Preußen in seine Station mit dem Tclegraphen-Apparate zu flüchte» »nd sich in einem Gebüsche zu verbergen, bemerkte in seiner Nähe den Draht eines preußischen Feldtclegrapben. Er brachte tenselbeu mit dem Drahte seines geretteten Apparates in Verbindung und fing auf diese Weise eine Depesche ab, in welcher König Wilhelm dem Kronprinzen die genauen Dispositionen zur bevorstehenden Schlackt bei Königgrätz übermittelte. Diese wichtige Depesche übcrbrachte der Telegraphist noch rechtzeitig dein FZM. Benedek. Letzterer aber soll, nachdem er einen flüchtigen Blick aus das Papier geworfen, dasselbe in den Papierkorb geschlendert und unwillig ansgerufen haben: „Lassen Sie mich mit solchem unnützkii Zeuge in Ruhe!"
Wie», 12. August. Heute glaube ich Ihnen mit aller Bestimmtheit mittheilen z» können, daß wir, während die Zeitungen fast ausschließlich von Friedcnsverhandlungen zwischen Oestreich, Preußen und Italic» spreche», neue» kriegerischen Verwicklungen näher stehen als man allgemein annimmt. Wahr ist, daß Preußen die Berechtigung Frankreichs Koinpensatione» z» per- lange» vorläufig nicht anerkennt, und wahr ist es auch, daß der preußisch-italienische Vertrag sich nur auf Venetien bezieht. Allein der Vertrag hat eine Klausel, welche mit der französisch- preußischen Kompensationsfrage in direktem Zusammenhang steht. Preußen gesteht nämlich Italien eine der preußischen Gebietsvergrößerung entsprechende Ausdehnung zu. Der Arrvndirung Preußens im Norden entspricht jene Italiens durch Venedig. Für den Fall aber, daß Preußen zu weiteren Erwerbungen schreiten sollte, sind auch für Italien solche i» Aussicht gestellt. Nun stützt sich Preußen in seiner Zurückweisung der französischen Kom- peusalionssorderung darauf, daß die Gebietsveränderungen in Deutschland eine innere deutsche Frage, Deutschland um Oest- reich sogar verkleinert worden sei, Frankreich sich also keiner Gebietserweiterung Deutschlands gegenüber sehe, mithin auch keine verlangen dürfe. iA.Z.)
Paris, 11. Aug. DaS Leiden, welches den Kaiser »ötbigt, das Bett zu hüten, wird als durchaus nicht gefährlich, aber sehr ichinerzhast geschildert. Heute soll sich der hohe Kranke bedeu- tend besser befinde», nachdem inan ihm gestern Blutegel gesetzt. Wie die Korr. Hav. erfährt, hat der Kaiser bei seiner letzten Anwesenheit in Vichy sein dortiges Schloß einein seiner Kammerdiener zum Geschenk gemacht, der schon zu Lebzeiten der Köni- gin Hortense in seinem Dienst stand. Der Kaiser wird, wie es heißt, dem neuen Besitzer als Mietbe für dieses Schloß jährlich 20,000 Frk. zahlen. — Bei Hof will man über die Mission der Kaiserin Charlotte folgendes wisse»: Sie fordert, daß der Abzug der Franzosen erst im nächste» April beginne, und daß alle Geldzahlungen an Frankreich, sowohl für KonponS der mexika- nische» Obligationen als für die Okkupationskosten u. s. w., 2 Jahre lang ststirt werben, auch die französische Regierung auf die Einnahme der mexikanischen Hafenzölle verzichte. Die Abberufung des Marschalls Bazaiuc und seine Ersetzung durch de» General Douai wird gewünscht.
Paris, 11. A»g. Hr. I. Vilbor! (eigentlich Wilbordks) meldet im heutigen Siecle seinen Abschiedsbesuch bei dem Grafen Bismarck in nachstehenden Worten: Gestern Abends verabschiedete ich mich von Hrn. v. Bismarck, der mir in Berlin, in Horschitz, in NikolSburg überall eine freundliche Aufnahme bereitet hakte. Das Familienleben eines Staatsmannes muß mit einer Mauer umgeben sein, doch kann ich sagen, daß dieser schreckliche Minister, welchen die illnstrirke» Wiener Blätter mit der Sense deö Todes in der Hand darstelle», in seinem häuslichen Leben der liebenswürdigste und sanfteste Mann, guter Gatte »nd guter Vater ist. Sei» Salon ist ein großer französischer Salon mit einem Duft von patriachalischem Germanismus. Als ich Hrn. v. Bismarck verließ, fragte ick ihn: , Nebmc ick Krieg oder Frieden mit nach Paris?" Er antwortete: Freundschaft, dauernde Freundschaft mit Frankreich. Ich hege die feste Hoffnung, daß Frankreich und Preußen in Zukunft den Dualismus der Intelligenz und des Fortschritts bilden werden. Auch hoffe ich nächstens nach Biarritz, meinem Vergnügnngsbad, zn gehen. — 12. Aug. Das Mein. Dipl, zeigt zu seinem Bedauern an, daß die Beschickung der Gewerbeansstcllung im Jahr 1867 von Seite Oestreichs sehr zweifelhaft geworden sei. Die Fabrikdistrikte Böhmens »nd Mäh- rens seien vollkommen ansgesogen , und selbst viele für die Ausstellung bestimmte Gegenstände von den Preußen mitgenommen
s worden. Unter solchen Umständen ziehe Oestreich vor, seine Kräfte bis zur Wiener Ausstellung im Jahr 1870 zu sammeln.
