von Hessen, der Herzog von Koburg, der sein Herzogthnm an den zweite» Lohn der Königin von England abgeben würde, der Prinz Friedrich von Augustenburg, der Prinz Napoleon nnd der Prinz Lucia» Murat.
Die Drangsale einer Frau.
(Fortsetzung.)
Sie erbrach das Siegel nnd las:
„Meine tbeurc Amelie!
Schon etwas über sechs Monate bi» ich im Besitze des ein- geschlossenen gefährlichen Briefes gewesen, den ich von Deiner vorigen Kammerjnngser erhalten habe, welche ihn mir sür zehn Neichsihalcr anbot. In dem ersten Arrgcnblicke, nachdem ick ihn gelesen, war ich in Versuchung — Tu wirst das cutschuldigen
— ihn, meinem gerechten Zorne gehorchend, an meinen Sohn
zu senden, welcher thöricht Deiner Versicherung geglaubt hat, daß er der Erste gewesen ist, dem Dein Herz gehuldigt bat. Es s steht auch »och etwas Anderes in diesem kurzen aber infamen i Briefe, den Deine Jungfer verkaufte, und um dieser Worte wiE ^ le» — ich habe sie unterstrichen — schicke ick ihn Dir selbst, j denn Georgs Glück heischt eine fortdauernde Blindheit. Meine ^ Rechkschaffenbeil als Christin gebietet mir anznerkeuueu, daß ich ! seit der Zeit, da Du die Gailin meines Sohnes wurdest, nie- i mals den geringsten Fehler an Dir gefunden habe. Allein die ^ Vergangenheit erhebt sich bisweilen drohend gegen die Gegen- ^ wart. Zähle inzwischen stets auf meine Verschwiegenheit' ^
Anna von T." !
lieber nnd über rvth von bitterem, harwvollem Verdruß I über den geringschätzigen Brief, bielt Amelie sowohl ihn als i auch den csiigcschlvfsenen Brief hart znsamniengepreßt i» der Hand, > als die Thüre anfging. Beinahe ohnmächtig zu Boden sinkend, ^ schob sie schnell die verräkherischen Briese in die Schieblabe der! Toilette, welche sie diesmal aber ordentlich verschloß, und steckte § den Schlüssel zu sich.
„Kommst Tu denn gar nicht heraus, Geliebte?" fragte ! Georg, der gar nichts bemerkt hatte. „Ich bin neugierig, Deine ! Toilette zn sehen."
Es war in diesem Augenblicke ein schneidender Gegensatz zwischen der Laune bcS Galten und der Stimmung der Gattin.
„Ich komme sogleich, mein Lieber! . . . Ich batte unglücklicher Weise ein Wasserglas über mich anSgegossen!" Tie arme junge Frau erröthete noch mehr — die eitle Unwahrheit mußte ja immerfort die andere erzeugen.
„Je nun, wenii'S nur glücklich abgegange» ist, so bedeutet cS ja nichts; Tn hast wirklich keine Zeit, eine neue Toilette zn mache». Ah, wie prächtig Tu bist! welche glänzende Farbe! welcher blitzende Glanz in Deinen Augen! Allein Tn bist aufgeregt, Amelie! Was ist vorgefallen? Ist etwas beim Souper mißlungen ? Aber ich entsinne mich, daß ich Dir einen Brief von meiner Mutter hereinschickie. Gewiß ist sie auf irgend eine Weise nickt delikat gegen Dich gewesen?"
„Sic ist ja Deine Mutter, Georg — sic hat ja das Neckt zu schreiben, was sie will."
„Ja, insofern sie Dich nicht betrübt. Aber Du weißt, meine Amelie, daß sie etwas neidisch auf Dich ist. Gib mir den Brief, ich lese ihn bald — so kann ich Dich hernach trösten."
„Still, lteber Georg! . . . laß uns hinaus eilen . . . ich bvre bestimmt das Geraffel von Wagen!" Und ihre kostende Unruhe verbergend, legte die junge Wirthin ihre schönste Miene, ihr schönstes Lächeln an und eilte, um den fernere» Fragen ihres Gatten zu entgeben, vor ihm hinaus in den Salon.
5. Eine Ehe st andssc e»e.
Es war etwa zwei Uhr in der Nacht. Wiederum stank Amelie vor der Toilette, jetzt beschäftigt mit der Abnahme des weißen Kranzes,-der ihrer südlichen Schönheit eine so liebliche Anmnih verlieben hatte. Sie ging übel damit um, sichtlich undankbar gegen die armen Blumen, nnd riß ihn endlich unsanft herab von den schwarzen Flechten.
„Wirst Du denn niemals fertig?" sagte sie zu der Kaminer- jniigker. „Siehst Du nicht, daß ich so schläfrig nnd müde bin nnd kaum auf den Füßen zn stehen vermag?. .. Das war recht
— trage Astes ins Kabinek, jo liegtS hier nicht im Wege! . . . Nun schnell. . . mein braunes seidenes Jäckchen! . . . Mit dem übrigen behelfe ich mich selbst."
