die einzelnen Hauptstationen zu bezeichnen. Wir werden diese Ausgabe erfüllen, ohne einen Gedanken der Anklage oder des Bedauerns, denn, wir glauben, daß die Völker Herren ihrer Geschicke sind, wenn sie nur die Interessen, die Unabhängigkeit und die Ehre ihrer Nachbarn achten."
Paris, 6. Mai. Der König von Preußen hat für die in Frankreich internirten hannover'schen Legionäre folgende Amnestie erlassen: „Auf Mir erstatteten Bericht genehmigte ich, daß bis zn einem Termine, welchen Ich später bestimmen werde, freie Rückkehr in ihre Heimath gewährt werden soll an alle in aktivem Militärdienste oder in Urlaub befindlichen Personen aus der Provinz Hanover, welche sich ihrer Miluärpslicht entzogen, ohne sonstige Handlungen, welche das Gesetz bestraft, begangen zu haben. Die gegenwärtige Amnestie bezieht sich weder auf die Militärpersonen, welche aus dem aktiven Dienste desertirt sind, noch auf die vormaligen haiinover'scheiyOffizieren und Unteroffiziere, welche sich an im AuSlande organisirten militärischen Ver- bindungen betheiligt haben.
Am Donnerstag machte der Florentiner Gemeindcrath dem Kronprinzen von Preußen seine Aufwartung, und fand sich angenehm überrascht, als der fremde Gast mit jedem einzelnen der Giunta-Mitglieder eine eingehende Unterhaltung entspann, und über ihre persönlichen Verhältnisse sich wohl unterrichtet zeigte. „Diesem Kronprinzen macht sein Metier offenbar Vergnügen", äußerte sich später einer der Gemcinderäthe, zugleich eine bekannte politische Persönlichkeit. In der Aeußerung ist eine Kritik des steifen, wortkargen, unsympathischen Wesens des italienischen Thronfolgers nicht zu verkennen. — Der Kronprinz wird seinen Aufenthalt in Italien verlängern und das Neuvermählte Paar nach Neapel begleiten. Auf der Rückreise gedenkt er die Arbeiten am Mont-Cenis-Tunnel zu besichtigen.
In Rom hat der Pabst den Aerzten, welche sich wählend der letzten Choleraepidemie auszcichneten, Ehrcnmedaillen verliehen: es befinden sich darunter auch Israeliten.
Aus Belgrad wird der Allg. Ztg. geschrieben: Ganz im Stillen hat sich in Montenegro eine merkwürdige friedliche Revo- s lution vollzogen. Bis jetzt war in den schwarzen Bergen keine Spur von einer staatlichen Organisation zu bemerken, der Fürst wurde als patriarchalisches Haupt des Volkes betrachtet, und war der oberste Verwalter, Richter, Kriegsherr, kurz alles in allem. Am 10. April berief der Fürst eine Art Constituante, welche die Aufgabe hatte, eine bestimmte administrative Einrichtung, sowie eine präzisere Stellung des Regenten dem Lande gegenüber zu schaffen. Nach einer warmen Rede des jungen Nikolai I. konstituirte sich die Versammlung unter freiem Himmel und fing ihre Arbeiten an, deren Ergebniß folgendes ist: Die Staatskasse wird von nun an einem besonderen Ausschuß anvertraut werden, von welchem der Fürst, sowie alle Staatsbeamte ihre Gehalte empfangen. Bis jetzt war in Montenegro zwischen fürstlich-privater und Landeskasfc kein Unterschied gemacht worden. Die Kircheiiverwaltung wird ganz in die Hand des Metropoliten gelegt. Nachschrift. Eben kommt mir die Nachricht zu, daß der Fürst von Montenegro vom Senat abgesetzr und im eigenen Haus internirt sei.
In Bosnien herrscht eine große Gährung unter den Christen wegen der neuen Steuern, die jetzt ausgeschrieben werden. Das Volk verfaßt in dichten Massen Haus und Hof, um nach anderen Ländern zu flüchten.
Die gehclmiilßvolle Skizze.
(Fortsetzung.)
