Toulon, 18. Skt. Man versichert, von Lyon werden in dieser Nachl und morgen 1 0,000 Mann einlresfen, um hierein geschifft zu werden. ^ (S. Di.)
Floren;, 18. Okt. Es gcchi ßas Gerücht, gestern Abend sei in R o m eine Revolution ausgebrochen. Die Post- und Telegraphenverbinbungeit mit Rom sind unterbrochen. Ein Theil der römischen Legion hat sich zu Orte befestigt (am Tiber, Provinz Viterbo), ein anderer Theil sucht sich mit Menotti Garibaldi zu vereinigen. Die Verbindung Nicotera's mit Menotti ist glücklich ausgeführt. Ihre Banden nehmen- zu. — Der Diritto meldet aus Caprera, daß Garibaldi fortwährend von 6 Kriegsschiffen bewacht ist, die 300 Marinesoldaten an Bord haben. — Man meldet, daß die Päpstlichen sich anschickcn, Drte mit bedeutenden Streitkrästen anzugreifen. (S. M.)
Die Schleppe der Prinzessin von Montpeusicr.
(Fortsetzung.)
In sich zusammengesunken, den Kopf in der Hand, den Ellbogen auf die Seitenlehne des Sessels gestützt, saß er da. Einen Augenblick blieb die Fürstin nachdenklich stehen, dann ging sie mit leisen, raschen Schritten auf Montglat zu und berührte seinen Arm mit dem Fächer.
Liebster Marquis! sagte sie, als er sich hastig umsah; ich habe einen dringenden Auftrag für Euch. Angenehm wird er Euch nicht sein, aber ich kann's nicht ändern.
Madame, Ihr wißt, daß ich Euch immer mit Vergnügen zu Diensten stehe, antwortete der junge Mann mir einer Miene, die seinen Unmuth über die Störung deutlich erkennen ließ.
Die Fürstin unterdrückte ein Lächeln und fuhr fort: Ich habe mit dem Cardinal zu sprechen und möchte, daß Ihr während dem Avonne überwachtet. Was ich bisher nur ahnte, ist mir jetzt zur Gewißheit geworden. Der König interessirt sich für die Kleine, — Ihr wißt, was das sagen will....
O, ich weiß noch viel mehr! antwortete Henri in bitterem, leidenschaftlichem Tone. Ich habe gesehen, wie glücklich sie darüber war, wie sie mit dem König kokettirt hat.
Unsinn! siel die Fürstin ein; — von Koketterie, das wißt Ihr selbst am besten, hat Avonne keine Idee, und eben so wenig von der Gefahr, die ihr droht.
Nun, so will ich sie warnen — gleich, in diesem Augenglick noch! rief der junge Mann; aber die Fürstin legte die Hand auf seinen Arm und sagte, indem sie ihre freundlichen Augen zu einem strengen Blick zwang:
Nichts werdet Ihr sagen, das bitte ich mir ans, Herr Brausekops. Wißt ihr nicht, daß es Gefahren gibt, denen wir am besten entgehen, wenn wir sie nicht bemerken? Avanue ist ein unbefangenes Kind und soll es bleiben. Wir haben nichts zu thun, als ihren Verkehr mit dem Könige so viel als möglich zu stören. Darum gebt Achtung: wenn sich der königliche Raubvogel unserem Täubchen nähert, so ruft Ihr mich. — Mit diesen Worten wollte sie gehen, aber Henri hielt sie zurück.
Nur ein Wort noch, Fürstin, bat er in sichtlicher Aufregung. Weder Ihr noch ich werden immer im Stande sein, Avonne zu beschützen. Wär's nicht besser, wenn sie vom Hose entfernt würde? Sie müßte nach Chavigny geschickt werden, oder zu den Nonnen nach Montauban — und das wo möglich morgen schon.
Die Fürstin schüttelte den Kops.
Glaubt Ihr, daß Avonne dort gesichert wäre? fragte sie. Ist es dem König Ernst, sie zu besitzen, so wird er ihren Aufenthalt nur zu bald auskundschaften, und was dann ? Wer weiß, ob nicht die Kleine in der erzwungenen Einsamkeit auf thörichre Gedanken käme? -Nein, mein Sohn, der einzige Schutz für Avonne ist ein Gemahl, den sie von Herzen lieb haben kann. Es soll meine Sorge sein, ihr einen solchen auszusnchen.
Henri wechselte die Farbe.
Frau Pathe, wenn das Euer Ernst ist, sing er an, aber sie siel ihm in's Wort.
Gewiß, mein Zunge, verlaß Dich darauf! sagte sie im unbefangensten Tone, — aber wir besprechen das ein anderes Mal. Jetzt mache, daß Du sortkommst — das Kind ist schon so lange' sich selbst überlassen.
Henri von Montglat verbeugte sich und ging mit einer Miene, als ob er die ganze Welt zum Zweikampfe herausfordern wollte. Die Fürstin sah ihm lächelnd nach.
