»er augenblicklichen Entmnthiguug zur Beute, mit rascher Ent- schlossenheit begonnen, eine» Abdankungsakt aufznsetzeu. Die Kaiserin Charlotte, deren seltene Energie Jedermann bewundert, entriß aber die Feber den Händen ihres Gemahls und zerriß das Aktenstück, welches er zu schreiben angefangen hatte. Bon srcien Stücken sagte sie sodann dem Kaiser: „Wohlan, noch ist ein letzter Versuch zu mache», und ich werde ihn selbst machen. Rettung kan» nur von Frankreich kommen, und ich werde selbst nach Paris gehen, nm dem Kaiser der Franzose» die Lage anseinan- derzusetzen und von ihm jene Konzessionen zu verlangen, welche das mexikanische Kaiserreich rette» können." Von diesem Momente an war auch die Abreise der Kaiserin beschlossene Sache.
London, 15. Aug. Die Post enlhält einen Artikel über Mexiko, der das Scheitern des neuen Kaiferthums fast mit dürren Worten ciugesteht und fast eben so unverblümt zu verstehen gibt, daß Napoleon III. für seinen östreichjsche» Schützling nichts mehr zu thun vermöge. Die Cholera zeigt eine erfreuliche Abnahme.
London, 17. Aug. Die Agentur Reuter meldet, der König Leopold von Belgien habe ein Schreiben deS Kaisers Napoleon erhalten, worin dieser sagt, daß es nicht seine Absicht sei, Belgien zu annexiren.
Graf Balduin.
(Fortsetzung.)
Die erhitzten Männer wären ohne Zweifel sofort in den Gemächern der Gräfin aneinander geratheu, wenn diese selbst nicht eben dazu gekommen wäre.
Rasch trat sie zwischen die streitenden Parteien und rief: „Was seh ich? Erzürnte Mienen? Kampfbereite Hände? Sind meine besten Freunde so sehr mit einander entzweit? Was gibt cs? Was ist vorgefallcn?"
Beide Männer sahen sich noch eine Weile mit wuthflammeu- dcn Blicken an, dann legte sich allmählig der lodernde Zorn, und als Johanna nochmals zu Kranhoven sagte: „Was ist's, ich will es wissen," erwiderte er: „Frau Gräfin, Ihr wißt, daß ich es nie verstanden habe, Euch zu schonen, verzeiht darum, wenn ich Euer Verhalten gegen Balduin, Euren erlauchten Baker nicht loben kann. Wir Alten, die wir den edlen Herrn seit zwanzig Jahren nicht sahen, trugen sein Bild im Herze» und ganz Flandern jubelt dem Wiedergekehrten entgegen. WaS aber thut Ihr? Ihr machh Eure Anerkennung vom Aussprucke des Königs von Frankreich abhängig. Eure Weigerung ist die Hauptveranlassung zu dieser Reise in das feindliche Lager. Ihr seid schlecht beralhen, Gräfin, und darum kam ich liieher, um Euch dies; vor der Abreise noch einmal zu wiederholen. Wer das Wohl unseres Vaterlandes im Auge hat, der stimmt dem Jubel des Volkes bei und begrüßt freudig den zurückgekehrten Herrn."
Die Gegenwart Jobanna's machte Aldenarde dreister als gewöhnlich. Er sagte: „Gesetzt den Fall, Flanderns Wohl verlange dies künstliche Mittel, dessen Werth ich denn nicht weiter prüfen will, so fragt es sich doch auch, ob Johanna's Wohl, das Wohl unserer wahren, rechtmäßige» Herrin, darunter nicht leidet. Soll ihre Zukunft der augenblicklich bedrängten Lage geopfert werden? Soll sie alle Hoffnungen ihres junge» Lebens schwinden sehen und der Regentschaft entsagen in dem Gedanken, daß sie damit einem fremden Abenteurer ihre Rechte überläßt?
„So ist es," setzte Johanna hinzu; „Ihr sprecht stets vom Wohle des Landes, Baron Krauhoven, ohne zu bedenken, daß auch mein eigenes Wohl einiger Berücksichtigung bedarf."
Krauhoven seufzte lief. Er bedachte, daß wenn Johanna nicht die Gemahlin Ferdinands wäre und die Möglichkeit vorhanden, sie mit Aldenarde z» vermählen, so würbe ihre Meinung leicht zu gewinnen sein. So aber bedurfte sie die Würde der Regentschaft, nm ihrer Leidenschaft fröbnen zu können und ein ganzes Volk seufzte vergeblich nach dem Retter, weil zwei von unheiliger Flamme entzündete Herzen im Verderben desselben ihr egoistisches Glück keime» sahen.
„Wozu noch Worte wechseln!" sagte Kranhove» tief entrüstet; „hier gilt's zu handeln und das soll geschehen." Dann verbeugte er sich vor der Gräfin und verließ Las Schloß.
Dieser Vorfall hatte übrigens doch einigen Eindruck auf Io- Hanna gemacht. Die Barone von Krauhoven waren von jeher mit dem gräflichen Hause befreundet; Hugo's Mutter batte Johanna als kleines Kind sehr geliebt und Hugo selbst war lange
Zeit ihr Gespiele gewesen.
