amncstie auf Kreta.
Petersburg, 9. Nov. Kanonenschüsse verkünden soeben, daß die Trauung vollzogen und der Großfürst Thronfolger Alexander Alexandrowitsch (geboren am 3. Marz 1845) mit der Prinzessin Maria Feodorowna (Dagmar, ged. am 26. Nov. 1847) nunmehr vermählt ist. Nack der Hochzeitsfeier werden der Prinz von Wales und der Kronprinz von Dänemark MoSka» besuchen.
Petersburg, II. Nov. Ein kaiserl. Dekret schafft die Servituten, Auflagen und Monopole ab, welche bisher ans 450 Städten Polens lasteten, und theils dem Staate, theils Eigen- thümer der Städte zufolge alter Fendalrcchte znstehen. Ter Staat verzichtet unentgeltlich; die Privateigenthümer dagegen werden entschädigt.
New - Uork, 9- Nov. Der Finanzministcr tilgte im Monat -Oktober zwanzig Millionen von der Staatsschuld.
New-Uork. Dem „Herald" zufolge ist die amerikanische Regierung vollständig entschlossen, nach dem Abzug der sranzösi- schen Truppen in Mexiko zu interveniren. „Es ist wahrschein- lich," sagt er, daß unsere Intervention durch die Absendung eines Freischaareukorp? bewerkstelligt wirb, welches in sämmllichen Staaten ausgchoben und von Offiziere» der regelmäßige» Armee kommandirt werben wird. Die Zahl dieser Freischärler wird nicht 20,000 übersteigen."
Die Exekution.
(Fortsetzung.)
Endlich kam der Soldat mit Wein und Gläsern wieder; ! auch die Marketenderin folgte ihm mit Thräncn in den Augen. Als ich ihr das Getränk bezahle» wollte, verweigerte sie die Annahme des Geldes.
„Adieu, armer Junge!" sagte sie, indem sie ihm die Hand reichte, „Muth und Vertrauen mein Junge, beim lieben Gott dort oben gelten keine Artikel des Kriegsrechtes! der liebt und verzeiht und ..." !
Plötzlich sah ich, daß die gute Katharine sehr bleich wurde ! und fick auffällig dem Gefangenen näherte.
„Nun, Jungen," rief sie mit aufgeregter Stimme, während ihre Augen immer aus den Abhang, aus dem das Fort der Kasbah lag, gerichtet waren, „sind die Gläser noch nicht voll?"
Ich folgte der Richtung ihres Blickes und sah einen Militär, der langsamen Schrittes und gesenkten Hauptes den Berg herunter kam. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, denn weiße Binden verhüllten cs. Ein pfeilschneller Gedanke durchschoß mein Gehirn... „Es ist der Corporal Krüger!" — Ich mußte die Begegnung der beiden ehemaligen Freunde verhindern! Schnell stieß ich Katharine mit dem Ellenbogen a» und zeigte ihr mit dem Blicke den Corporal. Sie begriff gleich, was ich meinte, schüttelte noch einmal Gogols Hand und eilte rüstigen Schrittes ^ Krüger entgegen.
r- Unterdessen hatte der Vernrtheilte sein Glas erhoben und sagte: „Kameraden, ich trink' ans euer Wohl! Möget ihr einst alle eure Heimath wieder sehen und möge cs euch gut gehen!"
-- Wir stießen an — wir trinken! — in meinem Leben werde ich diese» Trunk nicht vergessen!
Da richtete ick meine Blicke dem Berg zu und sah, wie Katharine und der Corporal kaum hundert Schritte entfernt waren und wie erstere mit der Hand mir fortwährend Zeichen machte.
„Oarelv a vous!" commandirte ich, „poloton on avant —
aeeöleiö — nrarelro!"
Einige Augenblicke später waren wir ans der Kasbah heraus.
Als wir ans dem Ricktplatz ankamen, sabcn wir daselbst eine große Truppenmenge; nach den bestehenden Gesetzen mußte ein Detachement eines jede» in der Stadt cantouirenden Regiments der Hinrichtung beiwohnen. Der Priester empfing Gogol und indem er ihm die Hand reichte, führte er ihn vor einen frisch aufgeworfenen Sandhllgel.
Mein Peloton hatte sich hinter jenem Hügel ausstelle» müs. scn und wir gewahrten dahinter — einen Sarg, dessen schaurigen Anblick man dem Verurtheilten entziehen wollte.
Länger als eine Viertelstunde mußten wir noch warten, obgleich der Grösster schon das Todesurthcil vorgelcscn halte. Man erwartete die Bestätigung des Königs, welche ein Adjutant de-
die Provinz eommaudirenden Generals — damals Cavaignac —- zu überbriuge» halte.
