rend die französischen Edcllente alle zusammen scheu »er ihm zu« rückwicheu nitd sich zu dem in starrer Mull) aus die Gruppe schauenden Ludwig schaarten. Der alte Krallhove» suchte de» Prinzen auszurichlen, und Balduin sprach in tiefbewegtem Tone zu ihm: „Erholt Euch, theurer Prinz."
Ferdinand aber schaute wie im Traume das über ihn gebeugte Gesicht lauge au. Die weißen Haare, der greise Barl umrahmten Züge, die ihn an eine ferne, halb im Jenseits liegende Zeit mahnten. Vergeblich suchte er sich diese Stimmung zu euträth- selu, der Greis erschien ihm so bekannt, seine Züge so ehrwürdig und dabei so lieb und traulich, wie das Antlitz eine? Heiligen. Der Prinz fuhr mit der Hand über seine Stirne, als müsse er sich aus etwas längst Vergessenes wieder besinnen, daun flüsterte er leise: „War eS im Tram»? Gewiß, ich sah dieses edle Antlitz schon. Wo war es doch?" — Tann, als er die Thräuen in den Augen sab, fuhr er fort: „Ihr blickt gerührt mich an?" — Und wieder, als entziehe er sich gewaltsam der aus ihn cinstürmende» Gedanken, setzte er rasch Hinz»: „Nein, nein, ich kenne Euch nicht, und doch schlägt Euch mein ganzes Herz entgegen. Wen» Ihr sagt, daß Ihr Graf Balduin seid, so glaube ich cs, und wenn auch Johanna, mein Weib, Euch noch nicht erkannt hat, grüß ich Euch doch als meinen Herrn und Vater."
Der Greis küßte ihn auf die Stirne, und entgegnete: „Kann es Euch wohlthun, so wißt, daß auch mein Herz mich zu Euch wie zu einem Sohne zieht. Ich habe mich dem Willen Gottes gefügt, dessen Hand mich hieher führte, aber ich banke ihm zugleich dafür, daß er mir vor meinem Ende Euren Anblick gegönnt, und mich die mnthige» Worte aus Eurem Munde vernehmen ließ. Erholt Euch jetzt, theurer Manu, und hofft auf den Himmel, der unser aller Schicksal lenkt."
Hierauf wendete sich der alte Mann zu dem Könige, der mit alle» Zeichen äußerster Ungeduld dieser Scene zugesehen hatte, und sagte mit eindringlichem Ernste: „Ihr aber, König Ludwig, seht, wie alles sich vereint, um Euch zu der Anerkennung zu bestimmen, um derentwillen wir Hierbergekommen sind. Nicht meinetwillen fordere ich sie jetzt von Euch, sondern zum Heile des Landes, das mich zu seiner Rettung anfgcrufen hat. Verschließt Euch nicht länger der Stimme des Volkes, und laßt den Prinzen Ferdinand zum Zeichen Eurer Gewogenheit mit uns nach Flandern zurückkehren." .
Kalt und streng erwiderte Ludwig: „DaS Volk in Flandern ! wird wissen, daß seine einzige Sicherheit in der völligen Unter- i werfung unter nuserii Willen liegt. Was den Prinzen betrifft, so wollen wir in Rücksicht auf seine fieberhafte Erregung nicht auf bas achten, was er gesprochen, wir müßten sonst mit der ganzen Strenge unseres königliche» Gesetzes gegen ihn verfahren."
Inzwischen batte Ferdinand durch die Bemühungen der flandrischen Barone sich wieder etwas erholt, und stand aufgcrichiet dem Könige gegenüber. Es schien fast als fei er gestärkt durch den Vorfall, und mit fester Stimme sagte er nun: „Eure Drohung kann mir das Gefühl der Erhebung nicht rauben, welches in diesem Augenblicke meine Seele durchglüht. Habe ich Euch doch gezeigt, wie ich von Euch denke, und wenn Ihr nun auch die Macht habt, mit mir zu verfahren, wie es Euch beliebt, so könnt Ihr doch nicht hindern, daß ich Euch die Wahrheit gesagt."
Ludwig wurde roth vor Zorn, und schrie: „Hinweg, oder Ihr sollt Eure Keckheit büßen und das Loos Eures Genossen, des Grafen Rcnand von Boulogne theilen, so wahr ich lebe!"
Der Name des Grafen von Boulogne erschreckte den Prinzen. Er dachte daran, daß dieser tapfere und tollkühne Edelmann ein gefährliches Wagniß könne unternommen haben. — „Graf Rcnand?" fragte er, was geschah mit ihm?"
„In den Kerkern zu Peronne büßt er den Versuch einer rebellischen Verschwörung," versetzte Ludwig, dort ist noch Raum genug für Seinesgleichen."
