Berlin, 28. Ang. Gestern nahm das Abgeordnetenhaus de» Antrag an, de» Schluß der Session bis 8. September zu ermöglichen. Ohne Diskussion wurde der italienische Handelsvertrag und der englische SchiffsahrtSvertrag angenommen.
Berlin, 30. Aug. Provinsialkvrrespondenz: Weitere Ein« lcitungen zur thatsächlichen Durchführung des norddeutschen B»»- des werben nunmehr, wo von sämmrlichen eingeladenen Staaten bindende Beitrittserklärungen vorliegen, allseitig getroffen. Für Einverleibung der neu erworbenen Territorien wird eine Kommission hoher Beamten aller Verwaltnugszweige eingesetzt, welche den Plan für die Ueberlcitung der Einrichtungen der betreffenden Länder i» die preußischen Verhältnisse bcralhc» soll. Sobald vom Landtag die Einverleibung genehmigt sein wird, werden die Verwaltuugsverhätrniffe jener Länder, so weit uöthig, eine vorläufige Regelung erfahren. sSt.A.)
Ter König von Preußen besuchte das Lazarcth in der Köpenikerstraße und richtete an die Verwundeten herzliche Worte der Thcilnahmc und des Trostes. Ein Soldat vom 61. Infanterieregiment, dem der linke Arm ampulirt worden war, sprach seine Freude aus, daß er seine» königlichen Kriegsherr» an seinem 24. Geburtstag nie vergessen werde. Der König druckte ihm die Hand und sagte: ich werde ihn auch nicht vergessen. Abends erschien ei» Leibjäger »ud überbrachte dem Geburtstagskind eine goldene Uhr mit einer Kette.
Trn p p e u e in zu g in Berlin. I» Berlin bezahlt man fabelhafte Preise, um für den Tag des Tiuppenmnzuges Fenster in der Nabe des Brandenburger Theres zu mietben. Für zwei Fenster aus dem Pariser Platze sind bereits 100 Thlr. gezahlt worden.
Tie Schrecken der Cholera sind nun auch furchtbar über die Stadt Breslau hereingebroche». In voriger Woche sollen an 1000 Mensche» an der bösen Seuche gestorben sein. Man ist fast rathlos, um dem Verderben Einhalt zu Ihn». In den letzten Tage» hat die Macht der Krankheit etwas nachgelassen. Die Zahl der Sterbenden beläuft sich aber noch immer aus 70.
Wien, 24. Aug. Das slaviseb föderalistische Organ in Wien, die ,,Zukunft", ein Blatt, dessen Verbiudnugeu weit hinauf reichen, obgleich cs ihm großen Publikum wenig bekannt ist, bringt in seiner neueste» Nummer folgende Origiiial-Mittdeiiuug: „Die Anzeichen einer Wiederannäherung Preußens an Oestreieb haben in de» letzten Tagen sich bedeutend gemehrt. Sie erscheinen um so gewichtvoller, als die Initiative zur Wiederaiiknnpsuiig freundlicher Beziehungen mit Oestreich in Berlin von höchster Stelle ansgcbt. Gleich nachdem der König nach Berlin znruckgekehrt war, begannen die in früheren Zeiten schon öfter angedeutcten ostreich-freundlichen Einflüsse innerhalb der königlichen Famlie wieder zu wirken. Auch Bismark, nachdem er die Ziele seiner Politik nunmebr erreicht, zeigt sich willfährig, in die gedachte Richtung einznlenken. Obgleich nun in Wien ans einer begreiflichen Gereiztheit Bismark wohl immer eine persona inZrata bleiben wird, dürste dieser Umstand doch nicht der oben erwähnten Annäherung der beiden Höfe im Wege stehen. Die Hauptmotive hiefür dürften für Berlin darin liegen, baß mau Angesichts der möglichen Evenknalitäten in Frankreich, die durch Rapoleon's wankenden Gesundheitszustand ziemlich nabe gerückt sind, sich für alle Fälle sichern will, sowie ferner darin, daß man die französischen Au»e,rio»sbestieb»»gen desto erfolgreicher paralysire» könne."
Paris, 24. Aug. Obscbvn die Oberfläche sich zu beruhigen scheint, bleibt die Lage bedrohlich. Die besten Erkundigungen über die Gesunbbeit de-S Kaisers berechtigen noch zu Besorgnissen. Dr. Nelaton, welcher vorgestern nach Marseille berufen wurde, konnte de» Kaiser nicht verlassen. Der Prinz Napoleon ist abermals ans der Schweiz plötzlich zurnckgekommcn und soll künftighin i» der Nähe deS Kaisers verweilen. Man bezweifelt sehr, daß sich der Kaiser nach Biarritz begeben wirb. Vielleicht geht auch die Kaiserin nicht dabi» oder nimmt sie nur einen kurzen Aufenthalt. Fällt die Biarritzec Hosreisc wirklich weg, so wird die Sensation ungeheuer sein. Cbarakteristisch ist es, daß sogar die Republikaner ein patriotisches Granen über die »»berechenbare Verwirrung äußern, während die politischen Kreise sich von einer orleanistischen Agitation unterhalten. Die Republikaner gestehen, unvorbereitet zu sein, und sie wünschen einen langsamen Verlauf, nist nicht überrascht zu werden.
