die höchsten Sphären; sie hat Vertreter im Ministerium, das Herrenhaus ist von ihren Stimmen erfüllt: und der König, sowie Graf v. Bismark, welche ihnen gegenüber die zweifellose» Interessen des preußischen Staates und der deutschen Nation zu ver- treten habe», sind durch diesen stillen, aber unnnterbrochcnen Kampf zur Zeit stärker behindert, als durch den adgeblaßten und verwischten Gegensatz zur Fortschrittspartei. Wie jetzt unsere Verhältnisse sich gestaltet habe», steht und fällt in Preußen die Sache der politischen und parlamentarischen Freiheit mit der deutschen Politik des Grafen Bismark. In den anneklirten und föderirteu Territorien wiederholt sich dieselbe Erscheinung. Für die Einheit, für die Verbindung mit Preußen sind die liberalen Masse» der bürgerlichen und industrielle» Bevölkerung; für die Herstellung der alten Souveräne und von bitterer Abneigung gegen Preuße» erfüllt sind die Beamtenkreise, der Adel, die Krämer der kleinen Residenzen. So. zeichnet sich die Stellung der preußischen Regie- rung mit sehr bestimmten, wenn auch nickt ganz einfachen Linien. La die Anhänger der alten Ordnung in einzelne» Territorien sehr stark sind, so wird die Regierung zuweilen sehr energisch und absolutistisch auftreten müssen. Da die preußische Partei ent- schieden liberal ist, so wird die Regierung fort und fort liberale Einrichtungen als das Ziel ihres StrebenS zu betrachten haben. Eins ist sicher, daß, wer die deutschen Bestrebungen des Grafen Bismark erschwert, damit nicht der Sache der Freiheit und der varlamentarischen Verfassung, sonder» daß er lediglich de» feudalen und legitimistischen Parteien in Deutschland und Europa einen Dienst erweist. Sollte, was Gott verhüte, das Ministerium Bismark in dieser Frage scheitern, so würde nicht der geringste Zweifel über den glücklichen Erben desselben obwalte». Nicht die Fortschrittspartei, nicht die Altliberalen würden die Ministersessel besetzen. ES würde ein Umschlag wie 1850 erfolgen. Die Kon- servativcn reinen Wassers, die Bewunderer der kleinen Höfe, die Verehrer Oestreichs würden an daS Ruder kommen. Mit de» guten Beziehungen zwischen Deutschland, Frankreich und Italien wäre eS vorbei, denn weder in Frankreich, noch in Italien herrschen ja die Dynastien, welche allein in den Augen jener Parteien legitimes Erbrecht besitzen. Wie mir scheint, wäre ein solcher Ausgang weder sür den Frieden, noch für die Freiheit En- ropa's erfreulich."
Berlin, 20. Sept. Der Einzug der Truppen erfolgte heute um 11' s Uhr in vorgeschriebener Ordnung und unter dem größten Enthusiasmus des Volkes. Dem Könige voran ritten der Ministerpräsident Graf Bismark, der Kriegsminister v. Roon, die Generale v. Moltkc, v. Voigt-Rhectz und v. Blumenthal. Von Jungfrauen empfing der König drei Lorbeerkränze, eine» für sich, einen sür den Kronprinzen und eine» für den Prinzen Friedrich Karl. Auf die Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters sprach der König seinen Dank für de» würdigen und reichen Empfang aus, indem er hcrvvrhob, daß derselbe nicht ihm, sondern den einziehenden Truppen gelten möge. Zahlreiche Ordensverleihungen und Avancements sind erfolgt. Bismark wurde zum Ehes seines Landwehrregiments und zum General ernannt. Der Kronprinz und der Prinz Friedrich Karl erhielte» den Orden ponr In wrerito mit dem Bildnisse Friedrichs des Großen.
Berlin, 21. Sept. Die Einzugsseierljchkeiten endigten mit einem festliche» Gottesdienste. Um 1 Uhr fand das Tedeum im Lustgarten statt. Die ganze königliche Familie, die fremde» Fürsten, die Generale, die Minister, ausgenommen den Grafen v. Bismark, der italienische Gesandte rc. wohnten demselben bei. Hundert und vier Geistliche aller Konfessionen umstanden den Altar. Feldprodst Thielen hielt die Festpredigk über Psalm 118, Vers 23. Ter ambrostanische Lobgesang und Kanonensalvc» beschlossen die imposante Feier.
Berlin, 21. Septbr. Der StaatSanzcigcr veröffentlicht einen königl. Erlaß, in welchem Allen, die bis zum 20. Sept. wegen Hochverraths, Majestätsbeleidigung, Verbrechen und Vergehen bezüglich der Ausübung des StaatSbürgerrechls, Widerstands gegen die Staatsgewalt, Verletzung der öffentlichen Ordnung ober wegen Preßvergehe» vcrnrtheilt waren, Amnestie ge- wahrt wird.
