Ein Unglücklicher. !
Romantische Skizze von der Srirscc. !
Von L. Ä. Krach. !
I. !
DaS größte und schönste Eiland der Inselgruppe von Man- ! garewa in der Südsee ist Ao-Kcna, woselbst auch der dortige l König seinen Wohnsitz hat. Ans der östlichen Seite ist es durch ! ein etwas niedriges Borgebirge mit einem andern eben so hohen, aber weit nmfangreichcren Felsen vereinigt und e§ trägt selbst aus seiner Mitte einen gigantischen Berggipfel, von welchem nach allen Seiten schmale Rücken, wie erstarrte Lavaströme, lause», ! zwischen welchen liese Abgründe gähnen, ans deren Grund wun- ^ dcrsam geformte Felsenspitzcn sich wie unübersteigliche Mauern >
erheben. !
Aber alle diese Thälcr und diese bei dem ersten Blicke wil- !
de», kghlen Berge haben keinen rochen, verdorrten Boden, wie ! manche andere Gegenden Oceanjens. Bis zu den Gipse!» hinauf hüllen sich diese in einen dichten grünen Mantel und in den Thälcrn tragen die Gewächse ein solches Gepräge von Ueppig- keit, daß nur die tropischen Urwälder mit ihnen vergliche» wer- l den können. Dem Strande entlang breitet sich ein flacher Land- i strick ans, voll Hainen von Kokospalmen, Bananen und Brod- frucktbäumen, ans deren Schatten hie und da die kleinen Bambushäuser der Eingeborene» hervorblicken. Und dieses schöne Gemälde ist in einen Rahmen von niedrigen Korallenriffen eingefaßt, an welchen die Wogen sich in nie ruhenden, nie schweigenden Brandungen brechen, die hier eine Wehr bilde», gegen welche jede von Menschenhänden ansgeführte Hafcnanlage geringfügig erscheint und in deren Schutz die stille Lagune des Strandes ! des Thales und der Berge reizende Formen treu abspiegelk. > Es war gegen Abend, als hier ein Wallfischfänger seine ^ Anker warf. i
Tic scheidende Sonne übergoß den Meeresspiegel mit bleu- ! Dendem Glanze. Oben, am tiefblauen Firmamente, badeten sich einige kleine, lichte Wölkchen in ihrem Gold und Purpur. Süße Wohlgcrüchte brachte der Abendwind vom Lande her, welches gleich einer dunkeln Perle mitten ans einem glänzenden Silber- > schilte dalag. j
Ans dem Hintcrtheile des Schiffes stand einsam ein junger ! Matrose an der Brüstung und blickte mit finsteren Mienen nach i dem nahen Lande hinüber. i
Ein anderer, schon ältlicher Matrose trat jetzt auf ihn zu ^ und legte seine Hand ans dessen Scbulker. !
„Leon, blicke nicht so fest nach dem Lande," sagte er lä- ^ chclnd, „Tu möchtest sonst die Lust an dem schönen Seelcben z verlieren." !
Ter Angcrcdetc drehte sich um. Ein wehmütbiger Zug um- ! spielte seine» Mund, als er de» alten Kameraden gewahrte. i
„Tiefe Lust ist längst dahin, Jack." sagte er und fuhr mit i der Hand über das Antlitz, um den Schatten des Trübsinnes i zu verscheuchen, welcher sich ans dasselbe gelagert. „Die Sehn- ! sucht nach dem Lande wird immer stärker und wahrhaftig lange ! vermag ich es auf diesem alte» Kasten nicht mehr ansznhalten." i „Wie lange läuft Tein Kontrakt noch?" fragte Jack ihn. „Roch ein volles Jahr!"
„Nun so gedulde Tick noch so lange und dann kannst Tn ! ja hingchcn, wo Du hin willst." l
„Rein, so lange harre ich nicht mebr. Ich will diesen eil- ^ len Kasten schon viel früher verlassen. Noch ein Jahr lang die , schmachvolle Behandlung des immer berauschte» Kapitäns erdulden? Nein! Lieber tobt! Mein Plan ist entworfen. Blicke hinüber ans daS paradiesische Ao-Kena! Es winkt uns so friedlich und srennblich entgegen. Betrachte dann das morsche Schiff und denke an die Behandlung, die uns der Kapitän zu Theil werden läßt. — Gott verdamme diesen Hund!" Grimmig ballte er seine Fäuste und knirschte mit den Zähnen. „Gott verdamme diesen ! Hund! Der bereitet uns Allen in seiner Trunkenheit doch nock i das Grab ans dem offenen Meere. . . Morgen gehen wir an's ^ Land und ich," er brachte seinen Mund dem Ohre Jacks näher und lispelte, „bleibe ans demselben!"
Jack trat einen Schritt zurück und einige Sekunden lang ruhten seine Augen staunend ans Leon.