Paris, 30. Aug. Aus Konstantinopel wirb vom 22. ge
meldet, das große Theater des Sultans, welches 10 Milk. Fr. gekostet, sei abgebrannt. (St.A.)
London, 25. Ang. Die „M. Post" läßt sich ans Berlin schreiben: „Der bisherige König von Hannover (bereits Exkönig nach englischer Ausdrucksweise), der neulich große Baarsnmmen i» der Bank von England hinterlegte, übersandte dahin auch hannoverische BonS im Werthe von 19 Mill. Thalern. Der preuß. Civilkommissär erfuhr aber die Nummern derselben, vernichtete sie und machte sie so für den König werthlvS."
London, 28. Aug. In Birmingham fand gestern eine nngehenre Demonstration für Parlamentsleform statt. Zehn Red- nerbühncn waren auf öffentliche» Plätzen errichtet. Bright, Sho- lefield und andere Redner spräche». Großer Enthusiasmus. Theilnchiner 250,000. London und andere Städte halten Dc- pnlatione» gesendet.
New-Aork, 18. Ang. Ter Präsident Johnson hak eine Proklamation veröffentlicht, worin er erklärt, daß das Dekret des Kaisers Maximilian, welches die Blokade von Matamoras an- ordnek, eine Verletzung der Rechte der Neutralen, der Vereinigten Staaten und der Vertrage ist. Jeder Versuch, gegen die Regierung und die Bürger der 'Vereinigten Staate» die Blokade von Matamoras aufrecht zu erhalte», wird nicht zngelasseu werden.
Melbourne, 26. Juli. Ans Neu-Seelanb wird gemeldet, daß die Wohaws eine Kriegserklärung gegen die britische Regierung erlassen haben.
Allerlei.
— I» Europa werben jährlich an Metallen produzirt: 178.500,000 Ztr. Roheisen, 3,485.000 Ztr. Stahl, 741.800 Ztr. Kupfer. 2,302.700 Ztr. Zink, 4,884.100 Ztr. Blei. 147,000 Ztr. Zinn, 20,600 Ztr. Antimon, 11,500 Ctr. Arsenik und 6,430,000 Ztr. Schwefel.
— Die Berliner BolkSztg. erhält folgendes Schreiben aus Greiz: Auch in unserer Residenz hat sich ein Franenverein zur Beschaffung von Utensilien und Lebensmitteln zur Verpflegung der armen Verwundeten gegründet, zu welchem nufere Durchlauchtigste Fürstin Regentin von Renß-Greiz, jedoch unter der Bedingung beiznstenern sich entschloß, daß die gesammelten Verband- gegeiistände ». s. w. dem Diakoniffenhans in Dresden zngesandt würde». Wünsche ans so erhabenem Munde Befehlen gleich achtend, beschloß man de» angewiesenen Weg einznschlagen, blieb ja die Hauptsache immer dieselbe: die Linderung der Leiden unserer Mitmenschen. — Bei», Znsaninicnpackcn der Gaben der einzelnen Wohlthätcr fand sich auch das Bnndlein der als besonders fromm gerühmten fürstlichen Dame, versehen mit einem Zettel: „Nur für die lieben Sachsen und Oestreicber." Es erinnert dies lebhaft an eine» Vers unseres alten Greizer Gesangbuches: „Ach lieber Gott gib Sonnenschein Den, Fnrstenlhum Greiz, Schlest, Lobenstein,
Und woll'n die ander» auch was ha'n,
So könn'n sie Dir's selber san."
—- In den ehemaligen freien Reichsstädten durfte man nicht einmal mit einer Miene die Weisheit des hohen Ralhes bezweifeln. Arrest, selbst Landesverweisung war dafür die Strafe. Einer, der dies nicht wußte, verzerrte einst in der Session bei einem neuen Gesetzvorschlage das Gesicht und schüttelte den Kopf. Er wurde deßhalb zur Rechenschaft gezogen. Beim Verhör sagte er als Grund, er habe Zahnschmerzen gehabt. — Er mußte beit schuldigen Zahn zeigen, de» man ihm ex oktieio anSzog.
— Aus dem Juristen-Eramcn. Professor: „Sagen Sie mir, Herr Kandidat, was ist ein Verbrechend" — Kandidat: „Verbrechen — hmd Wenn Einer Etwas thut." — Professor: „Dann bin ich erst überzeugt, baß Sie kein Verbrecher sind, Herr Kandidat!"
— Ein Lehrer fragte einen Schüler beim Unterricht in der Geographie, wie kalt es wohl am Nordpool sei. — Der Gefragte erwiderte: „So kalt, daß mir die Antwort auf der Zunge erfriert, wenn ich blos daran denke!"
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.