Als daher Aldenarde dem trotzig abgehcndeu Barone drohend nachrief: „Ja, aller Starrkopf, daS soll geschehen!" eilte sie aus ihn zu, sah ihn mit thränenden Augen flehend an und bat ihn, zu schweigen.
Betroffen blickte Aldenarde sie an; „Hat Euer Sin» sich ge- .wendet?" fragte er hastig; „vertraut Ihr mir nicht mehr?"
Johanna warf ihre Arme stürmisch um seinen Nacken und er preßte sie fest an sich. „Wie könnt Ihr fragen?" flüsterte sie. Kan» ich leben ohne die Liebe zn Euch, und kan» Liebe bestehen ohne Vertrauen?"
Aldenarde athmete aus, denn er hatte einen Augenblick lang die Höllenqual des Zweifels empfunden. „Ihr habt Recht," sagte er, und dann setzte er hinzu, indem er ihr leidenschaftlich in die Angen sah: „Es fällt mir noch immer schwer, a» mein Glück zu glauben und doch wäre cs mein Tod, wenn ich Dich verlieren sollte."
Nun war Johanna wieder ganz umgewandelt; er liebte sie, was hatte die Welt außerdem für sie für einen Werth!
„Mehr als je," sagte sie, „vertraue ich Deiner Einsicht, Deiner wahren, aufrichtigen Liebe zn mir. Wenn der Eremit mein Vater ist, wirst Du nicht zaudern, cs mir zu sagen, denn auch das kann uns nicht mehr trennen, und nichts vermag zwi- scheu uns zn treten. Bietet die Heimat unserer Liebe kein Asyl, so folge ich Dir, wohin Du willst, und werfe Alles von mir, was mich hindern kann, Dir anzugehören. Was ist mir Macht und Glanz gegen Deine Liebe? Alles Andere kann ich entbehren, aber Dein Verfall würde mich tödten."
„Lassen wir den Eremiten nach Paris reisen," sagte Alde- uarde, „dort mag sich die Frage entscheiden, ob er Graf Balduin ist oder nicht, bis dahin ist es zweckmäßig, nichts zn thun."
Johanna versprach, seinem Rathe zn folgen und Aldenarde verabschiedete sich. Bevor er jedoch ging, sagte er noch mit besonderem Nachdruck: „Wenn sich ein Betrug herausstellt, woran fast nicht zn zweifeln ist, so wird der alte Mann das Opfer sein und die Anstifter des Conwloktes gehen frei ans. Seine Anhänger und vor allen die Barone von Kranhoveu sind es, die unserer Liebe Gefahr drohen. Glaubt Ihr, ich sei blind und bemerke nicht, weßhalb sie dies thun? Hugo war der Gespiele En- rer frühesten Jugend, die Kranhovcns sind ehrgeizig und trachten nach hohem Ziele; nicht Flanderns 2Ho»l ist cS, was ihnen am Herzen liegt, glaubt es mir und fürchtet mehr als jenen frcm- ! den Abenteurer den Einfluß Eurer scheinbaren Freunde." i Damit ließ er Johanna allein und ging mit dem Bewnßt- ^ sein, daß daS Samenkorn. welches er in ihre Seele gelegt, zum Verderben der ihm verhaßte» Männer aussprosseu werde.
(Fortsetzung folgt.)
Aller!
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— In der Zeitung für Norddentscklaud empfiehlt ein Dr. Leopold die Chloroformirung mit richtiger Anwendung des Morphiums, als ein erprobtes Mittel, bei Verwundungen de» Schmerz sogleich zu heben. Die Verletzungen oder die operativen Eingriffe mögen noch so beträchtlich sein, so ist nach Anwendung mit Morphium der Schmerz wie weggezaubert, i — Im Berliner zoologischen Garten ist der große . Elephant, welcher vor einiger Zeit seinen habituellen Sommer- ^ Koller bekam und dabei seinem Wärter einige ungeschickte Zärt- ! lichtesten erwies, aus dem Wege der Besserung d. h. Beruhigung, darf aber vorläufig dem Publikum nicht gezeigt werden. Ein ungeübtes Auge kann dem riesigen Thiere übrigens nicht ansehcu, was in ihm vorgeht, nur Kenner bemerken es an dem Abstehen und Wedeln der Ohre», an dem etwas boshaften Blick und am gelegentlichen Pressen der Rüsselsvitze gegen die Backenzähne. Bei dem erste» Zornausbruche des Elephantcn konnte man ein Pröbchen seiner Kraft sehen, denn er zerriß seine dicke eiserne Kette wie Bindfaden, löste einzelne Ringe wie welke Blätter vom Blumenstiel ab, zerbrach die starke eiserne Schraube, mit welcher die Schlüpfthür seines Käfigs geschlossen wird, und riltclte am Gitter, daß es dröhnte. Jetzt macht er aus Langweile freiwillig Kunststücke vor dem Wärter.
Redaktion, Druck und Verlag Ver G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.