Nach kaum einer Stunde erreicht er wieder seine Wohnung, Freude glänzt ans seinem Antlitz; in die Truhe legt ec die Schlüs­sel und einen Sack mit Gold. Er ist ein Dieb geworden, aber die Seinen sind gerettet! Und doch siebte er wieder zusammen, als er ans den Sack blickte; hat sein Ohr nicht ans der Straße etwas gehört? er lauscht; nein, Alles ist still. Nichts regt sieb.

Er tritt in's Gemach; sie schlninmcrn noch Alle. Er will sich über seine Kinder beuge», sie küssen, aber es reißt ihn zurück; hier liegen ja unschuldige, von keinem verbrecherischen Hauch be­rührte Geschöpfe. Darf er die Lippen eines DiebcS auf ihre reine Stirne drücken? Nein, er lhut es nicht, aber er hat sie ge­rettet, er glandte es zu thnn und zweifelt doch, daß er so gethan.

Er entkleidet sich, ui» »eben seinem treuen Weibe zu ruhen. Aber ihr Alhcm ist so schwer, wie ein Alp scheint's auf ihrer Brust zu liegen, ats ob das von ihrem Gatten verübte Berbre- ebni ihren Schlummer belaste. Kilian findet kaum Schlaf, höh­nende Gestalten schweben nm sein Auge, Dämvne. wie sie nur die Hölle und das verbrecherische Gewissen erzeugt. Es war ihm, als ob ihn der T . . . . . selbst geleitet durch die dunklen Gänge bis zur Schatzkammer, als ob ihm dort in jedem Winkel eine Höllensratze enkgegengrinstc, als ob beim Ergreifen dcö Gold­sackes ihm die Finger brannten, als ob die Teufel noch jetzt höh­nisch lachten um die Kinderbetkchen, die in dem Gemache standen, die in sich bergend, welche er vom Hnngcrlode retten wollte.

Ja, eS gibt Qualen der Seele, die kein Pinsel beschreibt, keine Feder darznstelle» vermag. Der Schlosser, der in dem Elend, daS sein.Haus hcimsnchte, zu dem Acnßersten griff, der mit seinem Gewissen rechtete, den kein ehrgeiziger Gedanke bei dieser That, den die Welt verdammt, verfolgte, er stand Höllen­qualen aus; das von der Natur, von der Religion ihm eingc- pflanzle Gefühl, es war im Widerstreite mit dem Gefühle, das ihn handeln ließ, um die Neckte der Natur zu befriedigen.

(Fortsetzung folgt.)

Tages-Ncuig keilen.

