T >» § e s - N e u i g k e i t e n.

Stuttgart, 14. März. Wie wir hören, ist dem Banrath Beckb von dein Ministerimn der auswärtigen Angelegenheiten die Detailbearbeitnng der Elsenbahnlinie anS dein Nagoldthal in das Neckarthal übertragen. und diese Arbeit soll so gefördert werden, daß nach Vcrwillignng der Geldlntttel tnrcli die Stände die frag- liche Linie ohne lange Zögerung in Anstriff genommen werden wird. Derselbe Jnstemeur ist iin Anschließen an diese Arbeit mit Boriinhnie neu Terreiinstndien in derjenigen Lanbesgegend beauftragt, welche dnrch eine von Stuttgart nach Tübingen, Herb, Ältheim, Nagold, Calw, Lconberg, Fenerbach gezogene Linie begrenzt wird. (St.-A.)

Stnttga rt, 20. März. Einem hier ninlausendeii Gerüchte zufolge wären vorgestern Deveschen von Wien hier angekvmmen, in Folge deren man dein König ans den Ammerhos telegrapbirt habe. Sofort »ach dessen Rückkehr sei ein Ministcrrath abge. halten worden, in welcher» über die Stellung Württembergs bei einem zwischen Preußen und Oestreich ansbrechenden Kriege be- rathen worden sei. Es handelt sich hier wie gesagt nur nm ein Gerücht. So viel aber ist sicher, daß sich die Zeichen, welche ans Krieg dcntcn, allerorten mehren. Noch glauben wir nicht daran, daß cS Ernst werden wird; aber der Bemerkung kann man sich nickt verschließen, daß Deutschland seit 50 Jahren sich nicht in einer so kritischen Lage befand. sS. V.Z.)

Stuttgart. Nach einer Beifügung des Ministeriums des Innern werden in den Städte» Calw, Heidenhcim, Ravensburg und Rottweil Handels- und Gewerbekammcrn errichtet, wobei die Oberämter Calw, Freudenstadt, Herreuberg. Nagold und Neue»' bürg der Handels- und Gcwerbekammer in Calw zugctheilt werden.

Calw, 19. März. Die Eisenbahiiarbeiten in unserem Thal haben seil einigen Wochen allen Ernstes begonnen. Bis jetzt sind ein Tunnel, ein Brückenübergang in der Nähe der Stadt auf der Strecke von hier nach Wildbcrg, sowie die Erbauung von Bau- und Menagehülteu in Angriff genommen. Ueber die Lage unseres Bahnhofes sind wir immer noch im Ungewissen.

Frendcnstadt, 18. März. Bei der Nekrntirnng ist in unserer Stadt ein tragischer Fall vorgekomurcn, der das größte Aufsehen erregt und die davon betroffene Familie allgemein be­dauern läßt. Ein hiesiger bejahrter Kleinhandwerker, ein Dreher, hatte sich schon vor einige» Jahren wegen körperlicher Schwäche von seinem Geschäft znrnckzieben müssen, das jedoch der älteste Sohn mit frischer Kraft fortfnhrte, wodurch er eigentlich zum Ernährer der ganzen Familie wurde. Dieser Sohn mußte Heuer ziehen und verlor. Tie Familie gcrieth dadurch in Verzweiflung, und der Vater, welcher sich sagte, daß er als alter, gebrechlicher, arbeitsunfähiger Mann der Familie doch Nichts nützen könne, während ihr in dem Lohne der Ernährer weggcnommen werden solle, beschloß, sich zu opfern, und erschoß sich in dem Glauben, daß dadurch sein Sohn, als ältester Sohn einer Wittwe, frei werde. Aber sein Opfer war ein vergebliches, da er nickt be­dacht hatte, daß das Gesetz den Sohn nur daun, wenn die Mutter vor dem 1. März Wittwe ist, sceispricht. Da der Selbst­mord des Vaters nach dem 1. März geschah, und der Sohn leider vollkommen tüchtig war, so wurde der letztere ausgehoben und ist nun doppeltes Unglück über die Familie hercingebrochen. Die Theilnahme an dem tragischen Geschick der Familie ist all­gemein und man hofft, daß S. Maj. der König mit Rücksicht aus den außerordentliche» Fall hier im Gnadenwege inkcrvenircn werde. Was hat unser stehendes Heer neben den enormen Geld­summen schon an rninirten Existenzen gekostet, jenes Heer, wel­ches sogar im Kriegsfälle höchstens dazu nützen wird, eine Waffe in der Hand irgend eines mächtigeren Staats zu werden! (S.V.Z.)

Rheinland Der katholische Pastor in U. sprach am Sonntag 4. Febr. auf der Kanzel ein wenig über Voltaire und nannte ihn vor seinen andächtigen Zuhörern einen Schuft, einen Schurken u. s. w. Dann ließ er sich über die Frauen aus, die sich schon vor der Trauung mit dem Bräutigam eingelassen hätten, und erklärte, daß er lieber einen Haufen Mist einsegncn würde, als solche Frauen. Was für erbauliche Predigte» es doch jetzt gibt! (U.S.)

München. Das Hofbräuhaus war wegen Mangel an Stoff kurze Zeit geschlossen. Am Tage der Wiedereröffnung wurden 155 Eimer getrunken.

