einen nur mäßigen Enthusiasmus. Das Unwohlsein des Kaiser-? begünstigt die Hosintriguieu. General Flcury steht mit scheelem Auge die Annäherung zwischen der Kaiserin und dem Prinzen Napoleon und sucht solche nach Kräften zu hinkcrtrciben. Die HH. Walewski und Lavalekte liege» sich in den Haaren. Was würben wir in diese!» Punkte erst erleben, wenn der Kaiser plötz­lich sterben sollte!

St. Petersburg, 20. Ang. In Irkutsk haben sich 1000 polnische Exilirte empört und sich in die Wälder geflüchtet. Sie werden verfolgt. 6 Russen sind todt. In Snknmkale herrscht in Folge der Erhebung der direkten Steuern Ansruhr; ein Oberst und mehrere Ofsiziere wurden getödtet und die Stadt angezündek.

Ans der Insel Kandia ist eine Revolution ansgebrochen. Man hat die Türken vertrieben und den König von Griechenland als Landesherrn ausgernfcn.

<Hraf Bald» in.

sFortsetznng.)

Ferdinand sah eine Weile wie versunken in Erinnerungen vor sich hin, bann belebte sich sein Auge, und eine fliegende Röthc stieg aus seine mageren Wangen,Einmal," sagte er,begann ich anfzulebcn. ES war vor der Schlacht von Bovines. Otto der Welse, der damals deutscher Kaiser war, und Johann von Eng­land waren unsere Verbündeten, ganz Flandern brannte vorKamvf- begier, und meine Mutter sandte mir tausend Stricke, die gefan­genen Feinde daran zu hängen. Ich hoffte, wenn dieser Kampf siegreich ansgehen werde, ein neues Lebe» zu beginnen. Ein Ge­fühl der Liebe für Johanna, Eure Schwester, begann sich in mei­nem Herzen zu regen, denn ick wußte, daß a»ch sie mich lieben werde, wenn unsere Ehe kein Zwang mehr, wenn sic ein freiwil­liges Herzensbündniß sein werde. Alles, Alles vereinte sich, diesen Tag zum entscheidenden zu machen: und er entschied, er machte mich znm elendsten aller Menschen."

Bei den letzten Worten war seine Stimme wieder leiser ge­worden und die Erregung seines ganzen Wesens wich einer tiefen Niedergeschlagenheit. Margarethe betrachtete ihn mit Thräncn in den Augen und seufzte:Armer, armer Mann!"

,,O wäre ich in der Schlacht geblieben," fuhr der Prinz bitter fort;anstatt nun auf diese Weise geopfert zu werden. Man hakte gehofft, daß ich in alle» Dingen mich fügen würde, und da ick mich znm bloßen Werkzeug nicht wollte brauchen lassen, soll ich schadlos gemacht weiden."

Wieder sah er eine Weile vor sich bin.Was hatte ich vom Leben?" tagte er dann.Bon Kindheit war ich niederge­drückt durch die Uebermacht meiner Mutter, deren Seele irgend ein düsteres Gcheimniß birgt, das vielleicht mit meinem Dasein zusammenhängt, und welches ihr alle Ruhe raubt. Kaum wagte ich einmal von Freiheit zu träumen und meine eigene Kraft zu erproben, in meinem Herzen regte es sich wie die Morgendäm­merung eines schönen Tages, da werde ich wieder hinabgeschleu- dcrt zu hundertfacher Oual ohne Hoffnung. Welche Sünde ist es, die an mir gerächt wird? Ist mein Dasein die Frucht eines unseligen Verbrechens, das so schrecklich an mir sich strafen muß? Kann es anders sein?"

O nein, nein," bat Margarethe weinend,verzage nicht an Gottes Barmherzigkeit. Wie. tief, wie innig beklage ich Euch. Was kann ich weiter für Euch Ihun, als beten, und glaubt mir, das thue ick recht inbrünstig. Gott ist ja doch unser einziger Trost! So verzweifelt denn nickt an seiner Milbe und richtet Eure Hoff­nung auf ihn."

Ihr seid mein guter Engel," entgegnete der Prinz etwas gefaßter:Die Stunden, welche ick hier in Eurer Gesellschaft verlebte, sind Helle Sterne in der Nacht meiner Trübsal. Mein letzter Trost ist der Gedanke, daß Ihr mich nicht verlassen und bei mir ausharren werdet, bis es mit mir zu Ende gebt."

Gewiß," betbeuerte Margarethe,das werde ich ihn»;" worauf der Prinz entgegnete:Tie Zukunft wird Euch dafür be­lohnen, aber nun laßt uns diese traurige» Reden beenden und uns die kurze Frist nickt noch durch trübselige Gedanken verdüstern. WaS gibt cs Neues am Hose?" Margarethe wollte eben antwor­ten, um der Unterhaltung eine heitere Wendung zu geben, als sie durch den Eintritt des Herrn de Lance? nukerbrochen wurde, welcher stck mit den Worten einsührte:Verzeiht, mein Prinz, ich komme im Auftrag Sr. Majestät." Dann wendete er sich zu

Margarethe und sagte sehr höflich z» ihr:Ich habe zugleich im Namen der Königin au Euch, gnädige Gräfin, die Bitte zu rich­ten, Euch aus einige Augenblicke zu ihrer Majestät zu verfügen, um Nachrichten dort zu empfangen."

