Nagold, 6. Okt. In der beutle» Versammlung des hiesige» Volksvereins wird die Stuttgarter Petition au die Kammer der Abgeordneten, die Neugestaltung des Heerwesens beireffend, zur Sprache kommen, um für dieselbe Unterschritte» zu sammeln. Es werden daher alle Diejenige», und zwar auch Nichlmilglieder des Vereins, welche eine Nengcstalinng unseres Heerwesens für nothwendig halte», zu dieser Versammlung ein­geladen.

Zugleich werben alle Freunde des ForlschrillS im diesigen Bezirk ansgesordert, sich dieser Slnltgarter Petition, welche in den letzte» Tage» durch denBeobachter" bekannt gemacht wurde, anzuscbließen, und diesen Anschluß der Kammer der Ab­geordneten nebst den Unterschriften in den nächsten Tagen mitzu- Iheilcn. Die Anschlußeingabe wird bei allen Vereine» im Allge­meinen so lauten:

Hobe Kammer der Abgeordneten!

Im Anschluß an die Petition der Stuttgarter Volks­versammlung vom 27. September, betreffs der Neugestal- tung des Heerwesens, sprechen wir uns hiemik gegen Bei- behaltnng der Stellvertretung und für die allgemeine Wehr­pflicht mit ZmonatliLer Präsenzzeit aus und erlauben uns: die Hohe Kammer zu bitten, sich bei der Skaats- regierung für Durchführung der Revrganisatton ans dieser Grundlage ;n verwenden."

T li g e s - R e u i g k e i l e n.

Stuttgart. (8. Sitzung der Abgeordnetenkammer. Schluß.) Es wird nunmehr der Rechenschaftsbericht durchgegangcn; die einzelnen Gegenstände desselben werden, soweit nicht über sie zur Tagesordnung über- gcgangcn wird, an die betreffenden Kommissionen verwiesen. Amwermül- lcr, Dcffner, Schall und Erath stellen an den Minister des Innern die Anfrage, ob noch auf diesem Landtag die neue Bauordnung cingebracht werde? Kanzler v. Geßlcr, Grathwohl, Amvs u. A. bringen die Inter­pellation an den Minister der Verkcbrsanstalten ein, ob er nicht geneigt sei, aus der Oberncckarthalbahn Schnellzüge, durchlaufende Züge und eine Vermehrung der Züge überhaupt cintreten zu lassen. Der Präsident will nunmehr die Wahl einer Kirchen- und Schulkommission vornehmen lassen. Hopf beantragt, inan solle eine Kirchen- und eine Schulkommission wäh­len, wenigstens aber für jetzt von der Wahl einer Kirchen- und Schul­kommission abscben, und zuerst die staatsrechtliche Kommission mit einem Berichte über seinen Antrag beauftragen. Holder ist der Ansicht, daß es hiezu keines Berichtes bedürfe, sondern die Kammer ohne einen solchen diese Frage ans eine der nächsten Tagesordnungen setzen könne, womit sich auch die Mehrheit einverstanden erklärt. Sodann folgen wieder meh­rere KommisfionSwablcn. Nächste Sitzung Freitag.

* Ter Petition des Gmünder Volksvereins an die Ab­geordnetenkammer, betr. Bitte um Einleitung einer genauen Un­tersuchung über die Kriegsührung des 8. Armeekorps und seiner j Oberleitung, hat sich bereits die größere Anzahl dieser Vereine ! des Landes angcschlofse», und ist auch der Volksverein in Na­gold hierin nicht zurückgeblieben. Daß die Sache zur zufrieden­stellenden Aufklärung kommt, wird von den »leisten Petenten wohl selbst kaum geglaubt werden, den» das Sprichwort:Es haut keine Krähe der andern die Augen aus", ist zu geläufig im Volks­munde.

Stuttgart, 2- Okt. Die Ernennung des Frhrn. Spitzem- terg zum württ. Gesandten in Berlin ist der persönlichen Ler- haltnisse deS Grafen halber er ist mit Bismarck verwandt eine deutliche Demonstration unserer Regierung, daß sie mit Preu­ßen auf gutem Fuß zu bleiben wünscht. Die Posten in Bern und Florenz wird der frühere Gesandte in Wien, Frhr. v. Ow, den in Wien der bishe»ige Geschäftsträger in Karlsruhe, Frhr. v. Thumb, einnehmen. In Karlsruhe und Darmstabl wird Frhr. v. Soden beglaubigt werden. (S. V.)

Rottenburg, 2. Oktbr. Das Geschäft in Hopfen geht ungeschwächt fort; fast durchgängig werden 100 fl. und 2 fl. 42 kr. Trinkgeld auf de» Zentner bezahlt.

Rottweil, 2. Okt. Der Explosion der alten Pulverfabrik vor 14 Tagen folgte heute Mittag gegen 4 Uhr die der neuen, nur wenige Schritte von derselben entfernten. Sämmlliche Ge­bäude sind zerstört, das Wohnhaus stark beschädigt, ein Arbeiter, 55 Jahre alt, welcher seit seinen Kinderjahren daselbst lebte und arveilete, verlor sein Leben, ein zweiter liegt schwer verbrannt danieder. Wie das Unglück kam, ist eine Frage, deren Lösung vielleicht nie gelingen wird.

