Erledigung der schwierigeren Verwaltungsfragen. Das nöthigc Zusammenwirken in den Geschäften wird durch delcgirte Mini- sterialräthe herbeigeführt. Nirgends soll sich eine Octroyrung be- merklich machen, sondern überrall das Prinzip des freien Wil­lens und der Mündlichkeit herrschen.

Seit Beginn dieses Jahres kostet in Folge der von Preu­ßen abgeschlossenen Postverträge ein einfacher Brief durchs ganze deutsch-östreichi^che Postgebiet 3 kr. Die Bestimmungen des Post­vertrags zwischen Preußen und Württemberg sind um wenige Kreuzer bei den K. Poststellen zu kaufen. Kein Zweifel, daß ohne 1866 diese Neuerung noch lange auf sich hätte warten lassen.

Seit dem folgenschweren Neujahrsgruß, womit der Kaiser der Franzosen das Jahr 1859 eröffnete, find wir gewohnt, dem diplomatischen Empfang in den Tuilerien als dem ersten bedeu- tungsvollen.Ereigniß des neuen Jahres entgegenzusehen. Soweit der Telegraph die diesmalige Empfangsrede des Kaisers mittheilt, wäre die Losung für 1868 eine friedliche. Die Rede konstatirt die guten Beziehungen mit den auswärtigen Mächten und drückt die Hoffnung einer baldigen Lösung, der schwebenden Fragen (Müeultes) aus. Nach der Rede richtete der Kaiser einige be­sondere Worte an den Firrsten Metternich und einen huldvollen Gruß an Goltz. Der kaiserliche Prinz und der Prinz Napoleon wohnten dem Epfange bei. So hätte wenigstens die Analogie der Anrede, welche der österreichische Gesandte am Neujahr 1899 erfahren mußte, für den neuen Gesandten des norddeutschen Bundes Graf v. d. Goltz einen ganz andern Empfang erwarten lassen, als der, welcher ihm zu Theil geworden ist. Der Kaiser antwortete: Indem Sie mir von den neuen Funktionen, mit de­nen Sie als Vertreter des norddeutschen Bundes bekleidet sind, Kenntniß geben, erneuern Sie mir die freundschaftlichen Versi­cherungen des Königs von Preußen. Ich danke Ihnen meiner­seits dafür und ergreife mit Vergnügen diese Gelegenheit, um das gute Einvernehmen zu konstatiren, welches zwischen unsern beiden Regierungen besteht, und um Sie zu bitten, bei Ihrem Könige der Dolmetscher meiner Gefühle zu sein. Da ich die hohen Eigenschaften, die Sie auszeichnen, zu schätzen in der Lage war, so zweifle ich nicht, daß Sic, wie bisher, alle Ihre An­strengungen machen werden, um zwischen den beiden Ländern jenes freundschaftliche Einvcrständniß aufrecht zu erhalten, das ein Pfand ihres Gedeihens und eine Garantie des europäischen Friedens ist. (St.A.)

Vom Schwurgericht in Tübingen wurde der Flößer Joh. Jak. Kern von Petersmühle, Gem.-Bezirks Enzthal, wegen Brandstiftung zu einer Zuchthausstrafe von 9 Jahren und 4 Monaten und zum Ersatz des seinein Bruder durch den Brand verursachten und ihm von der württ. Mobiliar-Feuerversicherungs- Gesellschaft ausbezahlten Schadens mit 382 fl., sowie in sämmt- liche Kosten verurtheilt.

Herrenberg, 30. Dez. Am 26. d. M., Abends, gcriethen 2 ledige Mannspersonen zu Unterjesingen mit einander in Streit, der damit endete, daß der eine den andern, welcher im Jahr 1868 militärpflichtig ist, mit einem Messer in die linke Brust schwer verwundete; das Gericht trat sogleich in Thätigkeit.

Berlin, 27. Dez. Heute Nachmittag 3 Uhr hat im Lo­kale des Bundesraths der Austausch der Ratifikationsurkunden der am 23. Nov. Unterzeichneten Postverträge des norddeutschen Bundes mit den süddeutschen Staaten, mit Oesterreich und Lu­xemburg stattgefunden. fS. V.f

Berlin, 30. Dez. Staatsanz. bringt eine Verordnung vom 29. Dez., welche das preußische Militärstrafrccht im gan­zen Gebiete des nordd. Bundes einführt.

Berlin hat's auf 702,437 Einwohner gebracht, wobei das Militär zu 16,000 Mann berechnet ist. Zuwachs seit 3 Jahren 70,000 Köpfe.

In Folge gänzlicher Mißernte herrscht' in Ostpreußen große Noth, ja förmliche Hungersnoth. Die Regierung sucht zwar aus Kräften abzuhelfen, aber diese Hülfe genügt nicht; der Kron­prinz von Preußen hat deshalb einen Hülfsverein für Ostpreu­ßen gegründet. Für edle Menschenfreunde öffnet sich hier ein schönes Feld Thätigkeit.

