Vorkommen können! Prinz Napoleon ist am Montag in ! Glasgow angekommen. ^

Der Diebsbanner.

Eine Geschichte aus dem Wendischen Volksleben. Von Eduard Ziehen- '

i. !

In einem großen Dorf auf dem linken Ufer der Niedcrelbc !

wohnte vor mehreren Decennien ein aller Hirt, der ungeachtet § seiner untergeordneten Stellung und seiner Armulh bei allen Be- . wohnern des Ortes in einem ungewöhnlich hohen Ansehen stand, da man von ihm sagte, er kenne mancherlei geheimmßvolle Mittel, durch welche er etwas Gestohlenes wiederschaffen und den Dieb zu entdecken vermöge- Sein AeußercS trug nicht wenig dazu bei, den Leuten Respekt vor ihm eiilzuflößen. Gr war et» außeror­dentlich großer hagerer Mann von etwa fünfzig Jahren, mit grauem Haar, dunklen Äugen und tiefgefurchiem bleichem Gesteht, das stets einen ungemein ernsten Ausdruck zeigte. Sein gewöhnlicher Anzug bestand in einer -langen Jacke von blauem Tuch, kurzen leinenen oder manchesterncn Beinkleidern, btS an'S Kino reichen­den Stulpstiefeln und einem runde» schwarzbrannen Filzhur, ans welchem fast immer irgend eine Blume, ein Blätterbnschel, eine seltene Pflanze, ein kleiner Zweig von elnem wilden Strauch oder ein Waldbaum steckte.

Lassow so hieß der alte Hirt war ans einem Dorfe jenseits der Eibe gebürtig, hatte fünfzehn Jahre auf einem Gute in der Nachbarschaft als Schäfer gedient und endlich das Hirten­amt in Dambin angenommen, wo er sich durch seine Pflichttreue und tadellose Rechtschaffenheit sehr bald die allgemeine Achtung erworben halte. Er lebte still für sich in dem kleinen Hirtenhäns­chen am äußersten Ende des Dorfes; verheirathek war er nie ge­wesen; ein um fünf Jahre jüngerer Bruder ein sogenannter Anbauer*) in Dambin, dessen Frau und zwanzigjährige Toch­ter waren die Einzigen, welche ihm von allen seinen Angehörigen noch geblieben waren.

Da er sein ganzes Leben hindurch vom frühen Morgen bis zum späten Abend Felder und Wiesen, Wälder und Haiden durch­zogen hatte, so hatte sich sei» Blick für alle Erscheinungen in der Natur ungewöhnlich geschärft, in der Einsamkeit, welche ihn stets umgeben, Halle er über die Dinge in der Welt reiflich nachge­dacht und dadurch manche eigenthümliche Ansichten gewonnen. Unter anderem war er der Meinung, daß sich für jede Krankheit der Menschen und Thiere auch ein Heilmittel in der Natur finde und da er die letzteren in gesundem und krankem Zustand genau beobachtet hatte, so hatte er manche heilkräftige Kräuter und Stoffe entdeckt, die er häufig mit Erfolg zum Nutzen der Dorf­bewohner anwendete. Wen» einem Bauer irgend ein HanSlhier erkrankte, ward stets der alte Laffow gerufen, und der wußte für Alles Rath. Die Abergläubischen meinten, es genüge, wen» er das kranke Thier nur mit der Hand bestreiche und eSbespreche" und er ließ sie bei diesem Glauben.

Alles dies würde ihm aber nicht das Ansehen verschafft ha­ben, welches er genoß, wenn man ihm nicht jene oben erwähnte Kunst, Diebe zur Herausgabe des Gestohlenen zu zwingen, zuge- schrieben hätte. Obgleich er selber niemals geradezu gesagt, baß er Diebe bannen könne, so hatte er sich doch jedesmal, wenn etwas gestohlen worden war, bereit finden lassen, sein Möglichstes zu ihn», um das Entwendete wieder herbeizuschaffen. Dabei halte er indessen stet- erklärt, daß er über einen nicht im Dorfe wohnenden Dieb keine Macht besitze, und sich stets geweigert, den Dieb zu bezeichnen, falls dieser das Gestohlene zurückgcbracht; nur einige Mal, als die entwendete Sache nicht wieder zum Vor­schein gekommen war, hatte er sich bewegen lassen, den Namen des Schuldigen zu nennen, und dann auch stets den rechten ge­troffen.

