Mf einen Mann hinweist, St. Thomas, der eine Vereinigung aus zweien bezeichnet, St. Johannes, der Apostel der Liebe, das sind die drei Schutzpatron« derer, die gern heirathen möchten. Deßhalb sind die ihnen geweihten Kalendertage für solche Herzensfragen besonders günstig; zu ihnen kommen noch der Weihnacht?- und Sylvesterabend.
Freilich sind an einem jeden dieser Tage die üblichen Mittel wieder so verschieden, daß es unmöglich scheint, zn entscheiden, welches wohl am wirksamsten und zuverlässigsten sein möchte. Am Andreasabend z. B. kann man es machen, wie die Mädchen in Schlesien, die dann in ihrer Kammer, mik dem Rücken nach der Thüre gekehrt, einen Pantoffel rückwärts über den Kopf werfen; liegt er mit der Spitze nach der Thüre zu, so kommt sicher in demselben Jahre der Bräutigam; wenn aber die Spitze nach in« § neu gekehrt ist, nicht. Oder man kann dem Beispiel der hierin ! erfahrenen Mädchen ans dem Harz folgen, die a» diesem Abend durch ein altes Verslein eine Traumweiffagung herbeiznzaubern wissen. Um Mitternacht richten sie sich im Bett empor, treten die Bettspinde dreimal an und sprechen also:
„Bettbrelt, ich tritt dich.
Heiliger Andreas, ich bitt' dich.
Du wollest mir lassen erscheinen,
Den Herzallerliebsten meinen.
Wie er geht und wie er steht, ,
Wie er mit mir zur Kirche geht!"
Dann legt man sich nieder, schläft ein und sieht im Traum das Bild seines Zukünftigen. Den Mädchen im Harz erscheint er gewöhnlich in Gestalt eines prächtigen Baucrubnrschen, aber es wäre doch möglich, daß unter anderen auch daS Bilv eines Offiziers, eines Kaufmanns oder gar eines geadelten Millionärs sich einstellen könnte. Schauerlicher ist dagegen das Verfahren wißbegieriger Mädchen am Rhein. Diese legen am Andreaöabend sich umgekehrt ins Bett und mit dem Kops am Fußende sprechen die Gottlosen: „Ich lege mich nieder in Teufels Namen." Um Mitternacht erscheint dann der Teufel und stellt der Fragenden ihren künftigen Gatte» vor. Uebrigens soll selbst bei den beherzten Rheinländerinnen dieses Mittel nur als „letzter Versuch" angewandt werden. In Thüringen decken an demselben Tage die Mädchen um Mitternacht den Tisch, legen Messer und Gabel darauf und öffnen das Fenster; richtig kommt bann der Ersehnte vor das Fenster und zeigt sich ihnen.
Anders sind die Mittel, welche am Weihnachtsabend zu Gebot stehen. Dann gehen im Braunschweigischen die Mädchen hinaus an den Gartenzann und rütteln so lange daran, bis eine Planke losbricht; diese wird an einen verborgenen Ort gestellt und beim ersten Läuten am ersten Christtage in den Ose» gelegt, beim zweiten Läuten wird sie weiter hincingeschoben und beim dritten Läute» stellt sich die Heirathslustige an das Fenster und sieht, wer zuerst vorbeigeht; ist es ein altes Weib, so bleibt das Mädchen in dem kommenden Jahre noch ledig, ist es aber ein alter Mann oder ein kleiner Junge, so ist die Hochzeit nahe. Mn nicht geringerer Spannung horchen an jenem Abend die schönen Mädchen aus Sachse» dem Sausen des Windes im Ofen, denn aus seinen verschiedenartigen Tönen kann man sicher auf den Stand und Beruf des künftigen Galten schließen.
Das Blei- oder Zinngießen am Sylveiterabend gehl durch ganz Deutschland; ans den Gestalten des ins Wasser gegossenen Blet's wirb die künftige Heiralh durch den Witz der Phantasie gedeutet. Im Harz wird das Blei zu größerer Sicherheit durch einen alten Erbschlüssel gegossen. In Ostpreußen wird aus de» Figuren, welche durch Eiweiß, in ein Glas Wasser geschüttet, gebildet werden, nicht weniger deutlich prophezeit. Noch eiliger haben es die Schönen in der Wetterau, die vom Bleigießen sofort ans die Straße eilen und den ersten begegnenden Knaben nach seinem Taufnamen fragen, denn dies ist auch der des künftigen Geliebten. Am Zuverlässigsten aber dürfte sein, was man auf Sylvester in Tyrol thut. Eine Gesellschaft von Mädchen und Burschen läßt in einer Wanne Nußschaalen mit Zettelchen schwimmen, worauf der Name der Einzelnen steht; deren Schiffchen nun ans einander zuschwimmen, die werben Verlobte.
