T «ges-Ne n igk eiten.
Stuttgart. (131. Sitzung.) Auf der Tagesordnung steht die Bc- rathung des Berichts der Finanzkommissisn über die Motion des Abgeordneten Fetzer, die Herstellung eines auf allgemeiner Wehrpflicht und Wehrhaftmachung des ganzen Volkes beruhenden Wchrspftems betreffend. Die Anträge der Mehrheit und der Minderheit der Commission haben wir bereits mitgetheilt, cs bleibt uns daher nur übrig, zu bemerken, daß beschlossen wurde, zugleich den Antrag, welchen die Abg. Cavallo, Duvernop, Goppelt, Nickel, Probst und Schäffle im Finanziommissionsbericht über den Etat des Kricgsdepartemenis niedergelegt haben, zur Diskussion und Abstimmung zu bringen. Derselbe lautet: „die Negierung zu bitten, schon setzt die militärisch organifirte» Jugendwehrcn durch allgemeine Bestimmungen über eine bei der Berufung zum Dienst im aktiven Heer in Fric- denszeit eintretende Berücksichtigung der Mitglieder derselben, welche sich über die erlangte entsprechende Ausbildung auszuwciscn vermögen, zu för-r dern." Nach langer Diskussion wurde der Antrag der Mehrheit der Commission, über den Fctzer'schen Antrag zur Tagesordnung übcrzugehen, mit 45 gegen 41 Stimmen angenommen. Für diesen Antrag stimmten: v- Holtz, v. Bisfingen, v. Degcnfeld, Römer, v. Varnbülcr, Baprbammer, v. Crailsheim, Goppelt, v. Ow, Grakhwohl, v. Gültlingcn, v. Zeppelin, v. Schad, W. v. König. Groß, Cavallo, N. v. König, v. Mattes, v. Moser, v. Hau« ber, Droll, v. Dcttingcr. Mohl, v. Sigel, Jdler, v. Binder, v. Long- ner, Fructb, Dekan Maier, v. Geßler, Offterdinger, Stcinbuch, Müller- schön, v. Steinbcis, v. Wiest, Maulen, -Hirth, Heim, Eberhard, Denkler, Schneider, Mittnacht, Wächter, Sarwep, Schäffle; gegen denselben stimmten: Zeller, Schall, Nickel, Bräuning, Pfäfflin, v. Gemmingen, Rödinger, v. Mehring, Tafel, Duvernop, Beckh, Schuldt, Egclhaaf, Landcnberger, Mack, v. Hierlingcr, Dinkelacker, Kauslcr, Hopf, Nägele, Fetzer, Ammermüllcr, Maier, Amos, Sceger, Becher, Probst, Ruf, Schott, Schwaderer, Hölder, Oesterlcn, Weipert, v. Schmiedsfcld, Erath, Gol- ther, Schwandncr, Römer, Wolbach, Walter, Zimmerle. Schließlich wurde der Antrag von Cavallo und Gen. auf Förderung und Berücksichtigung der Jugendwchren mit 74 gegen 11 Stimmen angenommen- Gegen denselben stimmten v. Holz, v. Bissingcn, v. Degenfeld, Römer, v.«Moscr, Troll, v. Dettingcr, Mohl, Jdler, Hirth, Wächter.
Calw, 3. April. In dem Bohrloch Nr. 2 beim obern Bad zu Li eben zell sank am 30. März der Bohrer plötzlich 3 Zoll tief ein, und' sofort stürzte eine mächtige Wassermasse hervor, welche sich sprudelnd über die Mündung des Bohrlochs erhob. DaS Wasser hat eine Temperatur von -j- 16" R. in der Tiefe und behält diese Temperatur ungeschmälert bis zu seinem AuSstuß. Nach genauer Messung beträgt die Menge des aus. fließenden Wassers l Kubikfuß oder 13 Maas in 4 Sekunden, also in 1 Minute 195 Maas oder beinahe l'ja Eimer. (S.M.)
München, v. Fa ber, der als Bleistisifabrikant in-dTr ganzen Welt bekannte Nürnberger Fader, ist znm erblichen NeichS- rath ernannt.
Berlin, 5. April. Heute legte der Kricgsminister einen Gesetzesenkwurf über außerordentliche Geldbewilligung für die Marine vor. Die Negierung verlangt darnach für die nächsten sechs Jahre 19 Millionen (wovon 10 auf dem Wege der Anleihe) zu Hafenbaute» und zur Beschaffung von Kriegsschiffen; sie erklärt, Preußen sei entschlossen, im Besitze Kiels zu bleiben; die Befestigung dieses Platzes und der Jahdemündung und die prompte Beschaffung von Panzerfregatten erheischen die geforderte Summe. Die Anleihe würde von 1872 an mit mindestens 1 pCt. tilgbar sein. Der Entwurf wird einer bcsondern Kommission überwiesen.
Herr v. Zedlitz hat in einem amtlichen Schreiben unter Berufung auf höhere Befehle den Herzog von Augusten bürg vor Parteiagitationen, gewarnt: Darauf soll ein Protestschreiben des Herzogs nach Berlin abgcgangen sein. Das Ganze ist nicht recht glaublich.
Wien, 5. April. Preußen bat die Enthaltung abgelehnt, stimPt also morgen gegen, Obstreich für den mittclstaatlicheü Antrag. Sobald der Antrag angenommen, wahrscheinlich wieder 9 zu 6, gibt Öestreich seine mcmorische nach Berlin bereits mitge- theilte Erklärung ab. Ob und wie Preußen sich erklärt, ist hier unbekannt. —> Der Zollvereinsv.crtrag läuft vom 1. Juli 1865 bis 31. Dezember 1877. Die Zolleinigungsklausel lautet: Beide Theile behalten sieh vor, über weitere Verkehrserleichternngen und möglichste Annäherung der beiderseitigen Zolltarife, sowie demnächst über eine etwaige allgemeine deutsche Zollcinignng in Verhandlung zu treten, sobald ein Lheil den Zeitpunkt für geeignet hält.
