Kopenhagen, 21. März. BerlingSke Tid. meldet: Die, Regierung hat den Waffenstillstand nicht eingegangen. Die Düp­pelstellung wie überhaupt der gegenwärtige Zustand ist als Basis einer Waffenruhe undenkbar. (T. d. St.-A.)

Paris, 21. März. DerMoniteur" erklärt die umlaufen­den Gerüchte über ein neues Komplott gegen das Leben des Kaisers unbegründet.

Turin, 22. März. Der HeuligenOpinione" zufolge ist Garibaldi gestern mit sechs Personen auf dem englischen Schiffe Lavalette" von Caprera abgereist. Man glaubt, er gehe nach England, wo er erwartet werden soll.

Der glücklichste aller Generale ist der l'/s Fuji hohe Ge­neral Tom Pouce in Newyork; denn seine Frau Gemahlin ist mit einem Jungen in die Wochen gekommen. Er macht dies selbst bekannt und hat sofort das Entree, für das er sich sehen läßt, um das Doppelte erhöht, um das ganze Publikum an sei­nem Familienglück theilnehmen zu lassen.

C a p t a l.

(Fortsetzung.)

Neuntes Kapitel.

Captal schlich herum wie ein Träumender. Er vermochte sich den Gedanken an seine Mutter nicht aus dem Kopfe zu schla­gen, und immer schwebte ihm dabei die schöne, schwarz gekleidete Dame vor, welche er in Begleitung seines Anklägers, des jun­gen Grafen Robert Darville gesehen hatte. Er durchstreifte wäh­rend Pierre's Abwesenheit ganz Paris, in der eitlen Hoffnung, die Dame vielleicht wiederzusehen.

Seine Blicke schweiften fleißig umher; aber nirgends fand er eine Spur von ihr, nirgends erblickte er das schöne, bleiche Gesicht, dessen Züge sich unauslöschlich in seine Seele geprägt hatten.

Am Abende des zweiten Tag. s kehrte Pierre zurück und sein Gesicht leuchtete von Hoffnung und Freude.

Rollet ist gefunden!" ries er Captal entgegen.Heute noch, in der nächsten Nacht wirst du ihn sprechen, wenn du willst."

Captal jauchzte laut, Pierre aber dämpfte seine Freude so­gleich, indem er hinzufügte:Juble nicht zu früh! Rollet ist ein Mensch, dem man nicht trauen darf. Anstalt dick auszuklären, wird er dich zu seinem Bortheile benützen wollen. Also hüte dich vor ihm. Am besten wäre eS vielleicht, mau unterrichtete den Polizei-Präsidenten von Allem. Aber ehe wir das thuu, wollen wir wenigstens einen Versuch mit Rollet anstelle«."

Und wo soll ich ihn finden?" fragte Captal.Wird er uns hier in unserer Wohnung aufsuchen?"

Behüte der Himmel!" ries Pierre.Unsere Wohnung darf er nicht erfahren, denn dadurch würden wir uns ganz in seine Gewalt geben. Besprich ihm was du willst zur Belohnung für seine Mittheilungen, aber dann laß dich auch ans nichts wei­teres ein. Fordert er Bedenkzeit, so bestimme ihm wieder einen Ort zur Unterredung, wo ihr euch zn einer gewissen Stunde tref­fen wollt. Im Uebrigen aber verbirg ihm Alles, was dazu die­nen könnte, ihm deinen Aufenthalt zu verrathen."

Und warum das?" fragte Captal.Ich sehe keine» Grund für diese übergroße Borficht."

Ei, siehst du denn nicht ein, daß Rollet alles Mögliche aufbieten wird, dich in seine Gewalt zu bekommen, um dich als Werkzeug für seine Pläne zu benützen? Bist du einmal in seinen Händen, so wird er dich nicht wieder loslassen, ehe er nicht den größten Bortheil davon gezogen hat. Er wird deine Mutter be­trügen, wird einen hohen Preis für deine Herbeischaffung fordern, und auf diese Weise dich dermaßen berauben, daß von deinen Gütern dir am Ende kaum so viel übrig bleibt, daß du mit dei­ner Mutter davon leben kannst. Nein, nein, ich kenne de» Fuchs, und wir müssen durch List allen Schlingen zu entgehen suchen, die er unzweifelhaft legen wird, um uns zu fangen."

Ach, was kümmern mich alle Girier, wenn ich nur das höchste und ersehnteste Gut, meine Mutter, wiederfindc!" rief Captal tief bewegt aus.

