E u g e s - N e u i g lr c i t e n.
Der erledigte Schuldienst zu Enztbal-Enzklöjterle, Bezirksschulinspektion Altenstaig-Haiterbach, wurde dem Schulmeister Weidle iu Oberenzthal übertragen.
Stuttgart, 1-t Mai. Das Ministerium des Innern und des Kriegswesens erlassen unterm Heutigen einen Ausruf an die zur Verfügung beS Kriegsministers gestellte landwehrpflicktige Mannschaft des ersten Aufgebots, wonach dieselbe zum Landwebr- dienile sich bereit zu halten hat. Behufs dessen wird Folgendes bekannt gemacht:
ch 1. Alle in den Jahren 1814 und 1845 geborenen, derzeit nicht schon im Militärverbande befindlichen jungen Männer, welche iu den Ausdebungsjakreu 1865 und 1866 militärpflichtig waren, mit Ausnahme derjenigen, welche s) bei der Musterung ihrer Altersklasse als unbedingt untüchtig ausgeschieden, oder l>) bei der diesjährigen Aushebung als zeitlich untüchtig zur nächsten Jahresmusterung verwiesen, oder e) in Gemäßheit des Art. 60 des Kriegsdienstgesetzes von der Landwehrpflicht entbunden sind, sowie <i) derjenigen, welche für die zwei ersten Jabre ihrer Landwehrpflicht in Gemäßheit der Art. 6 und 7 des Gesetzes 8. vom 21. März 1861 einen Ersatzmann gestellt haben und daher um zwei Altersklasten zurückgestellt worden sind. 2) Die in den Jahren 1838 und 1839 geborenen, in den Jahren 1859 uuo 1860 durch Aushebung berufenen, oder als Freiwillige oder Stellvertreter iu das Militär getretenen und in den Jahren 1865 und 1866, sowie überhaupt alle in der letzten und vorletzten Abschiedsperivde mit Abschied entlassenen Exkapitulanten, vorausgesetzt, daß sie noch im landwehrpflichtigen Alter stehen. 3) Tie zu einjährigem Dienste Zugelassenen, welche zwar diesen einjährigen Dienst im Militär bereits abgeleistet haben, deren Altersklasse aber noch im aktiven Heere dient.
§. 2. Im ersten Aufgebot sind von der Landwehrpflicht entbunden: -) Hof-, Staats-, Kirchen- und Schuldiener mit Inbegriff der Un- kerlehrer an Volksschulen, Körperschafts- und Gemeindcbeamte, durchaus mit Ausschluß der nieder» Offizianten und Diener. 6) Diejenigen, welche nach vollendeten llniversitätsstudien zum Behuf eines Kirchendienstes eine Dienstprüfung bereits erstanden haben, vorausgesetzt, daß sie ihrem Beruf bis zum Aufruf iu den Landwehrdienst treugeblieben sind, c) Denjenigen, welche nach erfüllter Militärpflicht mit Königlicher Erlaubnis; in Civil- oder Militärdienste eines andern Bundesstaats getreten sind.
K. 3. In das dritte Aufgebot sind zurückzustellen: Die Verhei- ratheten und Wittwer mit^flindern.
K. 4. Von der Landwehrpflicht sind in Gemäßheit des Art. 5 des Kriegsdienstgesetzes befreit: Die^einzigen noch^ übrigen Söhne solcher Eltern, welche bereits einen -sohn unter den Fahnen entweder im Felde oder sonst bei und iu unmittelbarer Folge einer dienstlichen Verrichtung durch den Tod verlöre;^ haben; desgleichen ist befreit jeder Sohn solcher Eltern, welche zwei -svkne auf diese Weise verloren haben. Eine bei solcher Gelegenheit erlittene Verstümmelung, wodurch der gänzliche Verlust einer Hand, eines Armes, eines Fußes oder beider Augen herbeigeführt worden, wird dem Verlust durch Tod in dieser Beziehung gleich geachtet. Befreiung findet nur alsdann statt, wenn der Vater oder Mutter sich noch am Leben befinden und solche ansprechcn.
ist 5. Die Befugniß der — durch gegenwärtigen Aufruf aufge- botencn Mannschaft zur Auswanderung und zum Reisen und Wandern ins Ausland ist von heute an eingestellt, wie denn auch die^Heirathen, welche von jetzt an von der aufgerufenen Mannschaft geschlossen werden wollten, die Wirkung nicht haben, daß daraus ein Anspruch auf Zurückstellung in das dritte Aufgebot hergeleitet werden könnte.
