teil. Tolbitz »ud Belli», die Ungläubigsten nnler den Gäste», ergingen sich natürlich wieder i» bitter» Spöttereien über die Kunst des alte» Hirte», und der letztere von beide» zählte i» der besten Ucberzengnng, daß er die Welte gewinnen werde, schon all' die schönen Sache» auf, welche er sich von de» zehn Thaler» z» kaufen gedachte.

Erst kurz vor Mitternacht verließe» sämmtliche Gaste die Schenke, und jeder sah erwartungsvoll der siebenten Stunde deS siebenten Tages entgegen. ^

Schon am nächsten Tage, als die Thurninhr die Mittags- ! stunde verkündete und alle Leute bei Tische saßen, begann der alle ^ Hirt' seinen eigenthnmlichen Rundgang, um sich Brod und Salz ! von dem Hausherrn oder der Hausfrau geben zu lassen. Die t Welte war im ganzen Torf bekannt geworden, und daher empstn- > gen ihn Alle mit neugierigen Mienen: seit zwei Jahren war ! dies das erste Mal, daß er seine vielbesprochene Kunst wieder in ! Anwendung brachte. Da er wegen der ziemlich bedeutenden Zahl j von Häusern nur ein Drittel derselben in einem Mittag besuchen ! konnte, so verweilte er in jedem fünf bis zehn Minuten und un- ! terhielt sich mit den am Tische Sitzenden über Dies und Jenes, ! während er ein kleines Stückchen von den, ihm abgcschnittencn ! Brod mit Salz bestreute und verzehrte. Das klebrige steckte er ! in feine Hirkentascjst und nahm es mit sich. j

Hie und da spielte wohl der Eine oder der Andere scherzend ! auf den Zweck seines Kommens an, die Meisten aber beobachteten in Bezug darauf eine ernste Zurückhaltung, weil sie eine Cere- ^ monie sahen, deren Bedeutung für sie ein Geheimniß war. Der ^ abergläubische Sinn der Wenden, der ans dem, was zu gewisse» j Zeiten und mit gewissen Formalitäten vorgcnommcn wird, die ! gewichtigsten und abenteuerlichste» Folgen hericilet, fand hier reich- - liche Nahrung. !

Tie Haltung Lassow'S selbst war wie gewöhnlich ernst und ! ruhig; einem aufmerksamen Beobachter würde es jedoch nickt ent- ! gangen sein, daß der alte Hirt die Bewohner jedes Hauses mit seinem durchdringenden Blick scharf musterte, und daß er mit je­dem einige Worte zu wechseln suchte.

Als der Abend herbeikam, ging er in die Schenke, setzte sich mit der unbefangensten Miene an einen der großen Tische und unterhielt sich mit den anwesenden Gästen, als ob nichts vorge­fallen sei.

An den beiden nächsten Tagen, einen Freitag und Sonnabend, verfuhr er ganz auf dieselbe Weise; als aber der Sonntag kam, schritt er kurz vor dem ersten Geläute, das die Andächtigen zum Gottesdienste rief, in seinen schwarzen Fcsttagskleidern von alt­modischem Schnitt langsam der kleinen Kirche zu, welche im Schat­ten hoher Linden auf einer mäßigen Anhöhe vor dem Dorfe lag, und stellte sich neben der rothangestrichenen großen Bogenthür auf, durch welche sämmtliche Kirchgänger und Kirchgängerinuen ein- treten mußten. (Forts, folgt.) !

Enges-Neuigkeiten.

Eßlingen, 12. Scpt. (Schwurgericht.) Bor den Schranken sitzt der ledige, vierundzwanzigjährige Bäckergeselle Philipp Martin Gamcr- dinger von Affstätt, Obcramts Herrenberg, angcklagt eines ausgezeich­neten Diebstahls und des versuchten Todtschlags. Der Angeklagte, ein frecher Dieb, ist wegen Eingriffs in fremdes Eigenthum schon im Jahr 1858 mit 10 Wochen, im März 1862 mit 5 Monaten Zuchtpolizeihaus, im Dezember 1862 aber mit 11 Monat Arbeitshaus bestraft worden. Im April d. I. trat er auf kurze Zeit in die Dienste des-Bäckers Walter in Häslach bei Stuttgart, lernte hier die Ocrtlichkeiten des Hauses kennen und erfuhr namentlich, daß Walter sein Geld in der Schublade einer Koni- j niode aufbewahre, die in seiner Schlafstube stank. Am 18. April kam er ^ als krank in das Katharinenhospital, wurde aber bald wieder entlassen, ! begab sich am 28. April nach Reutlingen, wo er dem Bäckermeister Rall, z bei dem er gleichfalls früher in Diensten stand, über 50 fl. baares Geld ' stahl, kehrte sofort wieder mit seinem Raube nach Stuttgart zurück, ver­suchte hier in der Nacht vom 10. Mai bei Bäckermeister Weiß Wittwc i zu stehlen, ward aber entdeckt und vertrieben und versuchte nun in der fol- , genden Nacht seinen früheren Dienstherr» Walter in Häslach zu berauben. Er wartete bis dieser in die gerade unter dem Schlafzimmer befindliche Backstube hinabgegangcn war, drang durch die ihm bekannte unverschlos­sene Hinterthüre in das Haus, begab sich in das Schlafzimmer, entwendete der Frau 50 kr. aus der Tasche ihres Kleides und den Schlüssel zur Kom­mode, in welcher Walter sein Geld aufzubcwahrcn Pflegte und versuchte dieselbe zu öffnen. An den, hiedurch verursachten Geräusche erwachte die Frau des Walter, die nun mit einem am Bette stehenden Stuhle auf den Boden stieß, nm ihren Mann dadurch herbciznrusen, worauf ihr der An­geklagte mit einem buchenen Scheitche» Holz, das er zu dem Zwecke mit­