Wien, 17. März. Laut einer Mitthcilung der Presse aus Schleswig ist die Rekrutenaushebnng in Schleswig beschlossene Sache und wird demnächst die dcssallsige Verordnung publicirt. Preußen, Italien und Rußland haben sich über eine gemein­same Haltung bei der Konferenz bezüglich der Nnmänenfrage ge­einigt. s?>

Wien, 20. März. Der preußische Gesandte v. Werther hat den Minister des Auswärtige», den Grafen v. Meusdorfs, wegen der diesseitigen Rüstungen interpellier. Die Redaktionen sind amtlich zur Jguorirung der Nachrichten über die Rüstungen aufgcfordert worden.- DaS Einvernehmen Oestrcicbs mit den Mitlelstaatcn gilt für gesichert. (T.d. S. M.)

Auch ein Jubiläum. In Wien hat der berühmte Arzt Rokitansky den Tag gefeiert, au dem er die 30,0l)0te Leiche sezirl bat.

Wenn ein Krieg zwischen Preußen und Oestreich ausbrechen sollte, waS der Himmel verhüte, so träte an die deutsche Mittcl- staaleu eine schwere Wahl und Qual heran. Sachsen ist der Meinung, die Mitlelstaaten müßte» nm jeden Preis neutral blei­ben; Württemberg spricht sich gegen die Neutralität aus und zwar so (Staatsanzeiger):Die einzig richtige und mögliche Po­litik für die Miktelstaatcn oder sagen wir lieber für Deutschland wäre die, jedem Friedensstörer und Brecher des Bundes ein Rufsel'scheS Irnoolr lrim ckorvn fein ächter Berliner würde dies übersetzen:Haut ihm!") entgegen zu halten, oder mit dem Kaiser Nikolaus zu fugen: Der Erste, der den Degen zieht, wird uns gegen sich haben. Nur wen» man sich hierüber vereinigte, würde Deutschland eine würdige Haltung einnehmcn und den Krieg verhüten."

Berlin, 15. März. Professor Zachariä in Göttingen hat in einer Brochüre seine Ueberzeugung von der gänzlichen Halt­losigkeit und objektiven Vcrfassungswidrigkeit des Obertcibunal- beschlnfses vom 29. Januar ausgesprochen, sowie die geradezu einer Fälschung gleichkommende Auslegung, welchekonservativer" Seite dem betreffenden Passus seines Staalsrechts gegeben ist, zurückgewiesen.

Berlin, 19. März. Die Krcnzzeituug schreibt: Wir haben eine ernste Thatsache zu konstaiiren. Oestreich und Sachsen rüsten, wir bisher nicht. In so kritischer Situation zwingt der­jenige, welcher die Rüstungen beginnt, den andern zu Gegcn- rüstungen. Ter erste Schritt ist verhäugnißvoll; er ist geschehen. Bei den Fiuanzverhältnissen Oestreichs verbieten sie von selbst Scheindemonstrationen; die östreichischrn Rüstungen müssen also durch die ernste Absicht, Krieg zu führen, motivirt sein. Eine andere Erklärung ist unmöglich. In solcher Lage ist die preußische Regierung dafür verantwortlich, daß Preußen nicht überrascht werde. Allerdings wird die Situation dadurch immer verwickelter und bedenklicher; die Verantwortung trifft aber denjenigen, welcher mit den militärischen Drohungen begonnen hat. (T. d.St.-A)

Das Telegramm des Staats-Anzeigers scheint geradezu Krieg zu alhmen, sein Eindruck wird aber nahezu wieder aufgehoben durch eine Wiener Depesche desselben Dalums, die, wenn auch in dunkel» Worten, einen zweiten entschiedenen Rückzug der Ber­liner Kriegspolitik ankündigt:Gestern sind beruhigende Erklä­rungen ans Berlin eingetrvffen: Preußen verharrt bei der Ga­steiner Konvention." Beiden gegenüber in gesonderter Stellung steht eine telegraphische Nachricht des Dr. I.:Baicrn regte als Gegencoup eine Konferenz der Mittelstaakcn über die Bnn- desresorm an. Graf Bismarck soll dem König eine umfassende Denkschrift über Situation, Zielpunkte und Aussichten nach in­nen und außen vorgelegt haben und soll diese von dem König in den Grnndzügcn acceptirl worden sein." Hieraus kann sich nun so ziemlich Jeder entnehme», was ihm behagt; denn von einer Klärung der Lage sind wir weiter als je und zum Sitze des hohen Raths, wo die Würfel fallen, dringt ohnehin weder der elektrische Draht »och LaS Ohr eines Korrespondenten. (St.-A.)

Bismark soll an die Vertreter an den deutsche» Höfen ein . Rundschreiben erlassen haben, worin die letztere» ausgefocdcrt werden, der zügellosen Presse, welche die preußische Regierung und deren Organe so bitter kritisire, ihre volle Anruierksamkeit zuzuweuden. Vorläufer der Bnudesreform oder Nachläufer der Berliner Verhandlungen?

Brüssel, 17. März. (Leicheukostcn eines Königs.) Die Begräbnißfeicr des Königs wurde bekanntlich auf Kosten der