Es war Markttag. Ich hörte das Rollen der Landfuhrwerke, beladen mit Früchten und Gemüsen. Sogar die Stimmen der Butterweiber und das Gackern des Federviehs konnte ich unterscheide». Es lag etwas Grausames in diesen Tönen eines friedlichen Getriebes, die sich zu den Ohren des einsamen, dem Tode geweihten Justizopfers Bahn brachen. Dennoch verscheuchten die wahrnehmbaren Spuren des Straßenlebens den Nebel vor meinem Denkvermögen — ich fühlte mich nahe den Menschen, dies gab mir eine Art von verzweiflungsvollem Muth. Mich ergriff ein unwiderstehliches Verlangen, was ich gehört hatte, auch zu sehen — es war mir schon tröstend, andere Gesichter zu erblicken, als die furchtbaren meiner Richter und die. höhnisch lächelnden der Wächter. Ich fitzte meinen Fuß in die
Höhlung, schwang mich auf und ergriff die Eiscnstange, eine Minute und ich war oben! Aber lauge mir den Fußspitzeu in den Mauerlüchern zu stehen war unmöglich — ich hing mehr, als ich stand. Da faßte ich nach einander mit beiden Fäusten die oberste Oucrstange des Gitters, und zog mich hinauf, bis ich auf dem Fcnsterrande zu sitzen kam. Nun konnte ich gemächlich hinunter blicken. Mir Sehnsucht starrte ich auf die freie Menge unter mir — da war Alles Heiterkeit, Bewegung, Frieden. Und ich! Thronen traten in mein Auge. Ich fühlte eine heiße Lust am Leben. Nur leben — Luft alhmen, den blauen Himmel sehen! Mögen sie mich zu immerwährender Gefangenschaft vcrurtheilen, mir eine Eisenkugel an die Beine legen — nur leben! leben!
Der Platz unter mir bot aber auch ein so buntes und munteres Schauspiel dar! Die Bauernwcibcr in kleidsamen Nalio- nal-Costümen faßen hinter ihren mit Eiern, Obst und Grünwaa- ren gefüllten Körben; Lchlachtcr mit aufgestreiftcn Hemdsärmeln verkauften appetitliches Fleisch; auf den Stufen der Hausthürtreppen lagerten Bauern mir breilkrämpigen Hüten — die kurze Pfeife im Munde — dazwischen das Gewoge von Käufern, meist hübschen Frauen und Dienstmädchen — es war ein Bild, welches keinen Augenblick dasselbe blieb, sondern durch Veränderung stets neuen Reiz erhielt. Beim Austarren desselben vergaß ich mein Elend und versenkte mich gänzlich in die immer neu entstehenden Gruppen. Kein Vorübergehender entging meinem geübten Auge. Plötzlich fiel in meinen Blick ein Fleischcrknecht, der auf feiner Schulter einen an den Füßen gebundenen lebendigen Hammel trug. Der nackte Arm, welcher da» Thier hielt, schien von herkulischer Stärke. Mit feiner Hand hatte er den Hammel so fest gepackt, als wenn er ihn erwürgen wollte. Wenn er nur einen Moment zu mir Herauffähe! — Als ob dieser heiße Wunsch meiner Seele, begleitet von einem bohrenden Blicke, eine magnetische Wirkung auf den Mann ausgeübt hätte — - er drehte sich nach mir um — ich hatte den vollständigen Anblick seiner dämonischen Züge — mein Puls tobte, ein kalter Fieberschauer rieselte über meinen Leib, mit bebenden Lippen rief ich: „Der ist's! Der und kein Anderer fehlte in der Feichnuna! Das ist der Mörder!"
Ich sprang vom Fenster hinunter mit klappernden Zähnen, das Blut trat mir in den Kopf, Backen und Stirn glühten. „Er war's," rief ich entsetzt, „und ich muß hier dulden und ein Verbrechen büßen, das er beging! Mein Gott! Hilf mir, gib mir ein, was ich thun soll!"
Wie ein Blitz fuhr ein Entschluß durch inein Hirn. Ich suchte in allen Winkeln oer Zelle nach Etwas, womit ich zeichnen konnte. Das Finden eines Edelsteines hätte mir keine solche Freude gemacht, wie das Stückchen spitze Holzkohle, mit welchem wahrscheinlich der Galgen gezeichnet worden war - es lag unter einigen Strohhalmen der Lagerstatt. Ich ergriff es mit Begierde und begann in größerem Maßstab auf der weißen Wand hcrvorzurufen, was an der Skizze gefehlt hatte. Das Opfer deutete ich nur an; aber Gesicht und Gestalt des Verbrechers führte ich mit der gewissenhaftesten Genauigkeit aus. Und dies ging so leicht und schnell, ohne die mindeste Unsicherheit, es war, als ob der Mensch vor mir säße, so deutlich hatte ich jeden Zug im Antlitz dieses Teufels vor mir.
(Schluß folgt.)
Thierkalender. In der Stuttgarter Gegend finden sich in den Zwetschenblülhen ziemlich viel Knospenrauben. Bei kräftigem Schütteln fallen die angefreffenen Blüthen fammt den Raupen; die gesunden Blüthen haben beim Schütteln nichts zu befürchten. Ueberhaupt klopfe und schüttle man jetzt die Obstbäume fleißig, da alles Ungeziefer jetzt in eifrigster Arbeit ist. Auch verstreiche man tue rauhe Rinde mit Kalk oder Lehm, um die dort sitzenden Puppen der Obstbaummotten an der Entwicklung zu hindern. — Wo der Maikäfer im Jahre I86ö zum letztenmal geflogen ist, .erscheint er Heuer. Nach Hrn. Forstrath Nörd- linger's Ausschreibungen flog er in .Hohenheim im Jahr 1866, kommt also, erst nächstes. Jahr.
Redaktion, Druck und Verlag der. G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.