Dieser Schlag traf den unglücklichen Prinzen zu hart und unerwartet. Es dunkelte vor seinen Augen: alle Kraft entschwand aus seinen Gliedern und er griff wie blind um sich her.
Der König befahl: „Man führe den Prinzen von hier fort!" woraus einige französische Herren de» zusammenbrecheuden Ferdinand aus dem Saale geleiteten. Er wurde von den beide» Diener», die ihn hergeführt hakten, mehr getragen als geführt.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Wenn Einer das Reckt gehabt hat, auf Preußen zu zürnen, so war es E. M. Arndt, der undankbar Verfolgte, der die Kraft seiner Manuesjahre unter dem Bau» der Mißgunst und Verdächtigung verrosten lassen mußte. Aber nie hat ihn dies davon abbringeu könne», an Preußens Beruf zur Herbeiführung der Wiedergeburt Deutschlands zu zweifeln. O, daß wir Alle von ihm lernten, daß cs in der Politik vor Allem darauf an- kommt, die Aufwallung unseres Gefühls unerbittlich dem ruhigen Verstände und dem eisernen Willen unterzuordnen, das Nolh« wendige und Erreichbare zu ergreifen, auch wenn unsere Wünsche aus Höheres gerichtet waren, auch wenn cS von unliebsamen Händen dargebotc» wird.
— Folgendes politisches Episödcke» wird uns verbürgt. Unter den am Z. Juni in München cingcsangenc» Krawallern befand sich ein oft bestrafter Dieb. Als ihm der Beamte zurief: Auch schon wieder da? entgegnete das Subjekt ganz ernsthaft: „Ja, aber dös mal als politischer G'saugener."
— Pommern. Einen HimmelSbries, der gegen alle Gefahr schützen soll, haben nicht »ur pommersche Soldaten in gutem Glauben mit in den Kampf genommen; auch ein Arbeiter in einem Stejubrnche war so fest von dessen Wirksamkeit überzeugt, daß er trotz aller Warnungen die nolhwendigc Vorsicht beim Sleinsprengen verschmähte, und darüber — drei Finger cinbüßte. Jsts möglich, daß solche Dummheit noch bei uns, und zudem in einem protestantische» Staate Vorkommen kau»?!
— Die Prügelstrafe ist in Rußland schon seit zwei Jahren abgeschaffk. Jetzt ist auch den polnische» Gemeindebehörde» verboten, ferner prügeln zu lassen; statt der Prügel haben sie Geldstrafen zu verhänge». — Arme, fromme und gerechte, deutsche Herren, die ihr die Prügelstrafe so hoch haltet, nn» könntet ihr nickt einmal mehr in Polen und Rußland euren Geschmack befriedigen !
— Wenn zwei Nationen sich bekriegen,
So wenden sie sich himmelan:
„O lieber Vater! hilf uns siegen!"
— Wem macht'S der Vater reckt alsdann? — Es wendet sich mit trübem Blicke Der Gott der Liebe ab und spricht:
Zur Eintracht schuf ich euch, zum Glücke — Wenn ihr euch würgt, so ruft mich nicht.
— Zwei Helden.
Der große Alexander und
Auch Karl der Große gaben kund,
Wie groß durch ihre Schlackten Sic Land und Völker machten:
Dock zweifeln wird bas Bundesheer,
Wer wohl der größte — Feldherr wär',
Ob Karl, ob Alexander,
's ist Einer wie der Ander!
Der todte Soldat.
Auf ferner fremder Aue, da liegt ein todter Soldat, ein ungezählter, vcrgeff'ner, wie brav er gekämpft auch hat.
Es reiten viel Generale mit Kreuzen an ihm vorbei; denkt keiner, daß, der da lieget, auch werth eines Kreuzleins sei.
Es ist um manchen Gefall'nen viel Frag' und viel Jammer dort, doch für den armen Soldaten gibts weder Thränen noch Wort. Doch ferne, wo er zu Hause, da sitzt, beim Abendrots, ein Vater voll banger Ahnung und sagt: „Gewiß, er ist todt!" Da sitzt eine weinende Mutter und schluchzet: „Gott helf!
Er hat sich «»gemeldet:
Die Uhr blieb steh'n um Elf!"
Da starrt ein blasses Mädchen hinaus in's Dämmerlicht:
„Und ist er dahin und gestorben, meinem Herzen stirbt er nicht!"
Drei Augcupaarc schicken, so heiß cs ein Herz nur kann, für den armen, todten Soldaten ihre Thränen zum Himmel hinan.
Und der Himmel nimmt die Thränen in einem Wölkchen auf, und trägt cs zur fernen Aue hinüber im raschen Lauf,
und gießt aus der Wolke die Thränen auf's Haupt des Todten als Thau, daß er unbeweint nicht liege auf ferner, fremder Au.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.