Die gejagte Jungfer batte kaum den abgenommeuen Anzug inS Kabinet gebracht und nachgeseben, daß nichts vergessen war in dem feinen Schlafgemach, wo ihre Herrin, dem Geschmacke einer feine» Dame huldigend, alles ordentlich nnd anfgepntzt haben wollte, so erhielt sie schon wieder neue Befehle, sich zn be. eilen. Endlich verichwand sie mit der vollen Uebcrzengung, die Baronin sei dermaßen müde, daß sic kaum im Stande, ru Bette zu gehen.
Ja, gewiß war die Frau müde, jedoch nur ihr Körper, der sich in den leichten Wogen des Tanzes bewegt hatte; ihre Seele war von diesem blendenden Ballsaale weit hinweggeschweifr, zurück in die Vergangenheit, hinein in die Zukunft und in den bevorstehenden Augenblick, denjenigen, welchen sie jetzt erreicht hatte, da der Bast z» Ende sein werde. Und sie war von dieser schrecklichen Unruhe so ergriffen, baß sie, weit enliernk, dagegen anstreitc» zu wollen, vielmehr de» entscheidenden Augenblick beschleunigte. Sie setzte sich ans den Svpba, nnd in dem blassen Lampenschein von der alabasternen Kuppel sich sie „pch bleicher ans. Ihr Herz schlug ... Es nahten Schritte von dem angrenzenden Zimmer, nnd nun war es ihr, als ob das Herz stille stände.
Georg trat herein; er war warm nnd aufgeräumt. „Endlich, Geliebte, sind wir also allein!" sprach er nnd schloß schnell die junge Gattin in seine Arme. „Man muß eine» Augenblick wie diesen mit einer wilde» Jagd von einigen Stunden unter den sogenannte» Vergnügungen der Welk erkaufen, um ihn recht schätzen zu können. Aber Du bist so blaß! Die Nosen sind mit allen Deinen Bewundere,» entflohen. Bist Du nicht stolz über die Huldigung, die Dir z» Theil geworden ist?"
„O nein; ich lege meine Triumphe Dir zu Füßen, mein Georg!" versetzte sie mit einem matten Versuche, in seinen Ton einzustimmen.
„Dank! Ich will nicht darauf treten, denn sie waren alle
von der Art. daß man sie mit dem größten Anstande einer ver-
heirakheken Frau darbietcn kann, deren bester Schmuck die nn- befleckte Neinheit ihrer Seele nnd ihres Herzens ist . . . Weißt Du, liebe Amelie, ich war so boshaft, zn mir selbst zu sage», als ich diese schmachtende» nnd koketten Dame» sah: „Wie viele von Euch haben wohl nickt eine Unwahrheit bei der Hand für Eure Männer, welche vielleicht niemals reckt in Eure innersten Gefühle hiiieinblickei! dürfen und es vielleicht »och niemals ge- tha» haben! Ick fühlte ein förmliches Mitleide» mit diesen arme» Teufeln. Es scheint mir, als müßte es schwerer für einen
Mann sein, nicht klar in das Herz seiner Gattin zn sehen, als sei» eigenes Wesen nicht begreifen z» können."
„Aber cs kann ja unschuldige Dinge geben, Georg, die ein Weib dem Gatten nickt anzuvertranen wagt."
„Nein, meine Liebe, das ist ein falscher Satz, und ich fürchte, diejenige Gatt,», die so denkt, bat eine falsche Sache zn verlheidigen. Auch wenn eine Frau weiß, daß ihr Mann es in Ehrensachen oder in jedem anderen Faste ganz außerordentlich streng nimmt, so muß sie dennoch den geraden Weg dem krummen verziehen. — Allein lassen wir daS, meine Geliebte! Sage mir lieber, was meine Mutter geschrieben hak, das Dich vor dem Baste so aufgeregt! Ich bin wirklich neiigierig, das zu erfahren."
Amelie, welche vor Kurzem solche Eile gehabt hatte, ans Ziel zu gelangen, fühlte wiederum ihren Mnth hiiischwiuden.
„Willst Du mir erlauben, Georg, gar nickt medr von diesem Briese z» reden? Ich könnte Dir sagen, ich hatte ihn gleich verbrannt, aber ich ziehe die Ansrichtigkeit vor nnd bitte Dich lieber, ihn zerstören zn dürfen, und daß Tn mir wenigstens keine Frage vorlegst, bis ick selbst mit Deiner Mutter geredet habe."
„Meine eigenste Amelie, jetzt mußt Du im Gegcnlheil mir den Brief sogleich zeigen, nickt um in mir eine niederträchtige Neugierde zu befriedigen, solider» weil Du meine Mittler nickt so gut kennst, wie ich. Es iniiß hier ein Mißverständnis) obwalten, denn sie hat allzu humane Gefühle und allzuviel Weltton, als daß sie mit bestimmten Worten irgend Jemand beleidigen sollte, geschweige den» diejenige, welche ick liebe. Zeige mir also den Brief, damit wir »ns die Sacke näher ansehen können!"
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. ZaiseiBchen Buchbandtung.