Bündel waren Beinkleider mit Blut befleckt; Sachverständige wie- ! sen nach, daß es Menschenblut sei. — Dazu kommt die Erklä. rnng des Hauptzeugen in dem Prozeß, eines Herrn Lee. Er hat den Ermordeten, seinen Bekannte», wenige Minuten vor der Abfahrt und der Ermordung am Wageusenstcr gesprochen und erklärt: eS saßen zwei fremde Männer in seinem Wagen, Müller ist keiner dieser Männer; sie sahen ganz anders ans. Aus diesen Zeugen wurde zu wenig Gewicht in der Verhandlung gelegt.
^— Alle diese Umstände hat der deutsche Hülssverci» in London in einer Denkschrift zusammengestellt und den Minister Grcy um Aufschub des Urthells zur Prüfnng gebeten.
Rußland. Das Gouvernement Litthauen hat eine so große Mißernte zu beklagen, daß man dort zum Frühjahr einer ernstlichen Hungersnoth cntgegensieht. (D. V.l §
Aus dem Sakramentofluffe in Kalifornien ist wieder ein ! Dampfschiff in die Luft geflogen; gegen 100 Personen wurden > gelobtet oder verwundet.
Der Delinquent.
-.Fortsetzung.)
Ohne erst in die Hütte cinzntretcn, lief er sogleich abwärts, so gut ihn seine Füße trugen. Er achtete nicht des Gestrüppes, das seine Kleider zerrieß, achtete nicht der Beulen, die er sich bald an jenem Baume holte — und beschleunigte nur noch mehr seinen Lauf, denn es galt ja, den Bösewichtcrn zuvor zu kommen.
Athemlos, zerrissen und blutend erreichte er die Ebene. Die Natur verlangte stürmisch ein Ausruhen — aber die Angst trieb ihn rastlos vorwärts. Er mußte nach Marburg und gelte cS sein Leben. Fort also über Stock und Stein, sitzt durch hohes sench. tes Gras, jetzt wieder über frisch gepflügte Aecker, auf denen seine Füße bis über die Knöchel versanken.
So durch seinen eisernen Willen die Glieder stählend und immer wieder zu neuen Anstrengungen zwingend, erreicht er endlich nach ununterbrochenem Lause die ersten Häuser der Magdalena-Vorstadt.
Nun erst besinnt er sich, daß er nicht aus gewöhnlichem Wege die Stadt betreten kann, wenn er nicht sein Leben freiwillig zu Markte tragen will, ohne übrigens damit seine Theuren nicht retten zu können.
Wie aber über die Drau kommen, wenn er die Brücke mit der französischen Wache vermeiden soll? Wo einen Kahn herneh- . men, jetzt in der Nacht?
Kaum hat er sich die Fragen anfgcworsen, als aus der Stadt herüber der dumpfe Glockenschlag die eitste Stande verkündet.
„Mein Gott, murmelte Heinrich in schrecklicher Aufregung, schon eils — ich werde zu spät kommen! Wie hinüber?"
Aus einmal erhellt ein freudiger Gedanke sein Inneres. „Wozu Hab' ich denn schwimmen gelernt!" ruft er laut. Seine Brust wird ordentlich weiter, sein Athem leichter und vergessen alle Müdigkeit.
Er stürzt über das steile Ufer hinab, legt sich den Mantel um den Hals und wirft sich ohne weiters in die Fluthen.
Hn — wie es durch die Glieder schauert, wie eisig packt ihn die Kälte an der Brust, wie krampfhaft zieht es ihm Hände und Füße zusammen. Erst war er im Schweiß gebadet, jetzt wie mit Eis umgeben.
Er legte sich auf den Rücken und ließ sich eine Strecke von den Wellen sorttragen, bis sich der Körper mit dem nassen Elemente vertraut gemacht und der durch die plötzliche Abwechslung dcrvorgerufene Krampf sich gelegt, dann aber theilte er mit kräftigen Armen die rasch vorwärts reißenden Wellen und hatte bald die Genugthuung, sich immer näher der Stadt zu sehen.
Jetzt schwamm er unter der Brücke hindurch. Mit einer Art Befriedigung blickte er nach dem Mauthhause hinauf, bas von den Franzosen besetzt war, und gewahrte den Posten vor demselben in abgemessenen Schritten auf- und abgehen.
Stauder war eben nach Hause gekommen. Da er bemerkte, daß seine Eltern noch Licht hatten, trat er bei ihnen ein.
„Sag' mir nur, begann --'gleich sein Vater, wo Du denn immer Abends herumläufst. Tch wirst auch früher keine Ruhe geben, als bis Dir etwas zugcstoßen und Dich die Franzosen in Händen haben."
