sie aber nicht tobt geärgert, sondern vergiftet, wie sieb »ach Aus- ' grabniig bcr Leiche» gezeigt hat.

Wien, 6. Okt. Eine sehr wichtige Maßregel wird, wie ! der Berliner Correspondent der Times berichtet, scheu in nach- > ster Kürze ins Leben treten. ES handelt sich nm nichts Gerin- ! geres, als um die Verdoppelung der bisherigen Zahl der östrci- ' chischen Infanterie, ohne daß der Staaiskasse damit neue erheb- ^ liche Opfer anferlegt werden. Ter betreffende Kabinctsbefcbl, ! welcher bereits dem Kriegsministerinm und dem Oberkommanda». ! tcn der Armee zugegangen ist, ordnet vielmehr an, daß die Ans- ! Hebungen im ganzen Lande bis ans das äußerste Maß der Lei- ! stungssähigkeit der Bevölkerung ausgedehnt, die Rekruten daun ! einige Monate nach dem System Krümper eingeübk und sobald ^ sie die nölhige militärische Ausbildung erlangt haben, sofort be- ! urlaubt werden, um neuen Rekruten Platz zu machen. Aus diese ! Weise hofft man binnen zwei Jahren die Jiisanlcrie weit über das Doppelte der jetzige» Aktive gebracht zu sehen, während die Artillerie und die Kavallerie vorläufig ihren jetzigen Stand be­hält. Daß dies nichts anderes, als Wiederausnahme des Krie­ges bei der ersten günstigen Gelegenheit bedeutet, betrachtet der Times-Corrcspondent, und mit ihm wohl jeder Klarsehcnde, als selbstverständlich.

Florenz. 10. Okt. General Garibaldi hat seine De­mission als Kommandant der Freikorps ejngereicht und erhalte».

Paris, 6. Okt. Man hat heutige Andeutungen über den erste» Eindruck, welchen der neue Minister des Aenßern aus die hiesigen fremden Diplomaten gemacht hat. Marquis de Mous­sier äußerte sich über die europäische Lage in entschiede» friedli­chem Sinne und in einer gewissen konservativen Anschauungsweise, welche hie und da ein wenig überrascht hat. Auf das Lavaletie'- sche Rundschreiben kam er mit sichtlicher Vorliebe zurück. Er ließ ferner keinen Zweifel darüber, daß Frankreich entschlossen sei, den im Orient entfachten Brand im Keime zu ersticken. Von mehreren Seiten wird übereinstimmend die offene, resolute, jedes Ding bei seinem Namen »enncnde Sprache des neuen Ministers gerühmt.

Die Behörden in Paris sind nicht ohne Besorgnisse für den nächsten Winter. Geschäslsstockung, Arbeitslosigkeit und da­mit verbundene Noth habe» bereits eine» hohen Grad erreicht. Die Unsicherheit in de» Straßen mehrt sich, zu den zahlreiche» Ueberfällen und Plünderungen nächtlicher Spaziergänger ist sogar ein Mord in der Nähe des Westbahnhoses hinzugekommc». Da­zu die nicht mehr verhehlte Krankheit des Kaisers.

Brüssel, 7. Okt. Der starke Geist der Kaiserin Char­lotte von Mexiko, die ihren Gemahl wesentlich zur Uebernahmc der mexikanischen Krone bewogen hat, ist den erschütternden Er­eignissen der letzten Zeit, welche den kaum geschaffenen Thron ihres Gemahls in Frage stellen, erlegen sie ist geisteskrank, wie übereinstimmend von Rom und Florenz gemeldet wird. Ihre fixe Idee besteht in einer furchtbaren Angst, vergiftet zu werben, und »nr in Gegenwart des Papstes glaubt sie sich sicher. Der Graf von Flandern ist ihr nach Rom nachgereist.

Graf Balduin.

(Fortsetzung.)

Margarethe wurde durch das Eintreten des alten Barons Kran- Hoven ans ihren trüben Gedanken gerissen. Wilhelm von Kranhoven war während der Zeit von «inein Jahre, seit bcr Flucht seines Sohnes, so sehr gealtert, daß mau ihn kaum wiederkannte. Seit die Hoffnung aus ein neu aufstrebendes selbstständiges Flandern in ihm gestorben war, war er stumpf geworden und lebte nur noch der Erwartung ans die Wiederkehr seines SohncS.

Die Gräfin batte sich völlig von der Welk abgeschlossen und die Aufwallung jener furchtbaren Stunde längst bereut. Nach und nach waren ihr die Umstände klar geworden und sie sah ein, daß ihre Leidenschaft eine verblendete gewesen. Der alte Kran­hove» hoffte vergeblich aus Nachrichten von seinem Sohne. Hugo hatte nichts mehr von sich hören lassen.

Er näherte sich nun bcr jugendlich schönen Margarethe, er­griff ihre Hand, und indem er dieselbe an die Lippen führte, sagte er:Erlaubt, edles Fräulein, daß ich Euch meinen Glück­wunsch darbringe."

