trete», sondern auch sein legitime? Recht ans die Thronfolge in den Herzoglhümer» verschachert. Weit entfernt, sein angestammtes Erbrecht z» verkaufen, wurde der Herzog viclmebr bei jenem rein privatrechtlichcn Kaufakt von der dänischen Regierung in wahrhaft räuberischer Weise um sein halbes vermögen gebracht.
Die .Bischöfe in Belgien betheiligken sich nicht an dem Lei- chenbegängniß König Leopolds, der Protestant war, sie erschienen aber Tags zuvor im Schloß, um der königlichen Familie ihr Beileid anSzudrücken. Die Kinder des Königs sollen sich in der letzte» Zeit große Muhe gegeben haben, de» Bater zur Annahme des Katholizismus zu bewegen. König Leopold blieb aber standhaft und erklärte, er wolle in dem Glaube» sterben, der ihm Trost und Mnth i» dem Leben gegeben habe. Wir möchten jedem Bisckof :c. wünschen, daß er in dieser Religion, nämlich der de? guten Gewissen? und edler Thate» leben und sterben könnte. Wer 3st Jahre lang wie er La? Glück und die Wohlfahrt eines Belkes besorgte, Gott und den Menschen zum Wohlgefallen lebte und wirkte, der kann ruhig seinem ewigen Richter entgegengehcn, ohne daß er einen Paß von irgend einem Zionswächter braucht.
Der Anfang, den König Leopold II. gemacht hat, ist sehr gut. Seine Thronrede ist klug, warm, herzlich und von konstitutionellem Geiste ganz erfüllt, und seine Belgier werden ihn schon beim Worte halten. Der König hielt sie bedeckten Hauptes und sitzend und erhob sich erst, als er davon sprach, wie sein Volk seine Unabhängigkeit zu wahren verstehen werde. Da erhob sich die ganze glänzende Bcrsammlung wie Ein Man» und ein Jubel brach anö, den man bi? nach Paris gehört hat. Die fremden Kronprinze und Generale hatten so etwa? noch nicht gehört und gesehen und habe» sich? hinter das Ohr geschrieben.
In einem Brief des Standarc aus Brussel beißt es: Man glaubt nickt, daß König Lepold so schmerzlos gestorben ist, wie offiziell versichert wurde. Die Agonie hakte sich um 9 Uhr Vormittags eingestellt und man fürchtete, daß er vor Versammlung des StaatSralhs den Geist anfgebeu könnte. Indessen erholte sich der Kranke etwas und verkehrte ruhig mit seinem Muttste- rium, worauf er im Gefühl des nahen Todes den Herzog und die Herzogin von Brabant mit ihren Kindern, sowie den Graf von Flandern zu sich beschied. Seinen Sohn ermahnte er, gerecht und freundlich zu regiere», alle Parteinahme zu vermeiden, und nur für die Freiheit und Wohlfahrt deS Vaterlandes zu leben. Und nun trat die natürliche Bitterkeit der Todesstunde ei». Ter alte Manu weinte; seine Söhne sagten ihm erschüttert Fahr- wohl, er selbst war aus das Tiefste ergriffen, bat sie aber, ihren Schmerz zu mäßigen. Seine kleine» Enkel wurde» ans daS Bett cmporgchoben, und er segnete sie herzlickst; dann knieten sie neben dem Bett, bi? er ansathmete, die eine Hand in die seiner geliebten Schwiegertochter geschlossen, die andere wie schmerzlich ans das Her; gedrückt. Endlich schienen sich seine Leiden z» legen, und er entschlief mir einem milden, lächelnden Ausdruck in den Zügen.
Markgraf Gero.
«Fortsetzung.)
Nicht an den Rückweg denkend, ging Siegfried weiter; da knisterte es in den Eicheln aus dem Boden. Er wandte sich um, und Gedwina stand vor ihm. Angst um ihn hatte sie ans ihr>r Wohnung getrieben, und de» Weg zur Lagerstätte der Deutschen einfchlagen lassen. Cs konnte unbemerkt geschehen, da ihr Vater und Jaromir, der sie bis dahin beobachtete, sich schon zu ihren Freunden begeben hatten.
Siegfried wurde durch ihren Anblick nickt überrascht. Ihn dünkte, seine Sehnsucht habr sie herbcigezogen. Ganz anders fühlte sie, obwohl es ihr Wunsch gewesen, ihn zu treffen, Wollüste sich jetzt erschreckt entfernen. Und als seine Bme sie .zum Bleiben bewog, warf sie scheue Blicke umher, weil ihr einstel, das: einer ihrer Landsleute, aus Kundschaft ansgcsandk, umher- schlcicken, und de» Einzelnen ans dem Hinterhalt anfallen lönnte.
Siegfried ergriff ihre Hand, während sie seufzend nach der Sonne schaute, die dem Untergänge so nahe war — da rauschte cs hinter ihnen im Gebüsch.
Erblassend sah sie sich um, akhmete dann aber erleichtert ans. „Es war nur ein Thier oder Vogel!"
