Wien, 16. Okt. Eine ganz eigenthumliche Angelegenheit beschäftigte heute das Abgeordnetenhaus zu Beginn der Sitzung; Dr. v. Mühlfeld, legte ein ihm zugekommenes Telegramm als Petition vor, in. welchem ein Leinberger Jsraelite darüber Klage führte, daß fei'.ie Tochter, die in feinem Hause einen Diebstahl begangen und sich hierauf in das Benediktinerkloster geflüchtet hatte, seitdem von den Nonnen nicht mehr herausgegeben, daß sie weder dem Strafgerichte noch dem Vater ansgeliefert wird, und daß dem Vater nicht einmal der Zutritt zu seinem Kinde gestattet wird, weil man dadurch das Bekehrungswerk zu stören fürchtet. Der bedrängte Vater wendet sich in seiner Noth an den Reichsrath und erwartet von demselben Hilfe gegen die Ueber- griffe der Klostervorsteher. Dr. Mühlfeld setzt es durch, daß die Angelegenheit dem Petitionsausschnsse überwiesen wurde mit der Aufforderung, daß derselbe schon morgen darüber Bericht erstatte. Aufsehen erregte ferner in der heutigen Sitzung eilte Interpellation, welche Baron Laudon an das Mnisterium rich­tete. Nach derselben predigen die Geistlichen in einigen Gegen­den Mährens von der Kanzel herab, das Abgeordnetenhaus be­absichtige alle Religion aufzuheben, die Ehe abzuschaffen, die Ro­bot wieder einzuführen, neue Steuern zu erlassen w. re. Es werden der leichtgläubigen Menge Proteste gegen das Abgeord­netenhaus vorgelegt und Männer, Weiber und Kinder zu den Unterschriften förmlich gepreßt. Der Interpellant fragt das Ministerium, was es gegenüber diesen Ausschreitungen der Geist­lichkeit zu thun gedenke.

Wien, 20. Okt. Der Reichskanzler Frhr. v. Benft, wel­cher, an einem bereits mehrere Tage andauernden heftigen Un­wohlsein leidend, auf speziellen kaiserlichen Befehl der heutigen Enthüllungsfeier des Schwarzenbergdenkmals ferne blieb, wird dennoch im Gefolge des Kaisers morgen Vormittag die Reise nach Paris antreten. Der Aufenthalt des Kaisers in Paris wird bis 31. Oktober währen.

Sig. Reisner in Wien hat einen Docht für Petroleumlam­pen erfunden, durch welchen die Gefahr einer Entzündung und auch der üble Geruch gänzlich beseitigt wird.

Paris, 19. Okt. Wie in diplomatischen Kreisen verlau­tet, ist die Antwort des italienischen Kabinets eingetroffen, sie wird als zufriedenstellend bezeichnet. Man will hier wissen, daß der drohende Konflikt größtentheils durch das Bemühen des Preußischen Gesandten in Florenz, Grasen Usedom, vermieden worden. Die Nachricht von der Verlängerung der Ausstel­lung um weitere 14 Tage ist eine Zeitungsente; auf den Bn- reanx der kaiserl. Kommission weiß man nichts davon.

Paris, 22. Oktober. Die Patrie sagt: Das Wort der Lage ist noch nicht gesprochen. Die Lage ist modifizwt, ohne jedoch die Entschließungen der Regierung zu beschweren. Die Expedition kann jeden Augenblick abgehen. Die Nachrichten aus Florenz melden, daß die Entlassung Rattazzis angenommen worden ist. Man erwartet die Bildung eines Ministeriums Cialdini, welches als eine Rückkehr zu den Rathschlägcn Frank­reichs betrachtet wird. Cialdini wird die Leitung der Maßregeln in die Hand nehmen, welche gegen die Revolution getroffen wer­den sollen. Man glaubt, der Belagerungszustand werde in den Gegenden erklärt werden, wo die revolutionäre Partei die Mit­tel der Aktion vereinigt hat. Nigra stellt diesen Morgen eine vollständige Genugthuung auf die französischen Reklamationen in Aussicht. Presse: Cialdini hat das Ministerinin angenom­men. Er hat die Schließung der Werbebureaux und die Auf­lösung der Unterstützungskomite's angeordnet. Der Eonstitution- nel bestärkt die Hoffnung, daß Italien Me revolutionären Um­triebe unterdrücken wird, und beglückwünscht die ital. Negierung wegen ihrer Haltung. (St.A.)

Toulon, 20. Okt. Die Hanze Brigade Polhes ist ange­kommen und schifft sich eben jetzt ein. 10 Schiffe Heizen. Die Ab­fahrt erfolgt wahrscheinlich heute Abend. General Dumont wird erwartet.

Toulon, 21. Okt. Der Abgang der Flotte ist snspendirt.

Florenz, 19. Oktbr. Ein Telegramm aus Rom meldet, daß eine Adresse von 12,000 Römern an den Senator von Rom gerichtet worden ist, worin dieser um seine Fürsprache bei dem Pabst zu Gunsten des Einschreitens der italienischen Truppen in Rom gebeten wird, was das einzige Mittel sei, welches die öffentliche Ruhe verbürgen könne. Die römische Munizipalität j

hat, Angesichts der unmittelbar drohenden Gefahr eines Auf­standes, heute eine dringliche Sitzung gehalten. Nach einer ein­gehenden Berathung hat die Munizipalität dem Pabst die Adresse der Römer übergeben und erklärt, sie vertraue auf die souve­räne Entscheidung Sr. Heiligkeit. Die Post aus Nom ist ausgeblieben. Ratazzi hatte heute eine lange Unterredung mit dem König. Der Ministerrath hielt zweimal Sitzung. Es geht das Gerücht, Garibaldi sei von Caprera verschwunden und befinde sich im Augenblick auf der Insel Sardinien. Menotti hat Nerola verlassen nnd Palombara besetzt (nähert sich also Rom.)

