schicken des Staats sich auch in dieser ernsten Zeit bewahrt hat. Die Regierung setzte und setzt fernerhin volles Vertrauen i» die loyale Gesinnung Wiens; die Verordnung finde ihre Begründung in der Annäherung zahlreicher fremder Elemente. Die kaiserliche Regierung hofft zuversichtlich auf die loyale Unterstützung Nieder- östreicks und Wiens. (T. d.S.M.)

Wien, 27. Juli. Die Blätter melden, daß der Waffen­stillstand heute Vormittag abgeschlossen worden ist. Die Bedin- gungen sind: Niederöstreich wird svo» den Preußen) geräumt, Bödmen »nd Mähren bleiben bis zum Friedensschlüsse besetzt als Pfand für eine Kriegsentschäbignng von 50 Mill. Silber. Die Verhandlungen zwischen Oestreich und Italien dauern fort.

Wien. 27. Juli. Der Waffenstillstand nebst Friedensprä­liminarien ist heute Vormittag unterzeichnet worden. Böhmen, Mähren bleiben von Preußen besetzt. Waffenstillstand ohne Ter- minbestimmnng, mit eventueller Kündigung.

Nikols bürg, 24. Jnli. Henke Nachmittag traf Herr v. d. Pfordten, begleitet von einem östr. Offizier, aus unseren Vor- Lösten ein und gab bald darauf persönlich seine Karte bei dem Grafen Bismarck ab. Eine Zusammenkunft hat bisher nicht statt­gesunde»; Hr. v. d. Pfordten soll durch Herrn Benedetti und den Grafen Karvlyi zur Herkunft eingeladen gewesen sein. Die Waffenruhe ist mit dem 22. Juli, Mittags, eingckreten. Sämmt- liche bis dahin erreichten Positionen werden inne behalten.

Florenz, 26. Juli. Einstellung der Feindseligkeiten be­gann gestern morgen um 4 Uhr. Die Spitzen der Colonncn bleiben, wo sic find. Andere Truppen können Bewegungen ma­chen. ohne jedoch die von den Eolonnenspitzen besetzte» Punkte zu überschreiten. Medici ist gestern in Lcropina, einer starken Position bei Trient, angckommc». (Fr. Z.)

Paris. 25. Jnli. In de» hiesigen offizielle» Kreisen sieht man nicht gerne die Sinnesänderung, die unter der süddeutschen Bevölkerung, laut den badischen, württembergischen und bairischen Blättern, immer mehr zu Gunsten des Anschlusses an Preußen an den Tag tritt, indem man befürchtet, daß das unter Preußens Hegemonie geeinigte Deutschland zu mächtig und ein gar gefähr­licher Nachbar für Frankreich werden würde. Auch kämpft bereits die offiziöse und imperialistisch-demokratische Presse dagegen, was aber gerade die Süddeutschen anspornen sollte, ihre» festen Willen, sich zu einem großen, einigen Deutschland zu vereinigen, energisch knndzugebe» und diese Vereinigung zu einer vollendeten Thatsache zu machen, bevor die Diplomatie sie vereitelt. (Scbw. B.)

London, 27. Juli. Der Great-Eastern ist glücklich in Trinity-Bay (Neufundland, Amerika) angckommen.

Liverpool, 27. Jnli. Eine Privak-Depesche von gestern Abend sagt:Amerika Kabel gesichert".

Gr.rf Balduin.

(Fortsetzung.)

Wenn auch ein neuer Berrakh das Mittel zum Zwecke sein mußte, Aldenarde entschloß sich, ihn zu begehen. Unmöglich konnte er Johanna anfgebe», und daS sah er ein, ihr Besitz war für ihn an eine Vermählung und somit an eine Scheidung von Ferdi­nand geknüpft. Vor seinen Blicken stand sie im Glanze ihrer Schönheit, so wie damals, als Ferdinand sie nach Flandern zu- rückfnhrle, und Aldenarde mit den anderen Baronen des Landes ihr entgegenritt, sic einznholen. Damals hätte Jeder sei» Lebe» gewagt für die jugendliche herrliche Frau, und nun, da er Ge­wißheit batte, sie besitzen zu können, sollte er znrückbeben vor einem Schritte, den er bereits halb gethan. Sie liebte ihn, sie sah ihr Glück in der Verbindung mit ihm in diesem Gedan­ken versank der letzte Scrnpel, der letzte Hauch des ersterbende» Gewissens.

Johanna ahnte nicht entfernt, was in der Brust des Ge­liebten vorging. Sie sah in ihm das Vorbild aller ritterlichen Tugenden, und war weit entfernt, zu fürchten, daß er durch un­würdige Mittel ihren Besitz erstrebe.

Die Frauen der damaligen Zeit schwelgte» gern in der un­bedingten Verehrung ihres Ritters, sie liebten es, neben der ir­dischen Frau auch ein wenig die heilige zu spielen und Johanna vermied es daher gern, sich Aldenarde gegenüber gar zu sehr in die weltlichen Angelegenheiten zu mische». So lange sie liebt», versuchte sie, für ihn nur das hingehende, dabei aber durch Fröm- miakcit verklärte Weib zu sein. Indessen auch ihr wurde das

Ausbleiben des Boten von Rom nachgerade etwas ängstlich , aber sie unterdrückte die Besorgniß und ließ den Geliebten nie etwas davon merken.

