In Wien hat die Cbolera die Ratten verrücken, Seit- ' dem nämlich die Aborte und Cloäke» häufig und gründlich mir ! Eisenvitriol dcsinsizirt wurden, find die Ratten wie verschwunden. i Der berühmte Mediziner Hyrtl schreibt, er habe nicht einmal eine Ratte zu seinen Experimenten auftreiben können.

Florenz, 14. Nov. Die Eröffnung des Parlaments ifi nicht vor dem 15. Dez. z» erwarten, sic fällt also in eine Zeit, in welcher die Räumung Roms von den Franzosen bereits eine vollzogene Thatsache sein wird. WaS wird bis dahin geschehen? Alle Welt spricht von einer radikalen. überraschenden Maßregel, welche der römischen Frage mit einem Schlag eine andere Phy­siognomie geben würde, aber Niemand hat eine bestimmte Vor­stellung von diesem geheünnißvolle» Projekt. (S. M.)

Florenz, 18. Nov. Ein Rundschreiben Ricasoli's an die Präsekten sagt: Nach dem Scpiembervertrag darf die römische Frage nicht mehr ein Grund zur Ansregnng sei». Italien hat Frankreich und Europa versprochen, sich nicht zwischen den Papst und die Römer einzndrängen. Italien muß sein Verspreche» bal- ten und von der Wirksamkeit des nationalen Prinzips den »n- sehlbaren Sieg seiner Rechte erwarten. Jede Agitation, wclche dic römische Frage zum Borwand hätte, muß deßhalb widerralhen, verhindert, unterdrückt werden. Das Rundschreiben erklärt ser- ncr, das Haupt der katholischen Christenheit habe Anspruch ans Bürgschaften, damit es frei und unabhängig sein geistliches Amt ausnben könne. Die Regierung des Königs ist mehr als jede andere geneigt, alle Bürgschaften z» bewilligen, um diese Frei­heit und Unabhängigkeit anfrccht zu erhalte», den» sie ist der Ueberzeuqung, daß man sie zngcstehcn kann, ohne den Rechten der Nation irgend etwas z» vergeben. . (T. d.S. M.)

Turin, 14. Nov. Ich bin neuerdings genölhigk, aus die traurige Lage von Sizilien und namentlich-P a l er m o znrückzu- kommen. Lassen wir diesmal die halbosfizielle Gazzelta die Firenze sprechen; sic ist der Uebcrtreibnng nicht verdächtig. Sie läßt sich von ihrem Palermitaner Korrespondenten schreibe» wie folgt: ..Nach bald zweimonatlichem Zuwarten scheine» meine Voraus­sagungen sich zu bewahrheiten. Tie Provinz ist trotz des Auf­wands einer imponirenden Truppenmacht noch in derselben Lage wie am 15. Sept. Die Räuber find in Hellen Haufen über die ganze Provinz zerstreut, lähme» Handel und Wandel, rauben auf den Landstraßen, tödten die Bürger, die als treue Anhänger der Regierung bekannt sind, und übersallen vor den Thoren der Städte die gegen sie auSziebenden Gensdarmc» und Truppen in solcher Zahl, baß diese nur zu osl zum Rückzug geuölhigt sind. Die Lage ist grausam; die Cholera rafft ganze Familien in Pa­lermo dahin und macht jeden Verkehr »»möglich, wen» er es nickt schon wäre durch die Unsicherheit der Landstraßen; selbst die Fel­der können nicht bebaut werden. Nun kommt zum Bürgerkrieg und zur Pest auch noch die Hungersnokh. Was soll ans uns werden? Ich weiß es nicht und werde Palermo mit dem näch­sten Dampfer verlassen." Dies ist für ein Negiernngsblatt ein schweres Geständniß. (S.M.)

Triest, 17. Nov. Nachrichten aus Kandia vow 8. Nov. melde» , daß in den östlichen Provinze» der Insel die Aufstän­dischen erfolgreich seien, besonders in Heraklion. Zahlreiche grie­chische Verstärkungen trafen ei», an Lebensmitteln war Mangel.

London, 16. Nov. In der City war heule Morgen das Gerücht verbreitet, daß dem Prinzen von Wales auf der Jagd bei Sk. Petersburg ein gefährlicher ober gar tödtlicker Unfall zugestoße» sei. Eine amtliche Bestätigung fehlt. lZnm Glück hat sich das Gerücht, das uunökhigerweise sofort in die Welt hinanslelegraphirt wurde, nicht bestätigt. Der Indcp. beige geht ein neues Gerücht zu, nämlich daß die eben vcrheirathele Großfürstin Maria (Dagmar) krank geworden und die Hochzeits- icierlichkeiten eingestellt worden seien. Ob dieses Gerückt besser begründet ist, muß dahingestellt bleiben.) (S.M.)

Die R^che -es Akrobaten.

1 .

An einem Znniabend deS Jahres 1856 senkte sich die Zoniic hinter de» Hügeln von Maldon, als ei» Akrobat mit seinem Weibe mühsam die Straße nach der nächstes Marktstadt verfolgte.

