zu der Versammlung und sagte mit erzwungenem Gleielnuntbe: i „Indessen wollen wir uns die Laune nicht verderben lassen;" und ^ zu dem Eremiten gewendet, meinte er: „Noch ist es für Euch ein Leichtes, uns zu überzeugen. Inzwischen wollen wir f>wsc s ernste Angelegenheit ans einige Stunden unterbrechen, und beim Bankett, zu dem Jbr uns Eure Gegenwart schenken wollet, tröstlich sein." Er blickte dabei so hochmütstig und ironisch ans die flandrischen Herren, dass diesen die Galle fast nsterlies. Als er dann aber zu einem der neben istin stehenden sranzöstschcn Edel- lente einige leise Worte sprach, vermnkhete Wilhelm von Kran- Hoven nichts Gutes und flüsterte dem Grasen Balduin zu: „Verlangt eine kurze Frist zur Erholung, der König sinnt ans schändlichen Vcrrath. Wir müssen Euch rette». Bewahret Eure Ruhe, dann gelingt unser Plan."
Der Alte bezwang den Schreck, welchen ihm diese Worte cinflößten. Er wendete sich znm Könige »nd sagte: „Mein Alter mag mich entschuldigen, Sire, wen» ich um einige Augenblicke Urlaub bitte, die ieb zur Erholung meines von den Reise- bcschwerdcn noch immer ermatteten Körpers bedarf. Gestattet daher, dag ich in unserer Herberge eine kurze Zeit der Ruhe pflege, bevor daS Fest beginnt."
Nichts Arges ahnend, erwiderte der König: „Haltet das, wie cS Euch beliebt." Dann wendete er sich zu seinem Gesteim- schreibcr und sagte: „Herr de Laue» mag unsere Gäste geleiten," und hierauf die Gäste verabschiedend, rief er: „Ans Wiedersehen!"
So unangenehm den flandrischen Herren die Begleitung des Herrn de Lauen auch war, konnten sie doch nichts dagegen ein- wendcn und verließen mit ibm den Saal.
Kaum war dies geschehen, so warf der König die Maske ab und wendete sich zu seine», Hofstaate mir den Worten: „Es kann nnS nickt in de» Sinn kommen, mit einem so offenbaren Betrüger zu Tische sitzen zu wollen. Ware Alles, was uns über daS srecke Gaukelspiel bereits berichtet war, auch Erfindung gewesen, so würde diese kurze Zeit hingereicht haben, uns zu überzeugen, daß nicht Balduin von Kvnstantinopel, sonder» irgeüd ein Abenteurer die Rebellion in Flandern zu seinem Vortheile zn lenken gedenkt. Man halte Alles bereit. Sobald die Gäste wieder hier im Schlöffe erscheine», werden sie sämmtlich verhaftet und in strengsten Gewahrsam gebracht!"
Unterdessen batten diese jebock nickt gesäumt und waren glücklich entkommen. Im Hose der Herberge hatte Hugo bereit gestanden mit einer genügenden Anzahl von Pferden, und kaum hatte Herr de Laue« sieb von den Herren verabschiedet, als diese sich unverzüglich ans die Rosse schwangen und im Galopp entschwanden. Der verblüffte Gcheimsckreibcr bemerkte die Flucht der Fremden und war einige Augenblicke ganz rathlvs vor Erstaunen. Schnell eilte er dann in das Schloß zurück »nd stürzte ohne Aufenthalt in das Gemach des Königs: „Verralh!" schiic er, „Verrätst, hoher Herr, Eure Gaste sind entflohen!"
Wulhcntbrannt und erschrocken wendete siest der König um und fragte: „Entflohen? Wie war daS möglich?"
Völlig athemlos berichtete de Lanco, wie eS ibm ergangen und schloß mit den Worten: „Ans! ihnen nach. Noch können wir sie erreichen!"
Aber der König hatte seine Ruhe völlig wieder gesunden und entgegncke: „Laßt sie ziebe», es ist besser so, sie entgehen uns doch nicht. Diese Flucht ist der sicherste Bew.is ihrer Vcr- ratherei. Sorgt dafür, daß ein reitender Eilbote nach Gent an den Baron Aldenarde sich bereit halte. Sobald der falsche Gras Flandern betritt, werde er sofort im Namen der Gräfin verhaftet. Fertigt die nötlsigen Depeschen ans. Dafür, daß der alte Betrüger seine Strafe erhalte und dem Volke nickt mehr lebendig vor die Angen komme, haste ich Bürgschaft."
Ungläubig wagte de Lanco zn tragen: „Glaubt Ew. Majestät, daß die Gräfin cinwilligen werde, ihren vermeintlichen Vater zn tödken?"
Ludwig antwortete nicht sogleich. Endlich bemerkte er langsam: „Sie hat selbst den Loten nach Non, gesandt, um die Scheidung von Ferdinand zu erwirken. AldenardeS Gewalt über sie mns; demnach groß sein, und er wünscht nichts sehnlicher, als den alten störenden Mann los zn sein, damit er die leidenschaftliche Geliebte besitzen und in Flandern regieren kann. Unbesorgt!" — setzte er Hinz», indem er de Lanco einen Wink gab, seine Befehle auSznführen, — „unsere Sacke ist in de» besten Händen."