Die Barone sahen ein, daß der Aufenthalt des wiedergefun- denen Balduin im Walde nicht der Würde desselben entsprach. Sie begriffen, daß man ein Ereigniß in Scene setzen muß, bevor es zu einer vollen Geltung gelangen kann. Darum schrieben sie eine große Versammlung aus und forderten de» gcsa»,inten fland­rischen Adel auf, sich im schlosse zu Gent einzufinden. wo an einem bestimmte» Tage die feierliche Wiedereinsetzung des Grafen statkfiiiden sollte. Auch Johanna wurde gebeten, dort zu erschei­ne». Auf Aldenarde'S Rath ließ sic die Königin Mathilde von Portugal, die Mutter ihre« Gemahls, ebenfalls zu der Zusam­menkunft einladen und Hugo von Kranhoven hatte die Botschaft überbracht.

An dem bestimmten Tage kamen die Edellente in Gent zu­sammen und trafen sich im Schlosse. Eine Abtheilung der Edel­sten war zu dem Eremiten abgesandt worbe», um ihn einzuführen. Bevor derselbe ankam, besprachen sich die beiden Barone von Kranhoven mit einigen Herren. Alle waren voller Freude und wünschten sich gegenseitig Glück, diesen Tag erlebt zu habe», denn sie durften die Ueberzengung hege», daß die bloße Wiedererschei­nung des allgcliebte» Balduin das flandrische Volk z» Heldentha- ten begeistern, Freiheit und Selbständigkeit wiederherstellen werde.

Einer der Ritter frag Hugo von Kranhoven, ob die Köni­gin Mathilde bei der Versammlung erscheinen werde, und Hugo cntgegncle, daß sie zugesagt habe, zu kommen. Jener sagte:

Wie fandet Ihr sie und wie nahm sie die Botschaft von Bal­duin auf?"

Ein seltsam Weib fand ich in ihr," entgegnete Hugo,das mir wie eine Zauberin aus heidnischer Vorzeit erschien. Sie ver­bringt ihre Zell mit Sterndcuterei und hofft noch immer große Tinge von der Zukunft. Als ich bei ihr vorgelassen wurde, fand ick sie in einem abenteuerlichen Gemache zwischen Pergamenten, Plänen und allerlei unheimlichem Gcrätbe. Ihr vertrauter und geheimer Rath Boabdil war bei ihr, sie bcwillkommnete mich mißtrauisch und kalt. Kaum hakte ich von Balduins Rückkehr die erste Kunde ihr erzählt, da fuhr sie ans wie eine gereizte

Löwin, und als ich beS Volkes und der Edlen Freude ihr ge­schildert, starrte sie mich hohnlachend an, und rief voll Wnth:

Ihr alle seid Betrüger, aber ich werde Enre Absicht vereiteln; ich kenne Balduin und mein Zeugttiß wird mehr gelten als das von ganz Flandern. Laßt mich den falschen Grafen nur erst se­hen und gebt Acht, wie ich die Comödie weiter spiele. Verlaßt Euch darauf, er soll sie mit Galgen und Rad beenden, dafür werde ich Sorge tragen."

Dieser Bericht erregte einige Besorgniß unter den Edlen. Man wußte, daß Mathilde ei» Weib war, die gefährlich werden konnte. Stolz, gefühllos und abergläubisch erschien sie allen, aber jeder bewunderte die Stärke ihres seltenen Geistes. Von Jugend an mußte ihre Schönheit als eines der willkommensten Werkzeuge für Frankreichs Pläne bienen, den» sie kam schon sehr jung und verwaist a» den Hof von Paris. Wie der Sklave de» Tyrannen, so haßte sie Frankreich und ihr schlauer Verstand übte sich in jeder Art von Jntrigne». Sie war zweimal verheirakhet gewesen. Ihr erster Mann, der König Sancho von Portugal, starb zeitig und wie man sagte, nicht natürlichen Todes. Mehrere Monate »ach seinem Tode gebar sie den Prinzen Ferdinand, den sie abgöttisch liebte, als wäre es die Frucht einer leidenvollen Liebe.

Wie der König von Frankreich sie zur Ebe mit Sancbo ge­zwungen, so nöthigke er sie später zur Vermählung mit dem Grafen Elsaß, hoffend, daß dieses schöne Land ihm in irgend einer Weise einmal zusallcn werde. Mathilde hatte sich lange geweigert, diese zweite Ehe zu schließen, aber endlich willigte sie ein. Auch der Graf Elsaß starb bald, und Mathilde wurde nun halb wie eine Gefangene in Paris gehalten. Endlich befreite die Heirath Fer­dinands mit Johanna die königliche Willwc, und sie folgte ihrem Sohne nun bald darauf nach Flandern. Niemals empfand sie Liebe für Johanna, nur an ihrem Sohne hing sie mit übertriebener Zärtlichkeit und machte ihn von Jugend an zum Spielball ihrer herrschsüchligen Grillen. (Forts, folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.