Margarethe antwortete nicht, sie verbeugte sich lies gegen den Prinzen und verließ bas Gemach.

Als sie fick entfernt halte, sagte de Lancä zu dem Prinzen: Der König laßt sich erkundigen, wie es um Eure Gesundheit steht, mein Prinz, da wicklige Geschäfte in Betreff der Graf­schaft Flandern Eure Anwesenheit bei gewissen Beralhuugen sehr wünsckenswertb erscheinen lassen."

Der Prinz entgegnete:Ich muß bitte», mich zu entschuldi­gen. Ob ich bei diese» Zuiammeukünstcu, wo der König ohne Zweifel den Vorsitz führen wird, bin oder nicht, wird wenig zu bedeuten haben. Ick fühle mich zu schwach dazu." Der Abge­sandte blieb ganz gleichgültig und versetzte:Es sind sehr außer­ordentliche Dtnge in Flandern vörgefalleu. Der König erwartet in diesen Tagen Gäste von dort und läßt Euch benachrichtigen, daß einige derselben Euch besuchen würden, für den Fall, daß ihr verhindert leid, selbst bei den Empfangsfestlichkeiten zu er­scheinen. Es ist eine verrätherische Rebellion in Flandern ansge­brochen, ein Abenteurer steht au der Spitze derselbe», und ein Theil des Adels hat sich für ihn erklärt. Der König gedenkt Eure Reckte zu wahre» und ersucht Euch diesen Brief zu lesen, den er vor wenig Tagen erhielt und worin ihm von wahrhaftiger Seite Mittheilungen über den Stand der Sache gegeben werden."

Ferdinand hörte gleichgültig zu und deutete Herr» de Lancv an, daß er den Brief nur aus einen nahestehenden Tisch legen solle. Dieser that es und sagte noch:Ich gehe, Lr. Majestät Eure ablehnende Antwort zu vermelden," worauf er sich verneigte und ging.

Ferdinand dachte »och einen Augenblick an die Nachricht, dann gewannen die Gedanken über sein Leiden wieder die Ober­band und es erging ihm, wie jedem schwer Kranken: er vertiefte sich so sehr in seinen Zustand, daß er alles Andere darüber ver­gaß. Wie Hohn erschien ihm die Versicherung de Lancö's, daß der König seine Reckte wahren werde. Er wollte lieber gar nichts von der Sache wissen.

So vergingen einige Tage, ohne daß Ferdinand wieder au den Brief dachte; dieser lag unbeachtet auf seinen, Tische: da er­zählte ihm Margarethe, die wieder bei ihm war, um ihn zu er­heitern, daß die Gäste angekommen seien, darunter ein Greis, den man für Balduin, ihre» Vater, den sie nie gesehen habe, halte. Auch seien die Barone Kranhoven mitgekommen. Sie entfernte sich gleich darauf, da sich die beiden Kranhoven bei den, Prinzen aumclden ließen.

Nun erschien die Sache dem Prinzen doch interessant genug, um sich wieder nach dem Briefe umzusehen. Ec nahm ihn und öffnete ihn, um vorläufig die Unterschrift z» sehe». Kaum aber batte er diese erblickt, als er in heftige Aufregung gerieth, sein Leiden ganz vergaß und heftig sich von seinem Krankenstithle er­hob.Aldenardc!" rief er,der Verräkher!" Er trat an eines der hohe» Fenster, schob die schwere» damastenen Gardinen zurück und begann, den Brief zu lesen. Je weiter er kam, um so heftiger arbeitete seine Brust.Dachte ich es dock!" rief er, daß dieser Schurke sich znm Spion und Angeber machen werde, und König Ludwig ihn nicht umsonst fceigab."

Er ging im Zimmer auf und ab; dann trat er abermals an bas Fenster und laS wieder. Daraus sagte er:Zwar kann ich das Endziel seiner Pläne nickt durchschauen, aber so viel sehe ich, daß er ein schändliches Bubenstück anszuführeu gedenkt, denn selbst, wenn Alles so wäre, wie er es schildert, bleibt eS immer ein ehrloses Werk, den Feind hinterlistig in die Falle zu locken." Dann las er noch eine Stelle und stieß hieraus mit dem Fuße auf den Boden, indem er zornig ausries:Schändlich! Auch Kranhoven, dieser biedere Mann, soll mit in'S Verderben gezo­gen werden!"

Er überlegte, ob er etwas gegen die Ausführung des Buben­stückes thnn könne und vergaß in der edlen Aufwallung seines Zornes völlig, daß er ein kranker Mann sei.

lForks.tznng folgt.)

Redaktion, Druck und Aettag der G. W. Zaüer'schen Buchhandlung.