Tttges-Nruigk eiten.

Stuttgart, 21. Sept. Tie Eröffnung der Ständever- sammlnng erfolgt Dienstag in der gewöhnlichen Weise, jedoch nickt dnrck Se. Maj. de» König in Person, sonder» durch den Herrn Minister des Innern v. Geßler. Nichtsdestoweniger dürfte die Eröffnungsrede mcinches Interessante bieten. Sv viel ich vernoninic», dürfte sie darüber Ausschluß bringen, dost unter den vom nächsten Landtag zu envnrterrden Vorlagen auch eine voll­ständige Verfassnngsrevision nickt blvö eine bruchstückweise, sowie die Verwaltungs- nrrd Gerichtsorganisalion sich befinden werben. Unter den Gesetzesvorlagen ist eine, welche ohne Zwei­fel im Lande mit allgemeiner (?) Befriedigung ausgenommen wer­den wird; es ist die« ei» neues VerehelickungSgesetz, durch wel­ches fast alle die seither noch der Verehelichung entgegengestandc. ne» Hindernisse gründlich ans dem Wege geräumt werde». Dem Vernehmen nach sollen nach demselben Hindernisse, die ans Ber- mvgens- oder gesickertem Nahrungsstand herrührc», in Zukunft gänsiich wegfallen und »nr noch das Hinberniß schlechten Prädi­kats bestehen bleiben, aber auch dieses mit der Beschränkung, daß dadurch nicht ein absolutes Hinderniß gegeben ist, sondern nur ei» Aufschub für ei» Jahr einkrikt, nack dessen Ablauf, wenn nichts neues NachtheiOges über den Heirathskandidaten bekannt geworden ist, die Erlaubnis; nickt länger verweigert werden kan». Es ist dieses Gesetz sehr zeitgemäß und liegt dasselbe bereits dem K. Geheimcnrakhe zur Begutachtung vor. (Sckw. B.)

Stuttgart, 21. Sept. Die MilOär-Lazarclhe leeren sich rasch; ans der Solitndc können ganze Abtheilungen entlassen wer­den und nur noch Schwerverwnndete bleiben zurück. Auch daS Filialspilal im alten Postgebände kann i» Bälde ausgelöst werben.

Stuttgart, 22. Sept. Se. Majestät der König haben vermöge höchster Entschließung vom 10. d. M. die Niederschla­gung jeglichen Straverfahrens gegen die durch die kgl. Berorb- nnng vom 20. Juli d. I. anfgeborenen, des Ungehorsams oder der Widerspenstigkeit verdächtigen Exkapitulanten ber Jahrgänge 1863 und 1864 verfügt. Nachdem der Friede und mit ihm geordnete Geldverbällniffe wieder hergestellr sind, werde» die Ei­senbahnbauten nicht nur ans den schon in Angriff genommenen Linien mit großem Eifer wieder betriebe», sondern es werden auch neue Linien in Angriff genommen. So sind Arbeiten zur Vergebung ausgeschrieben für die Schwarzwald-, für die Donan- thal- und für die Tauberthalbahn. (S. M.)

Stuttgart. Graf Wilhelm, der Gouverneur der Fe­stung Ulm, wirb dem Vernehmen »ach bieher überstcdel»; da cs keinen deutschen Bund mehr gibt, so gibt eS auch keine Bunbes- kaffe und keine Bnndesfestnngen mehr, deren Gouverneure durch ersterc besoldet würden. Graf Wilhelm Hai seine Loge im Ulmer Theater definitiv aufgegeben, was man mit dieser Ueberstedlnng in Zusammenhang bringt. Was aber wird ans der Festung wer­den? Den Ulmer» wäre cs am liebsten, man würde sie auf den Abbruch verkaufen. (S. V.)

Das Calwer Wochenblatt bringt folgende Bekanntmachung des dortigen K. Oberamts: Auf den Beschluß der AmtSversamm- lung vom 14. v. M.: der K. Staalsfinanzverwaltnug Behufs des Baues der Schwarzwalbbahn ein Anlehen von 100,000 fl. anzubieten, ist durch Dekret der K. Eisenbahnba» Commission vom 15. d. M. erwidert worden, daß, nachdem durch das neue Anlehen Mittel zum Eisenbahnbau geschaffen seien, die Eisen­bahnverwaltung nunmehr in der Lage sei, den Bau ber Schwarz­waldbahn zu beginnen, ohne von dem Anerbieten der Amtskor­poration Gebrauch zu machen.

Tübingen, 22. Sept. Die Zufuhren zum gestrigen Obst­markt waren wieder sehr stark und die Preise stellten sich für ba- disches Obst auf 5 fl. bis 5 fl. 30 kr., für einheimisches, beson­ders Birnen, auf 78 fl. per Sack von 5 Simri.

Friedrichshofen, 17. Sept. Heute Nachmittag ist der Großherzog von Baden mit Gemahlin von der Insel Meinau mit Dampfboot zu einem Besuch bei der kgl. Familie hier ein- getroffen und Abends zurückgekehrt.

DasNeue baieriscke Volksblatt", welches in Stadtam­hof erscheint, brachte folgende Einladung zum Abonnement: Dasneue Baierische Volksblat!" vertritt die Bestrebungen aller gut baierisch gesinnten Patrioten, es ist das Organ besonders für bas altbaierische Kcrnvolk und hat mit Energie und Frei-

muth in diesem Sinne seit den 3'/r Jahren seines Bestandes ge­gen die volksfeindlichen Hebelgriffe und Mißgriffe im Innern ebenso entschieden gekämpft, als jetzt gegen die nächsten Feinde von außen, nämlich die eroberungssüchtigen, hockmülhigen Prus- saken, die uns lange genug bedrohten, verachteten und schände­ten.Pruß aus!" ist der Wahlspruch des Volksblattes ,,Prnß aus!" wo immer die Rackers Friedrichs des Großen in Baicrn frech ans unsere Kosten sich bereit mache», gewohnt, nn- ser Vaterland als ihr üppiges Fntterland zu betrachten. Wem der RufPruß aus!" von Herzen geht, der schließe sich ans Volksblatt an, das seine patriotischen Pflichten redlich rbnn wird. Kamps gegen das Prnssakentbum bis aufs Messer! Pruß aus!"

Wiesbaden, 16. Sept.Treu bis in den Tod" ist auf dem Album zu lesen, welches die nassanischen Offiziere ihrem Erberzog überreicht habe». Nun wird, wenige Tage später, von der Miitelrh. Ztg. bekannt gemacht, daß bei weitem der größte Theil dieser Offiziere in preußische Dienste treten werde. Wjr wollen ihnen das an sich nicht zum Vorwurf mache», müssen aber bemerken, daß sich bei dieser Gelegenheit die Lächerlichkeit solcher Gefühlsphrasen wieder eklatant herausgestellt hat.

Die Offiziere der eroberten Staaten verlangen vo» ihrem Eide gegen ihre bisherigen Kriegsherren entbunden zu sein, ehe sie in die preußische Armee eintrete». Mit dem Eibe der Unter­gebenen darf cs keine Regierung leicht nehmen. Will Preußen die Eideöentbindung von den vertriebenen Fürsten erlangen, so muß es ihnen Vorthcile gewähren, die mitunter mit de» Landes- nnd den preußischen Interessen im Widerspruche stehen. Eine Schaar hannover'schcr Geistlicher war so geschmeidig, daß sie in einer Kapitelvcrsammlung den Grundsatz aufstellke, mit der Ab­setzung ihres bisherigen Landes- und Brodherrn sei ibr Dienst­eid von selbst hinfällig geworden, sie sei daher zur Huldigung bereit. Die Regierung in Berlin fand aber diese geistliche Grund­satzlosigkeit so bedenklich, daß der Civilkommissar in Hannover die geistlichen Herren dahin beschiel), man verlange gar keine Huldigung von ihnen. Der Civilkommissar v. Madai in Frank­furt erließ auch dem Frankfurter Senat die zugemnthetc Huldi­gung, als er erfuhr, daß viele Senatoren lieber ihr Amt nieder­legen, als huldigen würden.

Berlin, 18. Sept. Heinrich v. Sybel hat an A. Forcade, Redakteur der Rovuo 6. ck. m, i» Paris einen denkwürdigen Brief gerichtet, in welchem er diesem und dessen Landsleuten sehr gründliche Aufklärungen über de» Charakter und die Bedeutung der deutschen Nationalbewcgung gibt. Das Schreiben nennt die deutsche Umwälzung eine dem Ausland gegenüber für jetzt und künftig total friedliche, die erst durch unberufene Einmischung des Auslands in eine gefährliche, schrankenlose Revolution verwandelt werden könne. Wir entnehmen dem Briefe folgende Sätze, welche Bismark und seine Tendenzen betreffen:Wer die deutsche Ein­heit oder auch nur einen norddeutschen Bundesstaat Herstellen will, kann nicht anders, als mit jedem Schritte einen Riß in die fürst­liche und adelige Herrlichkeit machen. Auf dem feudalen und le- giiimistischen Standpunkte gibt es keine Möglichkeit zu einer sol­chen Reform: sie wird erst denkbar für einen Staatsmann, der die Souveräuctät nicht als ein Familiengnt. sondern als ein Staaksamt betrachtet, dessen Bestand und Kompetenz sich stets nach den Bedürfnissen der Nation zu richten hat. Nichts ist also natürlicher, als die Sympathie der feudalen und legitimistischeu Partei in Preußen für die kleinen Souveräne und die alle Bun­desverfassung in Deutschland: nichts ist erklärlicher, als ihre per­manente Hinneigung zu Oestreich als dem Schützer und Erhalter aller feudalen Herrlichkeit auf deutschem Boden. Die Partei mar es, welche dreimal binnen 50 Jahren, 1819, 1834, 1850, die Scheu der preußischen Regierung vor liberalen und revolutionären Ideen benutzte, um Preußen in der hergebrachten Abhängigkeit von Wien und Frankfurt zu erhalten. Sie ist auch jetzt auf das höchste mit dem kräftigen Aufschwünge unzufrieden, welchen Preu­ßen unter der Leitung des Grasen Bismark genommen. Sie wüthet über das Bündniß mit dem italienischenRäuberkönig", wie sie Victor Emanuel nennt; sie trauert in Sack und Asche über denBruderkrieg" gegen die czechischen und magyarischen Regimenter des Kaisers von Oestreich; sie bietet alle Anstrengun­gen auf, um den frommen König von Hannover, den strengen Kurfürsten von Hessen, den ritterlichen Herzog von Nassau wieder auf ihre Throne zurückzubringen. Ihre Verbindungen reiche» in