„Was willst Tu beginnen?" sprach er dann leise. „Hast Tn Deinen Verstand verloren? Weißt Du nicht, daß die Ein
geborenen des Landes hier jeden Flüchtling an den reclamirenden Kapitän anslicsern? Für einige kleine unbedeutende Geschenke durchsuchen sie die ganze Insel nach Dir und sie finde» Dich, ! Tn maust Dich auch »och so gut verstecken. Hier bist Tu nicht sicher. Und was willst Du hier beginnen, wenn Dir die Flucht auch gelingen sollte?"
„Trüben sind zwei französische Missionäre. Zn diesen will > ich eilen und sie um Schutz anslehe». Sie können mich so lange verstecken, bis das Schiff die Insel wieder verlassen und dann baue ick mich hier an."
„Die Eingeborenen werden dies nickt dulden. Sie werde» Dick mit Gewalt ans das Schiff znrückbringen. Die beiden alten Missionäre können und werden Dick nickt schützen. Sie miss, sei, jeden Bruck zu vermeiden suchen und Dich ansliescrn, wen» diese daraus bestehen."
„Die KenakS sind gutmüthige Mensche» und werden, wenn ihnen die Missionäre den Charakter des Kapitäns so schildern, i wie ick ihn bezeichnen kann, mich eher schützen, als meinem Pei- s Niger zurückbringen."
„Du täuscht Dich! Werden die Missionäre Deinen Worten s Glaube» schenken? Man nimmt flüchtige Matrose» nirgends gerne ans, am wenigsten aber auf diesen Inseln, wo man den Weißen überhaupt nickt recht traut. Man wird Dich gewaltsam aus das Schiff znrücksühren und was Dir dann bevvrsteht, weißt Du."
„Gewalt vertreibe ich mit Gewalt! Höre, Jack! bin ich einmal ans dem Lande drüben, dann bringt mich Niemand mehr ans das Schiff zurück. Wenigstens lebend nicht! Ich bin entschlossen, Alles zu wagen. Du aber halte reinen Mund und i stoße einen Unglücklichen nickt noch mehr in den Snmps der Verzweiflung."
„Von mir hast Du nichts zu fürchten. Mir ist cs nicht ge- j geben, Vertrauen mit Vcrrath lohnen zu können. Doch ich warne ^ Dick ,vor jeder Flucht. Sie wird Dir nie gelingen. Mehrere haben in diesen Gewässern schon den Versuch zur Flucht gemacht, aber die Konaks haben sie wieder ansgelieserk. Für ein Messer, einen Spiegel, oder Glasperlen durchsuchen sie jeden Winkel der ^ Insel nach dem Flüchtling."
„Ich wage Alles! Lieber todt, als noch länger ans dem . Schiffe!" !
„Du bist eine ächte Landratte! Harre noch das Jahr ans und dann bist Tn ja frei. Ich bleibe auch ans dem Schiffe nickt. In sieben Monaten endet mein Contract und da suche ^ ick mir ein anderes. Ich war nämlich ausgcmustert und konnte kein anderes Schiff finden, sonst hätte ich sicherlich keinen Dienst aus dem Dreck-Woll genommen."
„So willst D» denn ans der Sec Dein Leben beschließen? I Tn bist ans ihr grau geworden und hast ibr lange genug gedient ' und könntest nnnmehr aus das Land zurückkehrcn, von welchem l Du ja bist! . . . Begleite mich!" lForts. folgt.) l
Allerlei. !
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— Einfaches Schutzmittel gegen das Wnndreiben der ! Hände beim Waschen von leinenem Hansgeräth ist folgendes: Einige Tage vor Anfang der Wäsche reibe man sich die ober» Theile der Hände mit einer schwachen Auflösung von Schellack in Weingeist ein, dann wird ein Wnndreiben nicht mehr stall- ^ finden. !
— In einem Berliner Polizei-Bnrean erschien vor einigen Tagen eine junge hübsche Dame heftig erregt und klagte, daß ihr liebender Gatte sie verlassen habe und aus und davon gegangen sei, wohin? das müßte die Polizei wissen. Das wußte sie nun keineswegs, wohl aber, daß daS Vermögen der Dame gehörte, so baß man ihr erwiderte, sie sollte froh sein, daß sie den Leichtsinnigen lvsgewordcn sei. Ja, meinte die Untröstliche, das wäre schon ganz gut und ich würde ihm eine glückliche Reise wünschen, aber Sie wissen nicht, baß er stark an der Halsschwinbsucht leidet und, wie unser Hausarzt versichert, cs nicht lange mehr machen kann, und daß er eine Lebenspolice von 5000 Thalern mitgenommen, wofür ick stets die Prämie bezablt habe. Konnte der Undankbare nicht in meinen Armen den Geist ansgcben?
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.