(Rußland Oesireich, England, Frankreich und die Türkei) ein nervöses Zucken bedenklichster Art. Die Sicherheit, mit welcher Cusa's Feinde operirten, sowie die Thatsache, baß er abgesetzt und gefangen genommen werden konnte, ebne daß im Volke oder unter dem Militär sich eine Hand zn seiner Verlheidigung regte, zeigen wohl, daß der Mann znm Sturze reis war; aber sie zei­gen auch, daß dieser Sturz vo» langer Hand vorbereitet war. In St. Petersburg wußte man offenbar genau und bestimmt, was in der Walachei dieser Tage znm Ausbruch kommen werde; die gehcimuißvolle» Anfragen und Ordres, welche an die Be- triebsdirekliou der Warschau-Wiener Eisenbahn bezüglich eventueller Truppensenduugeu erginge», erhalten jetzt ihre Erklärung. Mau wird die Hand Rußlands in dem Sturze Knsa's wittern, und es gibt andere Anzeichen genug, daß hier russische Jntrignen und russische Politik im Spiele sind. Was die Person beS Herrn Eusa betrifft, so wird diesen nunmehr abgethauen Emporkömm­ling Niemand ernstlich bedauern; seine Beseitigung ist »ach keiner Seite hin ein Nachtheil. Bo» um so größerer Wichtigkeit aber ist es, zu wisse», welche ansländische Macht sich bemüht hat, ihm den Genicksang zu geben, und wer der Kandidat ist, den man an seine Stelle setzen will. Hier beginnt die europäische Seite der Frage, und wie friedliebend auch die Mächte in den letzten Jahren geworden, so dürste doch der politische Horizont sich sehr verdüstern, wen» es sich herausstelle» sollte, daß Rußland durch die Umwälzung i» den Donausürstenthümern wieder die durch den Krimmkrieg ihm entrissene Hegemonie daselbst erringen will.

Die afrikanische Expedition des Herr» v. d. Decken ist gescheitert. Baro» v. b. Decken und Dr. Link wurden auf Befehl des Somali-Sultans in Bedera niedergestvchen und die kostbare Ausrüstung ins Wasser geworfen.

Der Kaiser von Marokko hat de» Befehl crtheilt, verschiedene Telegraphenlinic» in seinen Staaten zu errichten. Die Fanatiker erhoben zwar ein arges Geschrei, aber als Ant­wort darauf erließ der Kaiser ein Mandat, daß jeder, der sich an de» Telegraphen vergreifen würde, die Todesstrafe erleiden solle. Mit der Linie von Fez nach Tetuan wurde der Anfang gemacht und schon war mehr als eine Meile feriig, da zerstörten die Einwohner eines Dorfes in einer Nacht die ganze Arbeit. Aber der Sultan hielt sein Wort; sofort wurde das Dorf um­zingelt und die Schuldigen mußten ansgelicsert werden. Zehn der Rädelsführer wurden ohne weiteres enthauptet und die ab­geschlagenen Köpfe auf die Telegraphenstaugen gesteckt, und diese rasche Justiz verfehlte nicht einen heilsamen Eindruck zn mache».

Die Drangsale einer Fra«.

(Fortsetzung.)

3. Die Salondame und das Weib von der Straße.

Am folgenden Vormittage hielt in der Nähe des schon er­wähnten Geländers ein anspruchsloser Mielhschliiten, und aus demselben stieg die Dame, welche wir schon kennen. Eine ent­schiedene Willenskraft lag heute in ihrem schonen Gesichte, und ohne zu zaudern, erreichte sie die Thüre, vor welcher sie am vorhergehenden Tage gestanden, und nachdem sie dieselbe geöff­net hatte, befand sie sich in einem langen, dunklen Zimmer, in welchem der Rauch von einem mit feuchtem Holz unterhaltenen Ofenfeuer alle Gegenstände mit seinem dicke» Schatten einhnlltc.

Wen sucht die Dame?" fragte eine Stimme, welche die junge Baronin T. als diejenige der Weibsperson erkannte, welche die Schändlichkeit beging, das Kind auSzumiethen, dessen Pflege sie übernommen hatte.

Ihren Abscheu überwindend, antwortete sie:Ich suche eine Person, die ich gestern mit einem Kinde aus dem Arme hier hercingehcn sah."

Ach so! ja, sie wohnt nicht hier. Sie hatte mir nur den Dienst erwiesen, dieses kleine Kind zn der Mutter zu tra- gen, welche krank ist und nicht ansgehcn kan», und sich so sehr darnach sehnte, den Junge» zu sehen."

Da hat Diejenige, welche Sie schickte», Ihr Vertrauen gemißbraucht. Ich sah sie mit dem Kinde betteln und Geld an- nehinen."

