den 42 Personen, meist Studenten, im Cafö St. Michel verhelftet; sie sind angeklagt, einer geheimen Gesellschaft auzugchöre».
Bei Gelegenheit der Weltausstellung wird in Paris auch eine große Rabbinerve>sammlung statlfinden, die als eine Art von Conzil verschiedene Reformen in Erwägung ziehen soll. Namentlich wurde es sich »in die Aufhebung des Verbotes gewisser Speisen, die Abschaffung der Polygamie der algerischen Jude» und der Erbfähigkeit der jüdischen Frauen in Algier handeln. — Die Noth der Arbeiter in Lyon ist fortwährend groß, blos ein Fünsthcil derselben hat Verdienst. — In Marseille ist den 31. Okt. viel Korn ans dem Orient angclangt und wirb noch bedeutend mehr erwartet.
London, 3t. Okt. Wie groß die Geldopser waren, ehe die glückliche Legung des Kabels nach Amerika gelang, ist ans einer Darlegung zu ersehen, welche der Präsident der atlantische» Telegraphengesellschast bei einem Banket gab. Ec sagte: Zuerst zeichneten die Hanptbankiers und Kanflente der City 350 Aktien zu 1000 Pfd. Sterling, und doch glaube er, daß unter zehn nicht einer es that wegen der Aussicht ans den Gewinn, sondern in der Absicht, einen großen nationalen Zweck zu fördern. Tie 350,000 Pfd. St. verschlang das Meer; im Jahr 1857 folgte ihnen eine Summe von 500,000 und im Jahr 1859 schlossen sich die Wogen über weiteren 500,000 Pfd. St. Obgleich sonach 1,350,000 Psd. St. allmählig auf den Bode» des Meeres hiuabsankcn, und die Schwierigkeit Fonds zu finden, größer »nd größer wurde, verzagte man doch nickt und die glückliche Vollendung war der große Erfolg. Der Redner schloß mit der Hoffnung, daß das Kabel die verwandtschaftlichen Gefühle der beiden Nationen heben werde, und legte Zengniß ab von der nicht hoch genug zu schätzenden Hilfe des Mr. Cyrns Field.
London, 7. Nov. Der Times zufolge wird die britische Gesandtschaft in Dresden aufgehoben; die Gesandtschaften in München und Stuttgart hält sie gleichfalls für sehr gefährdet. Die Legung eines Kabels von Nenfnndland nach Halifax oder Boston ist beschlossen worden. Das atlantische Kabel wirft bereits über 25 pCt. ab.
St. Petersburg, 10. Nov. Aus Veranlassung der Vermählungsfeier des Großfürsten-ThronfolgerS ist ein kaiserliches Manifest erschienen, welches das Schicksal der Verurtheilten des Reiches einschließlich Polens und Finnlands erleichtert und die Zahlung der Stenerrückständc erläßt. — General Berg ist zum Feldmarschall ernannt worden. (S. M.)
Aus einem Madrider Privatbriefe hebe ich folgende Stelle hervor: „Wir sind am Anfang vom Ende. Die Königin wurde ansgepfiffen, als sic gestern i» der Oper erschien, in Spanien etwas Unerhörtes. Sic hatte bereits Platz genommen, erhob sich aber sogleich mit Ungestüm »nd verließ, dem Saal den Rücken kehrend, das Theater. Narvaez wird bleiben n»d scheint somit in den Staatsstreich zu willigen. (§. M.)
Bukarest, 6. Nov. Fürst Karl empfing heute den russische» Generalkonsul mit dessen Kousulatspersonal in feierlicher Audienz und »ahm die Anzeige seiner Anerkennung Seitens des Kaisers von Rußland entgegen. Er ist sonach jetzt von allen Großmächten als erblicher Fürst von Rumänien anerkannt.
Die Exekution.
(Fortsetzung.)
Der Weg vom Fort St. Philipp bis zur Kasbah führt durch die ganze Stabt Oran. Alles lag noch im Schlummer begrabe»; hier und da trieb nur ein Beduine seinen magern Esel vor sich hin, um möglichst früh zum Markte zu gelangen und einen guten Platz zu bekommen, auf dem ec de» kärglichen Ertrag seines Gartens am Morgen schnell verwerthen könne; von Zeit zu Zeit hörten wir den monotonen Gesang eines spanischen Wasserträgers, der seinen mit 4 Fässern beladenen Esel zum Charea» d'eau führte, um dort den Bedarf seiner Knuden für den Tag einzusülleu! Alles war still und stumm, unsere gleichmäßigen Schritte dröhn- ten dumpf aus dem Pflaster, die grauen dachlosen Häuser der Rue des Juifs schienen uns geisterhaft anzustaunen; — vor uns lagen die schwarzen Mauern der KaSbah, des alte» Palastes der Dcys von Oran, ihre verfallenen Thürme blickten sarkastisch aus uns herab! „Tödtet Euch nur unter einander, ihr verruchten Franken," schienen sie zu sage», „ihr, die ihr uns unserer Pracht
beraubt. O, wann werden wir den letzten Tropfen Eures Blutes trinken!" — Wir schritten weiter.immer weiter.