genommen hatte, sich, wenn er ertappt werde, dessen zu bedienen, un, durchzukommcn, auf Kopf, Schultern und Arme mehrere Streiche versetzte, die nach Aussage des Sachverständigen, Medicinalrachs Dr. Holder von Stuttgart, mit großer Kraft gcfübrt'worden sein mußten, und würgte au­ßerdem die Frau, als sie schreien wollte, mit aller Gewalt. Malier hatte das Gepoltxr wohl gehört, aber nicht beachtet, dis er aucb einen unter­drückten Wehelaut seiner Frau zu vernehmen glaubte, worauf er ohne Licht in das Schlafzimmer hinanfsprang, hier den Angeklagtenoch am Bette seiner Fra» traf, sofort festhiclt und dann rem herbeigerufeucn Polizei- soldaten übergab. Der Angeklagte leugnete seine Thal keineswegs, nur will ar die Frau mit dem Holzschcitchen blos geschlagen haben, um ihr Angst zu mache», nicht um sie zu betäuben, wie er sic auch nur mit aller Kraft fortgesetzt gewürgt haben will, um sie zum Schweigen zu bringen. Die Geschworene» waren jedoch der Ansicht, daß er nicht nur eines aus­gezeichneten Diebstahls, sondern auch des versuchten Todtschlags schuldig sei, und der Hof vcrurtheilte ihn zu ll Jadrcn Zuckthaus. Die Geliebte dieses Burschen wohl auch ein sauberes Früchtchen war während der ganze» Verhandlung in der vorderen Reihe der Damengallcrie und folgte ihr mit sichtlicher Spannung.

Wie die Wienerinnen und Pariserinnen haben jetzt auch die Frauen in Dresden die Crinvline» znin alten Plunder ge­worfen. Wir kommen in der Criuoline, sagten sie, ganz um das schöne Sprüchwort:In Sachsen, wo die schöne» Mädchen wach­sen"; denn wie wir gewachsen sind, steht kein Mensch.

Man schreibt ans Neapel, 25. August: Die Madonucn- nnd Heiligenbilder sind von den Straßenecken völlig verschwunden. Ihre Entfernung gelang glücklich, ohne daß ein Pöbeianflauf stattfand, und trotz mehrfacher Versuche der Geistlichkeit, dieselbe zu verhindern. Das Volk freilich ist im tiefsten Aberglauben ge­blieben, welcher nur dem langiamen Prozeß der Erziehung wei­chen wird. ES gibt in der Kirche del Earmine auf dem Mar- cato eine Figur des Heilandes, welche die Eigenschaft besitzt, daß ihr Haar und Bart wachsen. Jedes Jahr pflegt an einem her­kömmlichen Tage der Magistrat sich in jene Kirche zu begeben, um der Ecrcmvnie des Barlschneidens jenes Christnsbildcs officicll beiznwohnen. Auch in diesem Jahr sollte die Ceremonie stalt- finde»; aber die Aufgeklärten empfingen die Processi»» mit so argem Geschrei und Pfeifen, daß der Magistrat erklärte, sich an dem Akt ferner nicht mehr bett-eiligen zu wollen.

M adagaskar. (Auch ein Staat.) Aus Madagaskar ver­nimmt man, daß die Anarchie daselbst sortdauert. Bekanntlich hat der erste Minister den König crdrvsseln lassen, dann Verbei« rathete er sich mit der Königin und hielt sie in Gewahrsam. Die Gerüchte, der König Radama sei noch am Leben, erwiesen sich als grundlos. Nun heißt es aber, jener erste Minister sei ge­stürzt und ermordet; an seine Stelle sei sein Bruder gekommen. Der Repräsentant der französischen Partei, Behadaar, ist znm Gouverneur von Packenham ernannt.

Ä l l e r l e >.

Ueber Katzenrände. (Eingesendek.) Wer sich nur einigermaßen für unsere beimischen Thiere intcressirt, der wird mit Bedauern in letzterer Zeit die Wahrnehmung gemacht haben, wie- überraschend schnell die Räude unsere so sehr nützlichen und leider noch vielseitig verkannten Hauskatzen decimirt. Ich glaube daher den Freunden dieses Thieres einen wesentlichen Dienst zu lhun, wenn ich sie ans ein einfaches Mittel aufmerksam mache, das diese häufig verkommende, gefährliche und sehr ansteckende Krankheit beseitigt. Dasselbe besteht nach Lenz (siehe A. C. Brchm's illusttirkes Thierleben, Heft 7, x. 292) darin, daß man Schwesclblnineii ans ein reckt fettes Bnttcrflädcheii streicht und in Würfeln geschnitten dem kranken Thiere füttert. Ja eS soll sogar sehr gut sein, einer gesunden Katze einmal in ihrem Leben Schwcselslädcheu als Vorbengnngsmittel zu geben. Ist die Räude- krankheit zu weit vorgeschritten, so ist Absperrung und Tödtling der Thiere am geraihensten, denn die llnrettbarkeit solcher kann Einsender aus eigener Erfahrung konstaiiren. De» bei Ka­tzen ebenfalls vortvmmenden Bandwurm vertreibt man durch Füt­tern von Hagenbnltcnkörnern oder durch Darreichung eines Ab­suds von Kassoblnthen.

Räthsel.

Wenn ich geschlagen und zermalmt worden, lebt der Mensch von mir, wenn mir aber blos der Kopf abgeschnitte», lebt er für mich.

Auflösung der Charade in Nro 73: Heuschreck.

Druck und Gerltii, der G. W. Zuiser'fchen Buchh-indlunz. Nedaltio»: Holzt«.