Eßlingen. (Proceß Stierlen.) Aus dem Anklage­

akt entnehmen wir Folgendes: Am Zl. Ang. v. I., Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr ist Wilhelm Slierlen, der 13 Jahre alte Sohn der Wiltwe Margaretha Dorothea Stierlen von Schnait­heim, OA. Heidenheim, in der derzeitigen Wohnung seiner Mut­ter zu Stuttgart, Schillerstraße 23, halb angekleidet auf einem in dem sog. Salon stehenden Bette lodt gefunden worden, und cS ist alsbald der Verdacht entstanden, daß derselbe gewaltsamer Weise ums Leben gekommen sei, denn a» seinem Halse bat sich eine deutlich ausgeprägte Strangrinne gezeigt, welche offenbar darauf hinwies, baß Wilhelm Stierlen den Erstickungstod ge­storben ist. Die Annahme, daß der kräftige, gesunde und lebens­lustige Knabe selbst Hand an sich gelegt haben konnte, war gleich von Anfang an im, höchsten Grade unwahrscheinlich und eine ganze Reihe von Umständen führte» zudem noch zu der Vcrmn- thung, daß die eigene Mutter und der seit mehreren Tagen bei derselben sich anfhaltcnde Geometer Christian Lukas Hörtig von Jnngingcn, OA. Ulm, den Wilhelm Stierlen am Morgen des 31. August erdrosselt haben. Die Stierlen wurde am 30. März 1824 zu Oberdorf, OA. Nereöhcim, außerehelich geboren; kaum 18 Jahre alt, heirathetc sie am 13. Scpt. 1842 den Müller G. A. Stierlen von Schnaitheim und hat in dieser Ehe, welche län­gere Zeit eine friedliche war. 13 Kinder und nachdem am 4. Ang. 1864 erfolgten Tode ihres Mannes den 26. Ang. ein 14. Kind geboren, welches indessen nach wenigen Tagen gestorben und bei der Theilung nicht als ein eheliches Kind des Stierlen anerkannt worden ist. Es ist nämlich im Jahre 1862 ans An- laß der Erbauung der Bahnstrecke von Aalen nach Heidenheim der Geometer Christian Lukas Hörtig, Sohn des Schuh. Maltin Hörtig von Urach, als Unternehmer eines Baulovses nach Schnait­heim gekommen. Derselbe ist 41 Jahre alt, mit einer Tochter des Schultheißen Nuffer in Jnugingen verheiratbet und Vater von drei Kindern und war bei Einleitung der Untersuchung in Jnngingen begütert. In Schnaitheim logirte Hörtig anfangs im Gasthaus zum Hirsch, bezog aber später ei» HanS des Müllers Gevrg Andreas Stierlen neben dessen Mühle und alsbald knüpfte derselbe mit der Frau deS Müllers der Margarethe Dorothea Stierlen ein ehebrecherisches Verhältnis; an, welches bald öffent­liches Acrgerniß in der ganzen Gemeinde erregte und kurze Zeit vor dem am 4. Ang. 1864 erfolgte» Tode ihres Ehegatten ver­ließ die Stierlen ihren Mann und ihre drei damals noch am Lebe» befindlichen Kinder und traf in Günzburg mit Hörtig zu­sammen, hierauf lebten sie einige Tage in Ulm miteinander, bis die Slierlen von dem durch ihren Ehegatten zu ihrer Verfolgung abgesendeten Steinhauer Merz zur Rückkehr nach Hanse bestimmt worden ist. Das zu Lebzeiten des Müllers Stierlen begonnene unsittliche Verhältnis; wurde nach dessen Tode fortgesetzt. Wenige Tage nach dem eingctretcnen Todesfall weckte Wilhelm Stierlen den Schultheißen von Schnaitheim und klagte ihm, der Hörtig sei wieder bei seiner Mutter. Eine Verhaftung HörtigS war die Folge, und die Ausweisung aus Schnaitheim wurde deßhalb nicht ausgesprochen, weil während der Verhandlungen hierüber die Stierlen nach Stuttgart gezogen war, aber auch hier, in der Schillerstraße, fand sich H- oft ein, und Wilhelm Sk. beklagte sich oft gegen die Hausleute und Dienstboten über die schlechte Aufführung seiner Mutter. (Forts, f.)

Karlsruhe, 2. Okt. DaS heute erschienene Regierungs­blatt enthält eine großh. Verordnung, wodurch die vertagte Stände­versammlung auf Montag den 8. Okt. wieder einberusen wird. Die Karlsr. Z. schreibt: Wie wir vernehmen, werben dem auf den 8. wieder einbcrufeue Landtag insbesondere diejenigen Vorlagen gemacht werden, welche mit den Ereignissen dieses Som­mers im Zusammenhang stehen. -- Die von offizieller Seite in Aussicht gestellte Gegenschrift gegen die bekannte Schrift vom badischen Verrath ist unter dem TitelMittheilungen von That- sachen zur Beleuchtung der angeblichen Enthüllungen über den badischen Verrath" in der Brann'schen Hofbuchhandluug dahier erschienen. Der Verfasser fällt ein strenges Unheil über das Oberkommando des 8. Armeekorps, aus dessen Fehlern derjenige, der immer noch tadeln wolle, wenn ergangene Befehle der 2. Division nicht buchstäblich befolgt worden seien, die Erklärung zu suchen habe. Diese Tadler vergessen, daß man nur wohler­wogene, zweckgemäße Befehle geben soll, die auch ausgesührt werden können; daß aber der isolirt stehende General immer zu überlege» hat, ob er berechtigt ist, seine Truppen zur Erfül-