Rottweil, 27. Juni. (Schwurgericht.) Unter dem Präsidium von O.-Jnstizrath Bürger von Tübingen wurden heute die Anisen des 2. Quartals eröffnet. Der Hof ist durch 2 Richter verstärkt, da cs sich um das Verbrechen des Mords handelt. Eines solchen und zwar eines dreifache» angeklagt, erscheint heute die ledige, 26 Jahre alte Nähterin Anna Maria Gauß von Felldorf, O.-A. Horb. Dieselbe besitzt ein un­günstiges Prädikat, ist eine in der Erziehung vcrnachläßigtc leichtsinnige Dirne, die schon frühe einen Hang zur Unzucht zeigte und in Folge dessen im Verlaufe von nicht ganz .'> Jahren 4 unebclichc Kinder gebar, von denen sie 6 kurz nach ihrer Geburt durch Gift wieder aus der Welt schaffte- Im Arbcitshansc in Markgröningen gebar sic am l l. März 1866 ihr -ltcs Kind, das am 27. März cdendasclbst starb. Nach ihrer Entlas­sung trat sie bei Corsettfatrikant Teufel in Nottcnbnrg als Nähterin in Dienst, wurde aber wegen ihres unsittlichen Lebenswandels bald wieder entlassen. Es stellte sich nachher heraus, daß sie sich nicht nur einen fal­schen Schlüssel zu einem Kaste» halte machen lassen, worin die Gcidkastc sich befand, sondern auch eine» zu der Gcldkassc selbst, der aber bei dem Versuche, dieselbe zu öffne», abbrach und stecken blieb. Außerdem hatte sie bei einem Kaufmann in Rottcnbnrg auf einen falschen Namen 6 Stücke Klcikcrzeug geholt und wieder zunickgebracht, zuvor aber von einem der­selben am bintcrn Ende 9 Ellen heimlich abgeschnitten und ihrem Lieb­haber zngeichickt mit dem Auftrag, ibr solches als Weihnachtsgeschenk wil­der zurückzuschicken. Wegen dieser Vergehen in Untersuchung gezogen, hat sie dieselben nicht nur sogleich cingcstanden, sondern auch erklärt, sie habe noch viel mehr ans dem Gewissen, sie wolle sich dasselbe, erleichtern und »»geben was sic drücke: nämlich daß sic ihre 6 zuerst geborenen Kin­der in Felldorf vergiftet habe. Am 6. Dezember 1857 gebar sie da­selbst ein Mädchen Maria; da ras Kind ihr durch sein Schreien bei Nacht lästig wurde und sic in ihrcni Hang zur Liederlichkeit hinderte, so beschloß sic, dasselbe aus dom Wege zu räumen und gab ibm 5 Tage hinter ein­ander 6 Mal Crotonö! in einem Kaffcelöffelchen, worauf das Kind fürch­terlich schrie, ibm jedes Mal der Schaum vor den Mund trat und es giftige Blasen im Mund und Hals bekam, bis der Tod es von seinem Leiden erlöste. Das 2te am 2. Mai 1860 im Klinikum in Tübingen ge­borene Kind Carl August schaffte die »nnaiürlichc Mutter durch einen Ab­sud von Bella-Donna- (Tollkirschen) Blättern, welche sie dem Kind am 26. Juni auf 2 Mal (64 Eßlöffel voll) eingab, ans der Welt, das Kind siel nach dnzi Genuß in eine Schwäche und lag regungslos da, bis es am Abend den 26. Juni den Geist ansgab. Nach einem weiteren Ge­ständnisse der Ang. hatte sic diesem 2. Kinde außerdem Bella-Donna-Absud auch noch den Absud von Zündhölzchen zu trinken gegeben. Am 15. Jan. 1862 gebar sie ein Mädchen Marcclla; um sich diese Last vom Halse zu schaffen und wieder der Sinnlichkeit fröhne» zu können, beschloß si-, das Kind durch Gift zu tödicn. Mehrere Lage nach einander sott sie Zündhölzchen in Wasser ab, bis lein Phosphor mehr an denselben war, und gab dem Kinde davon in der Milch ;» trinke». Da jedoch blos ein

heftiges Erbrechen erfolgte, so sott sie nochmals 2 Schachteln Zündhölzer in einem Schoppen Wasser bis auf >/< Schoppen ein und gab dem Kinde einen starken Eßlöffel voll. Das Kind erhob ein jämmerliches Geschrei und krümmte sich vor Schmerzen, wurde allmählig schwächer und starb am Morgen den 26. März. Man glaubte, das Würmchen sei an Brech» rühr gestorben! Dem Pfarrer fiel es auf, daß alle 3 Kinder so schnell nach der Geburt starben, allein die Hebamme versicherte ihn, es sei nichts Unrechtes vorgckommen. In dem Verhöre des Präsidenten erzählt die Ang. ihren Lebenslauf. Nach ihrer Verhaftung in Rottenburg sei ihr in ihrer verlassenen hülfloscn Lage daS Leben entleibet gewesen und sie habe daher gedacht,wenn man mir den Kopf hernnterschlügc, wäre es mir das Liebste", und in dieser Stimmung, um dieß zu erreichen, habe sie angegeben, ihre Kinder ums Leben gebracht zu haben. Auf ihre Geständ­nisse und die übrigen belastende» Umstände aufmerksam gemacht, erklärte sie: ihr Vertheidigcr habe sie jaufgefordcrt, die Wahrheit zu sagen: sic habe keinem ihrer Kinder etwas zu leid gethan, dieselben seien auch keine Last für sie gewesen, sie hätte deßhalb doch ihren Nei­gungen und Vergnügungen nachgchen können. Ans die Frage des Prä­sidenten: warum sie den» heute alle ihre Angaben widerrufe, da ihr, wie sie sage das Leben entleibet sei und sie den Tod suche? Antw.: Weil ihr Vertheidigcr sic ermahnt habe, die Wahrheit zu bekennen; es sei ihr aber heute noch gleichgültig, ob sie ihr Leben verliere. Auf An­trag des St.-Anwalts wurde» sodann die sämmtlichen Protokolle der Vor­untersuchung, sowie ein Brief ihrer Mutter verlesen, worin diese ihre Tochter aufsordert, ein offenes Gcständniß abzulegcn. Sic könne aber nicht glauben, daß ihre Marie eine Mörderin sei. Der Brief schließt mit den Worten:Solltest du deinen Kopf lassen müssen, so will ich mei­nen alten Kopf auch hinlcgen." Beim Verlesen bricht die Ang. in lautes Weinen aus. Am 27. und 28. Juni fand die Vernehmung der Zeugen statt, während welcher die Ang. Anfangs ihren Widerruf sesthielt. Sta- tionskominandant Vollmer von Rottcnburg erklärte jedoch mit großer Bcstimmlhcit und Festigkeit, die Ang. sei auf dem Transport zwischen Sec« bronn und Ergcnzingen einmal vor ihm stehen geblieben und habe mit aufgehobenen Händen zu ibm gesagt:So wahr ein Gott im Himmel ist, so wahr Jesus Chriüus am Kreuz für uns gestorben ist, ich will kei­nen Tbcil an der Seligkeit haben, die heiligen Sterbsakranicntc sollen mir verloren gehen: Ich bin die Mörderin meiner drei Kinder!" auch habe sie auf dem Rathhaus in Ergcnzingen das Gcstänbniß wiederholt. Dieses Zeugniß machte einen so tiefen Eindruck auf die Ang., daß sie in Weinen und Schluchzen ausbrach und in das Arrcstzimmer geführt zu wer­den verlangte. Nach einer Viertelstunde wünschte sie, daß die Zeugen aus Felldorf aus dem Saale sich entfernten, und nachdem dieß geschehen, tritt sic wieder in den «aal und erklärt: sie feie die Mörderin ihrer Kinder und scic mit jedem einzelnen so Verfahren, wie sie früher ange­geben habe. Es habe ihr die letzte Nacht keine Ruhe gelassen und sie finde dieselbe nur nach diesem Geständnisse wieder. Nachdem hierauf die Sachverständigen ihre Ansichten in weitläufiger Weise entwickelt hatten, fanden weute die Parteivorträge statt. Abends nkw erfolgte das Schuldig der Gcschwornen, in Folge dessen die Angekl- zum Tode mittelst Enthauptung verurthcilt wurde. (T. Chr.)