Einige behaupteten zwar, Lassow's Kunst habe sich in mehre­ren Fällen nicht bewährt; die meisten dagegen waren fest davon überzeugt, baß er gewisse geheime Mittel kenne, die ihm eine un­begrenzte Macht über die Diebe gäben. Zum Beweis dafür be­riefen sie sich auf das eigenthümliche Verfahren, welches er be­obachtete, wenn irgend eine Sache entwendet worden war, und der Bestohlene die Hilfe des alten Hirten in Anspruch genommen hatte. Der Letztere pflegte nämlich in diesem Fall um die Mit-

Die vier Klaffen der Hofbesitzer im Wendlande sind: Vollhufner, Halbhufner, Koffater und Anbauer.

kagszeik, wenn Alle bei Tische saßen, in sämmtliche Häuser deS Dorfes zu gehen und sich eine Schnitte Brod und etwas Salz von dem Hausherrn oder der Hausfrau geben zu lassen. Er sagte zwar niemals, zu welchem Zweck er komme, aber Jeder wußte, »>n waS es siw handelte, wen» er znr genannte» Zeit in's Zimmer trat und sich Bcod und Salz erbat. Da er gewöhn­lich erklärte, er bedürfe eine Frist von sieben bis 8 Tagen, um den Diel' kennen zu lernen und das Gestohlene wieder z» schaffe», io stellte er sich außerdem an dem nächsten Sonntag kurz vor dem ersten Geläute dicht »eben der großen Kirchthnc auf, so daß Alle, welche dem Gottesdienste beiwohnen wollten, neben ihm vorüber schreiten mußten. In derselbe» Weise ließ er nach dem Schluß der Predigt Alle zum zweiten Male a» sich vornberziehen; der Grund dieses Verfahrens war ebenfalls niemanden unbekannt. Auch pflegte er >m paus der entscheidende» acht Tage allabendlich in die Schenke zu gehen, die er sonst nur selten besuchte.

Eine Thalsache war, daß i» keinem Dorfe weit und breit so wenig Diebstähle und Veruntreuungen vorkamen wie in Dam­bin, well die Gewissenlosen und Schlechten sich vor der gehcim- nißvolle» Knust deS alte» Hirten fürchteten.

Als Lassow eines Abends zu Anfang des Monats Juni zu seinem Bruder ging, fand er einen jungen Anbaner Namens Bel­lin dort, der sich vor einem Jahre von dem Gelde, welches ihm sein Vaier Hinkerlassen, ein kleines Hänschen gebaut und einige Morgen Landes gekauft, und der, wie die Leute wisse» wollten, ernstliche Absichten aus die blondhaauge, blauäugige Tochter des AnbanerS Lassow hatte. Niemand zweifelte daran, daß der statt­liche, stebenundzwanzigjährige Bursche mit den frischen rothcn Wangen, dem lockigen braunen Haar und de» lebhaften dunklen Auge» die hübsche Dorothea heimsnhren werde. sForts. f.)

fprcis-Cbrirnde.*)

Dreisilbig.

Erbe Silbe.

Des Erdballs Consistcnz und Fundament Dir meine erste Silbe deutlich nennt;

Sie wirbelt oft daher im Sturmgehcul,

Der Kaufmann hat sie oft im Laden feil;

Du siehst sie überall sehr mannigfalt,

Bald groß, bald klein, bald jünger, bald sehr alt;

Sie wird gefressen von den Botokudcn,

Und lüstern schau'n darnach die Schacherjuden;

Auch du erwirbst sie oft zu thcurem Kauf.

Einst stand »nt Einem Fuß ein Kaiser drauf.

Den andern tirckt', zu Aller Schreck und Graus,

Er weit ins heilge, röm'schc Reich hinaus.

Zweite Silbe.

Die Zweite ist, wie männiglich brkannt.

Der Ersten »reist im ersten Grad verwandt;

Die Nothhaut nur kennt die V rwandtschaft nicht,

D-r Gaucho auch, weil's Erste ihm gebricht.

Sitzst du zu Tisch, du sieh r sie um dich her.

Oft selbst am Firmament, zu Land und Meer,

Am schroffe» Felsen und in allen Gaffen.

Nun, lieber Freund, will ich dich rathen lassen.

Dritte Silbe.

Die Dritte ist ein eigener Trabant,

Bis zur Atlantis überall bekannt;

Du brauchst ihn stets und der Franzose auch.

In Spanien ist er ebenfalls im Brauch.

Wir haben dreifach ibn, doch die Franzosen Nur zweifach, und zwar, merk' dir's, ohne Hosen.

Im alten Rom da war er nicht zu haben,

Da lag er noch im Urschlamm tlef begraben.

Wir wollen ihn von Spanien importircn.

Er zahlt ja keine Fracht- und Mauthgcbührcn.

Das Ganze.

Vom Ganzen kannst du je und je erfahren.

Was sich begab, wer Die und Jene waren;

Es ist ein Theil von jener Riesenkraft,

Die heutzutage Krieg und Frieden schafft.

Doch ist es keineswegs zu Zank geneigt.

Wie jedes seiner Kunstproduktc zeigt;

Macht Entreprise in gar vcrschicdnen Dingen,

Z. B.-Halt! da hör' ich auf zu singen. Sch.

Dem Wunsche des Einsenders entsprechend, setzen wir auch auf die Lösung dieses Räthsels eine Prämie, und zwar wird unter sämmtliche Er- rather die Anficht von Nagold n it den L Städten des Bezirks zur Verloosung kommen. Einsendungen nach dem 31. August haben an der Verloosung keinen Antheil.

Druck und Verlag der G. W. Zaiser 'scheu Buchhandlung. Nedaltwn: Hölzl '