Paris, 3. Febr. Den neuesten Nachrichten aus Mexiko zufolge sind die Aktien des Kaisers Maximilian ans Null redu- zirt. Er war in Puebla, nicht wissend, ob er sich in die Hauptstadt begeben solle oder nicht. In unseren officiellen Kreisen glaubt man, daß Maximilian noch vor der französischen Armee sich nach Europa einschiffen werde.
Paris, 7. Febr. Dem Brief des Grafen Ehambord wird solche Wichtigkeit beigelegt, daß der General-Postdirektor alle Postbehörden angewiesen hat, die Verbreitung desselben mit allen Mitteln zu verhindern und alle Briefe streng zu untersuchen.
Belgien. Aus den Ardennen laufen fortwährend Klagen ein über die argen Verheerungen, welche die in ganzen Rudeln umherschweisenden Wölfe anrichten.
Konstantinopel, 25. Jan. Die Absicht Griechenlands, sich auf Kosten der Türkei zu vergrößern, liegt klar vor, allein die verschiedenen christlichen Bevölkerungen des Reichs sind, wenn sie auch die Türken nicht lieben, noch weniger für die Griechen eingenommen. Ein Umschwung zum Bessern in der Türkei wird daher von dieser Seite nicht gehofft; die Zukunft des Orients ist vielmehr in einer progressiven Umwandlung der Türkei zu suchen. Die jung-türkische Partei ist bestimmt, die Türkei zu retten, wenn sie überhaupt rettbar ist. Sie wendet ihr Hauptaugenmerk auf die innere Organisation des Reichs und verlangt zunächst eine Art von konstitutioneller Regierung in der Türkei, in welcher sich offenbar mehr Elemente für ein solches Regime finden als in Aegypten.
Athen, 2. Febr. Die Kammer votirte die Vermehrung der Landarmee und der Seemacht. Der Kriegsminister sagte: „Wir rüsten, weil große Ereignisse bevorstehen." Valuoritis erklärte die Ausdehnung der Grenze und die Bildung einer großen hellenischen Nationalität für das einzige Rettungsmittel.
Tie kleinen Leiden und Freuden des Ehestandes.
(Fortsetzung.)
„Amme!" ries Martha; die Gerufene erschien.
„Wollen Sie sich ein hübsches Geschenk verdienen?"
„Warum denn das nicht?"
„So helfen Sie mir heute ein bischen, ich werde allein nicht fertig. Sie sind vom Lande, da müssen Sie doch verstehen, Hühner zu rupfen, sie zu sengen, verstehen Sie wohl, zu sengen,
— ungesengte Hühner liebe ich nicht — und sie dann auszunehmen, kurz, Sie müssen sie mir so zurecht machen, daß ich sie nur in die Pfanne zu legen brauche. — Wollen Sie? verstehen Sie es auch?"
„Fräuleinchen," sagte das Mädchen mit einem albernen Lachen, „die Leute schalten mich immer dumm, aber wenn ich das nicht verstände, wäre ich ja dümmer noch als eine Gans."
Martha wurde blutroth. Die Amme merkte nichts davon, nahm die Hühner voni Nagel und machte sich an die Arbeit. Nun ging's an's Feueranmacheu. Neue Verlegenheit für Martha.
— Nachdem sie geblasen, bis sie keinen Athem mehr in der Brust hatte, und ihre Haare und ihr Gesicht mit Asche bedeckt waren, wendete sich endlich die Amme phlegmatisch mit den Worten zu ihr:
„Fräuleinchen, da können Sie sich die Seele aus dem Leibe pusten und bekommen doch kein Feuer an. Das sieht ihr wieder ganz ähnlich. Die Berliner Köchin ist abgezogen, ohne kleines Holz zurückzulassen, ich werde den Paul rufen, er soll schnell Holz spalten."
„Thun Sie das und machen Sie dann gleich Feuer unter den Herd, in einer Viertelstunde komme ich wieder."
Martha eilte in ihr Zimmer und sank erschöpft auf einen Stuhl. „Die armen Dienstmädchen!" seufzte sie einmal über das andere, „die ihr ganzes Dasein unter solchen Beschäftigungen hinbringen müssen! Und wie ich aussehe!" sie warf voller Entsetzen einen Blick in den Spiegel. „Und meine Hände! kaum einen Fuß in die Küche gesetzt, und schon roth! und hart wie Holz. — Julie! Julie! was habe ich Deinetwegen zu leiden!" Nach diesem kurzen Selbstgespräche schnellte Martha von ihrem Sitze in die Höhe.
„Mein Gott!" rief sie, „ich muß ja von der einfältigen Creatur lernen, wie man Hühner sengt." Und rasch rieb sie sich den Kohlenstaub vom Gesichte und kehrte in die Küche zurück. Aus der Kochmaschine flackerte ein Helles Feuer.