Stettin, 17. Sept. Es betätigt sich, daß dem Exknr- fürsten von Hessen zwei Schlösser in seinem früheren Lande zur Verfügung bleiben. Er verlangt noch ein drittes, was ihm bis- her nicht gewährt wurde. Gegenwärtig ist er mit Packen seiner
Koffer beschäftigt und wird demnächst über Dresden und Bamberg nach Schloß Philippsruhe bei Hanau abrcisen. Ec befindet sich im Allgemeinen in sehr humoristischer Stimmung, da er sich freut, daß seine Erben um ihre Thrviifolgehoffunngen geprellt sind.
Ans Oestreichisch - Schlesien, 15.' Sept. Niemals ist wohl eine so gründliche Sinnesänderung in so kurzer Zeit bewirkt worden, als bei unserer Bevölkerung im Verlauf von drei Monaten. Dieselben, welche noch im Juni sich überall als die erbittertsten Gegner unserer Nachbarn anssprachen, und welche oft in ihrem Fanatismus so weit gingen, daß sie das preußische Volk unk der Negierung in ihren Schmähungen zusammenwarfen, sind jetzt zu den eifrigsten Fürsprechern preußischer Institutionen, des preußischen Volkes, ja selbst des früher so stark angefeiudetcn preußischen Ministers Bismark geworden. Das Bewußtsein, daß die vstreichischen Staatsmänner den Bankerott des Staates her- bcigeführl haben, hat sich so weil und so schnell verbreitet, daß der Ausdruck der Gesammistimmniig am beste» mit den Worten: ,,Rette ilck, wer kann", bezeichnet werden kann. Die Zuneigung zu der Dynastie hat in diesen Landen einen gewaltigen Stoß erhalten und nimmt von Tag zu Lag ab, weil noch immer nicht das rettende Wort von Wien gekommen ist, welches die Gemüther auf's Neue z» belebe» im Stande ist. Auch unter der polnischen Bevölkerung i» Galizien zeigt sich ein gewaltiger Umschwung in der öffentlichen Stimmung. Die Illusionen, denen die Polen sich vor dem Kriege Hingaben, sind mit einem Male zusammen« gesunken, und nur zgne einzige Furcht beunruhigt sie, nämlich die, daß bei einer weitern Entwicklung Galizien an Rußland kommen könnte. ES herrscht dort eine gewaltige Rnssensurcht. Seit dem mißlungenen Polenansstande ist man dort denn doch zu der Einsicht gekommen, daß von zwei Uebeln, ob rnssifizirt oder gcrma« nisirt zu werde», sie das letztere als das geringere verziehen und daher ihre frühere Abneigung gegen Preußen bedeutend gemindert haben. Das sind die Erfolge des kurzen und ercignißvollen Krieges in Böhmen. ' ' (S.M.)
Triest, 21. Sept. Neuste Levantepost. Athen, 15. Sept. Zunehmende Aufregung wegen Kandia's. Aus Kandia wird berichtet: Das egyplische Corps ist vom türkischen getrennt und wird blokirt. Korfu, 19. Sepr. O'fizielleS Telegramm: Die aufständischen Kandivten habe» unter Führung griechischer Offiziere die egvptisch-lürkiiche Armee auf vielen Seiten angegriffen. Die letztere wurde geschlagen und verlor 3000 Mann. Der Pascha und die Soldaten wurden durch Avschluß einer Ucberein- kunft sreigelassen. Der Generalgonverneur beschloß allgemeine Bewaffnung der kandiotischeu Türke». (T. d. S. M.)
Im Fonbonrg du Noule zu Paris baut man gegenwärtig et» nennstöckiges Haus mit Parterre- und Kellerwohnung und Kellern, so daß dasselbe also eigentlich ohne die Keller cilf Stockwerke haben wirb. Das Haus enthält keine Treppe, sondern einen Flaschenzng, der von Minute zu Minute die Bewohner in die Höhe befördert. Das Hans wird zur Probe gebaut und wenn es Anklang findet, wird man mit dem Bau solcher Häuser forlsahren.
Haag, 21. Sept. Die Regierung hat in der ersten Kammer erklärt, über den Eintritt Limburgs in den norddeutschen Bund schwebe keine Unterhandlung, die thatsächlichc Lage sei nicht rechtlich sanktionirt. (T.d.S.M.)
Wenn nur den Verhältnissen im Süden der Union zu krauen wäre, so würde sich dort deutschen Einwanderern ein günstiger Boden eröffnen. Nach Aufhebung der Sklaverei müssen dort etwa 150 Millionen Acker um niedrigen Preis verkauft und Einwanderer und Geldkräfte beigezogen werden. Die Gouverneure habe» aus deutsche Farmer und Handwerker ihr Augenmerk gerichtet.
— Ränder und Flecke, die aus polirten Tische» durch warme Getränke, Wachs- oder Stearintropfe» entstanden sind, bestreiche man mit Spiritus und Laiupenöl und reibe sie dann mit einem wollenen Lappen, bis der Flecke verschwindet. Ist es nöthig» wiederholt man das Verfahren.
— N a ch a h m u ngS w erth. In Litthauen ist es in den niedere« Stände» Sitte, daß junge ehelustige Mädchen einen grünen Strauß vor ihr Wohnhaus hängen, um dadurch kund zu geben, daß sie sich zu verheirathen wünsche».
Revaltion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung."