Ich werde kommen." versetzte Aldcnarde, und beide Geg­ner trennten sich.Gleisnerische Schlange!" sprach Hugo zu sich selbst, als er de» Verrälher nicht mehr sab;ist es möglich und denkbar, daß ein edles Weib, eine Johanna, ihr Vertrauen an ibn wegwerscn konnte! Von alle» Valerlandssreunden bin ich Derjenige, der ihn am meisten Haffe» muß, denn auch ick lieble das Weib, um deren Besitz er die schändlichste» Verbrechen be- ^ geht, und mir war diese d'iebe der Ster», der mich alles Edle ! und Große im Leben erstreben lehrte, der mich läuterte und er» hob, wenn die Versuchung an mich bcranlrat." !

Hieraus gieng er nach dem Schlosse der Gräfin, und war- ! tete im Schlvßhofe, bis Aldcnarde wiederkomme» würde. Sei» j Plan war gefaßt; er wußte, wenn der Zweikampf ungünstig für ihn ausficl, so wurde er von den andern Edelleutcn gerächt, und Aldcnarde war für alle Fälle verloren.

Aldenarde's Versuche, die Gräfin zur Unterschreibnng des TodesurtheilS über ihren vermeintliche» Vater zu bestimmen, hatten eine Mißstimmung zwischen ihm und ihr hervorgebrachl, unter welcher Johanna schwer litt. Vergeblich suchte sie Trost und Rath, vergeblich rang sie die Hände, und dnrchsenfzte die Nächte. Immer und immer stand es klar vor ihrer Seele, daß sie sich entscheiden mußte zwischen jenem Greis und dem Geliebten. So oft sic an Aldcnarde dachte, erschien er ihr in der verlockendsten Gestalt, und die Unhaltbarkeit der Ansprüche dcS Eremiten war ihr außer allem Zweifel. Dann aber kam ihr der Jubel des Volkes in's Gcdächkniß, der am Tage der Anerkennung bis z» ihr gedrungen war, und sie schauderte vor der Möglichkeit des Vatermorbes. Alle diese Erwägunge» stürmten ans das verlassene, von Leidenschaft und Trauer erfüllte Herz ein, und im Augen­blicke, wenn sie die Qual der wühlenden Gedanken nicht mehr ertrage» konnte, war sic so sehr eines Haltes bedürftig, daß sie unzweifelhaft demjenigen gefolgt wäre, der ihr die Hand ge­reicht und sie a»S dem Labyrinthe des Zweifels ans seine Weise zur Entscheidung geführt hätte. Wäre der alte Kranhoven, der von den Edlen dcS Landes noch am eisten sich ihr enigegcuzu- stcllen wagte, in dieser Zeit zu ihr getreten, »nd hätte mit ern­stem Worte ihre Seele bestürmt wer weiß, ob sie den Kamps nicht in gutem Sinne durchgekämpst hätte. So aber war sie ganz ihrem eigenen Dämon »nd den wohlberechnetcn Einflüssen Äldenardes pceisgegcben.

Als dieser nun abermals in sic drang, konnte sie ihren Thrä- nen nicht gebieten.Verfolgt mich nicht länger," ich kann mich nicht dazu entschließen. O Gott, das Unheil ist schrecklich und ich sehe kein Ende der Gräuel."

Dies Letzte noch," bat Aldeuardc,und Alles ist voll­bracht. Alle Last der Sorgen ist dann für immer von Euch genommen."

Wenn Ihr wüßtet, was ich schon gelitten habe," versetzte Johanna, wie es mich ruhelos nmhertrcibt und mich verfolgt, gleich dem Gcspenste eines Verbrechers. Wenn er es dennoch wäre?"

Johanna wußte nicht mehr, wohin sie sich wenden sollte. Habt Nachsicht mit mir," sagte sie,bedenkt, welch' gräßliche Forderung cs ist, der ich genügen soll. Alles will ich gerne thun, wenn es nur nicht das Lebe» dieses Menschen gilt, denn schon der Gedanke, daß Viele ihn für meinen Vater halten, läßt mich schaudern."

Als Aldcnarde sic so schwach sah, wagte er eS, mit größerer Kühnheit weiter zu gehen.Ihr seid ein Weib," sagte er, und dieser Umstand erklärt das Zaudern. Weiber sollen nicht zur Herrschaft bestimmt sein. Aber bedenkt, daß cs sich hier nicht nur um eine Forderung an die Regentin des Landes, sondern zugleich um eine Probe Einer Liede zu mir bandelt. Vergeblich wünsche auch ich, daß sic erspart geblieben wäre, daß diese ganze betrügerische Mummerei niemals uns hindernd in den Weg ge­treten wäre! Nun aber ist cS zu spät, und es gilt kein Zögern. Tie Angelegenheit hak ihren Höhepunkt erreicht. Er oder ich. Siegt Er, so werde ich der Rache des flandrischen Adels zum Opfer fallen, unterliegt der Betrüger, so sind wir am Ziele un­serer Wünsche, und meine Liebe wird Euch ewig de» Dank für diesen Entschluß zollen. Entscheidet nun, die Loose liegen in Eurer Hand!"

Johanna verhüllte schluchzend ihr Gesicht und war unfähig eine Antwort zu geben. Aldcnarde fühlte den Vortheil, Len er

errungen hatte, und fuhr fort:Bedenkt, wie kann ein Betrü­ger, der Eures Vaters geheiligten Namen mißbraucht, um die Welt zn täuschen, und dessen Sieg alle unsere Hoffnungen zer- ! störe» und mich ans Eurer Nähe verbannen würde, wie kann ! Euch sein Schicksal kümmern? Ist nicht seine Flucht ans Paris schon ein hinreichender Beweis gegen ihn? Eine Welt von Hin- dernissen wollte ich aus dem Wege räumen, Heldenthaten, und daß ich cs nur sage, Verbrechen wollte ich begehen, wenn es den Preis gälte, Euch zu erwerben, und Jbr schreckt zurück, wo es nur gilt, der Gerechtigkeit ein Opfer zn überliefern! Nennt Ihr das auch Liebe?"

Diese Sprache war für Johanna neu. Tief gekränkt wußte sie nichts weiter zn erwiedern, als:Arnulf! welch' ein Vorwurf!"

Er aber setzte nur noch eifriger hinzu:Wie lief steht doch die Liebe des Weibes unter der des Mannes! Thränen, Jammer, eitles Grämen, ist Alles, was Ihr zn bieten habt; wo es Tba- ten gilt, wo man Beweise fordert, wo es einen Entschluß kostet, da bebt Ihr zurück, nennt tugendhaften Schauder, was doch weiter nichts ist, als Mangel an wahrer, ächker Liebe!"

Er hatte sich im Eifer selbst überholen. Das Todcsnrtheil, an welchem nur noch Johanna'S Unterschrift fehlte, lag aus dem Arbeitstische der Gräfin. Er sah, wie sie sich darnach umschaute, und durchzuckt von der Hoffnung auf Erfolg, spielte er den letz­ten Trumps ans, indem er seufzend sagte:Wahre Liebe siebt nicht nach Rechts oder Links, sonder» behält nur unverrückt das eine höchste Ziel im Auge. O wäre ich an Eurer Stelle, wäre es in meine Macht gegeben, so mit einem Zuge der Hand den sichersten Beweis meiner Liebe geben zu können!"

Als er dies sagte, sah Johanna ihn mit einem einzigen tiesschmerzlichen Blicke an, trat raich an ihren Arbeitstisch, Un­terzeichnete das vcrhängnißvolle Unheil, worauf sie in ein con- vnlsiviicheS Weinen ansbrach.

Aldcnarde nahm das Blatt, warf einen triumphirenden Blick auf die Unterschrift, und harrte auf Johanna's Befehle.

Nehmt das Urkheil," sagte sie tonlos und schluchzend, laßt es rasch vollziehen, damit ich nicht zur Besinnung komme, und meine Liebe au diesem Beweis als Raserei erkenne."

Dann blickte sie mit Angen voll Thränen zu ihm ans, »nd sprach in tiefster Erregung:Diese letzte Probe war die stärkste von allen; nun ich sie bestanden habe, bin ick an Euch gekettet mit jenen dämonischen Banden, die Menschen an einander fesseln, wenn eine gemeinsame Schuld sie von der großen Zahl ihrer Mitmenschen absondert. Möge Gott sich über uns Beide erbar­men und uns gnädig sein. Jetzt geht, vollzieht den Befehl, und laßt mich nicht weiter daran denken."

Aldenarde hielt es für das Beste, sich schweigend zu entfernen. Er verbeugte sich daher, und ging mit dem Todesnrkheile fort, um dasselbe sogleich vollstrccken zu lassen. Er übergab cs so­gleich dem Anführer der Wache, und fügte die Weisung bei, daß der Vernrtheille in einem der Höfe der Burg ohne Aufschub den Tod erleiden sollte. Wie überall die Schlösser und Burgen da­mals sehr ausgedehnt waren und die Räume für die Gerichts­barkeit nebst den Gefängnissen in Verbindung standen, so war eS auck in Gent. Die Umstände erforderten eine unmittelbare und möglichst'geheime Vollziehung; cs wurde daher dem Verur- khcilten nur eine kurze Vorbereitung gestattet, wornach die Ar- mensnnderglocke auknndigte, daß er de» letzten Weg zn gehen habe.

Bis zu diesem Augenblicke hatten sich jedoch noch mehrere wichtige Ereignisse zngetragen. (Forts, folgt.)

Allerlei.

Im Feldspital. Machen S' nur, Herr Doctor, daß ich bald wieder 'naus kann! Sie glauben net, was das Raufen für eine Passion iss. Z» Hause hat man »ns dafür cingcsperrt, und draußen werden wir noch öffentlich belobt dafür!

Privatvergnügen. Sie, Herr Nachbar, warum lesen Sic denn immer die Todtenliste von den Soldaten so fleißig? Schauen S', cs freut einen doch immer, wenn man einen alten guten Freund darunter findet!

In einer kleinen Stadt der Pfalz machte der Bürgermeister Fol­gendes bekannt:Es ist zu den diesseitigen Ohren gekommen, daß das Vieh in den Ställen mit brennenden Cigarren und Pfeifen gefüttert wird, was künftighin mit 30 Kreuzern bestraft werden soll.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.