Ludwiqsburg, 5. Juli. Gutem Vernehmen nach ist durch heute cingetroffenen allerhöchsten Befehl bei der gcsammten Rei­terei der Gebrauch der Lanze abqesckafft. (Schw. M.)

Ehingen, 28 Juni. Auf den beutige» Schafmarkt wur­den gebracht 5000 Stücke, verkauft 4500; höchster Preis 31 fl. 30 kr., niederster 14 fl. Ans dem Wollmarkt waren gelagert etwa 900 Centncr, welche sämmtlich und zwar rasch verkauft wurden; Preis deutsche Wolle 112 fl., Bastardwolle 130 fl.

Am 3. Juli Abends enlind sich über Biberach und Um­gegend ein sehr verderbliches Hagelwetter. Ein neu erbautes, im Innern aber noch nicht ganz fertiges Wohnhaus der Vorstadt stürzte durch den Sturmwind wie ein Kartenhaus zusammen.

Auf einer am 30. Juni zu Göppingen gehaltenen Ver­sammlung haben die Gegner des Handelsvertrags wieder eine Niederlage erlitten. Der Vorsitzende konnte konstatiren, daß in der Versammlung kein Gegner des Vertrags anwesend war. Die Tuckfabrikaiiten in Metzingen sind für den Vertrag. Die Stutt­garter Eingabe wurde sofort von mehr als 40 der Göppinger und Jebenhäuser Firmen unterzeichnet.

Rastatt, 28. Juni. Nach einer heute erschienenen amtlichen Bekanntmachung sind kürzlich im benachbarten Amtsbezirk Gerns­bach mehrere Erwachsene und Kinder, sowie Hunde von einem Herumschweisende» wüthenden Hunde gebissen worden.

Heidelberg, 5. Juli. Wie man vernimmt, wird den 13. Juli in Dur lach eine Cvnsercnz abgehalken werden, welche das Bestreben der Orthodoxen, .die Absetzung des Herrn Direktor Schenkel zu bewirken, behandeln soll.

Renan'sLeben Jesu" ist bekanntlich in Baiern proviso­risch mit Beschlag belegt, aber in Oestreich erlaubt und überall zum Verkauf angekündigt. Seit dem Tode des Königs Max II. scheint das Jesniteitthnm i» Baiern wieder Raum zu gewinnen und der Rückschritt Fortschritte z» machen.

Druck und Verlag der Ä. W. Zaise r 'scher, Buchhandlung. Rcdaktisn: Hölzle.