Endlich erhob sich eine Staubwolke in der Richtung der Stadt, mein Her; schlug hörbar in der Brust; — denn wer weiß, vielleicht ist zur letzten Stunde noch die Gnade gekommen -- es ist ja der Tag der Ankunft des Dampfers aus Toulon. Es sänen mir, baß auch Gogol dem sich Nähernden eine große Aufmerksamkeit schenkte — der Unglückliche! — er hoffte immer noch!
Jetzt war er angelangt und übergab dem Platzcommanda». ten ein versiegeltes Blatt. . . Dieser öffnete es ... jeder Athen,, zng war hörbar, denn ein Jeder kannte die Bedeutung dieses Papierö... Der Commandaul warf nur einen Blick auf dasselbe, dann hob er seinen Degen und machte ein Zeichen! — Jeder begriff es.
Ans Erde» war keine Knabe mehr für den armen böhmischen Schneidergeselle».
Jetzt bekam ich Befehl, meine Stellung hinter dem Sand- Hügel zu verlassen; wir marschirten dem Verurtheilten gegenüber aus. Ick fand ihn jetzt sehr bleich aussehend, starren Blickes stierte er vor sich hin. Der Priester hielt ihn fest umarmt und führte zu verschiedenen Malen das Crucistx a» seinen Mund. Gogol schien regungslos. — Ich ging aus ihn zu mit dem wei- ßeu Tuche, das mir der ProfoS gegeben, und bat ihn, es sich umzubinde»; — er hörte mich nicht. Da sprach ick deutsch zu ihm.
„Gogol," sagte ich, „Math! Kamerad, sollen die Franzosen denn sagen, daß ein Deutscher als Feigling gestorben ist?"
„Nein!" schrie er. „nein!" — und gewaltsam raffte er sich auf — „Sic haben Recht! — kein Tuch... aber schnell, um Gotteswilleu nur schnell, Sergeant!"
Ich trat eiligst zurück, denn ick Halle ein neues Zeichen meines Commandanten gesehen, der mir Befehl zu geben schien, die Sache zu beschleunige».
Der Priester umarmte de» Verurtheilten, segnete ihn und ließ ihn »och einmal bas Crucifix küssen, dann trat auch er zurück.
„^pproto^ Ins armes!" commandirte ich.
Ich sah ans Gogol — er hatte die Lippen krampfhaft zu- sammengebiffen und dem Blick dem Priester zugewandt, welcher aus der Ferne ihm noch immer baS gebeiligte Symbol der christlichen Religio» mit emporgehodene» Händen zeigte.
„Ln jouo!" commandirte ich weiter.
Gogol war tobtenblcich — ich warf noch einen Blick ans die ganze Gegend — nichts zeigte sich am Horizonte... nichts .. . kein Herold der Gnade — kein reuender Engel.
Der Commandaul gab mir bas letzte Zeichen mit seinem Degen; ich ballte krampfhaft die Fäuste zusammen — endlich ge. langte der Laut aus meiner zusammengeschnürten Kehle.
' „Lou!"
-Gogol lag als Leiche vor uns; vier Kugeln hatten
ihm die Brust durchbohrt; die anderen acht hatten gefehlt.... ans sechs Schritte! Ich überzählte mein Peloton — ei» Engländer, zwei Wallonen und ein Pole! — es stimmte, die ande« reu acht waren Deutsche!
Nun begann eine in der Armee übliche Ceremonic, die etwa» Empörendes an sich hat und deren Zweck ich eiuzusehen unfähig bin. Das Peloton stellte sich Gewehr im Arm um den Leichnam, sowie er gefallen war, .und die anwesenden Truppen befilirten mit klingendem Spiele an ihm vorbei.
Es scheint mir, als wen» die Majestät des Todes eine ge- wisse Ehrfurcht einflöße» sollte. Tie heiteren Märsche der Regimentsmusik klangen wie eine Verhöhnung dieser Majestät.
(Schluß folgt.)
— In Indien neigte sich der Fürst von Kolapur zum Ster- bc» und willigte ei», daß er und seine zwei Frauen gewogen wurden, um einen diesem Fleischgewicht entsprechenden Silberbe- trag an die Geistlichen vcrtheilen zu lassen. Das ist dort heili- gcr Gebrauch. Der Fürst selbst wog nur 4000 Rupien, aber jedes seiner nach orientalischem Geschmack wohlbeleibten Weiber i» runder Summe 5000 Rupien. Den Geistlichen trug diese fette Pfründe 14,000 Rupien (1 R. — 1 fl. 12 kr.) rin.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.