Genua, 26. März. Ans N avel wird gemeldet, daß die vulkanischen Erscheinungen des Vesuvs den Charakter einer Eruption auzunehmen beginnen. Der Krater des Gipfels füllte sich bereits mit Lava und man erwartet, daß die glühenden Massen demnächst ans den Seiten des Kegels anSflietzen werden.
Frankreich. Pater Orsanne ist wegen höllischer Grau, samkeitcn, die er an Kindern in der ihm anvertraulen Schule verübte, vom Zuchtpolizeigcrichtc zu sechs Monaten Gefaugniß- vcrurtheilt worben; er bängte Kinder an einen Nagel auf, stach sie mit spitzen Stöcken, tauchte ihre Hände in siedendes Waffe?-, u. a. m.
Hundert Franken hatte der Direktor des „Cirque Napoleon"« in Paris dem Nillersmann oder Knapp zugesagt, der cs jlh Stande brächte, Nigolo, ein ganz unscheinbares Maulthier, zu, besteigen und, ohne abgesetzt zu werden, dreimal auf ihm im CirknS hernmzureiten. Es hatten sich Viele gemeldet, allein alle wurden sie, zum nngemessensten Beifall des Publikums, von dem ganz fromm und gutmüthig aussehenden Thier, das sich auch ohne alle Schwierigkeit besteigen ließ, durch einen kleinen eigen- thümlichen Ruck höchst säuberlich, aber unfehlbar auf den Sand gesetzt. Am 30. März nun erschien ein junges Bürschchen, es führt aber den Sieg verkündenden Namen Charles Märtel, und versuchte das Kunststück. Im Nn saß ec dem Thiere nicht im Sattel, sondern oben aus dem Halse und hielt ihm, mit beiden Füßen sich sestklammernd, mit den Händen die Angen zu. 'DaS Thier, das wahrscheinlich auf diese Kriegslist nicht vorbereitet war, hatte mit einem Male all seine Tücke verloren und legte geduldig, mit seinem kecken Reiter auf dem Hals, den vorgc« schriebe»:'» Weg im Cirkus zurück. Das Haus erbebte von dem Gelächter der Zuschauer; Herr Dejcan mußte zahlen, und das Manlthier ist von dein Repertoire gestrichen.
Während der Prinz v. Wales kürzlich dem Wettrennen in Chertsey zusah, wurde Seiner königlichen Hoheit eine werthvolle goldene Uhr, ein Geschenk seiner königlichen Mutter, ge-i stöhlen. Der Thäter ist noch nicht ermittelt, doch glaubt man, daß er sicher von nun an den Titel „Taschendieb Sr. königlichen Hoheit des Prinzen v. Wales" annehmen wird.
Ferez, der Slovake.
(Fortsetzung.)
„Wer sagt Dir, daß ich es ruhig ertragen habe?" siel die Alte ein. „Freilich angesehen hat es mir Niemand, was in mir vorging, selbst meine Mädchen nicht. Aber je fester ich cs in mir verschlossen habe, um so mehr hat eS gegährt. Es ist ihm nicht geschenkt. — Sieh, als ich mit Ferez und seinen Genossen nmherzog, habe ich von ihnen gelernt, wie man manche Krankheit der Menschen und des Viehes heilt, ich habe aber auch ein Kraut kennen gelernt, »ach welchem jedes Vieh hinstecht unh endlich fällt, wenn es dasselbe frißt. Ich hätte des Wirkhes Kühe und Pferde vernichten können, ohne daß er eine Ahnung gehabt hätte, wie es gekommen sei. WaS hätte er sich daraus gemacht, da er reich ist. Nein, reich sollte er bleiben, aber mitten in seinem Neichthume wollte ich s-incn Stolz beugen. Dort wollte ich ihn fassen, dort. Noch habe ich keine Gelegenheit dazu gesunden, noch nicht, und ich habe seil Jahren darauf ge- wartet, ich kann noch länger warten. Wenn die beiden Mädchen Buben wären, — sie, sie sollten mir helfen!"
Sie schwieg. Auch der Bursche erwiderie nichts. Es fuhr ihm durch denn Sinn, wie die Alte von Jahr zu Jahr gezögert hatte mit ihrer Rache und wir dieselbe dennoch nicht erloschen war.
Die beiden Mädchen traten wieder ein. Mit scheuem Auge betrachteten sie den Burschen, Bald flößte sein lustiger, lächeln« der Blick ihnen Zutrauen ein, sie sprachen mit einander. Er erzählte ihnen von seinen Abenteuern, an- seinem, Lande. Bald waren fie bekannter und lachten zusammen.
Die Alte hatte dagcsesscn, still, regungslos, den Kopf zwischen beide Hände gestützt. Sie schien kein Wort von dem gehört zu haben, was der Bursch mit den beiden Mädchen sprach, denn plötzlich richtete sie, wie erwachend, den Kopf in die Höhe und sprach zu Ferez: „Du magst hier hleibcn über Nacht, wenn Du kein anderes Obdach hast. Haha! Der Wirth würde Dir auch kein Federbett gegeben haben." '
Ferez blieb. Ein Bündel Streu in einer Ecke war ein herrliches Lager für ihn, denn manche Nacht schön hatte er im Mulde unter dichtem Gesträuch oder hinter einer Hecke zugebracht, und mochte der Frost ihn noch so tüchtig Lnrchgeschättelt haben, geschlafen hatte er immer.
Ihn störte es auch daß die Alte den ganzen Abend