Behüte mich Gott! Ist das möglich? ... Ja, ja, ich habe die Lotia Larsson immer für schlecht gehalten. Da kann mich's auch wahrlich nickt wundern» daß das Kind den Husten bekomme» hat! Wenn Sie näher treten wollen, so können Sie

es selbst sehen. Ich bekomme leider nicht mehr als sechs Neichs- thalcr im Monate dafür doch der Arme muß dem Armen dienen."

Noch immer ihren Aerger dämpfend, versetzte Amelie:Wol- len Sie mir die Adresse der Person sagen?"

Das ist mir rein unmöglich - sie sollte eben heute aus ihrer alten Wohnung ziehen."

Wenn bas ist," erwiderte die junge Fra», die inzwischen an die Wiege getreten war und sich zärtlich berabgebeugt hatte über das kleine Wesen, welches, mit Ausnahme deS Hustens, von seinen Wanderungen in der freien Lust nicht gelitten zu ha­be» schien,wenn Las ist, so will ich auspaffe» und sie morgen hier treffen. Ich weiß, wann sie kommt. . . Machen Sie übri­gens keine Umwege ich weiß Alles! Sie haben zu wählen zwischen meinem Stillschweigen nebst einem solchen Mouatsgelde für das Kind, daß Sie im Stande sind, das Kind ordentlich zu unterhalten, oder einer Angabe vor der Polizei. Wähle» Sie jedoch da« Erste und für Sie das Beste, so muffen Sie auch daraus gefaßt sein, daß über die Behandlung deS Knaben mit Aufmerksamkeit gewacht wird."

Natürlch fiel bas Resultat der Verhandlung so aus, wie unsere entschlossene Dame vorgesehen hatte. Als sie herauskam, warf sie erst eine» spähenden Blick durch die offene Hanskhnrc. Heute wartete Niemand in ihrem Schlitte». Leicht wie ein Vo­gel sprang sie hinein und gab dem Kutscher die Anweisung auf eine andere eben so entlegene Straße.

Diesmal hielt der Schlitten vor einem kohlschwarze» Thor- wegc mit schmutzigen, triefenden Wänden und mit einem kleinen Hofplatz dahinter von fürchterlich unangenehmem Ansehen. Auf diesem Hofe standen zwei keifende Weiber, eine damit beschäftigt, einen Haufen nicht besonders appetitlicher Stockfische zu waschen, die andere ein an einer Stange hängendes nüchternes Kalb, das ebenso wie die Stockfische in der nächsten Stunde auf de» Markt geführt werden sollte, aufznblasen oder, wie man auch sagt: ihm Fraicheur zu geben.

Schweig!" schrie die eine Alte.Dn hast meine Stock­fische in üblen Ruf gebracht Dn brauchst cs gar nicht zu läugnen! Aber wart' nur, Du! . . . Deinen krepirieu Kälbern soll bei Deiner Gemeinheit auch nicht wohl werden! Ich habe eine ebenso gute Zunge, wie D» . . ."

Um Entschuldigung will mir eine voll den Frauen sa­gen, welcher Eingang zur Madame oder 'Jungfer Lolta Larsson führt?"

,,O Gott behüte! sucht eine so feine Dame sic! Sie ist gewiß keine Madam. Sonst wohnt sie bei mir die Treppe links. . . Seien Sie so gut!"

Mit Neugierde sahen die beiden alten Weiber den Mantel der seinen Dame in der schmalen Treppe verschwinde» , und nur ihr gegenseitiges Mißtrauen, daß sie sich Etwas stehlen könnten, hielt sie zurück, nachzugehe» und zu lauschen. (Die Kälberma- dam hatte ja alle Eingeweide im Kübel neben sich liegen.)

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Ein schwedisches Blatt Aftonbladet beschwert sich über die Unkenntniß der schwedischen Telegraphen-Beamlen rücksichtlich der deutsche» Sprache, indem sie die aus Itzehoe gemeldete Nach­richt, daß die Pest unter den Rinder» ausgebroche» sei, mit den Worten wieder gegeben habe», die Pest sei unter den Rittern ausgebrochcn.

Um de» Metzgern das schöne Geld für Trichinenschau zu erspare», erbietet sich ein Menschenfreund in Wien zum un­entgeltlichen Versuchen alles Schweinefleisches und aller Arten Würstemit und ohne Brot und Schnaps." Sein Wahlspruch sei: mir ist alles Wurst.

Gustav Heine stellte seinem Bruder Heinrich Heine in Paris, dem weiland ungezogenen Liebling der Grazien, seine junge niedliche Frau vor.Lieber Bruder, ries der Dichter, wie glücklich bist Du, Du hast von den Uedeln bas kleinste gewählt!" Die niedliche Schwägerin und die eigene große und starke Frau machte» dem Dichter zugleich ihren Knix.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.