Wien, 11. Jan. Die „Wochenschrift der baicrischen Fortschrittspartei" berichtet von der geschäftSIeitcnden Commission dcS Sechsunddreißiger-Ausschusses die interessante Thatsachc, daß'letztere bereits vor einigen Wochen beschlossen habe, alle ihr znr Verfügung stehenden Mittel in erster Linie, sobald das Bedürf- niß eintrctcn sollte, zur Unterstützung solcher schleswig-holsteinischer Beamten und Geistlichen zu bestimmen, welche in Folge ihres Festhaltens am Landesrecht in die Lage kommen würden, entweder entlassen zu werden oder ihre Enilasiuiig zu nehmen. Auch sei Fürsorge getroffen worden, daß man hievon i» den Herzogthümern rechtzeitig Kenntniß erhielt. Tie Wiener Abendpost bemerkt hiezu: „Das steht einer Aufwiegelung oder mindestens Anleitung zum passiven Widerstande weit ähnlicher als einer eventuellen Unterstützung." Das ist wohl bezeichnend genug für Oestreichs künftige Haltung in der Frage.
Das Bier wird jetzt häufig mit Cichorien gefärbt; man will sogar wissen, daß die Hälfte der im Magdeburgischen gefertigten Cichorie an Bierbrauereien versendet werde.
Paris, 10. Ja». Der Bischof von Moulins, einer der eifrigsten und rncksichtlosesten Chefs des Ultramontauismus, hat am letzten Sonntage von der Kanzel der Kathedrale seines bischöflichen Sitzes herab den Gläubigen Kenntniß von der Ency- klica und den 80 Punkten gegeben. Der Bischof, der, wenn cs „och an der Zeit sein möchte, nöthigenfalls auch bereit wäre, Len Degen zu ziehen, richtete bei dieser Gelegenheit eine kurze Ansprache an seine Zuhörer, worin er ihnen, ohne weitere Notiz von dem Verbote des Ministers gegen die Veröffentlichung der genannten Aktenstücke zu nehmen, verkündete, daß es seine Pflicht sei, den Instruktionen des Papstes uachzukommen. „Wenn der heilige Vater spreche," meinte er, „so müsse all und jeder Widerspruch anfhören." Aus einem Artikel des heutigen Constitn« lionnel zu schließen, der erst, nachdem der Bischof den Befehlen LeS Ministers znwidergchandelt hat, geschrieben wurde, erhellt ziemlich deutlich, daß die Negierung dieser und ähnlichen Manifestationen mit aller Energie und Strenge eutgegentreten wird.
Nach einem Telegramm hat sich die spanische Regierung entschlossen, den Menschen und Gelb verschlingenden und dennoch erfolglosen Kampf gegen St. Domingo aufzugcben und zugleich zu betheuern, daß sie eine Politik der Eroberung nicht verfolgen wolle. Die Geldnolh hat dem spanischen Stolze dieses Zugc- ständniß abgezwnngen.
Spanien steckt so tief im Winter, daß durch die Maßen Schnees fast aller Verkehr unterbrochen. Und weil Schnee und Eis besonders in Madrid ein gar seltener Gast ist, so fehlt es dort an sämmtlichen Vorkehrungen dagegen.
In Neapel haben die UnivcrsitälSstudenten eine große Demonstration gegen die Encyklica ausgeführt. Vor dem Stanb- dilde Giordano Brunno's errichteten sie einen Scheiterhaufen und verbrannten auf demselben unter lebhaftem Jubel die Encyklica und den Syllabns.
In den amerikanischen Südstaaten stehts etwas desperat. Lebensmittel zwar hat Shermann auf seinem langen Zuge in Hülle und Fülle gefunden, die Soldaten aber schmelzen zusammen wie Schnee :m Frühling. 200000 Mann hat man noch ans den Beinen und im Nothfall das lebendige schwarze Ebenholz; das wird aber höchstens noch ein Jahr Vorhalten und dann hcißt's Matthai am letzten. Sehr empfindlich fehlts an Blei n»d Eisen; schon in den letzten Schlachten mußten die Soldaten das alte Blei auf den Schlachtfeldern auflesen und in Richmond reißt man die Wasserrohren aus, um Bomben draus zu machen. Auch an Salz fehlr's.
Der Hof von Peking hat einen Drschenorden (aber nicht für böse Weiber) gestiftet. 140 Abzeichen dieses Ordens find nach Paris gewandert, um dort vertheilt zu werden.
G L o u g.
(Fortsctzuug.)