Siegfried schrieb ihre sichtliche Angst der Nähe des LagerS zu und wollte sie beruhigen.
Nasch unterbrach sie ihn: „O, für mich fürchte ich nichts. Diese Wälder sind ja meine Heimat!), aber du —"
Siegfried stutzte. „Was habe ich denn hier zu fürchte»?" fragte er befremdet. „Deine Landsleute sind unsere Freunde."
Gedwina war eben im Begriff, den Plan der Lntize» zu vercakhen, um ihre Unruhe zu rechtfertigen; auch erblickte sie bei bei ihrer gereizten Phantasie Siegslied schon unter den Schwertstreichen Jaromirs. Doch raffte sie sich mit Macht zusammen und sprach ausweichend: „Du ziehst in de» Kamps gegen die mächtigen Polen — drohen dir da nicht überall Gefahren von der Tücke und Tapferkeit der Feinde?"
„Das wolltest D» vorhin nicht sagen." In seinen! Ton lag ein hörbarer Vorwurf. „Sieh, ich wollte gern Blut »nd Leben für Dich dahingebeu, und Du — Lu bist nicht aufrichtig gegen mich!"
„Ich nicht ansrichiig gegen Dick?" wiederholte die Slavin leidenschaftlich. „Höre Sachse, daß ich c? bin ! In dieser Nackt —" Fast entsetzt über das, was sie hatte sagen wollen, verstummte sie, antwortete nickt ans Siegfrieds bringende Fragen. Die Stimme des Herzens, welche beredt für den Fremdling sprach, empörte sich in ihr gegen das, was ihre Verwandte» und Landsleute für unerläßlich hielten zum Wohl des Stammes und deS ganzen Landes! Sie wollte sprechen, den jungen Ritter warne». Aber zur Verrätberin an den Ihrigen werden —- sie, auch den Vater, der Rache der Christen überttefern? ,,O, Bielbog, was wollte ich lhun, nein, nimmermehr!" rief sie heftig und ehe Siegfried, überrascht und betroffen, veiließ sie ihn mit den Worten: „Lebe wohl, Fremdling, möge der furchtbare Radegast Deiner schonen!"
Ihre unverkennbare Unruhe, verbunden mit ihrer Rede — woraus tonnte sie anders denken, als ans eme Treulosigkeit ihres Volkes? Sebleuiug begab sich Siegfried zu Thcedonch, um ihm seinen Argwohn nutzntheilen. Dieser erinnerte sich der jungen Leibeigenen, welche ihn, heute einige Worte znrannte. Dieselben waren zwar ihm unverständlich geblieben, enthielten aber vielleicht eine Warnung. Da er der slaviscben Freundlichkeit überhaupt nicht traute, traf er seine Maßregeln.
Gegen Mttternacbl drangen die Lniize» von allen Seiten mit lautem Schlachtruf ans den freien Platz, welcher als Lagerstätte d,r Sachsen diente. Plötzlich, wie ans ein gegebenes Zci- eben flackerten mehrere Feuer auf und belenckteien die geordneten Reihe» der Ritter und Knappen. Dieser »»erwartete Anblick schlug den Mnth der Angreifer einigcimaßen nieder, dock entspann sich ei» heftiges Gefecht, das den Sieg lange zweifelhaft ließ. Allein endlich mußte die slaviscke Tapferkeit der größeren Besonnenheit der Deutschen weichen — die Lntizen stoben in wilder Hast. Ein Theil der Flüchtlinge nahm, von den Siegern verfolgt, seinen Weg durch das Dorf, und hier entstand von neuem, durch die von de» erbitterten Söldnern in Brand gesteckten Hütten gräßlich erhellt, ein blutiges Handgemenge. Dieses wurde noch schrecklicher durch die jammernden Weiber, welche mit den schreienden Kindern in den Forst flüchteten.
Hermundra hatte jetzt die ersehnte Gelegenheit, sich zu befreien. Indes) war ihre So,ge für da? Gut ihres Herrn, welches sie einige Jahre treu verwaltet halte, zu lies gcwuczelt, als baß sie dein Brande nnthätig hätte znsehen mögen. Eben im Begriff, ans dem Hanse wenhvolle Sachen »nd Kleidungsstücke zu retten, begegnete sie Jaromir. Er stickte leine Mutter und Gedwina, die Mit einigen Frauen noch unschlüssig aus dem Hofe verweilten.
Durch die erlittene Niederlage erbittert, versetzte ihn Her- muiidras Anblick in die höchste Wnth. „Schlange, D» hast uns verrathe» ; ernte jetzt den Lohn dafür!" schnaubte er sie an und stieß der Uebercaschle» sein, von dem Blute ihrer Landsleute gefärbte? Messer bis an? Heft ins Herz.
Bestürzt eilte Gedwina herbei; die übrigen Weiber halfen ihr, das Mädchen ansrichtcn, doch war jeder Beistand vergeblich; Hermundra schloß die Augen und faltete tiesaufathmend die Hände — sie war a»S der Sklaverei befreit.
«Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Bnchdandlnng/