Prinz August, der Commandeur der preußischen Garde, hat bereits seine Neujahrsrede gehalten und eine recht schöne. Seinen Offizieren hat er so nachdrücklich eingeschärft, hübsch säuberlich mit den Soldaten umzugehen und sie nicht wegen jeder

Lumperei in Arrest zu schicken, daß man's durch die Armee gehört hat.

Wien, 28. Dez. Der hiesige Gcmeinderuth hat in Erwä­gung, daß Herr v. Beust dem Konstitutionalismus in Oesterreich die Lhore geöffnet, daß er die parlamentarische Negierungsreform geschaffen, und daß dessen Regierungsprogramm, bei aller Liebe zur eigenen deutschen Nationalität, das Gepräge gleichen Wohl­wollens und gleicher Gerechtigkeit gegen alle österreichischen Völ­ker au sich trägt, den Herrn v. Beust einstimmig zum Ehrenbür­ger der Stadt Wien ernannt.

Wien, 30. Dez. Wie die heutigen Abendblätter berichten, ist die Bildung des neuen Kabinets vollendet, und der Kaiser habe die bezüglichen Ernennungen bereits vollzogen. Das cis- leithanische Ministerium wird ans folgenden Personen bestehen: Fürst Auersperg: Ministerpräsident; Graf Taaffe: Vizepräsident, Landesvertheidigung und Landespolizei; vr. Giskra: Inneres; Herbst: Justiz; Brestl: Finanzen; Hasner: Kultus und Unterricht; Plener: Handel; Berger: ohne Portefeuille; Graf Alfred Po- tocki: Ackerbau. Die amtliche Publikation soll morgen erfolgen.

Paris, 29. Dez., Abends. In einem Artikel, überschrie­ben:Die Rede Nouher's und die Situation," sagt dieFrance": Aus den italienischen Verhältnissen werde kein Krieg entstehen, aber er könnte durch die Umgestaltung Deutschlands kommen. Frankreich hat die vollendeten Thatsachen acceptirt. Es kommt uns nicht zu, zu sagen, was es thuu würde, wenn Preußen über die Mainlinie hinausginge, aber Niemand kann nach der patrio­tischen Rede Ronhcr's zweifeln, daß Frankreich nicht seine natio­nalen Streitkräfte reorganisirt, um geduldig alles hinzunehmen, was seinen Einfluß und seine Würde verletzen könnte.

DieEpoque" widerlegt das Gerücht von einem Einver- ständniß zwischen Rußland und England und sagt : Nicht nur daß ein solches Einverständniß nicht bestehe, die Beziehungen zwi­schen den Kabinetten von London und Petersburg seien vielmehr seil einigen Tagen eher gespannt, als freundschaftlich.

DiePatrie" demcnlirt die Zeitungsnachricht, daß das Kon­ferenzprojekt aufgegeben sei und bedauert, daß Blätter, welche die Aufrechthaltuug des Friedens in Europa wünschen, sich in solcher Weise aussprechen. Diese Blätter sagt diePatrie" be­denken nicht, daß die Konferenz gerade das Resultat haben würde, bedauerliche Verwickelungen über eine brennende Frage zu ver­hüten.

Paris, 29. Dez. Nouhcr sprach im gesetzgebenden Körper die Behauptung aus, daß Frankreich im nächsten Kriege nicht ohne Alliirte sein werde. Die Thronrede der Königin von Spanien verrüth nun, daß dieser Alliirte Spanien ist, das Frank­reich den Rücken gegen Italien frei halten soll.

Paris, 31. Dez. Wie heute der Graf v. d. Goltz als ^ Vertreter des norddeutschen Bundes vom Kaiser empfangen wor­den ist, fo wurden heute Prinz Neuß in St. Petersburg, Graf Usedom in Florenz in gleicher Eigenschaft von den betr. Sou­veränen empfangen.

Florenz, 29. Dez. Der König wird heute zurückerwar­tet. Man glaubt, daß, nachdem Mcnabrea's Versuche zur Bil­dung eines Kabinets mißlungen, General Durando damit beauf­tragt werden wird.

Der schwarze Tyrann von Abyssinien verstehts, von sich reden zu machen, noch ehe der Krieg von England eigentlich losgegangcn ist. 600 seiner Soldaten, deren Treue ihm verdäch­tig schien, ließ König Theodor zusammenpferchen und niederme­tzeln ; Frau und Sohn des Generals Zalabe wurden in Leinwand genäht und angebrannt; in weiter Ferne hörte man das Todes­geschrei der langsam Verbrennenden.

Der Lahrer hinkende Bote erreicht in diesem Jahr eine Auflage von einer halben Million. Diese Auflage vertheilt sich etwa wie folgt: in Baden 100,000, Württemberg 80,000, Baiern 60,000, Thüringen und Sachsen 70,000, der Pfalz 20,000, Amerika 20,000, der Schweiz 60,000, Hessen 20,000, Oestreich 20,000, Preußen 00,000, im Ganzen 000,000, es find die Ausgaben jedes Landes und dessen Provinzen mit den betref­fenden Markt-Verzeichnissen u. s. w. versehen. Diesen ungeheu­ren Erfolg hat der Kalender mitunter einer gewissen Opposition zu verdanken.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.