einer freigewählten Kammer anzngehen, um die Volksintcressen gegen den Widerstand der Regierung zur Geltung zu bringen.

Meiningen, 17. Okt. Der Landtag bat einstimmig den Anschluß des Hcrzogthnms an den norddeutschen Bund genehmigt und dabei de» Wunsch ausgesprochen, daß den süddeutschen Staa­te» der Beitritt zu einem deutschen Gesammtbnnde ermöglicht melden woge. Der Landtag hat außerdem die Regierung aufge- rordcrt, die Vorkehrungen zu den Parlameutswahlcn auf Grund des ReichswahlgesetzeS zu beschleunige».

Eine sehr denkwürdige Aeußernng vernahm ich von einem alten russischen Offizier, der sich in Wiesbaden als Kurgast ans- hält. Er halte die Kriege von 1812 bis 1815 mit Auszeichnung mikgemachk und inlcrcssirte sich lebhaft für alles Militärische. Er ging Anfangs Juli nach Frankfurt, um sich dort und in der Umgegend die Bunbesarmec anznsehen. Als er zurückkchrie, fragte ich ihn, waS er davon halte.Sie wird geschlagen," sagte er kurz. Aber, wandte ich ein, es sind doch 130,000 Man», das 7. und 8- Armeecorps zusammen, und die süddent- scheu Soldaten sind tapfer. Gewiß, das weiß ich alles, sagte der alte würdige Herr, aber erlauben Sie mir ein Gleichnis. Sie wollen ein Diner (Mittagseffen) geben, Sic kaufen die fein­sten Rohstoffe, die delikatesten Speisen ans dem Markte, bei dem Telikatesscnbändler, in der Wild- und Geflügelballe, bei dem be­ste» Metzger und bei dem ersten Fischhändler der Stadt. Es ist alles vortrefflich. Dann aber begehen Sie den vcrhangnißvollen Fehler und übertragen die Zubereitung nickt Ihrem Koch, sondern Ihrem Kutscher. Seh'n Sie, das von diesem Kutscher verdor­bene Essen das vortrefflichste Material, verhunzt und unbrauch­bar gemacht durch unkundige Hände das ist die Reichsarmee. Das ist traurig, sagte ich. Aber wahr, sagte der Russe.

Frankfurt, 19. Okt. Wenn unser Wiener Korrespondent gut unterrichtet ist, so beginnt Rußland nachgerade eine drohende Haltung zu Oestreich anziinebmen und letzteres ist deßhalb ans dem gui vivo. ES sollen sogar schon ostrcichische Trnppenkörper ans dem Wege nach Galizien sein. (Fr. I.)

Kassel, 19. Okt. Das Gesetzblatt verkündigt eine aller­höchste Verordnung vom 13. d. M., die Militärdienstpflicht in den ncuerworbencn Landeskheilen betreffend. Die allgemeine Wehr­pflicht beginnt nach Maßgabe der in der preußischen Monarchie gütigen Bestimmungen mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Verpflichtete das 21. Lebensjahr vollendet. Die nach den Landesgesetzen Militärbesreike» bleiben auch ferncrbi» von der persönlichen Dienstpflicht befreit. Die Bestimmungen für die einjährigen Freiwilligen treten mit der Maßgabe in Kraft, daß den bis 1868 einschließlich pflichtig werdenden der Nachweis der wissenschaftliche» Bildung erlassen bleibt.

Berlin, 16. Okt. Den Besuche», welche Hr. v. Beust mehreren süddeutschen Höfen abgcstatlek hat, ist man in hiesigen RegicrnngSkreisen mit nicht geringem Mißtrauen gefolgt. Einige offiziöse Correspondenten sprechen sogar offen den Verdacht ans, daß der ehemalige sächsische Minister diese Rundreise nur ange- treten habe, um eine neue Jutrigne gegen Preußen in Szene zu setzen. Für Preußen sei das gewiß ein Grund mehr, mit Sach­se» nicht gar zu nachsichtig zu verfabren, sondern eine Stellung dort so zu befestigen, daß man die Umtriebe eines Hrn. v. Beust oder gar seinen Wiedereintritt in sächsische Dienste nicht zu be­fürchten brauche.

Berlin, 18. Okt. Die Friedensverhandlungen mit Sach­sen sind nunmebr beendigt, und eS bedarf nur noch der Guthei­ßung des bereits radifizirkcn FriedensinstrnmenkeS durch den Kö­nig Joban», welchem dasselbe zugeschickt worden ist, um den Abschluß zum kalt aeoompli zu machen. Daß diese Gutheißung erfolge» wird, steht nach den neuerliche» vom Könige von Sach­sen ertheilte» Instruktionen nicht zu bezweifeln. (S. M.)

Wie», 16. Okt. Graf Clam-Gallas hat bekanntlich selbst die Eröffnung der kriegsrecktlichen Untersuchung beantragt, als ihm eine Mitschuld an dem unglücklichen Ausgange des Feldzuges zum Vorwurf gemacht wurde. Tie Schweiz. Korr, schreibt nun: Tie Untersuchung, mit der peinlichsten Sorgfalt und Strenge geführt, hat die vollkommene Hinfälligkeit des Vorwurfes ergeben; Gras Clam-Gallas ist gerechtfertigt in allen seinen Handlungen «ns ihr hervorgcgangen. Man sagt, daß dem General eine glänzende Satisfaktion für die unverschuldet erlittene Unbill unter Anerkennung seines stets bewährten Patriotismus und seiner ehren­

vollen militärischen Laufbahn zu Tbeil werde, und daß er der Armee auch ferner angehören mild."

