, so muß unsere Arbeit ernsthast, einfach und folgerecht sein." Man spricht von einer Amnestie für alle wegen Preß- vergchen Bernrtheilten. DerTemps" beklagte sich, daß nicht schon die Publikation des Preßgesetzes von einer solchen beglei­tet war.

In einem Artikel, den dieTimes" der Betrachtung der Kaiserrede in Orleans widmet, führt sie eine Sprache, wie man sie in dem vorsichtigen Cityblatt Frankreich gegenüber seit lange nicht mehr vernommen har.Welche Stellung, ruft dieTimes" aus, glaubt denn Frankreich in der Wett behaupten zu müssen, daß es eines so gewaltigen Heeres zu bedürfen vermeint? Die Zeiten sind vorbei aus Nimmerwiederkehr, da den Häusern Bour­bon und Habsburg die Erde nicht groß genug schien, um beiden Raum zu gönnen. Die Zeiten sind auch vorbei, da ein franzö­sischer Monarch von der Wiederbelebung der alten Weltherr­schaftsplane träumte. In der Gegenwart hat Frankreich die Mis­sion, wie alle andern Länder, ruhig zu Hause zu bleiben, und sich um seine eigene Dinge zu kümmern." Nach einem L-eitenhieb auf die verunglückte mexikanische Expedition fährt sie fort:So lange Frankreich mit seinen Nachbarn Frieden hält, ist es jener hohen Stellung sicher, welche ihm seine fortgeschrittene Bildung und innere Entwicklung verleihen; zeigt es aber Neid und Eifer­sucht ob der Nachbarn Wohlfahrt, fürchtet es einen Nebenbuhler in jedem andern Staate, bethätigt es sich als eine störende Ge­walt, so wird seine Aufgabe nicht darauf beschränkt bleiben, sich mit einem seiner Gegner aus gleichen Fuß zu stellen; dann mag es sich nur so rüsten, daß es den Kamps mit Allen in ihrer Ge- sammtheit aufnehmen kann. Zn friedlichen Zwecken hat Frank­reich in Europa nur Freunde: die kriegerische Haltung ist es, die es ohne irgend einen Verbündeten dastehen läßt."

London, 15. Mai. 48 der angesehensten Cityfirmen über­reichten dem östreichischen Botschafter Grasen Apponyi ein Gesuch gegen die Zinsabschnittbesteurung der auswärtigen Besitzer öst- reichischer Staatspapiere. D,e Times bemerkt hiezu, die Londo­ner und die Festlandsbörscn würden widrigenfalls östreichischc Anleihen exkommuniziren.

Belgrad, 14. Mai. Rußland hat amtlich mitgetheilt, cs verzichte gegenüber Serbien auf alle vertragsmäßigen Rechte und unterwerfe die in Serbien wohnhaften russischen Unterthanen der serbischen Gerichtsbarkeit und den serbischen Gesetzen.

Meiner Schwester guter Rath.

(Fortsetzung.)

Wieder fragte ich mich: Dreizehn oder Zwanzig? Nichts im Benehmen meiner Mündel half mir zu einer Aufklärung. Sie war sehr ruhig oder mehr noch schüchtern, aber dies war mit ihrem Traueranzeige übereinstimmend; sie sprach sehr wenig, aber dies konnte auch nicht anders sein, wenn die andere Dame im Zimmer Maschen zählte und der einzige anwesende Herr in die Lectüre eines Buches vertieft schien. Und so ging der Abend vorüber, und wir trennten uns nach dem Nachtessen, um uns in unsere Schlafgemächer zurückzuziehen, ohne daß ich um ein Jota klüger gewesen wäre. Wie Lucinda meine Schwester küßte und mir schüchtern die Hand reichte, schien sie mir mehr denn je ein Kind zu sein.

Ich weiß nicht, wie Alles den anderen Tag gegangen wäre, wenn sich nicht mein Nesse, Wilhelm Rheinsseld, königlich ***schcr Dragonerlieutenant, bei uns eingefunden hätte. Es war des lieben lustigen Jungen Gewohnheit, Holmthal durch Ueberrum- pelung zu nehmen und so plötzlich aus seinem feurigen Braunen auf unser Gartenthor cinzustürmen, daß wir oftmals allen Ern­stes einem feindlichen Ueberfall. auügesetzt zu sein glaubten. So unangemeldet und lärmend erschien, er auch am Morgen nach Lueinoa's Ankunft, als wir gerade beim Frühstück saßen. Mit welch unwiderstehlich gutem Humor gewinnender Herzlichkeit be­grübe er meine Schwester, und mit welch amnuthiger Noncha­lance nahm er lachend seinen Platz neben meiner jungen Mün­del! Und diese zeigte jetzt, daß sie auch heiter und gesprächig sein tomue, und iyr melodisches Lachen klang wunderbar lieblich in Holimha!, wo so etwas sonst nicht leicht zu hören war. Da- vei warf sie ihm unter ihren langen Augenwimpern solch schel­mische, zündende Blicke zu, daß ich mich seufzend auf dem Wunsch

ertappte, auch erst vier und zwanzig Jahre alt und Dragoner- lieutenant zu sein.