Paris, Ist. Aug. Es heißt, Fürst Menburg habe der Königin von Hannover begreiflich zu mache», baß ein verlängerter Aufenthalt in Hannover für sie mit Jnkonvcnieuzen verbunden sei» dürfte.
Paris, 14. Aug. Prinz Napoleon reiste gestern nach der Schweiz. Benedctti geht am Freitag nach Berlin. Die Journale sagen: Der Kaiser geht am 18. ins Lager von ChalonS. Die ^ Patrie hat ein Telegramm aus Constantinopel vom 11.: Die Pforte hat beschlossen, neue Truppen an die griechische Grenze ^ zu schicken. (T. d. St.-A.)
London, 16- Aug. Das Reuter'sche Bureau fugt: Preu- i ßen hat, in Erwiderung auf den französischen Vorschlag bezüglich einer Grenzberichtiguug, erklärt, diese Grenzbericktignug sei unannehmbar. Der Kaiser soll erklärt habe», die öffentliche Mei- ^ nung habe ihn bestimmt, diesen Wunsch auszudrücken, den er als gereckt betrachte; aber er erkenne auch die Gerechtigkeit der Gründe . Preußens au. DaS gute Einvernehmen zwischen Preuße» »nd Frankreich werde in keinem Fall unterbrochen werden. Schließlich drückte der Kaiser die Hoffnung aus, daß Preußen die Mainlinie ! nicht überschreiten werde. — Die Cholera hat ln London beträckt- abgcnouimen. (T. d.S. M.)
Graf Baldui«.
(Fortsetzung.)
Während die flandrischen Barone noch immer auf die Rückkehr des jungen Abgesandten warteten, waren inzwischen mehrere Herren von Paris in Gent angekommen, um de» wieder zurückgekehrte» Grafen znm Könige von Frankreich zn entbieten. Der Zug der Barone mit Balduin hielt sich gerade in Brügge auf, und da die französische Gesandtschaft an Arnulf von Aidenardc gewiesen war, so begleitete dieser sie dorthin.
Aldenarde erklärte nun auch im Namen der Gräfin, daß sie beschlossen habe, auf die Entscheidung deS Königs von Frankreich zn warten, und dessen Ansspruch für sie maßgebend sein solle. So unkindlich nun die Barone diese» Entschluß finden mußten, konnten sie dock nichts dagegen tbnn. Balduin empfieng die Gesandtschaft und erklärte sich bereit, die Einladung des Königs anzunehmen. Zuvor aber kehrte er nach Gent zurück.
Dort angekommen, wählte er die beiden Barone von Kranhove» und einige andere Edellente zu seinen Begleitern nach Paris.
Wilhelm von Kranhoven begab sich vor der Abreise noch einmal nach dem Schlosse, wo Johanna wohnte. Beim Eintritte in eines der Gemächer begegnete ihm Aldenarde, der fast nicht von der Gräfin wich. Der alte Kranhoven konnte sich nicht enthalten ihm zu sagen: „Ihr spielt eine seltsame Rolle bei den Vorgängen der letzte» Zeit. Mag sein, baß Ihr der Gräfin ergeben seid in anderm Sinn als dem unfern, und daß Euch deßhalb die Rückkehr Balduins »»bequem ist, darüber habt Ihr nicht Rechenschaft abzulegcn. Wen» Ihr aber bei dieser unverhofften Einla- ! düng nach Paris nicht ganz unbetheiligt wäret, wenn der Erb- I feind Flanderns, wenn der König von Frankreich mitten unter uns einen Mann hätte, der an Flandern zum Verräther würde, und die Pläne des Gegners hinterlistig förderte, seht Baron Al- benarde, solch einen Schurken möchte ich mir gegenüber haben, um ihn mit diesen meinen Händen erdrosseln zu können!"
Die tiefe Entrüstung, das glühende Gefühl des Hasses, das dabei aus seinen Blicken leuchtete, beleidigte Aldenarde, und erfuhr heftig auf. Kranhoven setzte noch hinzu: „Wenn ich in meinem Argwohn auch vielleicht zu weit gehe, so sollt Ihr doch wissen, daß ich gesonnen bin. Jeden, der nach unserer Rückkehr aus Frankreich die Aechtheit der Person Balduins zu bezweifeln wagt, mit dem Schwerte zu überzeugen."
„Was soll das mir? brauste Aldenarde auf, aber Kranhoven sah ihn fest an und entgegnetc: „Ich dachte, ein Wort der Warnung sei hier am rechten Orte."
; ' Aldenarde griff an sein Schwert und rief: „Ich bi» weder
! gesonnen, Eure Warnungen, noch auch Eure Drohungen ruhig ! hinzunehmen."
„Wohl denn!" erwiderte Kranhoven und wollte ziehen, — „wenn Ihr lieber gleich die Züchtigung haben wollt, so könnt Ihr sie erhalten." _ (Forts, f. )
Redaltion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.