uud sämmtliche Arbeiter begraben bat. Der eingestürztc Schacht war so tief, daß ungeachtet aller Aiistrengungen von den Verschütteten, unter denen sich auch die russischen Aufseher befanden, nicht ei» einziger gerettet werden konnte.
Newyock, 24. Ja». Die Wegnahme Bagdads durch »nionisiische Negerkruppen bestätigt sich. Nur sind die Berichte über die Einzelnheiten und den ganzen Charakter des Handstreichs sehr konfus.
Beracrnz, 13. Jan. 300 Man» sind auf einer französischen Fregatte nach Bagdad abgegangen; man glaubt, daß die Kaiserlichen diese Siadt rasch wieder cinnehmen werden. (F.Z.)
Zum Heiratheii gehören Zwei.
(Fortsetzung.)
„Nun, Vater Borger," fragte lachend der Student. „Gehen wir miteinander?"
„Nicht doch, junger Herr, Hab noch 'neu Gang zum Tan- nenmüller! Aber Mittags treffen wir »ns beim Hochzeilsschmause wieder. Schönen Gruß an Ihre Leute, und Waidmanns Heil!" und mit diesem fröhlichen Zurufe verschwand der Alke in den Büschen.
JulinS warf noch einen Abschiedsblick in die lachende Gegend und eilte mit schnelle» Schrillen dem Hause deS Bruders zu, das ihm seit Jahren das Elternhaus ersetzte. Trotz seiner Eile hatte er aber Kirche und Pfarrhaus noch nickt erreicht, als schon das Vaterunserlänlen baS Ende des Gottesdienstes verkündigte.
Auffallend war ihm, während er näher schritt. Laß die Kir- chcubesucher nicht, wie sonst, bald darauf herausgcströmt kamen, »ud machte er sich allerlei Gedanken, als ihm plötzlich die Trauung von Kohlenbauers Anna cinfiel, die er in der Freude des Herzens über die ersehnte Heimath vergessen hatte. Leise trat er in die dichtgedrängte volle Kirche ein, und schlich zur Orgel hinauf. Hier legte er sein Ränzel ab, begrüßte mit stummen Kopfnicken und Händedruck Len Schullehrer, schweigend den Platz desselben vor der Orgel einnehmend. Und als nach Beendigung der Trauungsscierlichkeit die Gemeinde noch einen Liedervers singen sollte, spielte der angehende Geistliche ein kurzes Präludium, aber so frisch und ganz anders, wie der alle Lehrer, daß viele Köpfe verwundert herumfuhreu und nach der Orgel hinauf sahen.
Von de» Tönen uud Klängen, welche seine eigenen Finger weckten, »mbraiisi, sah er mit Freude» wie sein Bruder auch aushorchte, und ei» leises Lächeln des ErkennenS über das Gesicht desselben glitt.
Beim Heruntersteigen fand er Bruder uud Schwägerin schon seiner harrend, um ihn nach herzlichem Willkommen ins Pfarrhaus zu sichre», wobei der Bruder ihm zulächelte: „Du mußt Dich tüchtig geeilt haben, Julius!"
„Das habe ich auch, Heinrich! uud liebes Maricle, ich bin auch rechtschaffen hungrig!"
„Es gibt aber nur einen ganz kleinen Imbiß," lachte die Pfarrcrin, h.deun wir essen ja heute mit dem großen Löffel im goldene» Lamm! und haben nicht mehr viel Zeit."
„Aber," fragte Julius, „wenn Ihr zum Essen eingelade» seid, kann ich denn so ohne Weiteres mitgchen?"
„Natürlich," lackte Marie, „hast Tu denn schon vergessen, daß hier eine solche Einladung zum Hochzcitsmahle nichts anders ist, als die Aufforderung im Wirthshause sür sein Geld zu essen, und baß dafür Braut und Bräutigam vom Gastwirthe frei gehalten werden."
^ „Ack ja!" erwiderte anflachend der Jüngling, „ländlich sittlich! Drunten im Unterland sind andere Moden. — Das ist ja die erste Hochzeit, die ich hier oben mitmachen soll — nud da freue ich mich darauf. Denn ich werde viel Neues uud Absonderliches zu sehe» bekommen."
Und manche ihm fremde Sitte gab's beim Hochzeitsscste. Aber gegessen, viel gegessen und noch mehr getrunken, wurde hier wie überall — auch die üblichen Reben wurden gehalten, und Toaste ausgebracht, mit mancherlei Scherzen uud Neckereien, die in der Stabt für zu derb und unpassend gegolten hätten, hier aber nur ein kreischendes Gelächter der jungen Dorsschön-^ Heiken hervorriefen. In einem Punkte jedoch war es hier wie j bei Festen der Art. daß der lieben Jugend das Tafeln gar zu" lange dauerte, und sie cs kaum erwarten konnte, bis Raum zum Tanzen geschaffen war.
