Rollet mit einem spöttische» Lächeln. „Ja er lebt, aber in meiner Gewalt!"
„Wo ist er? Wo lebt er?" frätzte der Graf hastig. „Sprich Schurke', ober ich lasse dich ans dir Folter spannen!"
„Damit ick unser Geheimnis; aller Welt ansplauderc?" erwiderte Rollet höhnisch. „Nein, mein lieber Gras, das werdet Ihr nicht thkin, wenn Ihr Euch besser besonnen habt. Aber woher wißt Ihr schon?"
„Da lies!" sagte der Graf. ,,Jn den Zeitungen wird die Geschichte auSposaunt, die ich ans ewig in's Grab der Vergessenheit versenkt glaubte. Ein wahres Glück ist eS, das; die Gräfin keine Zeitung liest, als nur die, die ich selbst ihr in die Hände gebe!"
Der Zigeuner blickte die Zeitung an und sagte: „Da ich selber nicht lesen kan», so müßt Ihr schon die Güte haben, mir die Geschichte vorzulesen, Herr Gras. Ich vin wirklich neugierig darauf."
Der Graf laS:
„„Einer unglücklichen Mutter, welche vor etwa neun Jahren „ihr Kind, einen damals fünfjährigen Knabe», Namens Eap- „tal, verlor, thcilen wir mit, daß der Knabe lebt, nnd nicht, „wie man sie glauben machen wollte, in einem Teiche ibres „Landguts ertrunken ist. Wenn sie sich bei dem Präsidenten „der Polizei, C. . . melden will, wirb sic die genauesten „fernere» Nachrichten empfange».""
„Ja, eS ist kein Zweifel, daß hier voll nnserem Capkal, von dem verschwundenen kleine» Grafen Darville, den, Erben verschiedener großen Landgüter und Paläste die Rede iit," sagte Rollet kalt. „Aber was kümmert uns die Anzeige? Wir werde» uns nickt selber verrathen, denke ich."
„Aber andere werden U»S verrathen," schrie der Graf wü- thcnd. „Ünd daran ist Niemand schuldig, als d», verdammter Hallunke, der du mir versprachest, den Vuben aus der Welt zu schaffen, und auch den Loh» dafür empfingest."
„Ja, bas ist wahr," enigegnete Rollet. „Ich bin Euch auch heute noch so dankbar dafür, daß ich den Knaben ganz in Eure Hände geben will, wenn —"
„Nun, wenn?" —
„Wenn Ihr mich für meine Gefälligkeit bezahlt," sagte der Zigeuner mit frechem Lacken. Der Gras murmelte einige leise Worte vor sich hin, die der Zigeuner nicht ve>stand, und ging dann ein paar Mate gesenkten Hauptes in dem Zimmer ans und ab. „Und was verlangt Ihr für die Auslieferung deö Knaben ?" fragte er endlich.
„Hunderttausend Franks, baar ausbezablt. Keinen Sons mehr, keinen weniger. Ihr werdet die Forderung billig finden, Herr Graf, wenn ihr bedenkt, was für schöne Güter Ihr mit dem Jungen erkauft!"
„Hunderttausend Franks, du Allerwelts-Spitzbube!" rief der Graf außer fick vor Wuih. „Woher soll ich sie bekommen?"
„Ja, das ist Eure Sache," erwiderte der Zigeuner mit großer Ruhe, welche den Zorn des Grafe» nur immer höher steigerte. „Ich habe bei der ganzen Angelegenheit nichts zu thnn, als nur das Geld in Empfang zu Nehmen."
„Und wenn ich eS dir aber nicht gebe?" fragte der Graf lauernd.
„NU», dann werde ich mich an die Frau Gräfin wenden, ihr erzählen, was für einen vortrefflichen Schwager sie besitzt, und an sie den Sohn verkaufen, nach welchem Ihr so wenig Verlangen zn tragen scheint."
Einen Blick des grimmigsten Hasses schleuderte der Gras auf de» frechen Zigeuner, und nur die Angst, daß dieser sein Vorhaben ausführen und ihn an die Gräfin verrathen könne, hielt ihn ab, Rollet die Thür z» weise». Er bezwang seinen Zorn und warf sich erschöpft in seinen Lehnsessel. Dort saß er einige Minuten ganz in sich selbst versunken, während der Zigeuner ihn mit höhnischen Blicken betrachtete.