6. Eapitel.
Die Anordnungen deS Königs wurden pünktlich befolgt, und der reitende Eilbote, welche» Ludwig an Aldenarde absandtc, traf rechtzeitig ein. Der angebliche Gras Balduin wurde an der Grenze in Gewahrsam geiiommen, und ans Befehl der Gräfin in Kortryk und später in Gent sestgehalten. Die Barone wußten nur zn gut, daß dieser ganze Sckrltt ans Ludwigs Beranlassung geschah, und sie sahen ein, baß sie nichts dagegen khnn konnten. DaS Volk war eingeschücktcrt durch Drohungen, und fürchtete die französische Uebermackk. Hätte Johanna den Eremiten als ihren Bater anerkannt, so wäre mit etncm Schlage die ganze Sachlage verändert gewesen, so aster behielt die Erhebung völlig den Charakter der ungesetzliche» Rebellion.
Endlich sandte Ludwig geradezu die Weisung, den angeblichen Grafen znm Strange zn vernrkheilen, »nd Aldenarde, dreist geworden durch daS, was ihm gelungen war, hoffte auch hier deS Königs Wunsch erfüllen zn können. Er begab sich mit dem Boten Ludwigs in daS Schloß zur Gräfin, ließ denselben im Bor- gemackc warte», und trat bei Johanna ein, um sie zur Un- lerzeichnnug des ToLeSnrtheils zn bewegen, und dem Könige dann sogleich diese angenehme Nachricht senden z» können. Er fand diesmal jedoch einen mächtigen Widerstand, »nd Johanna erklärte, daS Todesiukheil niemals anerkennen zn wollen.
Aldenarde war in der Thal ln einer verzweifelten Lage. Er wußte, daß die Hinrichtung des vermeintlichen Balduin in ganz Flandern die äußerste Erbitterung Hervorrufen würde, und obgleich die ausblühenden Städte mit ihren reichen Bürgern, von deren Prachlliebe „och heute die Rath- und Gewandhäuser vo» Brügge, Antwerpen und Gent Zengniß ablegcn — nnger» die Rnbe gestört nnd die Waffen ,n Thäkigkeit sahen, war doch keine Garantie vorhanden, daß nicht ein allgemeiner Aufstand die Folge sein würde. Indessen gab eS für ihn keinen Rückweg, nnd daher auch kein Besinnen mehr.
„Ich muß bedauern," sagte cc z» dem Boten des Königs, daß eS mir noch nicht möglich ist, den Entschluß der erlauchte» Gräfin E»ä> mitznthcilei,. Sie begehrt eine kurze Frist der Uc- berlegnng, der Sammlnng, wonach ich versickert bin, daß der Wille Suner Majestät erfüllt werden wird." — Hieraus bat er den Abgesandten, so lange bei ibm Wohnung zn nehmen, dis bie Untenchrisk der Gräfin erzielt sei.
Nun versuchte der gewandte Mann alle Mittel der Berebt- samkelt, und nahm bie ganze Gewalt, die er über die schwache Johanna ausübte, zu Hülfe, »m sein Ziel zu erreichen.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— In der Gemciiide R. (Oberöflrcich) ist an der schwarzen Tafel vor dem Gemeindedanse folgende Kniidmachung angc- hestet worden: „Am 29. August d. I. um 9 Uhr Bormiöag werden in, hierorlige» Orte von dem hiesigen Genieindevieb 10 Stück Ochsen oscntlich an den Mejstbi.'keiidcn versteigert werden und w>rden die Unterzeichnenden auch dabei sein R. am -1. August 1866. Die Gemeinde Borstehnng.
— (Reizendes H e i r a k h S g e s n ck.) In Pjridgeport (Amerika) sucht ei» 38jahriges Frauenzimmer, bas sich im letzten Stadium der Schwindsucht befindet und schon 5 Männer hat begraben lassen, nun noch einen 6ten. Sie weiß, baß ihre Auflösung nahe ist, nnd hat deßhalb schon ihre Krabgcwändcr berge- richkel mit einem Kostenanswande von 70 Dollars. Jetzt wünscht sie sich nur noch einmal zn verbcirathcn und zwar aus dem Grunde, damit ihr Mann an ihrem Todtenbette sein und ihr Leichenbegängnis; besorgen möge. Es soll ihm nach Abzug der Beerdigungskosten noch eine hübsche Summe vermacht werben. Ein ältlicher Herr wird vorgezvge». HeiraihSlnstige wollen sich bei Zeilen melden, da die Zukünftige die galoppirende Schwindffichk hat.
— Weite Aussicht. Einem Professor der Astronomie, der eben vertieft in Berechnung der Wiederkehr eines Kometen war, wurde ein Student gcnieldci. Ohne vom Buche aufzuschcu, antwortete er: „soll in dreihundert Jahren wieder kommen "
Druckfehler. Ju dem Artikel in Nr. 106, betr. „Versumpfung des Waldbodens" 4. Assatz Zeile 4 lies „Fichten" statt Eichlcii.
Redaltion, Druck und Verlag der G. W. Zaiscr'schen Buchhandlung.