Die Zuversicht, mit der nicht selten gebildete Mädchen die Wahrsager« und Kartenlegerinnen ausnehmen und befolgen, hängt jedenfalls mit der lebhaften Frage nach dem künftigen Bräutigam innigst zusammen. Die Karten der Lenormand haben in Deutsch»
laud einen so großartigen Absatz gefunden, wie kaum ein Eczeug- niß der gediegensten Schriftstellerin. Von Fr. Sohn's „Wahr- sagekarten" — von einer Berliner Buchhandlung mit der stehenden Empfehlung ausgeboten: „Es ist allgemein bekannt, daß alles durch diese Karlen Vochergesagte eingetroffcn ist" — sind nach einer Anzeige eben dieser Buchhandlung in fünfzehn Monaten 60,000 Eremplare abgesetzt worben! Wer wagt es da noch, die Zukunft eine unsichere zu nennen? Nein, nein, die Geister« well ist nicht verichlvffen! Wer jenen Karten nicht Glauben schenkt, der wolle wenigstens nicht bezweifeln, was eine jener zahlreichen Phylias in Paris vermag, die geistreich genug ist, der schönen Welt aus den Gestaltungen des Kaffeesatzes ein Hei- rathsorakel zu crtheilen, oder betreffenden Falls nicht verfehlen, an jenen Genfer Professor sich zn wenden, der einem klopfenden Tische die süßesten Geheimnisse zn entlocken versteht.
Doch warum in die Ferne schweifen und das — Schöne liegt so nah! Verachtest du den Guckkasten mit Recht, der jetzt ans allen Messen ansgestellt ist und worin jedes für einen Silber« grvscheu den künftigen Geliebte», di« künftige Geliebte im Spiegel schauen kann, nun gut, meine Schöne, ziehe doch deine zarten Finger einmal recht aus, so oft sic knacken, so viele Freier wirst du demnächst sicher haben! Wandere hinaus, sobald der ! Lenz beginnt, hinaus in den Wald und frage — den Kukuk! Den Vcrheirathcteu zwar verkündigt dieser prophetische Eremit nur ihre noch übrigen LebenStage, den Ledigen aber gibt er sichere Antwort, wie viele Jahre sie noch einsam schmachten müssen. Gehe hinaus aus den blnmigeu Wiesenanger und pflücke die gol- dene Ringelblume und sprich mit dem schöne» Grekchen: „Er liebt mich! Er liebt mich nicht!" Und nur vor Einem hüte dich ans dem Wege: G>b Acht, daß kein Dornzwcig sich unterwegs an dich hafte, denn sonst Hilst Alles nichts, du bekommst nach dem allgemeinen Glauben — nur einen Wittmann.
— Wie der Geiz sich selbst straft. Sladtrath vr. Nost in Berlin hatte ans der Liste der Armen, die er seiner Verpflichtung nach zn besorgen hakte, auch den Namen einer alten vcr- rvittweken Geheimsekretäri» stehen. Er ging deßhalb eines Tages hin, um sich von dem Nothstande der ihm überwiesenen Armen persönlich zu überzeugen und wurde in einem Hause der Grcna- dierstraße an ein enges dunkles Bühnenkämmerlein gewiesen, zu dem eine finstere alte Treppe kaum eine» Zugang bot. Nachdem er sein Auge allmählig an die Düsterheit dieser Kammer gewöhnt hatte, sah er in einem Winkel ans verfaultem Stroh die alte, abgemagerlc Wittwe liegen, ein wahres Jammerbild. Bei ihr war eine 40—50 Jahre alle Tochter, die bei seinem Eintritt scheu zurücksnhc und deren »nstäte Blicke und blöde Gesichlszüge ihm deutlich genug sagte», daß sie ihr Lebenlang in dieser Düsterheit begrabe» gewesen war. Sonst war nichts in der finstern Kammer zu erblicken, als eine alte, wurmstichige Kommode und ein eben so alter, halbzerbrochener, seines Strohsitzes längst beraubter Stuhl. Voller Mitleid ging vr. Rost wieder fort; aber was mußte er wenige Tage daraus vernehmen? Tie Wittwe war an Erschöpfung und Altersschwäche gestorben. Niemand war um sie, als jene geistesschwache, verkommene Tochter. Die wußte kaum, was der Tod ist und was sie mit der Leiche der Mutter ansangen sollte. Sie ließ sie in der Kammer liege». Nachdem sie von dem e sie» Erstaune» über den Tod ihrer Mutter sich erholt halte, öffne!« sie eine seither immer geschloffene Kommodeschublabe, worin sich eine Menge Lumpen vorfand. Als sie aber in denselben wühlte, fand sie einen Pack mit 22,750 fl. Vor Freude oder Schrecken taumelte sie zurück, stürzte zu Boden und war eine Leiche. Nun lagen 2 Tobte an der Stätte des Geizes, vr. Nost, der diese merkwürdige Geschichte erfahren hatte, belegte den Nachlaß der Verstorbenen zu Gunsten der Maria-, Nikolai- und Klosterkirche, von denen dieselbe vom Jahr 1811 an nach und nach über 3500 fl. Almosen erhalten hatte, sogleich mit Beschlag. Das Gericht erließ nun die gewöhnlichen Bekanntmachungen, und nach einiger Zeit erschien ein Advokat aus Blankenburg, der von den dortigen Verwandten der verstorbenen Sekretärin bevollmächtigt war, die Hinterlassenschaft derselben in Empfang zu nehmen. Das nach und nach erhaltene Almosen wurde davon abgezogen und diese Summe zu Vorrichtungen für Heizung genannter Kirchen verwendet.
Druck u»> Verlag der G. W- Zaiser scheu Buchhandlung- Redaktion: Holzl«.