Ja, ja, ich sehe schon, du sprichst wie ein Thor, der auf nichts hört, als auf die Stimme der Leidenschaft," erwiderte Pierre.Wie nun, wenn Rollet dich verrielhe? Schon der Präsident sagte, daß du mächtige Feinde haben müßtest, denen daran läge, dich aus dem Wege zu schaffen. Werden fie nicht

einen hohen Preis dafür zahlen, um Rollet zur Berrätherei zu bewegen? Nein, nein, gib dich um's Himmelswillen nicht in die Hände des Schurken, der nur darauf ausgcht, sich selbst zu be­reichern, wen» auch alles Andere darüber zu Grunde gehen müßte. Wenn er eS ehrlich und aufrichtig mit dir meinte, warum hätte er dann nicht mir schon gesagt, was du zu wisse» wünschest?"

Caplal sah ein, baß Pierre nicht so ganz Unrecht halte und gab ihm das Versprechen, vorsichtig zu verfahren. Daun fragte er ihn,wo er Rollet heute Abend treffe» würbe?"

Bei dem Haupteingange der Kirche unserer lieben Frauen," erwiderte Pierre.Rollet batte sich einen ander» Platz auSge- wahlt; aber ich bestand aus jenem, und ich werbe dich auch da­hin begleiten. Er soll dir nichts zu leibe thun, selbst wenn er damit umginge."

Aber Pierre," fragte Captal,wie kommt c§, daß du so viel Theil an mir nimmst? Wirklich, ich weiß nicht, wodurch ich das verdient habe."

Nicht? Nun so will ich dir's sagen," lautete die Antwort. Du hast dein Brod mit mir geth.ilt, als ich hungerte und du mich noch nicht kanntest. Und als tu mich kennen lerntest, hast du mich geliebt und mich zu bessern gesucht. Die» werbe ich nie vergessen, und so lange ich lebe, wirst du den getreuesten Freund an mir besitzen. Bin ich auch nur ein Zigeuner, den die meisten Menschen verachten, so habe ich doch ein dankbares Herz, das empfangene Wohlthaten niemals vergißt."

Captal brückte dem Freunde mit Liebe die Hand, und ob­gleich er seine Fehler nicht verkannte, so fühlte er doch, daß sie von seinen Tugenden weil »berwogen wurden. Auch hatte er, mit dem Pierre es so treu meinte, am wenigsten das Recht, ihm Vorwürfe zu machen und ihn zu verachten. Er sprach seine Ge­fühle gegen Pierre aus, dieser aber ließ ihn nicht viel zum Worte komme», sondern forderte ihn auf, sich zu einem Zusammentreffen mit Rollet vorzubereiken. Es wurde zwischen den Beiden genau und sorgsam überlegt, wie Caplal sein Benehmen gegen den Zi­geuner einrichte» solle, und dann machte» sie sich auf den Weg. Nicht weit von der Kirche trennten sie sich und Captal näherte sich allein dem hohen Portale, aus dessen düsteren Schatten ihm sogleich die Gestalt eines Mannes enlgeaenirat. Der Mond stand am Himmel und schien bell. Captal' und der Fremde wechselten einige Worte, welche als Erkennnngszeichen verabredet waren, und bann zog Captal das Bildniß seines Vaters hervor, welches Rollet, aus dem Schallen in das volle Mondlicht hinaus tretend, einen Augenblick genau betrachtete.

Er ist es, ich kann nicht daran zweifeln," murmelte er, wäh cnd seine finsteren Züge vor Freude zuckten.Jetzt Gras Darville, haben wir noch ein Wörtlein mit einander zu reden."

Hieraus wendete ec sich wieder zu Caplal, der diese leise gemurmelten Worte natürlich nicht verstanden halte, gab ihm das Bildniß zurück, und zog ihn dann wieder tiefer in die Schatten des Portals hinein.

Knabe," sagte er zu ihm,du suchst deine Mutter?"

Ja, Rollet, und reich miss ich dich belohnen, wenn du mir hilfst, sie zu finden," erwiderte Captal.Tie Hälfte von Allem, was einst mir gehören wird, soll dein sein."

Gut! Aber wer steht mir dafür, daß du im Glücke die Versprechungen halten wirst, die du mir jetzt, wo du noch nichts besitzest, so freigebig machst? Ich bin kein Narr, der auf das bloße Wort eines Knaben traut."

Was kann ich dir aber geben, als nur mein Wort?" fragte Captal.Jetzt besitze ich nichts, als die Kleider, die ich trage, und mein Murmelthier." (Forts, s.)

Ja, arm bist du; aber ein Wort von mir, ein einziges kleines Wort kann dich reich und glücklich machen," sagte Rollet. Und ich will dir das Wort nennen, wenn du mir^ eine Bürg­schaft für deine Versprechungen zu geben vermagst.""

Wodurch kann ich das?" fragte Captal.

Durch deine Person. Gib dich ganz in meine Gewalt, bleibe bei mir, bis deine Mutter thnt, was du mir versprichst, und dann will ich dich in ihre Arme führen. Die Hälfte deiner Güter, mehr verlange ich nicht, aber ich muß sie besitzen, bevor ich dich ausliefere."

I Durck und Beklag der <8- W. Zaiser'schen Buchhandlung. SiedaeNou: H»l zle.