Garibaldi soll sich in Florenz befinden.

Nom, 19. Oktober. Das römische Journal meldet: Der französische Gesandte habe dein Pabst im Namen des Kaisers erklärt, daß, was auch geschehen möge, die Hilfe Frankreichs der päbstlichen Negierung nicht fehlen werde.

Weinprcise vom 18.-2I. Okt. Marbach. Aue »stein u. Hel­fenstein. Vom Rißlinggewächs MehrercS zu 33 st. vertäust- Horr­heim. Käufe zu 30 lind 34 fl. Weins borg. Klevner 82 Grad. Preis 44>/r ir. per Pfd. Lauffen a. N. Schwarze Rißtinge ver­kauft zu 41 st., einige Käufe zu 4045 fl. Mnthmaßlicher Gesammtertrag 1400 Eimer- Wein viel besser, als geglaubt. Rommelshausen. Ein Kauf zu 28 ft: einige Käufe auf schlüge. Schnaith. Käufe zu 36 fl. Gewicht 6874 Grad- Tnbing e n. Einige Käufe zu 29 und 34 fl. Großes O.nantnm feil. Käufer erwünscht.

Hopfcnprcisc. Aid klingen, 20. Oki. Verkauft 100 Ctr. zu 56- 60 ft. Vorrath noch 800900 Ctr. Böblingen, 19. Okt. Städ­tische Jungsernbopfen zu 40 st. pr. Ctr. verkauft. Privatpersonen wollen zuwarten. Horb, .20. Okt. In leister Woche lebhafte» Geschäft: ca. 600 Ctr. zu 5466 fl. je nach Dualität verkauft. - Nürnberg, 21. Okt. Zufuhr 300 Ballen: Stimmung: steigende Tendenz. Preise bei ansehn- ticher Nachfrage um 3-4 st. gestiegen.

Ein Berliner Stubemnalcr hat, derSpen. Ztg." zufolge, eine interessante Entdeckung gemacht, durch welche "die Malerar­beiten eine nicht unbeträchtliche Preisermäßigung erfahren werden. Derselbe hat nämlich den Versuch gemacht, bei der Mischung von Oelfarben an Stelle des Terpentin Petroleum zu verwenden. Der Versuch ist vorzugsweise bei der weißen Oelfarbe als ein durchaus gelungener zu betrachten. Das Quart Terpentin kostet gegenwärtig 10 Silbergroschen, das Onart Petroleum dagegen nur 4',4 Silberg:ofchen. Die Oelfarben werden dadurch mit­hin im Preise bedeutend sinken.

(Eine lebende Eidechse in einem Steine.) In der letz­ten Sitzung der zoologisch-botanischen Gesellschaft zu Wien ver­las Sekretär Ritter v. Frauenfeld eine Zuschrift des Direktors der geologischen Reichsanstalt, Franz Ritter v. Hauer, welche die Miltheilung enthält, daß ans dem Hirschfelde nächst Fulneck ein Stellt gesunden wurde, in dessen Innerem eine Eidechse lebte. Die Finder, die nach der Gestalt des Steines vermutheten, daß. er ein anderes Mineral enthalte, schlugen ihn ans. Da entfiel demselben eine Eidechse, die nach etwa 10 Minuten zu respiriren. begann. Die freie Luft schien ihr jedoch nicht zu behagen, denn nach 22 Stunden war sie todt. Ritter v. Hauer spricht die An­sicht aus, daß das Thier in frühester Jugend durch ein am Stein ersichtliches Loch in die Höhlung des Steines eingefchlüpft sei, wo es durch die natürliche Feuchtigkeit des Lagerortes und In­sekten fein Leben fristete. Das zunehmende Wachsthnm hinderte sie am Entschlüpfen.

Wien. Ein alter Stabsoffizier erzählt aus Anlatz einer vom Kriegsministerium erlassenen Instruktion wegen der Stock­prügel in der stk. Fr. Pr. folgendes Stückchen: Als er im Jahr 1820 Hauptmann im k. k. Infanterieregimente Mariasst) Nr. 37 war, ließ sich ein Gemeiner feiner Kompagnie zum Rapport melden und bat um Stockstreiche, weil er,der Einzige sei,, der noch keine bekommen habe und deßhalb von seinen Kamera­den verspottet werde.

(Ausfuhrverbot). Nazi:Ta kcs' ich immer in der Zeitung von Ausfuhrverbot. Sag' mir a mal Seppl, Du hast in der Stavt sludirt, was ist denn das?" Seppl: Ja, woaßt Vater, da dürfen halt d' Soldaten ihre Madeln nimmer in'» Wirthsbaus führen."

(Abwehr.) Förster:Hört einmal, Herr Vorsteher, jetzt muß

ma denn a mal den Gemeinderath z'samma komma lasse, wegen der streit'gen Waldspitz dort ob'n." Gemeindevorsteher:Grad' in dem Augenblick geht dös Ding net, weil d' Gemeindestuben renovirt wird." Förster:No fv lasfcn's ihn halt in eurem Haus z'samma komma!" Gemeindevorsteher:I kann die Sauerei in meinem Haus net brauchen!" _ 7. _

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.