Beide waren ermüdet und in trüber Stimmung. Der Akro- bil, ein gebräunter Mann von ungefähr dreißig Jahren, mit rabenschwarzen, krausen Haaren und dunkeln, funkelnden Augen,

t-..:g ir 'eill.n Zügen einen Ausdruck, weicher deutlich erkennen ließ, daß er nicht zur Klasse der gewöhnlichen Gaukler gehörte.

Seine Frau war um einige Jahre jünger und hatte ein Kind an der Brust. Auch sie schien einer über ihrem jetzigen Stande erhabenen Gesellschaftsklasse entsprossen zn sein und ihr Gesicht besaß einen ungewöhnliche» Liebreiz.

Das Loos Beider war ein hartes, allein sie ertrügen es standhaft, und dem Sprüchivortc zuwider, h.ette» die Leiden und Entbehrungen der Armuth bei ihnen noch nickt die Liebe durch das Feilster entstiegen lassen. Sie waiiderten jetzt nach der Markt­stadt Maldon» wo am folgenden Tage Jahrmarkt war, und wo Diival, der Akrobat, einen hübschen Gewinn zu macken hoffte. Allein da Beide in Folge des langen Marsches erschöpft und hungrig waren und sowohl der Nahrung als eines Nachtlagers bedurfte», so wünschte Duval, ehe er die Stadt erreichte, aus dem Wege einige Schillinge zu verdienen und bald bot sich eine günstige Gelegenheit dazu.

In einiger Entfernung zeigte sich ihm das stattliche Eingangs- lbor z» dem Parke eines reichen Mannes, und als er näher kam, vernahm er das heitere Lachen fröhlicher Kinderstiminen. Ec schaute durch die Pforte und gewahrte zwanzig bis dreißig Kna­ben und Mädchen, die mit sonntägliche» Kleidern angelhaii, ans einem Rasenplatze vor einem alten geräumigen Schlosse spielten, welches seit vielen Generationen der Familie Windns gehörte und gegenwärtig im Besitze deS Baroueks Sir William Windns war. dessen kleine Tochter an diesem Tage im Kreise von Jugend, freunden ihren Geburtstag feierte.

Die Augen deS Akrobaten funkelten, als er die fröhliche Kinberschaar betrachtete. Hier bot sich eine herrliche Gelegenheit. Ohne Zweifel, dachte er, würde es de» Kindern unendliches Vergnügen machen, seine goldenen Kugeln in der Lust fnnkeln und gleich dem Strahle eines Springbrunnens unanshörlich ans- iilid absteigc» z» sehen, sowie seine vielen andern Kunststücke zu bewundern, und gewiß würden die vornehmen und reichen Eltern ihn für diese Unkerbaltmig ihrer kleinen Herren und Damen frei­gebig belohnen. Nach kurzem Zandern öffnete er langsam die Pforte und schritt, gefolgt von seinem Weibe, ans den Rasen- platz zu. ^ '

> Wenn irgend eine ältere Person dort gewesen wäre, die er ! um Erlanbniß hätte fragen können, seine Vorstellung zu beginnen,

so wurde er eS gekhau haben: allein er sab Niemand als die ^ Kinder und wandte sich deßhalb a» eines der älteren und fragte, j ob sie seine Kunststücke zu scheu wünschten. Lächelnd bejahte das ! Kind und die Bücke der Uebrigen richteten sich wattend a»f den Akrobaten und den geheimiiißvvllen Kaste», den er von seinen Schultern nah»! nud öffnete.

! Staunen und Bewunderung ergriff die versammelte Jugend

, beim Anblicke der Kuustsertigkeit des Mannes, und so gespannt ! beobachteten fie die in der Luft tanzenden Kugeln, daß weder ! sie noch ec die Annäherung des Baronels. Sir William Windns,

! mit seinem Wildhüter bemerkte», welcher mit eiligen Schritten herbeikam und Dnval znries: ..Vagabimde! Wie könnt Ihr Euch unterstehen, hier tiiiziitrcteii?"

Einen Augenblick stand der Akrobat stumm und erstaunt bei dieser plötzlichen Unterbrechung da. Er sah einen Mann vor sich, der bedeutend größer war als er, in einer Jagbkleidung mit buschigen Angenbraunen und starkem Backenbärte, und dessen ! ganze Erscheinung de» Aristokraten verriekh, aber zugleich eine ! Beimischung von Brutalität hatte.

!Schnell, packt Euren Kram zusammen und macht Euch

> fort!" sagt der Lacouet. als er sah, daß Duval ihn regungs- § los anstarrte.

Allein letzterer halte sich gesammelt und erwiderte in festem Tille:Nichts für ungut, gnädiger Herr! Es war nicht meine i Absicht, hier irgend welchen Schaden anzurichten. Ich sah die ! Kinder spielen und nahm mir die Freiheit, hier einznkrete», in i der Erwartung, daß Sie vielleicht Gefalle» finde» würden an j meinen"

- ,,Ach, das ist die gewöhnliche Ausrede aller Diebe und

' Landstreicher," entgegneke der Herr,wenn sie in herrschaftliche ! Besitzungen eindringen(Forts, folgt.)

! Redaktion, Truck und Verlag rer G. W Zaiser'schcn Buchhandlung.