Befehl ergangen, die Backenbärte fernerhin nicht mehr nach preußischem Muster zu tragen.
Dresden, 30. Okt. Man spricht vielfach davon, daß sich der König in einiger Zeit nach Berlin zu einem Besuch des preußischen Hofs begeben werde. Auch behauptet inan, der Kronprinz werbe seine» königlichen Vater ans dieser Reise begleiten. Es bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung, daß eine solche Friedensreise vom Volke mit den besten Wünschen begleitet würbe. sDreSd. Nachr.)
Für die Frankfurter, die 1345 geboren sind, beginnt am 1. Januar 1867 die preußische Militärpflicht.
Berlin, 1. Nov. Wie verlautet, ist von Seiten der hiesigen Regierung die förmliche Herstellung des norddeutschen Bundes und dessen Organisation in nächste Aussicht genommen. Binnen kurzem sollen mit sämmtlichen verbündeten Regierungen gemeinsame Berathungen staltfindc», um den Verfassungsentwurf zu vereinbaren, welcher dem Parlament des norddeutschen Bun- des vorgelegt werden soll. Dem Vernehmen nach werden zu diesem Zweck Bevollmächtigte der Regierungen nach Berlin kommen. Die Berufung des Parlaments soll dann'erfolgen, sobald die Umstände cs irgend gestatten. Vorher dürfte aber jedenfalls der Schluß des nächsten preußischen Landtags abgewartet werden.
Berlin, 1. Nvvbr. Gerüchte von Ministerveränderungen treten neuerdings mit Beharrlichkeit auf. Man spricht von Ersetzung des Grafen Enlenburg durch den Oberprästdenten Horn. — Nach der Berliner Post wird General Steinmetz auf den Wunsch des Kaisers von Rußland den Kronprinzen nach Petersburg begleiten.
Der König von Preußen hat dem Marquis de Moussier uud Hrn. v. Benedctli de» schwarzen Adlerorden verliehen.
Die Berliner Provinzial-Korresp. gibt einen Bericht über den Munitionsverbrauch der prenß. Infanterie im letzten Kriege: ,,Bei der Infanterie der erste» Armee mit der Elb-Armee, der zweiten und der Main-Armee, welche in Summe 268,000 Gewehre führte, beträgt der gesammte Munitionsverbrauch, mit Einschluß der verloren und unbrauchbar gewordene» Munition, in runder Zahl 1,850,000 Patrone». Es kommt daher aus je- den Infanteristen nur ein Verbrauch von 7 Patronen während des ganzen Krieges, wobei zu bemerken bleibt, daß der durchschnittliche Munitionsverbrauch bei der Infanterie der Main-Armee, welche 40,000 an Fußtrnppen zählte, sich fast doppelt so hoch, 11 Patronen pro Mau», beläuft, als bei der Infanterie der ersten und zweiten Armee, 6 Patronen pro Mann, von denen erstere 109,000 Mann und letztere 119,000 Mann an Fuß- truppen stark war. Selbst bei denjenigen Bataillone», welche Stundenlang im Fenergefccht ansharren mußten, findet sich kein erheblicher Munitionsverbrauch vor. So verschoß bei Nachvd und Skalitz z. B. ein Bataillon ungefähr 23,000, ein anderes bei Nachod 22,000 und ein drittes bei Trauten«» 22,000 Patronen, woraus sich ein durchschnittlicher Verbrauch von bez. 22 und 23 Patronen pro Manu ergibt; Zahle», welche in Anbe-- tracht der längeren Dauer jener Gefechte, sowie mit Rücksicht auf die dabei mit berechnete, durch zahlreiche Tobte und Verwundete verloren gegangene und unbrauchbar gewordene Munition noch immer nicht beträchtlich genannt werden können, da sie kaum ein Drittel desjenigen Quantums ausmachen, welches jeder Infanterist als Taschen-Munition, die sich nach jedem Gefechte ergänzen läßt, bei sich führt. Nicht durch die vortrefflichen Hinterladungswaffen allein ist mithin der Sieg errungen, das weist auch der überraschend geringe Munitionsverbrauch bis zur größten Gewißheit nach, sondern die Intelligenz der Heerführer, die straffe Disciplin, die moralische Tüchtigkeit der Armee, mit einem Worte, die Qualität der Truppen und die Genialität ihrer Führer haben jedenfalls das Meiste dazu bcigetragen. Das Zünd- nadelgewehr hat jene treulich unterstützt, indeß auch diese Maschine wird erst furchtbar durch den Geist, der sie regiert."
Hannover, 30. Okt. Die Königin Viktoria bat ihrem Vetter, dem Exkönig Georg die Gastfreundschaft und gleichzeitig den St. Jamcspalast angeboten. Der König war nach seinen letzten Mittheilungcn aus Hietzing entschlossen, das Erbieten für sich und seine anmuthige Tochter Friederica anzunehmen; die Königin Marie und die zweite Tochter sollen aber noch immer als Vertreterinnen, oder soll ich sagen: als Symbol der welfischen Rechte? im Lande bleiben. Preußischerseits hat man die Königin
bald nach dem Proteste ihres Gemahls wissen lassen, daß ihr der Besuch des Schlosses Herrenhanscn jederzeit frcistche, wenn sie einwillige, sich als Gast empfangen zu lassen, und zwar Lurch Annahme einer Ehrenwache und Aufziehen der Adlerflagge. Danach scheint es, daß die Königin ihren Lieblingsausenthalt nicht wieder sehe» soll.