Brünn, 18- Okt. Kaiser Franz Joseph ist diesen Vor- mittag in Begleitung des SkaatsministerS Belcredi eingetroffen unter jubelnden Menschenmassen. Bürgermeister Giskra hielt eine Anrede; der Kaiser erwiderte in ausgedehnter Rede.

Die offizielle Ucbergabe Venetiens an die italienische Re­gierung hak am 19. Okt. stattgefnnde».

Florenz, 13. Okt. Tieoffizielle Zeitung" veröffentlicht einen aus Palermo unterm 4. Okt. an den Ministerpräsidenten gerichteten Bericht des Generals Rasaele Cadorna über die Er­eignisse von Palermo, welcher mehrere gransenbafte Einzelheiten enthält. Eine große Menge von Agenten der öffentlichen Macht ist aus die barbarischste Weise ums Leben gebracht worden. Ein Artillerist ist gekreuzigt gefnnden worden; man hatte ihm die Au­gen auSgerisse» und die scheußlichsten Verstümmelungen au ihm vorgenvmmen. Ein Karabinier, der nickt:Es lebe die Repu- blik!" schreien wollte, wurde niedergeschlagen. Mönche zündeten einen avcheiterbanfe» an, ans welchen sie den Sterbenden warfen. An den Thüren des Klosters Saut Antonio und in Montrcale verkaufte man das Fleisch geködteter Soldaten. Fast alle Klöster gaben den Empörern ZuflucktSörter. Die Mönche schoßen auf die Soldaten. Man hak im königl. Palast bemerkt, daß die weißen Benediktiner ans die Truppen schoßen. Wenn ein Schuß getroffen hatte, dann rief mau:Es lebe die hl. Rosalie!" Iw Misilnieri fielen abscheuliche Mordkhate» vor. Ein gewisser Sar- lorio, ein Wächter der öffentlichen Sicherheit, wurde von den Empörern dazu verdammt, mit den Zähnen zerrissen zu werden, und die Weiber übernahmen es, dies gräßliche Unheil auszn- führen. Dieser Man» wurde gebunden und geknebelt und die entfesselten Furie» stürzte» fick auf ihn und zerrissen sein Fleisch mit ihren Zähnen in Fetzen, so daß bald nur noch eine form­lose, blutende und zuckende Masse übrig blieb, deren schreckliche Torturen keine menschliche Zunge beschreiben kann.

Man schreibt derGazetka di Firenze" aus Rom, daß der Exkönig Franz von Bourbon sei» gesummtes Ministerium entlas­se» hat, und daß er sich anschickt, schleunig Rom zu verlassen.

Ans einem Gespräche zwischen Garibaldi und einem an- gesehenen Deutschen (das die A. A. Z. mitihetlt) geht hervor, daß Garibaldi die Einheit eines Volkes höher stellt als alles an­dere. Die Befürchtungen vieler Deutschen, daß der Freiheit Ge­fahr drohe durch die preußische» Siege, kbeilt er nicht. Im Ueb- rigen sprach er seine llcberzengung ans, daß Deutschland der beste Verbündete für Italien sei.

Paris, 18. Okt. Der frühere Minister Thonvenel ist heute Nackt gestorben Den Tod desselben bezeichnet derMo­niteur" als einen großen Verlust für den Kaiser und das Land, und sagt, daß der Name dieses Staatsmannes, an den sich die Erinnerung an die Annexion Rizza's und Savoyens an Frank­reich knüpft, stets in gutem Andenken bleiben werde.

I» Frankreich betrug die Zahl der ohne allen Schulun­terricht gebliebenen Rekruten aus den Jahren 1865 und 1866 durchschnittlich 25 Proc.; weitere 30 Prvc. konnten nur nothdürfrig lesen und schreiben. In 21 Departement har im Laufe der letz­te» 12 Jahre die Zahl der Volksschulen abgenommen. Das sind die Fortschritte der Nation, die an der Spitze der Bildung mar- schirt. Wir dürfen freilich nickt zu laut davon spreche»; denn auch in einigen Ländern Deutschlands ifl's mit dem Volksnnter- richt übel bestellt, und Mancher, der lesen und schreiben gelernt bat, vergißl's wieder, wie eine Flinte rostet, die nicht gebraucht wird.

Fra» Times in London prophezeit, daß König Wilhelm in der ersten Sitzung des norddeutschen Parlaments zum Kaiser von Deutschland werde ausgerufcn werben.

Mexiko, 19. Sept. Der Jahrestag der Unabhängigkeit wurde glänzend gefeiert; der Kaiser erklärte, er werbe ausharren auf der ihm durch die Volkswahl übertragenen Stellung; gute Habsburger verließen nicht ihre Posten im Unglücke. Maximilian übernimmt angeblich das Oberkommando der Armee.

Am 14. Sept. Morgens 4 Uhr explodirte das Arsenal zu Port-au-Prince (Westindien), wodurch ein Brand ausbrach, der über 100 Häuser vernichtete. An Menschenleben gingen 10 bis 12 zu Grunde. Verwundete zählte man mindestens 40. Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.