Wien, 12. Sept. Omer Pascha auf Kreta erhielt den Befehl, auf vier Wochen alle Feindseligkeiten einzustellen. Für- alle Aufständischen ist General-Amnestie erlassen. Alle Fremden können auf türkischen Schiffen unbehindert Kreta verlassen.

Die WienerNeue freie Presse" schreibt:Nicht bloß El­saß und Lothringen sind von preußischen Offizieren überfluthet, welchedas Land aufnehmen," um es demnächst in den Sack zu stecken, sondern auch aus Tyrol berichtet ein vertrauenswerther Gewährsmann, daß dort schon seit ein paar Wochen preußische Offiziere unter der harmlosen Maske eifriger Naturfreunde mi­litärische Aufnahmen des Landes besorgen." Vielleicht weiß die Neue freie Presse" auch, wann und wo es zuerst losgehen soll?

Gens, 9. Sept. Folgendes sind die 12 Säze, welche Ga­ribaldi als Zusätze zu dem Programm beantragt: 1) Alle Natio­nen sind Schwestern. 2) Der Krieg unter denselben ist unmög­lich. 3) Die Streitigkeiten werden durch den Kongreß geschlich­tet. 4) Die Mitglieder des Kongresses werden von den demo­kratischen Vereinen der verschiedenen Länder gewählt, 9) Jedes Mitglied hat nur eine Stimme. 6) Das Papstthum, die schäd­lichste aller Sekten, wird als verfallen erklärt. (Wahnsinniger Jubel, Alles erhebt sich von seinen Sitzen und jauchzt dem Red­ner zu.) 7) Die Religion Gottes wird vom Kongreß angenom­men, und alle Mitglieder verpflichten sich, dieselbe auf dem Um­kreis der Erde zu verbreiten. (Lautes Murren und heftiger Widerspruch bei einem Theil der Arbeiter, welche sich mit ihrem Atheismus und Materialismus auf lächerliche Weise brüsten.) 8) Die Religion Gottes ist die Religion der Wahrheit und der Vernunft. 9) Das Priesterthnm der Offenbarung und Unwissen­heit wird ersetzt durch das Priesterthum der Gottheit, des Ge­nius und des Verstandes. 10) Verbrestung der sittlichen Demo­kratie der ehrlichen Leute. Die verdorbenen Völker haben alle anfgehört, republikanisch zu sein. 11) Verbreitung der Gottes­religion durch Unterricht und Erziehung. Die Demokratie kann durch Umstoßen des Despotismus der Geißel des Krieges Einhalt thun. 12) Der Sklave hat das Recht, seinen Tyrannen zu bekämpfen. Das ist der einzig erlaubte Krieg.

Genf, 12. Sept. In der heutigen (vierten) Sitzung des Friedenskongresses sprach der Präsident sein Bedauern über die Mißachtung der Redefreiheit aus. Fazy verlangt Abstimmung über die dritte Frage, daun Vertagung des Kongresses. Wessel: Nicht die Unabhängigkeit, aber die Ehre Genfs sei gefährdet durch Verletzung der Redefreiheit. Carteret, welcher Fazy unter­stützt, wünscht einstimmige Beschlüsse friedlichen Sinnes und Ab­stimmung über Fazy's Antrag. Das Bureau erklärt denselben für verworfen. Stürmische Verneinung, heftige Aufregung der Genfer. Hierauf Verlesung der Komite-Anträge, wonach in Gens ein ständiges Kongreßkomite zu errichten sei. Stürmischer Widerspruch der Genfer. Inmitten entsetzlicher Aufregung er­folgt die Abstimmung. Das Bureau erklärt die Komiteanträge für angenommen, worauf der Präsident die Auflösung des Kon­gresses ausspricht. (S. N.)

Genf, 13. Sept. Gestern wurde der Friedenkongreß in Folge heftiger Kundgebungen der radikalen Genfer Partei auf­gelöst und der Saal geräumt. Das Präsidium zog sich zurück, um eine Protestation auszuarbeiten.

Paris, 14. Septbr. Der Temps sagt, die Reise Kaiser Napoleons nach Berlin (Gegenbesuch) sei beschlossen. Der preuß. Gesandte. Gras v. d. Goltz, der nach Biarritz gegangen ist, über­bringe die offizielle Einladung des Königs Wilhelm. Sämmt- liche Fürsten des norddeutschen Bundes werden während des Aufenthalts des Kaisers in Berlin dorthin kommen. Der Zeit- ^ Punkt der Reise des Kaisers sei noch unbestimmt.