„Soll ich denn auch tanzen," fragte Julius die Schwägerin, als ec sich ihr beim Aufstehen vom Tische näherte.
„Versteht sich," war die Antwort. „Ich glaube, Heinrich wird sogar auch einen Ehrentauz versuchen müssen, was ec nicht mal an unserer eigenen Hochzeit that. Du aber, denke ich, Du flotter Studio, wirst Dich auch als flinker Tänzer zeigen."
„Darf der Student dann die Frau Pfarrerin, um die Ehre des ersten Tanzes bitten?" fragte JulinS scherzend.
„Um himmelswillcn nicht, Julius," entgegnen diese, „den ersten Tanz bist Du nach hiesiger Sitte Deiner Tischnachbarin, dem hübschen Mareile schuldig. Also schnell, sie wartet schon auf Dich."
Und der fröhliche Student stürzte sich mutbig in den Kreis, den die jungen Torsschone» um die Braut gebildet hatten, holte bas ganz nette Mareile heraus, und Hand in Hand traten sie in die Reihen der Tanzlustigen.
Im Lause des Abends rechtfertigte Julius vollständig das gute Zutrauen, das die Pfarreiin zu seiner Tanzlnst und Tanzkunst geäußert hakte, uud diejenigen von den schmnckeu Dirnen, mit denen er sich im Neigen drehte, waren meistens stolz auf ihren gewandten Tänzer, und sahen einen besonderen Vorzug da- rin, an seiner Seite im Ländler oder Schottischen dahin zn schweben. Ein Vorzug, welcher am heutige» Abend mehr als einmal denr Mareile zu Theil wurde. Denn gar bald hatte der junge Mann herausgefunden, daß das Mariele nicht bloß äußerlich ziemlich die Anmulhigste unter ihren Altersgenossinne» sei, sondern auch, daß es sich mit ihr am beste» plaudern, scheckern und sich necken lasse. Unbefangen, wie daS Mädchen war, uud mit natürlichem Verstand und Witz begabt, blieb sie dem Uebermuthe des beiter» Studenten keine Antwort schuldig, und ohne auch nur ein einziges Mal, wie die andern Mädchen plump oder derb zn werden, zeichneten sich ihre Erwiderunger nud Scherze durch Harmlosigkeit und einen gewissen Takt a»S, der dem Jüngling um so größeres Vergnügen gewährte, als er solche Gewandtheit in diesem Kreise nicht erwartet hatte. Auf seine ziemlich deutlich geäußerte Ueberraschung versicherte das Mareile lachend, der Grund davon sei nur, weil sie 5 Monate lang in Freibnrg in Pension gewesen sei, und dort seine Bildung und Manier gelernt habe. Das mußte aber doch wohl der Grund nicht sein, den» Bürgermeisters Franscisca, oder „die reiche Fanal," wie sie allgemein genannt wurde, war doch gar 18 Monate in Freibnrg auf der hohen Schule gewesen, und noch 6 Monate in einer Pension in der sranzösischen Schweiz — und dennoch paßte auf's Fränzchen vollkommen der alte Spruch:
Es flog ein Gänschen über den Rhein Und kam mir Grck Gack wieder heim!
Genug unser Pärchen, die Marie und JulinS paßten leidlich zusammen und gefielen sich offenbar gegenseitig, trotz des verschiedenen Bildungsgrades, uud wenn sie auch nicht miteinander tanzten und sich bloß begegneten, oder an einander vorüber flogen, lauschten sie immer einen lachenden Blick uud häufig ci>^ fröhliches Scherzwort aus. lForts. f.)
Allerlei.
— Jüngst ereignete fick in Posen folgende Trichiniade. Ein junger Mann consullirte wegen augenblicklicher Ungelenkigkeit der Glieder einen sehr bekannten Arzt. Ohne auf die Bemerkungen des Patienten viel zu achten, stellte der Herr Doctoc — als durchaus zeitgemäß! seine Diagnose auf Trichinose. Ehe es in- deß noch zur wirklichen Behandlung kam, bemerkte ihm der Patient, daß er strenggläubiger Israelit sei uud noch nie i» seinem Leben Schweinefleisch gegessen habe. Unter solche» Umständen wandelte sich die Trichiuenkrankheil in eine Erkältung um.
— Wem gehört Ihr an? fragte Heinrich IV- einen Menschen von sehr widrigem Aussehen, den er eines Tages im Saale des Louvre traf. — Ich gehöre mir selbst an! lautete die grobe und stolze Antwort des Gefragten. — Da habt Ihr einen sehr albernen Herrn! cntgcgncte ihm der König. _
4*8 Vor Jedem steht ein Bild dest, was er werden soll.
So lang er das nicht ist, wird nie fein Friede voll. (Rückert.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'jchen Buchhandlung.