Tutzes - R e »l i g k e i t e n.

Stuttgart, 26. Aug. Ter Federkrieg i» großem Blättern über den Feldzug des 7. und 8. Armeekorps beginnt schon n»d wird ohne Zweifel mehr Wochen dauern, als der Feld­zug Tuge. Selbst dos hiesige Kriegsmiuisterium Hut sich schon bewogen gefühlt, öffentlich Rechtfertigung über einen preußischen Bericht in der Kölner Zeitung zu geben. Natürlich walzt jetzt, nachdem der Karre» verschoben, jeder Theil die Schuld mebr oder weniger ans de» Andern. Nach der Aussage eines hiesigen Generalstabsofsiziers lag die Hauptschuld an de» Prinzen, den Commaudireude», und namentlich an dem badischen Prinzen mit seinen Offizieren, welcher schon in Oberheffen durch sein eigen­mächtiges zeitweiliges Znrückgehen den Operationsplau vereitelte, dann aber wieder im Tanberthal, wo das badische Corps das Cenlrum zwischen Baiern nnd Wnrttembergern bildete, zurück­ging, so daß die Württemberger, um nicht von den Preußen ab- geschnitte» z» werden, ebenfalls die Stellung von Bischosshcim nicht behaupten konnten. Aber auch die badischen Osfiziere hät­ten schon bei Miltenberg am Main sich nngesckeut vorlauten las­sen, sie gehen den Preußen ans dem Wege. Auch dieser Au­genzeuge versichert, daß das Hauptquartier des Armeekorps ein höchst nnbehilfliches gewesen, da sich ein Troß von Chaisen nnd 800 Pferden dabei befunden, dje»meistens aus prinzlichen Equi­pagen und Dienerschaft bestanden, als halte ein Kaiser von Ruß­land mit seine» Gästen ein glänzendes Feldmauöver ab, während man hier nur ein Kriegslager zu suchen hatte, das den Trup­penbewegungen und ihrer Verpflegung kein Hinderuiß bieten durste! lT. Ehr.)

In Heilbronu kamen am Sonntag sehr bedauerliche- bel-Ercesse gegen preußische Offiziere nnd Landwehrleute vor, welche in friedlicher Weise die Stabt besucht »nd angesehen hatten. Abends rottete sich eine Anzahl junger Burschen vor ihrem Absteigqnartier, dem Gasthvf znm Falken, zusammen und machte ihrem llumuth durch Lärme» nnd Schreien Lust- Beim Sülmerthor wurde mit Steinen nach den Wagen geworfen, wo­bei mehrere Verwundungen vorkamen. Im Gasthof zur Linde, wohin sich ein Preuße zurückgezogen, wurden mehrere Fenster de- molirt. Der Gemeinderath spricht seine höchste Entrüstung über diese Vorfälle ans und warnt ernstlich vor Wiederholung.

Karlsruhe, 27. Ang. Gestern hat der Abmarsch der K. preußischen Truppe» und der hanseatischen Brigade ans den von ihnen besetzten diesseitigen Landcslbeilen begonnen. Tie Räumung wird in vier Tagen vollendet sein.

Frei bürg. Schachfreunden wird die Notiz von Interesse sein, daß der berühmte preußische Schachspieler Hr. Anderson in einem hier stattgefnnbcnen Schachkampfe um 100 Pf- e-t. von einem junge» Oestreicher, Hrn. Steinitz, überwunden worden ist.

Frankfurt, 2t. Aug. Die Theorie der Volkswirthschaft und Finanzwiffenschaft steht in Deutschland gewiß auf einer sehr hohen Stufe; aber deren Praxis hat sich im Süden unseres Va­terlandes in den letzten Monaten in einer Kläglichkeit gezeigt, die nicht größer hätte sein können. Ein ständiger Gegenstand ans den Traktanden aller deutschen Landtage war bisher die An­forderung für das Militärwesen. Tie Ministerien konnten nicht genug verlangen für die nolhwendige Wehrhaftigkeit; der Bund ließ inspiziren nnd insviziren; auf den regelmäßig einznreichenden Standeslisten der verschiedenen Conlingente war meist alles in schönster Ordnung. Und als es nun anf die Probe ankam. da zeigte es sich, daß mit der Unmasse von Millionen militärische Zustände geschaffen worden waren, welche nirgends der furcht­baren Nothwendigkeit des großen Augenblicks entsprechen konnten. Diese Erfahrungen find soeben auf die Rechnung großer militä­rischer Versäumnisse und Sünden, wie schließlich einer Zwecke und Mittel nicht beherrschenden Staatsökonvmie zu setzen. Die Wahrheit dieser Bemerkungen leuchten ein und man kann heute füglich sagen, daß die Hälfte der Millionen, welche in den süd­deutschen Staaten für Milikärzwecke verwendet worden, verlore­nes Geld waren, und außerdem nur dazu gedient haben, eine unselige politische Verblendung zu nähren. Tie Täuschung wurde dadurch eine um so furchtbarere. (Schw. V.)

