fand, suchten Musik und Liederkranz das für dieses Geschäft sich nicht interessirende Publikum vor Langeweile zu schützen. Dem hierauf folgenden Vorfahren der preiswürdigen Thiere und der Auslheilung der Preise für solche ging die Prämirung der Dienst­boten voraus, bei welcher wir mit Bedauern eine der Sache und dem Ernst der Feier angemessene Ansprache vermißten. Bon den zur Vorführung gekommene» Thiere» zeigte sich wiederholt, daß die Zucht der Pferde der des Rindviehs i» unserem Bezirke immer noch sehr »achstehi; übugens kamen auch einige schöne Fohlen zur Auf­stellung. Indessen war der Mittag herangerückl und der Festzug ordnete sich z»m Rückzug aus den Postplatz. Wählend nun die Dienstboten, die sich zur Preisbewerbung cingefnnden, bei Bier­brauer Bischer auf Kosten des Vereins gespeist wurden, vereinigte sich eine große Zabl der Festgäste zu einem Mahle aus der Post. Ein hiebei von dem Bo. stände des landwirihschaftlichen Vereins, Hrn. Rittmeister Siein, auf das hohe KönigSpaar aus­gebrachter Toast entzündete aller Herze» zn einem lebhafte» Hoch. Nachmittags um 3 Uhr fand die Berloosnug der zu diesem Zwecke angekauftett Kalbeln und einem Foblen, sowie landwirthschastli- cher und gcweiblichcr Gegenstände, im Ganzen 174 Nummern, statt, wobei Freude und Enitänschnng auf manchen Gesichtern zu lesen war. Am meisten begünstigte aber der freundliche Himmel das Gelingen des Festes und Alt und Jung trieb sich auf dem Festplatze umher, wo Musik und Gesang das Ohr ergötzten. Damit auch durstige Kehlen ih>e Befriedigung finden konnten, hat­ten sich einige Witthe mir noch ganz gutem Bier eingestellt (was gegenwärtig nicht an vielen Orten zu finden ist). Wer Luft hatte, sich ein Sacktuch, Portemonnaies ec. ohne Gelbauslage zu erwer­ben, der brauchte nur seine Kunst am Kletterbaume zu produci- ren. Auch ein Carronssel hatte nicht gefehlt, und damit auch das abergläubige Volk seinen Genuß habe, hatte sich eine Wahr­sagerin eingestellt, deren Bude stark, bejonders von Damen, ja sogar vornehm scheinenden, frequ ntirl wurde. Wunderliche Dinge kamen uns von dieser Prophetin zu Ohren, die mit verbunde­nen Angeu Vergangenes und Zukünftiges zu enthülle» vermag. Durch diese Zugabe» wurde das Fest zu einem kleinen Volksfeste. Um 7 Uhr war Zapfenstreich. Die von dem Vorstand gewünschte Illumination scheint übrigens keinen Anklang gesunden zn haben, denn nur die Stadrlakernen unterbrachen das Dunkel der Stra­ßen. Den Schluß des Festes bildete ein Ball bei Bierbrauer Sankt er, der von den Honoratioren zahlreich besucht war. ^

Stuttgart, 22. Sept. Aus der Werkstätie des Kupfcr- schmiedmcistcrs I. Siegele» ist heule ein Niesenteffel an die Lar- bili'sche Brauerei »('geliefert worden. Derselbe ist einer der groß- len in Deutschland, hält über 70 Eimer würltembecgisches Maas und sind über 75 Eentner Kupfer dazu verwendet worden. Der Preis desselben beträgt in runder Summe 6000 fl.

Slnltgart. 26. Sept. Diesen Nachmittag 2'/« Uhr sind II. MM. der König und die Königin mit ihren hohen Gästen I. M. der Kaiserin von Rußland nebst Kindern von Friedrichs­hafen aus dem Lahnhof in Cannstatt eingelcosten und haben sich nach der Villa bei Berg begeben, von wo aus jedoch die Kaise­rin nebst Kindern um 5 Uhr nach Bruchsal weiter gereist ist, wo sie von S. M. dem Kaiser von Rußland abgehokt und nach Darmstadt geleitet wird. Dem Volksfest in Cannstatt werden also die hohen russischen Herrschaften nicht anwohnen, wie man anfänglich geglaubt hatte. Die »etternannten Herren Minister habe» am Samstag ihr Amt angelrcten und werden, nachdem S. M. der König augelangt ist, morgen Vormittag 11 Uhr in versammeltem Geheimcnrathe von S- M. dem König feierlich be­eidigt werden. Der Hr. Minister des Innern v. Geßler besieh- tigte gestern schon die Arbeiten am Voltssestplatze und die Aus­stellung im Kursaale in Cannstatt. Der Hc. Kultminister v. Golther wohnte gestern Vormittag der Prüfung der Zöglinge des hiesigen Gabelsbergerischen Stenographenvereius au. Der Abschied der Beamten deS Ministeriums des Innern von ihrem seitherigen Chef, dem Minister deS Innern Frhr. v. Linden sollwas bei der Leutseligkeit und Herzensgute dieses Ministers kaum anders zu erwarten war Manchem sehr schwer gewor­den sein und er dabei Thräneu im Auge gehabt haben. Judeß ist der neue Minister dem gesammten Personal persönlich bereits bekannt, da er als seitheriger Ministeiialrakh stets der Stellver­treter des Herrn v. Linden bei jeder Abwesenheit des letzter» ge­wesen war. (Schw. B.)

