Folge des Kriegs — abgesehen von den 250 Million.», die er bereits verschlungen — durch de» Verlust an Waffen, Kanonen, Pferden :c., die ergänzt werden müssen, durch die Zerstörung der Eisenbahnen, der Staatsgebäüde, Ausleerung ärarischer Ma- gazine, Beschädigung des vom Staate zu ersetzenden Privateigenthums u. s. w. erlitten, wird von Fachmännern auf weitere 400 Millionen geschätzt. Hiezu die lausenden Staatsausgabe» bei dem in Böhmen, Mähren, Schlesien und einem Theil Ungarns beinahe völligen Steuerausfall.
Wien, l6. Ang. Baron Hübner soll laut neuer Version zum Nachfolger Belcredi's als Polizeiminister bestimmt sein und dieses Ministerium schon demnächst übernehmen.
Drei deutsche Fürsten haben Herberge i» Wie» genommen: die Könige von Sachsen und Hannover und der Herzog von Nassau.
Florenz, 18. Ang. Der General Lamarmora hat seine Entlassung als Chef des Generalstabs genommen und als solchen den General Cialdini zum Nachfolger erhalten. Aull) ist Lamarmora ans dem Ministerium geschieden. An Stelle der Kriegsmi- nistcrs ist der General Kugia getreten.
Als Neuestes meldet die „N. Gl. Ztg.": Nack einer uuS güligst mitgetheilttn Privatkorrcspondcnz einer Glarner'schen Firma aus Aleppo vom 22. Juli sind i» Mesopotamien — zwischen Euphrat und Tigris in der Nahe von Tiarbekir — infolge plötzlicher Oeffnung der Erde im Umkreise von 30 Stunden 16 Dörfer saimnt der gesammten Bevölkerung versunken und verschwunden.
Die Feuersbrnnst i» Antwerpen hat keine weiteren Fortschritte gemacht, die Kellergewölbe haben Leu zusammenstürzeuden Verbiiidungsmanern der verschiedenen verbrannten Gebäude glücklich Widerstand geleistet. Man schätzt den Schaden, den das Feuer angerichtet hat, ans 6 Millionen Franks.
Der Nap olc o » s tag, 15. August, war nicht vom Wetter begünstigt, so daß die Volksbelustigungen und die Illumination nicht nach Wunsch ausfiele». In den Wirths Häusern wurde viel gezecht. Auf viele Glückliche regnete es den Tag über Ehren- ! legionskreuze.
Paris, 16. Ang. Nach dem Abbrennen des Feuerwerks am gestrigen Kaiserfeste entstand ans der Eintrachtsbrücke ein furchtbares Gedränge, in Folge dessen leider 40—50 Menschen ! tdie Zahl ist noch nicht genau bekannt) getödtek — und gegen 300 mehr oder weniger schwer verwundet winden.
Paris, 18. Aug. Der Moniteur schreibt: „Der Kaiser fuhr gestern im Boulogner Wäldchen spaziere» und wurde vvn der Bevölkerung warm begrüßt. Das Lager von Chalons ist gestern ausgehoben worden.
Paris, 21. Aug. Der Moniteur schreibt: Die Times gibt eine Analyse von einem Briese, den der Kaiser an den König der Belgier gerichtet haben soll. Tie Nachricht ist irrig. Obwohl es wahr ist, daß der Minister des Auswärtigen benachrichtigt bat, Frankreich verlange die Festungen Marienbnrg und Pbi- lippcville, die in der Hand einer neutralen Macht sich befinden, nicht zurück, so ist cs doch unrichtig, Laß der Kaiser an den König geschrieben habe. (T.d.S. M.)
Ein amerikanisches Blatt enthält die folgende, nicht gerade auf große Sicherheit amerikanischer Bahnen schließen lassende Mittheilung: Reisende, die des Lebens müde sind und damit zu Ende zu komme» wünschen, denen ratheu wir es, mit der Alexandria.Eisenbahn zu fahren. Man verläßt Washington Abends und ist in der Regel sicher de§ andern Morgens in Richmond oder im Himmel aiizulangcn. Jeder Zug ist mit einem Chirurgus, Ampntirtisch, Leichcnbesorger und den schönsten Särgen von der Well versehen. Sollte ein Unfall passiren, so können Leichen i» den längs der Bahn befindlichen Spitälern sofort einbalsamirt werden. !
Graf Bald»!».
iFortsctzung.)
4. Kapitel.
Die Abgesandten König Ludwigs von Frankreich waren mit der Zusage des Grafen Balduins schon wieder in Paris ange- langt, und der König hielt cs nun doch an der Zeit, dem Prinzen Ferdinand von Portugal, dem Gemahl Johanna's Nachrichten von jden Vorfällen in Flandern zu geben. Er sandte daher seinen Geheimschreiber de Laues zu dem Prinzen, um ihm den
Brief Aldenarde's, worin dieser die Erscheinung des falschen Balduin anzeigte, miizutbeilen.
