übertrieben; »amentlich ist eS, unwabr, daß die Nelerven eiube- rufen sind. Daß die Mitlclstaaten die demschen Großmächte er­sucht haben oder crsnchcn werden, bis zur Ausgleichung der sckwe- benden Differenzen ihre Truppen aus den BundeSfestnngcu her- auszuzichen, ist ebcnsalls unwahr.

Berlin, 24. April. Das Brüsseler Journal bringt heule das von dem Grafen v. Bismark auSgeardcilcle Bnndesre- formprojekt, dessen Grundbcstimmungen etwa folgende sind: 1) Es wirb ein Parlament berufen ans Grundlage des allgemei­nen Stimmrechts, jedoch mit einigen Beschränkn-ngen der Wahl- fähigkeil; 2) eS wird eine Ccntralgewalk gebildet, in welcher nur Oestreich, Preußen, Bayern einen präponderircnden Einfluß ans­üben; 3) Deutschland wird in drei Militärgrnppc» gelheilt: Oest- reick, Preußen und Bayern; 4) Preuße» und Bayern haben den Oberbefehl über die militärischen Strcitkräfte derjenigen Staaten, welche die beiden letzten Gruppen bilden. Preußen befehligt die unverzüglich zu schaffende BnndeSflottc; 5> der Bund.l auf, die Besitzungen Oestreichs zu garaniiren, vorbehaltlich einer spätem Verständigung hierüber; 6) dem Parlamente gebühn daS Votum über die auf den Gesammkbiiiid anwendbaren Gesetze; 7) endlich wirb die diplomatische Leiinng ausschließlich an Preu­ßen übertragen, ,,welches jedoch den einzelnen Staaten die Be- fugniß überläßt, besondere Handelsconsuln zu ernennen."

Aus Berlin schreibt der TimeS-Korrespondent: Daß Ita­lien mit dem Kopf gegen daS Felinngsviereck rennen wolle, glaubt hier Niemand. Dem General Gavone ist es freilich gelungen, eine BertragSstipulativn anfzusetzcn, der gemäß Preußen und Ita­lien znsammenwirkcn sollen, falls Preußen mit dem Kaiser in Krieg gerälh. Nicht nur aber ist die Unterzeichnung und Ver­vollständigung dieses Vertrags verschoben worden, bis der Anlaß dazu ciutritt, sondern, was unter den Umständen ein mehr un­mittelbares Interesse hat, Italien konnte nicht auf Preußens Hilfe rechnen, wenn es zuerst den Feldzug begänne. Ich kann für die Echtheit dieser Nachricht bürgen.

Berlin, 28. April. Der Ministerpräsident empfing gestern den früheren badischen Minister von Roggcnbach und den Ver­treter Italiens; heute trifft der preuß. LundestagSgesandte von Savigny hier ein. Tie N. P. Z. weiß noch mehr über diesen Besuch; ihr zu Folge hätte Roggenbach den Vorschlag hinter- dracht: den König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser zu machen, den Erfurter BnndeSstaat ins Lebe» zu rufen und dafür Oestreich auf dem Papier zur andern Hälfte des deutschen Lundes zu er­klären, wogegen der ganze Lund die papierne Verbindlichkeit übernimmt, einander zu vertheidigen und zwar auf papierner Grundlage des papiernen Satzes: Oestreich und das deutsche RciL haben für alle Zeit gleiche Feinde »nd Freunde! Ueber die Crediiivc des neuen Kaisermachers weiß die Kz.-Zkg. keine Auskunft zu geben.

Berlin, 28. April. DieBank- und HaudelSztg. meldet von einem auf den König von Preußen gemachten Attentat. Ein ehemaliger verrückter Doclvr der Philosophie soll, während der König Revue abhielt, einen Stock nach ihm geschlendert haben.

Berlin, 30. April. Oestreich erklärt in seiner zweiten Depesche, die holsteinische Angelegenheit eventuell an den Bund bringen zu wollen. Preußen wird dies wahrscheinlich als einen feindlichen Akt bezeichnen. (T. d. S. M.)

Berlin, 1. Mai. Preußen refüsirte vorläufig die an­geblichen Zugeständnisse Oestreichs in Betreff Schleswig-Holsteins. Ein unmittelbarer Bruch wegen des östreichischen etwaigen Bnn- desantrags, welcher an den Ausschuß gehen müßte, ist noch keineswegs vorhergesehen, dagegen ist die Lage kritisch durch die Rüstungssrage. (T. d. S. M.)

Wien, 24. Der Kriegslärm dauert fort. Wie es heißt, soll sogar die Einberufung der erst im nächste» Jahre Stcllungs- pfiichtigen in Aussicht genommen sein. Alle im Heere dienenden Mitglieder der kaiserlichen Familie begebe» sich zur Armee, und die Söhne der hochadeligen Familie folgen diesem Bcisviele. Allerdings wird man gut thun,. alle Nachrichten mit größter Vorsicht aufzunehmen, besonders da den Telegraphenämtern be­reits Reklamationen in Betreff der Zurückweisung von Nach­richten militärischen Inhalts zugegangen sind und direkte Pri­vatnachrichten deßhalb fehlen. Was unser Verhältnis zu Preußen anbelangt, so beweist die vorliegende Analyse der preußischen Antwort auf den Vorschlag gleichzeitiger Abrüstung,

daß dieLayr. Ztg." in ihrem Optimismus zu weit gegangen ist, denn daß diese Depesche nur eine Umschreibung einer direk­ten Ablehnung sei, ist klar. Von glaubwürdiger Seite sind mir indessen Andeutungen zugekommen, daß man in unfern Regierungskreisen noch zu einem allerletzten Versuche geneigt ist und deßhalb auch der vorliegenden preußischen Antwort eine Deutung geben -volle, welche die östreichische Initiative einer Abrüstung möglich machen würde.

