Enges- N e u i g st e r t e u.
Stuttgart, 16. Sept. Die Berathung des neuen Kriegsdienstgesetzes ist im K. Geheimenrathe zu Ende geführt. Das neue 'Kriegsdienstgesetz wird gegenüber von dem bestehenden für Jene, welche das Loos der Aushebung trifft, die wesentliche Erleichterung bieten, dass die Dienstzeit in der Linie nur 3 Jahre dauert, neben einer Präsenzzeit von 2 Jahren, die als (Grundlage für das Ganze angenommen ist. Nach drei Jahren tritt der Mann in die Reserve und ist in seinen bürgerlichen Verhältnissen viel weniger beschränkt, als dies bisher der Fall gewesen. Ein näheres Eingehen aus die Bestimmungen des Entwurfs wird zeigen, daß der jetzige Ehcf des Kriegsdepartements sich ernstlich bemüht hat, die Rücksichten der Volkswohlfahrt in Einklang zu bringen mit der nicht minder ernsten Aufgabe der Bildung eines kriegstüchtigen und schlagfertigen Heeres. Der Mehr-Aufwand gegenüber dem früheren wird imOrdinarium beiläufig die stimme von 1,300,000 fl. betragen.
Die gegenwärtig in Paris tagende internationale Konferenz der Sanitätsvereine zur Rettung verw indeter Krieger beschloß, eine Altzahl von Ehrenmedaillen aus Gold, Silber uud Bronce für die thätigsten Beschützer, Beförderer und Mitarbeiter der Vereine zu vertheilen. Nuferer Königin wurde als Protcktorin des württembergischcn Sanitätsvereins die goldene, dem Vorstande dieses Vereins, Pfarrer Dr. Hahn von Haslach und den Ausschußmitgliedern Oberregierungsrath Dr. Jäger, Regierungsrath Clausinger, Oberbürgermeister Sick und Fabrikant Wahl, so wie dein Fürsten von Waldburg-Zeil-Trauchburg die silberne Medaille zucrkannt. Außerdem sind den württcmbergischen Lokalvereinen einige weitere silberne und einige Broncemedaillen zur Vertheilung an besonders thntige Mitglieder zur Verfügung gestellt worden.
Rotten bürg, 13. Sept. Die Hopfenernte geht zwar rasch voran, wird aber erst in 14 Tagen beendigt sein, da der Segen ein ungemein reicher ist. Die Produzenten haben nun die Uebcrzcugung einer vollen Ernte: es berechnet sich das Ergebnis; bei 1400 Morgen Anlage aus 11,000 Ctr. in feiner prachtvoller Waare. Unsere 26 Landgemeinden, welche Hopfen bauen, dürften 8—9000 Etr. erzeugen, zus. ein Quantum, mit dem manches Bedürfnis; gedeckt werden kann.
Tübingen, 13. Sept. Auf den heutigen Obstmarkt kamen starke Zufuhren von Frühobst, welches bei flauem Geschäft zu 2 fl. bis 2 fl. 12 kr. per Sack für Birnen und 1 fl. 40 kr. bis 1 fl. 45 kr. uud 1 fl. 48 kr. für Aepfel verkauft wurde.
(Fü r A u s w a nd e r e r.) Die deutsche Gesellschaft der Stadt Newyork warnt deutsche Auswanderer wiederholt, nicht über fremde Hafenplätze, namentlich nicht über Hüll und Liverpool auszuwan- dern. Ihre Warnung enthält zum Beleg mehrere Beispiele von brutaler Behandlung, die deutsche Auswanderer auf englischen, französischen und holländischen Schiffen durchzumachen hatten.
M ü n chen, 12. Sept. Veranlaßt durch die Bestimmungen des neuen Schulgesetzcntwurfs, welche den Einfluß des Klerus auf die Volksschule aus ein Minimum reduciren würden, und durch das neuliche Vorgehen der Regierung bezüglich der Volks- missioncn, hat sich am 4. d. ein großer Theil des Klerus der Diözese Negensburg in Schwandors versammelt und eine Adresse an den Hrn. Bischos entworfen und unterzeichnet, durch welche sie ihn aufforderten: „im Verein mit dem Episkopat und Klerus Bayerns mittelst einer Generalpetition an den König dahin zu wirken, daß der gekränkte Religionszustand der katholischen Kirche in Bayern aufhöre, daß die freie selbstständige Verwaltung des Kirchenvermögens zurückgegeben, das Skaatsschulmonovol aufgehoben, die höhern und nieder» Bildungsanstalten nicht dekatho- lisirt und entchristlicht, die Trennung der Schule von der Kirche nicht gestattet uud überhaupt die nach Verfassung und Konkordat zu beanspruchenden Rechte und Freiheiten der katholischen Kirche in Bayern gewahrt und erhalten werden." Diese Adresse wurde sofort von sämmtlichcn 86 Anwesenden unterzeichnet und circulirt eben zur Unterzeichnung unter den Geistlichen der Diöcese. Die Unterzeichner „leben der vollkommensten Zuversicht", daß die Petition mit fast zehntausend Unterschriften bedeckt und nicht spurlos uud uugehört verklingen werde.