Florenz, 8. Sept. Die Blätter aus Unteritalien sind lei­der noch immer voll von Scheußlichkeiten, welche das völlig ver- thierte Volk an sogenannten Gistverbreitern und Cholerasäern begeht. In Ardore, Bezirks Gerace in Calabria ulteriore II, - erhob sich die Bevölkerung gegen das Militär und den Haupt­mann der Nationalgarde, welche es als Choleraverbreiter bezeich- nete. Der fanatische Haufen zog mit Beilen, Aextcn und auch mit Gewehren der Nationalgarde bewaffnet vor die Wohnung des Hauptmanns, der niedergemezclt und dessen Haus in Brand gesteckt wurde. Dann zogen die Unmenschen vor die Kaserne, in welcher ein Offizier mit 40 Mann und einige Gensdarmen - einquartirt waren, und versuchten in dieselbe einzudringen. Der >

Offizier machte nach vergeblichen Aufforderungen an die Menge auseinanderzugehen und nach den vorgeschricbenen Signalen einen Bayonnetangriff auf die Wüthenden; allein derselbe wurde zurückgeschlagcn, die Soldaten umringt und ihrer viele, den Offizier mit inbegriffen, getödtet, noch mehr verwundet, die kleb­rigen aus dem Orte vertrieben. Hierauf wurde auch die Kaserne in Brand gesteckt, während sich die Unmenschen wüsten Orgien überließen. Es rückten noch in derselben Nacht mehrere Kom­pagnien Truppen ein, die von Gerace herbeigernsen worden wa­ten; doch scheinen auch diese nicht im Stande gewesen zu sein, dem Aufstand ein Ende zu machen, denn der Telegraph berichtet, daß von Messina Truppen herbeigernsen werden mußten. In St. Paolo Albanese in der Basilicata wurde ein armer Teufel Namens Golemme von den Weibern des Orts als Giftverbrei- ter bezeichnet, auf grausame Weise niedergemezclt und noch halb lebend auf einem Scheiterhaufen verbrannt. In Corigliano bei Rossano, ebenfalls in Calabrien, hatte sich die Nachricht verbrei- ret, es seien>L>chattenmänner" im Orte, die man nicht sehen könne, die aber des Nachts mit einem Blasebalg das Gift durch die Schlüssellöcher der Hausthüren in die Häuser bliesen. Das Volk verließ sofort die vergifteten Häuser und lagerte sich aus dem Rathhausplatz. Nur einige mit Gewehren bewaffnete Män­ner kehrten zu ihren Häusern zurück und schossen in dieselben durch die offenen Fenster, um die Wirkung des Gifts zu para- lysiren. Endlich kamen Truppen an; aber es brauchte noch viele Mühe und des vorangehenden Beispiels der Soldaten, ehe die Bevölkerung wieder in ihre Wohnung zurückkehrte. In min­der schrecklicher, aber immer noch bedauerlicher Weise tritt der Aberglaube in Oberitalien und selbst im gebildeten Mailand auf. Dort konnte man vor wenigen Tagen eine lange Prozession bar­füßiger Frauen sehen, die, geführt von einem Geistlichen, singend und betend durch die Straßen zogen, um von dem heil. Seba­stian das Anfhören der Cholera zu erflehen, während der Geist­liche Bannsormeln sprach und nach allen Himmelsgegenden Kreuze machte und Weihwasser sprengte, bis die Polizei dem Unfug ein Ende machte. Auf Sardinien herrscht Elend und Hungers- noth in einem Grade, der herzzereißend ist. (Sj M.j

Aus Palermo, 5. Sept. wird derAllg. Ztg." geschrie­ben, daß die Cholera in beträchtlicher Abnahme begriffen ist. Freilich wird hinzugefügt: Das Elend und das tausendfache Un­glück, welches durch sie in unsere Stadt geschleudert worden ist, geht nicht mit der Epidemie von dannen, sondern hinterläßt lang- wührende, theilweise unheilbare Wunden.

Die Engländer rüsten gegen Abyssinien und haben bereits einige Mill. Pfd. dafür nusgegeben. Der König von Abyssinien hat einige Missionare und Reisende einsperren lassen. Die Engländer fordern deren Freilassung und drohen mit Krieg. Noch haben die Abyssinier keine Erklärung abgegeben.

Konstantinopel, 12. Sept. Wie es heißt, verzichtete Frankreich auf weitere Schritte wegen Kretas.

New-Aork, 31. Aug. Das gelbe Fieber wüthet inNew- Orleans. Es sterben täglich etwa 20 Personen daran.

Was man mit dem Gemüsebau verdienen kann, erzählt folgende Geschichte eines Kleingrundbesitzers in der Bad.Ldsztg.: Ich besaß ein Gütchen von 07 Morgen zu Tauringen im Oden- walde, welches mich mit meiner zahlreichen Familie wohl ernährte, aber nicht in die Lage versetzte, etwas zu erübrigen, daher ver­kaufte ich es für 11,000 fl. und erwarb mir in der Nähe der badischen Bahn 14 Morgen nasses Wiesenland für 3000 fl., das ich mit einem Kostenauswande von 690 fl. sofort entwässern ließ und zwar in der Art, daß auf den Morgen in geeigneten Ab­ständen zwei Wasserbehälter kamen. Nun wurde das Ganze in Grabland umgewandelt und besteht als solches jetzt 12 Jahre, während welcher Zeit es mir 31,000 fl. baaren Ueberschuß gege­ben hat. Ich ziehe hauptsächlich -Lpargelu, Blumenkohl, Gurken und Zwiebeln und habe meine ständigen Abnehmer in den gro­ßen Städten, insbesondere sind es die großen Gasthofsbesitzer in München, Wien und Berlin, welche ihre regelmäßigen Sen­dungen erhalten; ebenso habe ich in kleineren und mittleren Städ­ten Agenten, welche den Verkauf meiner Gemüse besorgen. Ich habe Jahre gehabt, in denen mir der Morgen Spargeln rein bis 900 fl., nnd der Morgen Blumenkohl sogar bis 700 fl. er brachte.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.