„Jnbeß ihr Euch besinnt, ob ihr auf meinen Antrag ein. gebt, werbet Ihr erlauben, daß ich es mir bequem bei Euch mache, mein theurcr Herr Gras." sagte er, und nahm ohne Umstände einen Stuhl, welchen er dem Grafe» gegenüber an den Tisch rückte. Dann griff er »ach dem vergoldeten Kaffeegeschirr des Grafen, schenkte sich von dem braunen Trank ein, schlürfte ihn mit Behagen hinunter, und schien gar nicht zu wissen, daß
außer ihm noch ei» Mensch auf der Welt sei. Mit finsteren Blicken bemerkte der Graf die Frechheit des Elenden, wagte es aber nicht, ihn zn schelten oder ihn in seiner Behaglichkeit zu stören. Düster starrte er vor sich hin nnd überlegte, aüf welche Weiser sich am beste» ans diesem Handel würde ziehen lönnen.
Plötzlich enkrnnzelle sich seine Stirne, leine fest znsammenge- preßten Lippen öffneten sich zn einem Lächeln, nnd sein Auge, blickte nicht mehr so finster, wie vorhin.
Höre, Rollet, mein guter Bursch," sagte er, ick habe mich besonne» und glaube es möglich machen zn lönnen, dir die hnn- berttausend Franks zn verschaffen. - Ja, ja, du sollst sie habe», und zwar heule noch."
Aha, seid Ihr nun veinnnftig geworden, mein lieber Herr Gras?" höhnte der Zigeuner. „Ich dachte mir wohl, daß sich das Geld finde» würde; denn ick habe Euch ja immer als einen klugen »Nb verständigen Man» gekannte
„Ja, du sollst sie habe», aber unter einer Bedingung."
„Und die laute! ?"
„Daß btt nun und nimmermrhr den, jungen Grasen daS Geheimniß seiner Geburt verräihst! Du hast es nicht etwa schon geihan?"
„Ei, da müßte ich wohl ein rechter Dummkops sein," erwiderte Rollet lachend. „Eher haue ick mir seiner die Zunge anögeschnillen. Nein, »ein- darüber könnet Ihr Euch beruhigen, denn wenn ichs ihn, gesagt hätte, so wurde er den Weg z» seiner Mutter gewiß auch ohne mich gesunden haben." .
„Wohlan, so bringt mir heute Abend den Knaben und Ihr sollt angenbticklich die geforderte Summe ausbezablt erhalten."
„O nein, so haben wir nickt gewettet, mein lhenrer Herr Graf," entgegnele Rollet. „Ihr zahlt jetzt die Hälfte jetzt auf der Stelle, und wenn ich den Jungen bringe, die andere Hälfte."
„Gut, auch das mag sein," erwiderte Gras Recil, „aber wer steht mir dafür, daß Ihr Wort Hallen, nnd nicht mit der empfangenen Summe durchgehen werdet."
„Ei, waö sonst, als die Hoffnung, auch die andere Halite zn bekommen!" erwiderte der Sehnst. „Fünszigtansend Franks, ja» sind schon ein hübsches Sümmchen; aber hnnderiansend — bas klingt schon viel majestätischer! Ich muß die Hunderttausend voll haben."
„Und ich wünsche, daß sie Enck wohl bekomme» mögen, wenn Ihr nur den Knaben bringt," sagte der Gras srennblich, indem er durch mehrere Corridoce »ad abgelegene Gemächer des großen Palastes ickriik. „Wenn er nur seinen wirklichen Namen nicht weiß! Das ist das Einzige, was leb uirchie!"
„Und warum fürchtet Ihr eS, Herr Gras?" fragte der Zigeuner.
„Weil," antwortete der Gras leise, „weil ick ihn in mein Hans nehmen und gut halten würde, wenn er von seiner Abkunft nichts erfahren hätte. „Im anderen Falle wäre er entweder oder ick verloren." -W.^,' .
Allerlei.
— Die Elektricität als Lebenswecker kommt immer mehr in Anwendung. Leute, die hinter dem Ofen oder auch im Eisenbahnwagen durch Kohlendamps bewußtlos nnd fcheintodt geworben sind, bringt man durch Elektricität i»S Leben zurück. Ja, man hat beobachtet, baß die todiesten jungen Männer lebendig wurden, wenn sie die rechte Dame mit den Fingerspitze» berührte. Alles Elektrilität.
— Rechte der Frauen. Die Sitte, Dame» als Sekretäre und Schreiber anzustellen, kommt in den Washingtoner Rc- gierungsbureaus immer mehr in Aufnahme »nd findet allgemeine» Anklang. Zu ihrem Lobe wird gesagt, daß sie durchgängig ihre Schreibereien korrekter besorgen, als ihre College» vom stärkeren Geschlecht; und da sie einen bedeutend geringeren Sold beziehen, so ist der Gewinn für die Regierung ein beträchtlicher.
Turn-Verein Nagold.
Nächsten Donnerstag Versammlung im Lokal.
Der Vorstand.
Druck uut Verlag de» G' AS. Aaise r'sckru rS»chhi,»dl»u<>. Redaktion: Holzte.