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Stuttgart, 26. Sevt. Morgen Mittag 12 Uhr findet die Eröffnung der Blumen- und Gemüseballe in Anwesenheit de- Königs und der Königin statt. Eine schmucke Winzerin wird hiebei den Majestäten Henrigen Wein kredenzen, welcher an Ort und Stelle aus einer Weinmostpreffe läuft. Die edlen Traubest hiezu liefert, wie ich erfahre, Gemcinderatb Single.

Karlsruhe, 23. Sept. Politisches Hanvtereigniß deS Ta­ges ist das Abkommen zwischen Frankreich und Italien. Es liegt zwar bis jetzt nur das Skelett desselben vor und alle Frankreich günstigen Nebenbebingungeu sind sorgsam verschwiegen. Aber was bekannt wurde, ist von großer Tragweite. Den bis jetzt initgt, lheilteu Grundzügen fügt France folgende Betrachtung bei:So lauge Oestreich im Besitze des Festungsvierecks ist und in wcmgest Stunde» von Neuem in daS Herz Italiens einbringe» kann, wird Nom für die französische Politik ein wichtiger strategischer Punkt bleiben, und dies ist der Grund, weßhalb unsere Korrespondenten versichern, daß die venetianische Frage in allen jetzigen Kombi­nationen das Hauptaugenmerk des Turiuer Hofes ist; die Frist von 2 Jahre» soll unerläßlich geschienen haben, nicht blos u« die römische Frage zu erledigen, sondern um auch in Betreff Vencttens zu einer der Einheit Italiens günstigrn Lösung zu ge­langen." Mit ander» Worten ausgedrückt, sagt die Köl».-Ztg. r Viktor Emanuek gibt alle Ansprüche auf Rom auf und erhält dafür Frankreichs Unterstützung bet dem Schmerzensschrei um Ve» netien und die Zusage, daß dieser bis zum 15. September 1866 gestillt sein soll."

Die MünchenerNeuesten Nachrichten" schreiben:Ein bs- danernswertber, in seinen Einzelnheiten fast nuglaudlicher Nn>- glückssall wirb uns als verbürgte Thatsacke berichtet. Ein jun­ger Mann, Eisenbahnexpedilor in Hof, Sohn eines Münchener praki. Arztes, machte mit mehreren Freunden vor einige» Tagen eine VergnügungSparthie nach Leipzig. Unter de» übrigen Merk­würdigkeiten dieser Stadt besah er sich auch die k. Anatomie und hatte bortselbst Gelegenheit, im Sectionssaale einer Leichenöffnung beizuwohnen. Dieser Akt beschäftigte die, wie es scheint, sehr lebhafte Einbildungskraft desselben der Art, daß es ihm in der daraus folgende» Nacht im Traume vorkam, als liege er selbst auf dem Tische im Leichenhause als zur Sektion bestimmt. Vor Schrecken erwacht, sprang er zum Fenster, um Hilfe zu rufen, Md als sogleich jemand zur Thüre hereintrat, war er immer in dem Wahne, dies sei der zu seinem Tranchcmeiit herbeikommende Arzt und stürzte sich ans dem zwei Stock hohe» Fenster seines Gasthoses. An beide» Füßen des Unglücklichen sind Waden und Felsenbein zerschmettert und lassen die dem Vater desselben zuge- tommenen Telegramme den schlimmsten Ausgang befürchten.

Wie traurig es in manchen Familien in Berlin anssehen mag, beweisen folgende Beispiele: Eine arme Mutter bietet ihr 6 Monate altes Kind in den Zeitungen zum Verschenken aus und gibt die dringendste Nokh als Beweggrund an. In einer andern Anzeige erkläre» Eltern sich geneigt, ihre 12jährige Tochter an Kindesstattsortzugeben, weil es ihnen zu schwer falle, allen ihren Kindern eine standesgemäße Erziehung zu geben. (Dsz.)

Der liebe Gott läßt seine Sonne scheinen und seinen Regen fallen über Gerechte und Ungerechte und in Carlsbad in Böh­men insbesondere seine Heilwasser aus der Mutter Erde quellen für Katholiken und Protestanten und Alle, die ihrer bedürfen. Diejenigen Kurgäste aber, bei denen der berühmte Sprudel seine Dienste versagte, ruhten seither auf dem Gottesacker von dem Strudel des Lebens friedlich nebeneinander auS, ob sie Katholi­ken oder Protestanten waren. Ans dem neuen Gottesacker soll das anders werden, wenn die unduldsame Geistlichkeit und ihr Concordat Recht behalten. Der neue Gottesacker ist fertig, er soll aber nicht eher die Weihe der Kirche empfangen, bis innen eine hohe Mauer errichtet ist, durch welche die schlafenden Pro­testanten von den Katholiken getrennt werden, und ein zweites Thor oder Thürlein soll gebaut werden, durch welches die Pro­testanten ihren Einzug halten sollen zur letzten Ruhe. (Dfr)

Turin, 23. Sept., Nachmittags. Der gestrige Tag viriles ruhig, aber Abends erneuerten sich die unruhigen Auftritte. Man Hörle aufrührerische Ruse, eS bildeten sich Zusammenrottungen, es wurde auf den Polizeipalast geschossen und mit Steinen geworfen. Die aus dem Carlspiatzc ausgestellten Tcuvven gaben Feuer, wo­durch etwa 20 Personen getödtet oder verwundet wurden; auch die Truppen hatten viele Verwundete, darunter einen Oberstlieit-