§. 6. Der Tag, an welchem die Erkapiiulantcn uno die Einjährig- dienendcn bei den Regimentern oder den Dcpotkonimandos derjenigen Regimenter, von denen sie verabschiedet worden, cinzurücken haben, wird öffentlich und nun» es die Umstände erlauben, durch besondere Einbcru- fungsschreiben der Kommandobebörrc» bekannt gemacht werden. Dem Eintritt der übrigen pflichtigen Mannschaft >n den Dienst muß ein Muste- rungsverfahrcn vorangchcn, worüber der Obcrrekrutirungsrath das Erforderliche erlassen und öffentlich bekannt machen wird.
§. 7. Wer ohne genügenden Entschuldigungsgrund an den anbe- raumtcn Terminen nicht erschienen ist, wird, wenn er sich noch innerhalb der ersten dreißig Tage nach dem Termine stellt, wegen Ungehorsams mit Gefängniß von acht bis zu vierzehn Tagen, nach Ablauf der ersten dreißig Lage aber wegen Widerspenstigkeit mit Kreisgefängniß bis zu drei Monaten gestraft. Uebcrdics wird das Vermögen der widerspenstigen Landwehr- pflichtigen, auch wenn cs erst während ihres strafbaren Zustandes angcfal- len ist, mit Beschlag belegt und nicht eher freigcgeben werden, bis nach der Zurückkunft des Abwesenden die in Abficht auf seine Person zu treffende Verfügung in Vollzug gesetzt, oder bis nach seinem Ableben oder seiner Todeserklärung das Recht der Erbfolge eingctrctcn ist.
tz. 3. Als entschuldigt wird betrachtet, wer darzuthun vermag, daß er durch Ursachen, welche von seinem Willen unabhängig waren, an zeitiger Erfüllung seiner Landwehrpflicht gehindert war, vorausgesetzt, daß er nach Beseitigung dieses Hindernisses nicht versäumt hat, den Forderungen des Gesetzes alsbald Genüge zu leisten. Die Behauptung, den öffentlich bekannt gemachten Termin nicht gekannt zn haben, gereicht einem Landwehrpflichtigen nur dann zur Entschuldigung, wenn er vor diesem Aufruf mit Paß oder Manderbach versehen ins Ausland sich begeben und zur Zeit des Aufrufs zum Landwehrdienste in einer Lage sich befunden hat, von der anzunehmen ist, daß selbst die allgemeine Vorladung nicht zu seiner Kunde gelangen konnte.
Nachstehenden, mit ,,Zur Lage" nberschnebeiien Artikel der „Schwab. Volksztg.", übergeben wir auch unser» Lesern, indem derselbe in den melsten Punkten uns ganz aus der Seele genommen ist. „Es ist in der Thal trostlos,' welche Gleichgültigkeit und Pbilisterhaftigkeit noch in unserem Volke steckt. Wir stehen vor einem Kriege, dessen Dimensionen gar nicht zu ermessen sind, bei dem es gebt, wie mit einem Stein, den man ins Wasser wirft; er zieht immer weitere und weitere Ringe. Und Dem ge. genübec verhall sich ein großer Theil des Volkes fast theilnahm- los. Zwar schimvst man wacker ans Bismarck loS, und daß Blind blind geschoben, bedauert auch der sonst nicht mordlustige Spießbürger; daran aber denken sie nicht, daß sie selbst durch ihre politische Apathie das Meiste dazu beitragen, daß noch immer solchen einzelnen Männer» es möglich ist, das Volk quer und krumm zn führen an seiner Volksnase herum. In Bayern kra- walleu sie, weil das Bier schlecht und thener ist. Ihr Bier- patriotc»! Ihr sangt einen Spektakel au, wenn man euch einen Pfennig mehr abnimmt, als gesetzt ist, oder wenn das Bier etwas abgestanden in euer» Magen rinnt; aber wenn man im Begriff steht, euch die Hosen und das Hemd Heruuterzuziehen, um einige abgestandene BuudeStags-Artikel wieder aufzuwärme»; wenn