Frankfurt, 26. Aug. In Frankfurt und auch in Han­nover sollen Aktenstücke gefunden sein, in denen der Plan einer Thcilung Preußens festgestellt worden. Selbst eine Landkarte der

beabsichtigten Gestaltung ist vorhanden, wonach Preußen kaum so groß ist. wie jetzt Bayern. Auch in dem erbeuteten Gepäck höherer Offiziere, die bei Königgrätz gefallen sind, fand man der >,K. Z " zufolge Briefe, aus denen dieser Theilungsplan voll­ständig hervorging, wie einzelnen feindliche Generalen auch schon preußische Domänen in Schlesien nnd Sachsen als Belohnungen für ihre zukünftigen Siege versprochen waren. An Oestreich sollte Schlesien, an Sachsen Thüringen, an Meiningen die preußische Grafschaft Hennebcrg, an Hannover ein gutes Stück Westphalen, an Knrhessen das Eichsfeld, ein Theil von Thüringen bis Mühl- Hausen und Langensalza, an Nassau mehrere Tbeile des Rhein- landes, au Hessen-Darmstadt und Bayern der Rest des Rhein- lanbes und an Württemberg Hoheuzoller» fallen. Nur Branden- bürg, Pommern, Ost- und Westpreußen sollten fortan das König­reich Preuße» bilden, denn Rußland hoffte matt für diesen Thei- lnngsplau durch die Abtretung deS größte» Tbeilcs von Polen zu gewinnen. So war dies im hoben diplomatischen Rathe von Hannover, Kassel, Stuttgart nnd Dresden aussührlich besprochen nnd festgcstellt, und wäre auch entschieden ansgeführk worden, wenn Preußen in diesem Rieseukampsc unterlegen und der Fne- densichluß vor de» Thoren von Berlin, statt vor denen von Wien statlgcfunden hätte.

Aus Frankfurt wird gemeldet, daß große Häuser theils nach Paris, theils nach Stuttgart übersiedelu.

Baiern bat bei dem Friedensabschluß in erster Linie cs dem energischen Auftreten v. d. Pfordten's zu danken, daß ihm Ansbach, Bayreuth und Nürnberg geblieben, aber auch Bismarck gebührt ei» Theil dieses Tankes, indem er eS besonders war, der den Forderungen der Kriegsparkei entgcgentrat. Hauptsäch­lich soll cs der König selbst nnd der Prinz Friedrich Karl ge­wesen seju, die die Annektirnng dieser Länderstrecke verlangten, und von Letzterem existirt das Wort, daß er seinen Degen zer­breche» wolle, wenn nicht die Fürstenthümer Ausbach und Bay­reuth in diesem Friedensschlüsse an die Krone Preußens zurück- fielcn.

M ü n chen, 25. Ang. Dem Nnrnb. Korresp. wird folgende Neuigkeit mitgetheilt: Die Gesundheit des Frhr». v. b. Pfvrdten ist durch die Mühe», Anstrengungen und Aufregungen der letzten Zeit so sehr erschüttert, daß der Minister anf dringendes Anra- lhen seiner Aerzte das Amt, welches er nur bis znm Abschlüsse der gegenwärtigen Wirrnisse und dann der Friedensverhandlnngcn in Berlin zu behalten sich entschließen konnte, jetzt, nachdem der Friede gesichert ist, uiederlegen wird. Hr. v. d. Pfordteu wird indeß noch als Minister vor den Kammern die Politik der Re­gierung zu vertheidigen suchen.

München, 26. August. Der Abgeordnetenkammer wurde heule der Friedensvertrag vorgelegt, sowie Gesetzentwürfe über die Aufnahme eines gewöhnlichen Anlehens von 30 Millionen Gulden, eventuell a 5 Prozent verzinsliches Steueraiileheu zur Deckung der Kriegskostencntsckädiguug. Ein weiterer Gesetzent­wurf betrifft die Ausgabe von 15 Millionen Gnlden unverzins­lichen Papiergeldes. (T. d. St.-A.)

München, 26. Aug. Der König hat an seinem gestrigen Geburts- und Namensfeste dem Feldmarschall-Prinzen Carl das Großkrenz des Militärverdienst-Ordens verliehen. sOhne Zweifel für die großen Verdienste, die ec sich durch seine A n f ü hrnng im letzten Kriege erworben hat!) Staatsminister a. D. v. Pfeufer ^ hat bas Großkreuz des Verdienstordens erhalten.

Kassel. 26. Aug. Nach glaubhaften Mittheiluugcn soll der Kurfürst nun noch in letzter Stunde zu Gunsten Preußens abgebankl haben. Welche Zugeständnisse demselben dagegen ge­währt worden sind, darüber gehen die Angaben noch auseinan­der. (Ztg. f. Nordd.)

Wiesbaden, 2fi. Aug. Wie wir soeben aus guter Quelle vernehmen, werden die nassauischen Truppen vom nächsten Mon­tag ab in mehreren Abtheilungen in bas Land zurückgeführt. Waffen, Pferde, Munition und Kriegsmaterial aller Acr sind an die nunmehr preußische» Behörden abzuliefern. Die CorpS werden sofort aufgelöst nnd die Mannschaften bis zum Feldwebel aufwärts in die Heimat entlassen. Den Subaltern-Offizieren bis znm Hauptmann aufwärts steht der Eintritt in preußische Dienste frei; bezüglich der Stabs- und Oberofstziere ist die Ent­scheidung des Königs für jeden Einzelne» Vorbehalten. Die Re­formation der Corps soll erst später erfolgen.