„Nur nicht böse, Vater! aber ich kann mir nicht helfen. So ange diese Blauröcke in unser» Mauern sitzen, finde ich keine
Ruhe. Es treibt mich rastlos herum. Ich muß alles sehen und hören, was vorgeht — und wenn irgendwo der Uebermuth dieser Soldaten zu groß wird, so ist es meine größte Lust, denselben gebührend zurückweisen — mstnnter so einen kauderwälschenden Kerl recht durchznklopfeu. Erst heute Abend Hab ich in der Grazer Vorstadt einen in der Arbeit gehabt. Wollte der Spitzbube mit aller Gewalt ein kleines Mädchen abküsseu. Sie schreit, ick springe herbei und — Ihr müßt, daß ich tüchtige Fäuste habe!"
„Ja, ja, brummte der Vater, aber wenn Du einmal im Loch sitzest, werden Dir deine Fäuste doch nicht mehr heraushelfen."
„Warst Du bei Hold? fragte jetzt die Mutter, was macht Mariecheu?"
„Was soll sie machen, erwiderte der Sohn, die Arme lebt in einer ewigen Augst und Sorge um deu Heinrich, da sie nicht weiß, wo er sich aufhält. Der Vater ist beinahe beständig aus dem Rathhause und sie daher immer allein. Sollt doch öfter zu ihr gehen, Mutter!"
„Du hast wohl recht, sagte diese, aber komme ich den» dazu. Habe ich nicht zu Hause immer vollauf zu thnn? Nicht genug, daß unsere eigenen Leute so viel brauche», muß auch noch täglich so ein Dutzend Franzosen abfüttern, die immer das Beste haben müssen, die-"
Eben war sie daran, sich recht zu ereifern, als die Thür aufging und eine vou Wasser triefende Gestalt herein stürmte.
„Heinrich! rief der junge Lederer, Du hier? und wie siehst Du aus?"
„Ich komme direkt ans der Dran. Ueber die Brücke konnte ich mich nicht wagen, und herein mußte ich."
„Aber was ist denn geschehen?" fragten Alle untereinander, sich »m Heinrich drängend.
-^„Bei Hold wird Feuer angelegt und eingebrochen Der rothe Fritz und seine Ranbgenossen. Um des Himmels willen, Freund! hilf mir de» Plan vereiteln. Scho» um Mitternacht soll die Geschichte losgehe» — also kaum eine halbe Stunde Zeit."
,,O, ries Stander, so werde ich den Kerl doch noch in meine Hände bekommen! Aber vorerst Heinrich wirs die nassen Kleiber ab und zieh trockene von mir au. Komm schnell in mein Zimmer und dann fort in die Viktringhvsgaffe."
„Und ich, sagte der Alte cvensalls in vollem Eifer, will schnell unsere Knechte rufen und Euch Nachkomme»."
Als die jungen Männer in die besagte Gasse kamen und bereits das Hvld'sche Haus sahen, bemerkten sie sogleich einige verdächtige Gestalte» in bas Hans schleichen. Wie sie das Thor geöffnet haben mochten, war ihnen ein Räkhsel.
Flugs waren sie hinter ihnen. Sie kamen gerade recht, »m zu sehe», wie die Bösewichter mehrere Pechfackel» entzündeten und aus die ausgelrockueten Schindeln schleuderten, welche sogleich Feuer fingen. ,
„Jetzt schnell i» das Zimmer hinauf!" rief die rauhe Stimme des rvlhen und sogleich stürzte sich die Meute auf die Stiege zu.
„Halt!-' donnerte ihnen Stander entgegen, während Heinrich die Treppe hinauf eilte und unter lautem Feuerruf die Bewohner weckte.
„Schlagt den Hund todt!" schrie Fritz, wüthend, daß sich ihm ein Hinderniß in den Weg stellen sollte.
Schon wurde Stauder trotz seiner Riesenkraft von der Ueber- zahl seiner Angreifer niedergcworsen und ein Messer blitzte über seinem Haupte, als der Vater mit seinen Leuten hereinstürmte und sich nach kurzem aber wüthendem Kampfe der Mordbrenner bemächtigte, die den nur mit Knitteln bewaffneten Arbeitern mit ihren langen, starken Messern nicht wenig zugesetzt hatten.
„Haltet sie fest, besonders aber den Rothen!" befahl der junge Stauder einigen seiner Leute, und cilte mit den Andern über Hie Stiegen hinauf, um zu retten, was noch zu retten möglich war.
Inzwischen hatten die Flammen mächtig um sich gegriffen und versetzten die ganze Nachbarschaft in die äußerste Bestürzung.
Die feindliche Besatzung, durch ihre Patrouillen in Allarm gesetzt, entsandte sogleich einige Abteilungen ihrer Truppen an den Ort des Unglücks. Deren raschen Hilfe, wie dem rastlosen Eifer der einzelnen Soldaten war es zu danken, daß sich das angelegte Feuer mit dem Nicderbrennen der Dachstühle begnügen mußte. _ (Forts, folgt.)
Druck und Verlag der G. W. Zaiser'scheu Buchhandlung- Redaktion: Holzle