Bei dem neuen Kirchengebete in Hannover muß der licbe Gott tüchtig aufpasse,i, damit er nichts verwechselt und jedem Fürsten das Seine gibt. Im Eingänge des Gebetes nämlich heißt es: „Gib allen christlichen Königen, Fürsten und Herren Gedanken des Friedens"; weiter unten aber hejßl's vom Könige von Preußen: „Verleihe ihm einen tapfer» Muth, starken Arm und siegreiche Kriegsheere"-„damit wir noch lauge ein geru
higes und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit." So haben zum Schluß die Herren vom Consisto- rium doch noch die Gedanken des Friedens und die siegreichen Kriegsheere zu demselben schicklichen Ende geführt.
Wien, 1. Nov. Der angebliche Attentäter Pust ist gestern der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Attentat erscheint ein Humbug des excentrischen englischen Kapitäns Palmer. Der Kaiser selbst sprach sich für Fiktionsvermnthung aus. (dcmcntirt.)
Wien, 3. Nov. Bei der gestrigen Vorstellung der Beamten bezeichnte Hr. v. Be »ft die von ihm einzuschlagende Politik als eine friedliche, besonders Preuße» gegenüber. (S. M.)
Wien. Man will wissen, daß die Ernennung des Herrn v. Benst hauptsächlich ei» Werk des Kronprinzen von Sachsen sei, der bekanntlich sehr viel mit dem Kaiser über die politischen Verhältnisse Oestreichs konferirte und dessen offene Darlegungen großen Eindruck auf Se. Majestät gemacht haben sollen.
In den Grenzboten entrollt ein Ungar ein düsteres Bild der Finanzen und der Volkswirthschaft in Oe streich. Die Staatsschuld betrug Ende 1864: 3,316,443,000 fl., die jährliche Verzinsung 221,142,000 fl., die normale StaatSeinnahme in den besten Zeiten nie über 250 Millionen. Heute ist die Staatsschuld auf 4000 Millionen oder 4 Milliarden angewachsen. Im Jahr 1849 hat der Clerus in Ocstreich den Werth seines Grund- eigenthnms auf 366 Millionen Gulden angegeben. Wollte die Regierung dieses Eigenthum cinziehen, so wäre das nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Der Ungar nimmt allerdings an, daß die Geistlichkeit ei» weit größeres Vermögen hat, aber in StaatSpapieccn, die nicht zu confisziren sind. Der Ungar sagt, die geistlichen Güter gehören dem Volke und die Geistlichen seien nur deren Nutznießer, die Regierung dürfe sie nicht confisziren und verschleudern. Sie werden auch bei den jetzigen Zustände» keine Käufer finden. Ungarn habe z. B. 23,479 große Grundbesitzer, von denen viele mehr Land als kleine deutsche Fürsten« thümcr haben. die einen Monarchen mit Hofstaat ernähren, während der jährliche Reingewinn der großen und dazu der 2,013,584 kleineren Grundbesitzer in Ungar» zusammen blos auf 101,779,000 Gulden geschätzt wird. Daran seien die seit Jahrhunderten furchtbar vernachlässigten Zustände schuld. Bei den neuen Staatsanleihen Oestreichs habe sich meist das Ausland bethciligt, „Leute, die lieber gut esse», wenn auch schlecht schlafen." Die Oestrei- cher selber hätten sich selbst bei ZwangSanleihen möglichst wenig betheiligt; Viele, weil sie nicht wollten, die Meisten, weil sie nicht konnten. Die Regierung sei im Lande froh gewesen, wenn sie nur die Steuern beitreiben konnte; in Ungarn seien 400 Mill. Steuern im Rückstand. 4 Milliarde» Schulden uud alles, was nicht niet- und nagelfest im Staate ist, verkauft und verpfändet: Staatsdomänen, Bergwerke, Eisenbahnen, die confiszirten Gü> ter u. s. w.
Paris, 2. Nov. Aus Wien wird berichtet: Belcredi, Benst und Maylath haben sich über die neue Politik verständigt; der Eintritt Benst's vermehrt die Aussichten auf eine Verständigung mit Ungarn. Die Abtragung der Prager Festungswerke ist gut- geheißen.
Alexander Dümas will ein Feuerwerk auf dem Berge Sinai abbrennen, um eine Idee von Moses Stellung zu bekommen, als er unter Blitz und Donner das Gesetz verkündigte. Er muß selbst sehr abgebrannt sein, denn erbittet die Franzosen, Gelb zu seinem Feuerwerk beizusteuern.
Brüssel, 30. Okt. Die Nachrichten über das Befinden der Kaiserin Chaolotte lassen das Schlimmste befürchte». — Kaiser Napoleon ist wieder sehr leidend; die Aerzte können sein Lei