Wenn das keine Wirkung thut, so kenne ich meine Leute nicht, sagte sie zu sich selbst, während sie die Gallerte entlang ging.
-Mazarin saß noch in derselben Stellung. Als sich die Fürstin näherte, blickte er ans. Um die schmalen, blassen Lippen zuckle ein Lächeln, aber weder der Mund, noch die zusammengezogenen Brauen verloren den Ausdruck des Schmerzes, und die gefurchte^ cMirn mit den eingesunkenen Schläfen, die Angen, die tu der Hitze eines schleichenden Fiebers glühten, die gelbliche Blässe des Gesichts und der Hände waren unverkennbare Symptome des Uebels, gegen das er seit Monaten mit aller'Willenskraft vergebens ankämpfte.
Lchon seit längerer Zeit waren diese Krankheitszeichen der Fürstin ausgefallen, aber sie hatte sich gehütet, das auszusprechcn. Mazarin wollte- nicht bemitleidet sein, und aus die Eigenheiten des Kranken nahm sie Rücksicht, während sie sonst gegen den aUinächigen Minister nicht weniger derb war, als gegen Andere. Aber Mazarin ließ sich durch die rauhe Form nicht stören. Etsch atzte die Fürstin — ihr offenes Wesen that ihm wohl; mehr als einmal halte er Gelegenheit gehabt, ihre uneigennützige Ergebenheit zu erproben und er wußte, daß er ihr vertrauen durste. Auch jetzt begrüßte er sie freundlich.
Welch' Glück, daß ich Ew. Eminenz allein treffe, sagte sie in ihrer heiteren Weise, während sic fick ihm gegenübersetzte, — und noch dazu in solcher Umgebung: Einsamkeit — Nachtigallengesang — Sternenschimmer — Blumenduft! Gewiß alle sanften Regungen Euerer Leele sind erwacht und werden mein Anliegen unterstützen.
Ihr überrascht mich, Fürstin. Seit wann sprecht ihr die Sprache des Fräulein von Seudory? fragte Mazarin mit leiser, von Hüsteln unterbrochener Stimme, aber trotzdem mit jener spöttischen Schärfe in Ton und Blick, die ihn den Großen des Hofes so unbequem und den Kleinen so furchtbar machte.
Man behauptet, fuhr er fort, das Landleben hätte mehrere unserer Damen dichterisch begeistert. Vielleicht gehört Ihr dazu, und kommt, mir eine neue Artamene vorzulegen?
Durchaus nicht, Eminenz, gab die Fürstin zur Antwort.. Die poetischen Leiden und Freuden der Clelien oder Almahiden. will ich unserer berühmten Dichterin überlassen — ich habe mit der Wirklichkeit zu thun. Aber da ist allerdings ein junges Paar, das ich Eurem Schutze empfehlen möchte: Eure Mündel Avon ne von Chavigny und den Marquis von Montglat. Die jungen Leute lieben sich.
Kindereien, liebe Fürstin, aus die wir vernünftigen Leute kein Gewicht legen dürfen — Ttrohsener, das schnell verflackert,, wie es aufflammt, sagte der Cardinal.
Verzeihung, Eminenz, es handelt sich hier um eine ernste Neigung, die mit den Kindern ausgewachsen ist. Ich weiß, selbst,, daß Avonnes Vater die beiden für einander bestimmt hatte.
Mazarin schüttelte den Kopf.
Der gute Chavigny war ein unpraktischer Mann, gab er zur Antwort. So viel ich weiß, hat Momglat kein Vermögen;, Avonne kann auf eine bessere Partie Anspruch machen. Die Hand einer Erbin darf nicht leichtsinnig vergeben werden,, noch dazu, wenn sie Mazarins Mündel ist. Sie kann einen. Widersacher für mich gewinnen, kann einen meiner Anhänger belohnen.
— ich habe schon daran gedacht und werde meine Wahl gelegentlich treffen.
Nochmals Verzeihung, daß ich Euch widerspreche, Cardinal
— gelegentlich könnte zu spät sein. Avonne muß so bald als möglich vom Hofe entfernt werden. Der König zeichnet sie ans in einer Weise...
Der König! Und ein solches Glück wollt Ihr ans den. Händen geben? rief Mazarin mit einem unbeschreiblich feinen, halb ironischen Lächeln. — Bedenkt aber doch — Ihr beherrscht das junge Mädchen. Gewinnt sie Einfluß auf den König, so könnt Ihr durch sie das Reich regieren — könnt mich stürmen! Liebe Fürstin, der hohe und niedere Adel Frankreichs,, nebst glichen Prinzen und Prinzessinnen von Geblüt würden Euch da-sür zu Füßen fallen! (Forts, folgt:):
Auflösung des Räthsels in Nro. 123:
An st an d.
Redaktion, Drück und Vertag der G- W. Zaiser'schen Buchhandlung.-