Ferdinand von Portugal war sehr krank und man batte ihm daher alle möglichen Bequemlichkeiten gestattet. Er saß eben mit Margarethe von Flandern, seiner jugendlichen Schwägerin, beim Schachspiel, dem einzigen Zeitvertreib, welcher ihm geblieben war. Margarethe war eine jugendliche frische Erscheinung, in welcher sich kindliche Naivität und sinniger Ernst zu einem reizenden Ganzen verschmolzen.
Schweigend hatten die Beiden eine Weile forkgespielt. Nun that Margarethe einen entscheidenden Zug und rief freudig: „Schach und matt!"
„Ja malt!" enlgegnete Ferdinand. Dann warf er die Figuren des Spieles um, lehnte sich in die Kissen des Lehnsessels zurück und sagte, indem er ironisch lächelnd, bald auf das Spiel, bald ans seine Brust deutete: „Mall hier und hier."
Sogleich wich aller Frohsinn aus Margarethens reizendem Gesichte. Theilnehmend stand sie auf und fragte: „Habt Ihr wieder Schmerzen? Soll ich eine Erfrischung reichen, oder liegen die Kissen nicht gut?"
„Nicht doch," versetzte der Prinz, „es ist Alles gut, ich danke Euch; Ihr macht Euch so viel Sorgen um mich und ich belästige Euch nur." Dabei streckte er seine bleiche Rechte hin, die sie freundlich drückte.
„Redet nicht so," sagte sie; „habe ich Euch nicht schon oft gesagt, daß ich nirgends lieber bin, als bei Euch, wo ich unbesorgt reden kann, wie mir nm's Herz ist. Wir Beide sind ja doch hier am französischen Hofe von aller Welt verlaßen und dürfen unserem Groll nirgends Luft machen. Ach! glaubt mir, wenn das Herz voll Gift »nv Galle ist, da hat weder Turnier noch Tanz oder sonst irgend ein Vergnügen einen Reiz, man möchte bann nur immer reden und reden, damit das Herz leichter werde, und das kann ich ganz unbefangen ja doch nur mit Euch."
„Ihr seid gut," erwiderte der Prinz mit einem dankenden Blicke, — „und Eure Pflege thut mir wohl. Bis jetzt hat mir noch Niemand so recht wohl zu thnn gewußt wie Ihr."
Mit leisem Vorwurf warf Margarethe ein: „Eure Mutter ausgenommen und meine Schwester," worauf der Prinz entgeg- nete: „Meine Mutter verstand das nie so wie Ihr. Sie hat einen männlichen Geist, dem ich mich von jeher unbedingt unterwarf, aber die wvhllhuende, milde, weibliche Hand fehlt ihr. Wenn ich krank war und sie berührte mich, schmerzte es mich, so gut sie es meinte!" „Und Eure Schwester!" Mit einem tiefen Seufzer setzte er hinzu: „Ich kenne sie kaum!"
Tröstend versetzte Margarethe: „Ihr werdet sie kenne» und lieben lernen, wenn Ihr wieder nach Flandern zurückgekchrt seid. O, ich erinnere mich ihrer noch sehr gut, obgleich ich sie lange nicht gesehen. Sie ist liebevoll und gut, und Ihr werdet gewiß noch glücklich miteinander werden."
Seufzend entgegncte der Prinz: „Wann wird das geschehen! Gesetzt den Fall auch, der König wollte mich zurückkehren lasse», kann ich mit diesem siechen Körper jemals wieder frei und leicht mich fühlen? Gutes Mädchen, ich will Dir etwas sagen, ich sehe ja, daß Du Mitleid mit mir fühlst: weißt Tu, weßbalb ich immer schwächer werde, weßhalb ich gebrochen bin a» Körper und Geist? Man nennt das ei» diplomatisches Kunststück, was sie mit mir gemacht haben und hier am Hofe ist man darin Meister. Weh- müthig setzte er hinzu: Ich werde nie wieder genesen, ich weiß es, denn ich fühle nur zu gut, wie langsam, langsam meine Kraft versiegt."
So jung Margarethe auch war, hatte sie doch des Schrecklichen schon genug erfahren, um Ferdinands Worte zu verstehen. Erbleichend sagte sie: „Entsetzlich, wenn Eure Befürchtung wahr wäre!"
„Fällt es Euch schwer, daran zu glauben? entgegnete der Prinz: „Ihr seid doch schon lange genug in Paris, um solche Dinge nicht für unmöglich zu halten; was liegt auch daran;" setzte er traurig hinzu; „mir blüht ja doch kein Glück! Der ohnmächtige Haß, den meine Mutter gegen Frankreich mir seit meiner Kindheit in's Herz pflanzte, vergiftete ohnehin mein Dasein."
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlun g .