In diesem Augenblick, wo aller Wahrscheinlichkeit nach schon in der kommenden Sekunde die Frage über das Leben oder den Tod eines Menschen entschieden werden sollte, zeigte sich unerwartet ein Dritter aus dem Kampfplatz. Der Mond, welcher sich bisher in Wolken gehüllt hatte, trat plötzlich aus denselben hervor und gestattete ans diese Weise dem neuen Ankömmling, welcher eben am Ausgang des vorerwähnten Hohlweges erschien,
mit einem einzigen Blick den stattfindenden Kampf zu übersehen. Ueberzeugt, daß es sich hier um die Rettung eines Menschen handelte, stürzte er sogleich mit einem lauten Ausrufe znr Hilfe herbei, und wenn er auch den gefährlichen Stoß nicht mehr ab« wenden konnte, so war seine nnverhoffte Dazwischeiiknnft doch die Urjache, daß dessen töbtliche Wirkung theilweise verloren ging, denn der junge Bauer crschrack und seiner Hand und seinem Auge fehlte die sonstige Sicherheit. „Fahre zur Höllerief er, „und solltest Du jetzt nicht genug haben, so bleibt dies ins zu einer spateren Gelegenheit aufgehoben!"
Während er diese Worte anSstieß und gleichzeitig die Flucht ergriff und bald in der Finsterniß verschwand, sank Georg zu Boden und das Blut drang unter seinen Kleider» bervor. Alsbald stand aber auch der Fremde neben ihm und beugte sich über ihn.
„Sind Sie verwundet?" fragte er mit theilnehinender Stimme.
„Es wird nicht viel zu bedeuten haben," entgegucte unser Bekannter, der sich jetzt langsam wieder anfrichlete, „gut gemeint hat es der Bursche allerdings, aber eigentlich war eS doch »nr die Faust desselben, welche mich zu Fall brachte, denn Sie müssen wisse», mein Herr, der Kerl hat eine Tatze, die seiner Bärennatur alle Ehre macht."
„Aber Sie bluten ja," rief bestürzt der binbekannte, „ich sehe es deutlich, Ihre Kleider sind befleckt."
„Wirklich?" entgcgnete der Andere mir einer Gleichgiltigkeit, als handle eS sich dabei um eine ganz unbedeutende Sache, „nun, dann kann cs höchstens ein Stich ins dicke Fleisch sein und einige Umschläge mit kaltem Wasser oder eine Einreibung mit Branntwein wird den Schaden bald wieder gut machen."
„Aber wo finden wir Beides?" Sprechen Sie, ich möchte Ihnen gern behilflich sein."
L „Nicht hier," entgcgnete Georg, wen» Sie mich aber begleiten wollen — auf dem Wege nach der Stadt liegt ein kleines Wirkhshaus, wo man mich kennt und wo man gern bereit sein wird, mir Beistand zu leisten. Doch Ihr Weg fuhrt Sie viel- leicht nicht nach Hamburg?"
„Doch, doch, gerade dort will ich hin, und da ich selbst gänzlich^ fremd bin, werden Sic mir vielleicht über Manches Auskunft geben können. Kommen Sie, und wenn Sie sich zu schwach fühlen, so nehmen Sie meinen Arm; ich freue mich. Ihnen einen kleinen Dienst leisten zu können."
„Ich danke Ihnen für Ihre Thellnahme", entgegnete nufer Bekannter, indem er mit seinem neuen Gefährten rüstig vorwärts schritt, „doch Eie sehen wohl, die Schramme hat nicht viel zu bedeuten und morgen wird davon nichts mehr zn sehen sein. Uebrigens bin ich an solche Kleinigkeiten schon gewöhnt, und wer den lustige,> Georg kennt, der weiß wohl, daß er sich daraus nichts macht, wen» ihm einmal die Haut etwas geritzt wird."
„Sie sind wohl Seemann?" fragte der Fremde, indem er einen musieriiden Blick auf seine» Gesellschafter warf.
„Eigentlich laß' ich mich nicht gern ausfragen," entgegnete dieser mit einem leichten Stirnrunzelii, „doch da sie sich so theil- nehmend gegen mich gezeigt haben, so wäre es unhöflich, wenn ich auf Ihre Frage nicht eingehen wollte. Nein, mein Herr, ich bin kein Seemann, aber ich liebe diese Tracht, weil sie bequem und zugleich wohlkleibend ist."
Der Fremde schwieg. Man sah es ihm an, eine neue Frage schwebte auf seinen Lippen, aber durch die vorhin empfangene Antwort belehrt, hielt er dieselbe zurück und begnügte sich nur, seinen Begleiter mit steigendem Interesse zu betrachten.
„Und was meine Stellung in der Welt anbelangt," fuhr Georg in einem Tone fort, welcher sich in ein scherzhaftes Lachen hüllte, während daraus doch gleichzeitig eine bittere Gereiztheit hervorschimmerte, „was meine Stellung anbelangt, mein Herr, so bin ich ein Geächteter." (Forts, f.)
— Die Gaffern am Cap der guten Hoffnung haben den SchlrSwig-Hslsteiuern ein gutes Beispiel gegeben. Diese intelligenten Leute wählten nämlich einen Preußen, den ehemaligen Hauplmcmn v. NewiadowSky zu ihrem König und befinden ^sich unter seinem Regimente außerordentlich wohl.
Auflösung des Räthsels in Nro. 4: _ Hades. _
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.