man euer Geld und eure Sohne holt zu Kriegszwecken, die weder den Hohen mit ihrem hohen Verstand, »och den Niederen mit ihrem einfach gesunden Menschenverstand klar sind, da machet ihr eine Faust in den Sack, dvnnerwetteret über Bismarck und im klebrigen geht jeder in sich und denkt, wo man einen Gute» trinkt. Ihr sollet ja nicht revolntzen, ihr sollt nicht „Hecker hoch" schreien, aber zusammcnthnn sollet ihr euch jede Woche 1 und 2mal; statt zu gaigeln und zu ramsen, sollet ihr die Lage des Vaterlandes erwägen, sollet eure Abgeordneten fort und fort mit Petitionen bestürmen, daß sie aus Garantieen bringen, baß sie aus sichere Bürgschaft unserer Neutralität dringen*), ehe sie Geld und Leute zur Rüstung bewilligen. Lasset doch um des Himmels willen jenen Edelmut!) daheim, der sagt: jetzt muß man die eigenen Wünsche zurückstellen, denn das Vaterland ist in Gefahr, jetzt muß mau nicht von der Regierung fordern, sondern nur geben, geben und noch einmal gebe». Ja gebet nur, gebet den Rock und auch den Mantel, aber gebet auch Acht, was ihr dafür erhallet als Dank und Gegenleistung. Wir habe» Beispiele von ELempeln in der Geschichte, die noch nicht zum alten Eisen gehören, die sagen es schwarz aus weiß. Nein! jetzt, wo jene Noch über die Regierungen hereinbricht, die man ihnen längst prophezeit, au die sie aber nie recht glauben wollten, jetzt fordert rücksichtslos euer gutes Recht. Ohne Garantieen keine Opfer! Uebrigcus wäre es auch an den Herren Abgeordneten, sich zu regen. Angesichts eines Bürgerkriegs gehören sie hinaus in die Mitte ihrer Wähler, daß sie ihnen den Standpunkt klar machen, um dann sich ihrerseits dieselbe Gefälligkeit erweisen zn lassen. Laut den Zeitungen waren am vorigen Donnerstag viele süddeutsche Manbatträger bei einander, um eine geheime Berathung zu halten. Gut! aber wenn geheim verhau- delt ist unter ihnen, dann mögen sie auch offen verhandeln mit ihren Mandatgebern. A» eure Posten ! Ihr Herren Abgeordnete! und diese sind für jetzt »och in euren Bezirken, wenn bann die Posten eingezogen und das Heer vereinigt wird, nun dann wird euch dieses Postenstehen draußen ebenso viel Stoff zur weisen Erwägung, was des Volkes Wohl erheischt, geben, als Much und Freudigkeit, weil das Volk wirklich binter euch steht.
* Einige Aufmerksamkeit verdient in diesem Augenblick ein so eben in Stuttgart erschienenes Buch: Politische Geschichte Württembergs von der Kaiserwahl Rudolphs von Habsburg bis zn dem preußischen Bundesantrag vom 9. April 1866 ans wiederholte Einberufung einer deutschen Nationalversammlung. Verfasser ist Carl Plank. Verfasser des wnrttembergischcn Con- kordats in seinen Beziehungen zn Oestreich und Frankreich. — Diese Schrift, welche Lickt und Schatten zwischen den beiden deutschen Großmächten gleich unpartheiisch vertheilt, schildert im ersten Drittheil den aus der geographischen Lage hervorgcgangc«
*) Wenn der Sturm im Norden und Sölden, vielleicht auch im Westen losbricht, so ist es uns nicht recht begreiflich, wie die Neutralität gewahrt werden will; denn wenn auch durch eine allgemeine Volksbewaffnung eine Schutzmauer gegen das Andringen der im Kamps liegenden Mächte geschaffen wird, so ist doch der Kitt zu frisch, als daß er den neuen Bau vor dem Einsturz bewahren könnte, wenn ein mächtiger Wirbelstoß in seine Fugen tritt. Red. d. Gef.