„Was die Dummheit Alles zu Stande bringt!" dachte Martha.
Die Amine legte ein Häufchen Papier auf den Herd, zündete es an und hielt eines der Hühnchen darüber.
„Was machen Sie da!" rief Martha entsetzt.
„Ich senge die Hühner," erwiderte die Amme in ihrer apathischen Ruhe.
Martha wurde blutroth. „Nein," dachte sie, „wenn das Alles zum Heirathen gehört, dann werde ich eilte alte Jungfer und lasse mir mein Essen aus dem Speisehause holen."
„Fräuleinchen, das Fleisch muß auf's Feuer, sonst wird es nicht mehr weich," erinnerte gutmüthig die Amme.
„Ach mein Gott! schon wieder etwas, man weiß ja nicht, wo man zuerst aufangen soll," dachte Martha und fügte laut hinzu: „Geben Sie geschwind den Suppentopf her." Diesmal war Martha sicher. Sie hatte, wie man Rindfleisch kocht, auswendig gelernt. Es brauchte nur in langsamem Kochen erhalten zu werden, dann verhalf es sich schon allein zum Weichwerden.
Das Schwerste war jetzt überwunden. Martha begann ein Gespräch mit der Amme, erkundigte sich nach ihrem Kinde, wie alt es sei, fragte, ob sie sich auf das morgende Tauffest freue. Unter diesen und ähnlichen Fragen sah sie dem Rupfen, dem Sengen und Ausnehmen der Hühner zu. Jetzt wußte sie, was sie wissen wollte, und wandte sich wieder ihrem Suppentopfe zu. Ein lauter Schrei entfuhr ihren Lippen, fast wäre sie in Ohnmacht gefallen. Hoch über den Topf hinaus ragte ein großer Schmutzhaufen. Die Amme eilte herbei. Martha war leichenblaß geworden, sie brachte kein Wort über die Lippen und zeigte voller Entsetzen nach dem Topfe.
„Na, na," sagte die Amme, ohne eine Miene zu verziehen, „ich dachte das Haus breunt." Sie nahm einen Schaumlöflel und hob damit die Schmutzhaube vom Topfe.
„Lv ein halbes Thier von einem Frauenzimmer muß mich beschämen," dachte Martha wieder und repetirte still für sich ihre Lection: „Nachdem das Fleisch geschäumt worden, thut man Salz, einige Mohrrüben, Sellerie, Petersilienwurzeln hinzu, deckt den Topf zu, und läßt das Fleisch langsam kochen, bis es weich ist."
„Da ist ja schon wieder ein Schmutzberg!" rief Martha, ihre Augen auf Len Tops werfend, abermals. Die Amme nahm" auch die zweite Schaumhaube ab und blieb nun mit der Schaumkelle in der Hand vor dem Topfe stehen, bis das Wasser klar blieb.
„Ich habe seit einer Stunde viel gelitten, aber auch viel gelernt," sprach Martha für sich und begann eine neue Unterhaltung mit ihrer Lehrmeistcrin:
„Amme, Sie verstehen wohl ordentlich etwas von der Küche?"
„Nicht viel," entgegnele diese. „Aber ich möchte später gern in die Küche gehen, und da habe ich unserm Hausdrachen so mancherlei abgesehen. Zu kochen verstand die Berlin'sche, das mußte ihr der Neid lassen. Aber sind die Berliner Köchinnen eine Bande! die gnädige Frau durfte sich nur in der Küche sehen lassen, so ging auch das Raisonniren los. Bei mir soll es das Fräuleinchen schon besser haben, ich vergesse es nie, was einem Dienstboten zukommt."
„Schön, schön," sagte Martha, leichter athmend, „kleine Dienstleistungen kann ich nicht entbehren. Können Sie aber von dem Kinde abkommen?"
„Wäre die Milch, welche die Herrschaft trinken muß, so gut wie die meinige, da könnten sie lachen. Unser Kleiner schläft fast den ganzen Tag. Jetzt werde ich Ihnen das Wurzelwerk zurecht machen, es in den Topf thun, dann kann ich ein Stündchen abkommen, da beruhige ich unfern Kleinen, und dann komme ich wieder."
„Die Person ist nicht so dumm, wie sie aussieht, ich fange an, Respect vor ihr zu bekommen," dachte Martha und machte sich daran, das Schwemmklöße-Recept auswendig zu lernen. Aber erst mußte die Amme fort sein, ehe sie sich an die Arbeit machen konnte; sie hatte eilte neue Klippe zu überwinden: das Weiße der Eier vom Gelben zu trennen. Vier Eier waren ihr bereits durch die Finger geglitscht, als ihr endlich das Kunststück gelang und sie schließlich auch den Kloßteig zu Stande brachte.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiscr'scheu Buchhandlung.