Nach dem Frühstück verweilte ich noch ein wenig im Zim­mer, ungewiß, ob cs mir als Vormund obläge, meiner Mün­del zur Seite zu bleiben; da ich aber bald sah, daß ich ganz unnöthig war, so zog ich mich in mein Studirzimmer zurück und gab mich meinen gewohnten Beschäftigungen hin, obgleich ich et­was zerstreut dabei war und der Geologie n. s. w. keinen rech­ten Geschmack abgewinnen konnte.

Beim Mittagessen war die kleine Lucinda viel schweigsamer, und cs bedurfte meines Neffen ganzer Redseligkeit, um eine pein­liche Stille von unserem Tische fern zu halten. Im Laufe des Nachmittags, als die Damen nicht bei uns waren, sagte Wil­helm :

Fräulein Ehrhard ist ein sehr hübsches, kleines Mädchen."

Und wird, ich glaube, eine sehr hübsche, kleine Frau wer­den entgegnele ich, indem ich einen gewissen väterlichen Ernst in meine Antwort zu legen bemüht war.

Fürchtest Du nicht," fragte er weiier,daß sie cs in Holmthal etwas still finden dürste?"

Nicht, so lange Du so gut bist, Mitleid mit uns zu ha­ben," antwortete ich;Deine Unterhaltung wird ihr schon die Langeweile vertreiben; aber ernsthaft gcsorochen, es dürfte viel­leicht geeignet sein, sie noch ein oder zwei Jahre eine Erziehungs­anstalt besuchen zu lassen, denn"

Mein Neste siel nur lachend ins Wort.Du willst sie in die Schule schicken? Die hat sic schon vor zwei Jahren absolvirt. Das arme Kind ist an ihrem letzten Geburtstage neunzehn Jahre alt geworden."

So, wirklich?" sagte ich, verdrießlich, daß Wilhelm schon mehr als ich über meine Mündel wußte.

Sic kann allerdings noch für so kindisch gelten," fuhr er fort, als ob sie gestern erst Rechentafel und Federrohr bei Seite gelegt hätte; aber das kommt daher, weil sie so eingezogen ge­übt hat. Ihr Vater war immer in Geschäften vergraben, und sie sagte mir, daß sie oft wochenlang kein weißes Geiicht zu se­hen bekommen hat. In Europa könnte man weit suchen, bis man eine solche liebe Unschuld fände, die schon neunzehn Jahre alt ist?'

Der Tag endete, wie er begonnen; meinerseits in Bewun­derung der Gewandtheit, mit der mein Neffe den Angenehmen spielte und sich Lucinda's Vertrauen erwarb, während ich aber ich hatte ja auch keine blonden, in der Mitte gescheitelten Haare, keinen zierlich gedrehten Schnurrbart und keine glänzende Uniform; zudem war ich ihres Vaters Freund und ihr ältlicher, schweigsamer Vormund.

Wieder küßte Lucinda die vorstehenden Backenknochen der guten Cordula und reichte mir die kleine Hand, aber mich traf keiner jener reizenden, schelmischen Blicke, mit denen sie meinem Neffen gute Nacht sagte, und in deren Hcrvorlockung er eine ganz besondere Kunstfertigkeit zu besitzen schien. So lange er bei uns verweilte und er dehnte diesmal seinen Besuch un­gewöhnlich lange aus war kein Anzeichen vorhanden, daß er meine Mündel Holmthal langweilig fand. Die Beiden waren gewöhnlich beisammen und schienen großes Vergnügen an ihrer gegenseitigen Gesellschaft zu finden. Als er aber fort war und ihr nur Cordula und ich übrig blieben, wurde die Sache ganz anders. Ich glaube, das arme Ding machte einen verzweifel­ten Versuch, in meiner Schwester Fußstapsen zu treten, sich für Obstzucht und Käsebercitung zu interessiren und für Wohlthätig- keitsvereinc wollene Socken zu stricken, aber es fehlte ihr wohl der rechte Geist für die rein praktische Sette des Lebens. Na­mentlich was die Verminderung des Pauperismus anbetraf, wich sie in ihren Ansichten sehr von denen der erfahrenen Cordula ab. Sie hielt es für viel kürzer, den Armen zu helfen, indem sie ihnen den größten Thcil des Geldes, das ich ihr für ihre Garderobe erlaubte, schenkte und immer dasselbe Kleid trug, als erst Lottericen zu veranstalten. 'Natürlich gab dies Veran­lassung zu mancher Rede meiner Schwester gegen die Gefahren der Begünstigung der Trägheit und der unverständigen Verwen­dung der eigenen irdischen Güter.

(Fortfezung folgt.)

mccattion, Druck und Verlag der G. W. Zaijer'jchen Buchhandlung.