Wien, 28. April. Nach verläßlichen Berichten aus Flo­renz ist die Bildung von Freischaarc», deren Führer Garibaldi ernennt, genehmigt worden. (Danach würde es sich also zwar noch nicht um eine Kriegserklärung, aber wohl um das bereits angedeuiete System Handel», durch Agitation und Freiscbaaren zu Gunsten Preußens von Italien aus ein neues Prcssionsmittcl gegen Oestreich zu schaffen.

Wie», 28. April. Der Kaiser von Oestreich hat dem rus­sischen Unterlhan Osstp Iwanow Komisarow Kostromskoi in An­erkennung seines großen Verdienstes durch glückliche Abwehr des gegen den Kaiser von Rußland versuchten Attentats das Com- thurkrenz des Franz-JosepbS-Ordens verliehen. (Will man diesen Menschen durchaus zum Narren machen?)

Florenz, 30. April. Einem uns soeben aus Venedig zu­gehenden Privalbriefc entnehmen wir. daß die dortigen Regimenter je 3 von ihren 4 Bataillonen ans Kriegsfuß (180 pr. Komp.) setzen, zum Theil schon gesetzt haben. Man erwartet stündlich den Ausbruch der Feindseligkeiten von Seiten Italiens, und Alles ist Tag und Nacht marschfertig.

Mailand, 29. April. Tie ,,Perseveranza" von gestern meldet anS Florenz, vom 27. April: In der gestern nbgehaltencn Militärkonfcrenz, welcher General Cialdini, Kommandant des Militärdepartemenls in Bologna und der General-Adjutant Pc- liiti beiwohnten, wurde außer den angeordneten zahlreichen Liefe­rungen für Eguipirung von mehr als hunderttausend Mann, die Einberufung aller zum Dienst verpflichteten Altersklassen beschlos­sen. DaS Kommando würde im Falle des Ausbruchs von Feind­seligkeiten der König übernehmen und die Regentschaft dem Prinzen Earignan übertragen. General Lamarmora sollte Chef des Generalstabes werden, Cialdini das erste, Dnrando daö zweite Armeekorps komiuandiren; Prinz Humberl das Koiiimando der ersten Division des ersten Korps, Prinz AmadcuS dasjenige der ersten Brigade übernehmen.

Brescia, 28. April. Nachrichten aus Venedig melden: Während der Nacht vom 21. habe große Aufregung in Venedig geherrscht. Befehl sei eingetroffe», die Rekruten einznbernse». Junge desertionsvcrdächtigc Männer seien aufgehoben und nach Deutschland befördert. Vielfacher Truppcnwechsel finde statt. Kroatische Regimenter ersetzen die italienischen. (F-Z-)

Paris, 28. April. Die Donausürstenthümerkonserenz be­schloß am 24. d. M., die Wahl eines ,remden Fürsten sei mit den Verträgen nnvereinbarlick. Besonders sei die Wahl des Fürsten von Hohenzoilcrn als zur Familie einer der Garantje­mächte gehörig, unzulässig. Der Papst ließ den Baron Bud­berg durch den Nuntius in Paris wegen der Vereitelung des Atten­tates ans den Czaren beglückwünschen. Fürst Gortschakosf dankte hieraus direkt dem Papste im Namen des Kaisers durch eine Depesche an den Kardinal Antonelli.

Paris, 28. April. Die Köln. Ztg. registrirt ein Gerücht, nach weichem Napoleon III. einen eigenhändigen Brief au den Kaiser von Oestreich geschrieben hätte, um denselben über die Absichten Jlalienö-zn beruhigen: Frankreich wolle verbürgen, daß von italienischer Leite kein FriebenSbrnch zu erwarten sei, und Oestreich werde daher im Interesse von ganz Europa Handel», wenn es zu einer vollständigen Entwaffnung schreite, um Preu­ßen den letzten Vorwand zu einem Zwiste zu entziehen. Es heißt heute, dieser Brief werbe in die Omentlichkcit gelangen. Ein Telegramm der Aug. Allg. Zig. erklärt dieses Gerücht für falsch.

'Paris, 29. April. DiePresse" sagt, der östreichische Botschafter Fürst Metternich sei gestern bei Minister Dronyn de LhuyS gewesen und habe erklärt, Oestreich sei bereit, in Ben'etien vollständig abznrüsten, wenn Frankreich ihm die Zusicherung ge­ben wolle, daß Italien Oestreich nicht angreiscn werde; die Ant­wort Dronyns kenne man noch nicht, aber es sei gewiß, daß Oestreich alles thue, um den Kr ieg zu beschwören.

Redaktion, Druck uns Verlag ver Ä. W. Zaiser'schen Buchhandlung.