Plötzlich brach sich der erste Strahl der anfgeheudcn Sonne eine glänzende Bahn durch die ihn umhüllenden Nebel.
„Allah il Allah!" schrie die kreischende Stimme des Muezzin ans dem Tburme der Moschee — da klopfte ich mit dem Kolben meines Gewehrs au die Thüre des Militärgefängnisses.
Gogol saß ruhig aus seinem Schemel, als ich seine Zelle betrat; er Hörle gelassen dem Priester zu, der ihn seit dem vorhergehenden Abend nicht verlasse» hatte und der ihm auch in seinem letzten Augenblicke als treuer Begleiter zur Seite stehe» wollte.
Er Halle ein acht deutsches G-sickr, hellblonde Haare, blaue Augen und gesunde Gesichtsfarbe; auch seine Statur war voll und kräftig. Niemand hätte ihn für eine» Schneider gehalten. Sein ganzes äußeres Gepräge war frisch und rosig, als wenn er die ganze Nacht hindurch geschlafen hatte. Als er mich sah, kam er auf mich zu und fragte mich aus französisch, ob cs Zeit wäre. „Ja," antwortete ich ihm aus deutsch.
Seine Wange» wurden etwas röther, als er diesen Laut hörte; er trat mir näher, fragte mich, woher ich wäre und ob in dem Hiurichlungspelotvu mehrere Deutsche sich befände».
Als ich ihm diese Frage bejahte, schieg er etwas unwillig.
„Das hätte man den armen Leute» eigentlich auch nicht au« thun sollen," sagte er, — „es gibt ja so viele Holländer, Belgier, Spanier und.Italiener im Regimeuke, die sich gewiß keine Skrupel daraus gemacht hätten! Den armen Menschen wird gewiß heute das Mittagessen nicht schmecken."
Ich wußte nicht, was ick ihm antworte» sollte, und als ich mich eben umbreheu wollte, um einige Worte an den Geistlichen zu richten, fiel mein Blick zufälligerweise auf die Brust Gogols, auf der ich einige Buchstabe» nach Soldateumanier eiugestoche» sah. Er mußte meinen neugierigen Blick bemerkt haben, denn er öffnete bas Hemd, das seine Brust bedeckte und mit Schauder» laö ich die Tätawiruug! — „Oas cks ellunee" (kein Glück) stand dort zu lese».
„Das habe ich mir, als ich mich in Slraßburg anwerben ließ, stechen lassen," sagte er gan, ruhig. „Sie sehen, Sergeant, welch' ausgezeichneter Prophet ich war!"
Mit Hllft lws Aufsehers war er bald angezogen, und nun begann der Zug, welcher unter meiner Führung zur Hiurichtuugs- statte ging.
Ich weiß nickt, aus welchem Grunde uns der Priester verlassen hatte; ick haue gewünscht, daß wahreud dieses letzten Ganges der Seelcnhirt ihm zur Seite geblieben wäre; jedoch das war, wie es schien, gegen das Reglement, und erst aus dem Richtplatz fanden wir den Caplau wieder.
Als wir im Begriff waren, aus der Kasbah zu treten, rief mich der Verurtheilte zu sich heran.
„Sergeant," sagte er, „ist cs erlaubt, baß ich noch einmal in die Canline trete und mit jenen armen Kerls, die mich in einer halben Stunde nieberschieße» werden, auf ihr Wohl trinke? Das wird ihnen die Geschickte leichter machen! Wollen Sie es mir erlauben?"
„Ich weiß nickt, ob es das Reglement erlaubt," erwiderte ich, „dock auf jeden Fall soll Ihr letzter Wunsch gewährt werden."
Ich befahl dem Peloton zu halten und schickte einen Soldaten in die Cautine, um Wein und Gläser zu holen. Während dieser Zeit näherte ick mich dem Verurtheilten und fragte ihn, ob ich etwas für ihn thun könne. Er bat mich, zum Corpora! Krüger zu gehen und ihm zuzureten, daß er sich nicht das Leben seineihalben verbittere. Dieselbe Bitte hatte er auch schon an den Priester gerichtet. Aus Allem, was ec mir sagte, vernahm ich, daß er nichts von der vereitelten Verzweiflnngsthat seines Freundes wußte. Auck au seine Eltern backte er und freute sich, daß beide schon im Grabe lägen. Er fragte mich, welches Datum wir hätten, und als ick ihm sagte, daß eS der 29. Februar wäre, schüttelte er nachdenklich den Kops und meinte, daß dies doch eigenthümlich wäre, er hätte schon seit seiner Kindheit eine gewisse Scheu vor diesem Schalttage gehabt.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der <I. W. Zaiser'schen Buchhandlung.