Ein Rundschreiben des Grafen Bismarck, welches soeben bekannt wird, ist in hohem Grad geeignet, zur Aufklärung über die Politik des norddeutschen Bundes gegenüber den süddeutschen
Staaten beizutragen. Dasselbe, datirt Berlin, 7. Sept., bespricht im Eingang die Salzburger Zusammenkunft und kousta- tirt mit Genugthung, daß innere Angelegenheiten Deutschlands nicht in der Weise, wie die ersten Nachrichten es voraussetzen ließen, Gegenstand der Besprechungen in Salzburg gewesen. Dann heißt es weiter: Es ist dies um so erfreulicher, da die Annahme, welche jene Nachrichten und Voraussetzungen in ganz Deutschland fanden, von neuem gezeigt hat, wie wenig das deutsche Na- tionalgefühl den Gedanken erträgt, die Entwickelung der Angelegenheiten der deutschen Nation unter die Vormundschaft fremder Einmischung gestellt, oder nach anderen Rücksichten geleitet zu sehen, als nach den durch die nationalen Interessen Deutschlands gebotenen. Wir haben es uns von Anfang an zur Aufgabe gemacht, den Strom der nationalen Entwicklung Deutschlands in ein Bett zu leiten, in welchem er nicht zerstörend, sondern befruchtend wirke. Wir haben Alles vermieden, was die nationale Bewegung überstürzen könnte, und haben nicht aufzuregen, sondern zu beruhigen gesucht. Dieß Bestreben wird uns, wie wir hoffen dürfen, gelingen, wenn auch von auswärtigen Mächten mit gleicher Sorgfalt Alles vermieden wird, was bei dem deutschen Volke eine Beunruhigung hinsichtlich fremder Pläne, deren Gegenstand es sein könnte, und in Folge dessen, eine gerechte Erregung des Gefühls nationaler Würde und Unabhängigkeit Hervorrufen könnte. Wir begrüßen daher die bestimmte Verneinung jeder auf eine Einmischung in innere Angelegenheiten Deutschlands gerichteten Absicht im Interesse der ruhigen Entwickelung unserer eigenen Angelegenheiten init lebhafter Genug- thuung. Die süddeutschen Regierungen selbst werden uns bezeugen, das; wir uns jedes Versuches enthalten haben, einen moralischen Druck auf ihre Entschließungen zu üben, und daß wir vielmehr auf die Handhabe, welche sich uns zu diesem Zwecke in der Lage des Zollvereins bieten konnte, durch den Vertrag vom 8. Juli d. I. rückhaltlos verzichtet haben. Wir werden dieser Haltung auch ferner treu bleiben. Der norddeutsche Bund wird jedem Bedürfnisse der süddeutschen Regierungen nach Erweiterung und Befestigung der nationalen Beziehungen zwischen dem Süden und Norden Deutschlands auch in Zukunft bereitwillig entgegenkommen, aber wir werden die gegenseitige Bestimmung des Maßes, welches die gegenseitige Annäherung innezuhalten hat, jederzeit der freien Entschließung unserer süddeutschen Verbündeten überlassen. Diesen Standpunkt glauben wir um so ruhiger festhalten zu dürfen, als wir in den gegenwärtig bestehenden vertragsmäßigen,Beziehungen zwischen dem Norden und dem Süden Deutschlands, wie sie in den abgeschlossenen Bündnissen und in der Vervollständigung des Zollvereines sich darstellen, eine rechtlich und thatsächlich gesicherte Grundlage für die selbstständige Entwickelung der nationalen Interessen des deutschen Volkes erblicken. Eure w. ersuche ich, Sich in diesem Sinne gegen die dortige Regierung auszusprechen, und ermächtigt Sie auch zur Vorlesung dieses Erlasses, gez. Bismarck."
Berlin, 16. Septbr. Der König hat heute Nachmittag einem Conseil beigewohnt und wird morgen um 11 Uhr Abends per Extrazug nach Frankfurt abreisen, woselbst er Mittwoch Vormittag um halb 12 Uhr eintrcffen wird. Am 20. Sept. wird er die Truppen in Rastatt besichtigen.
Dresden, 14. Sept. Dem „Dresd. Journ." wird aus Warschau geschrieben, zu Neujahr werde die Eintheilung „Polens in zwei Gouvernements" erfolgen und die Bezeichnung „Königreich" nufhören.
Wien, 16. Septbr. Nach authentischen Berichten ist der Ausgleich mit Ungarn auf folgender Basis zu Stande gekommen: Ungarn trägt zu den gemeinsamen Lasten 30, Cisleithanien 70 Prozent bei; zu der Verzinsung der Staatsschuld gibt Ungarn 28, Cisleithanien 72^Proz.
Brünn, 16. Sept. Beust wurde auf seiner Durchreise nach Reichenberg im Bahnhofe glänzend empfangen. Er hielt eine längere Rede zur Antwort auf die ihm dargebrachte Begrüßung, worin er betonte, daß der Weg, den er wandte, hie und da wohl enger und mühsamer werde, und daß in solchen Augenblicken das öffentliche Vertrauen ein doppelt werthvolles Unterpfand des Gelingens sei. Er' betrachte die Ausgleichsverhandlungen als einem gedeihlichen glücklichen Ende zugeführt, und vertraue fest, daß wir in kürzester Zeit dasjenige verloren haben werden, was uns alle beunruhigt, nämlich die Unsicher-