Mit dem herzgewinnenden Tone, der ihr eigen war, erwi­derte Margarethe:Willkommen, Baron Kranhoven, ich danke

Euch herzlich. Saht Ihr Tampierre sortrciten? Wie gefällt er Euch?"

Der junge Graf Tampierre. Euer verlobter Bräutigam," erwiderte Kranbvven,ist ein hoftnuugsvoller, edler, junger Man». Möge Gott ihn und Euch in seinen Schutz nehmen."

Es freut mich," versetzte Margarethe,daß-gerade Ihr so sprecht. Meine Schwester hak mir Euch als den klügsten und besten Manu im Lande geschildert."

Kranhoven schüttelte wehmüthig den Kops.Halte sie mich zur rechte» Zeit dafür erkannt," sagte er,es wäre besser gewesen."

Ihr habt sie oft wohl vor den Ränke» König Ludwigs gewann?" fragte Margarethe, deren kindlicher Sinn gar Vieles von de» Ereignissen in Flandern und den Erlebnissen Johanna's nicht kannte.

Ich tbat es," versetzte Wilhelm von Kranhove».weil es meine Pflicht als ihr getreuer Vasall und Baron dieses Landes war; aber ich habe sie vergebens gewarnt. Mein Kops ist da­rüber grau geworden, und die Dinge, die ich bier erleben mußte, haben mich tief gebeugt. Wie gern wollte ich alles Leid, das mich selbst betraf, vergesse», wenn ich nur nicht sagen müßte, alles Elend, wodurch wir heimgesucht wurden, ist umsonst gewesen, und unser herrliches Vaterland wird zuletzt doch noch die Beute des Erbfeindes."

Margarethe verstand wenig von Politik.Wie meint Ihr das?" fragte sie.

Krauhoven erwiderte:Was soll der Unkenruf des alten Mannes in der Morgenröthe Eures hoffnungsreichen Lebens! Ver­gebens klagen wir, die wir hier unsere Heimath haben, und unsere höchste Ehre in der Selbstständigkeit Flanderns sehen; Schlauheit und Gewissenlosigkeit tragen doch den Sieg davon und das Recht wird mißachtet. Schon ist der Franzose in alle unsere Händel eingcwcihk, überall hat er die Hände im Spiel, maßt sich Rechte an, die ihm nicht gebühren, verdrängt unsere Sprache und unsere Sitten, und lauert nur ans die rechte Gelegenheit, sich zum Herrn des von Gott so reich gesegneten Landes zu machen. Da- mals, als die Fade» gesponnen wurden, hätten wir vorsichtig sei» sollen: zu spät, zu spät ist jetzt unsere Losung."

Margarethe wollte gerne was Tröstliches Vorbringen.Ver­zagt nicht," sagte sie, Johanna ist noch jung, ihr Trübsinn wird sich verlieren."

--Ich hoffe wenig daraus," enrgegncte Krauhoven;sie ist zu schwer getroffen, und was das Schlimmste ist, sie hat das Herz des Volkes eingcbüßt. Man flüstert, wo man sie sieht. Ihr Trübsinn gilt als Nene für eine begangene schwere Missc- ihat, denn das Volk hält sie nun einmal für die Mörderin ihres Vaters."

Es ist entsetzlich," erwiderte Margaretha, und man kann nichts dagegen khu». Alle Nachrichten, die vom gelohten Lande komme», sind ungewiß. Wir selbst wissen noch immer nichts Näheres über den Tod des Vaters, den ich selbst ja niemals gesehen habe. Aber Ihr, bester Baron, was denkt Ihr über Johanna's Verhalten gegen jenen Mann, de» Viele für unsern Vater hielten?"

Ach, edles Fräulein," versetzte Wilhelm,darnach dürft Ihr mich nicht fragen. Für mich war er der wiedergekehrle Bal­duin, der Heiland, der Erlöser, der Ritter, an de» ich glaubte und glauben mußte, da sei» Kommen der letzte HoffniingSanker für Flandern war. Sein edles Antlitz war ganz des unseres ver­schwundenen Herrn, wozu sollte ich zweifeln, wozu nachforschen? Niemand kennt bis henke den wahren Sachverhalt außer der Kö­nigin Mathilde, die ein undurchdringliches Schweigen darüber be­obachtet. Wäre eine Nachricht aus dem gelobten Lande gekommen, so wüßten wir alle die Wahrheit; so aber hält Jeder fest an dem, was ihm wahrscheinlich ist. I» so verworrene» Zeiten ist eS schwer, bestimmte Kunde zu erlangen, das gilt vom Höchste» wie vom Geringsten. Ein Jahr ist nun verflossen seit jenem unheilvollen Tage, a» welchem mein Sohn verschwand. Auch ist er verschollen, und alle Nachforschungen sind vergeblich geblieben. Einsam stehe ich alter Mann ohne eine» Hellen Blick in die Zukunft für Flandern, wie für mich. Ach, dieser Gedanke hat mich stumpf und alt ge­macht vor der Zeit."

(Fortsetzung folgt.)

Redaltion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.