C a p t a 1.

(Fortsetzung.)

Die Frau schien durch diese Worte besänftigt »nd kehrte schneller zurück, als sie fortg,-gange» war. TaS Ehepaar lagerte fich auf der Erde, und der Mann frag nach einem kurzen Nach­denken:WaS glaubst du von den. Jungen, Ella?" j

Ich glaube von ihm, daß er vornehmer Pente Kind ist. Und daß du ihn gestohlen hast, um du über kurz oder lang u» tüchtiges Lösegeld für ihn beza die» zn taffen."

«Feblgeschoffen, Ella! Mit dem Jungen hat eS eine ganz andere Bewandtniß. Höre z»; ich will dir eine kurze Geschilltte erzählen. In Paris wohnte einmal ein reicher Mas. Namens , Darville. Er batte zwei Söhne, der eine hieß Karl, der andere i Cecil. Karl war ei» edler, feuriger, stolzer, aber auch mild- ^ herziger Knabe; Cecil war ei» heuchlerischer Bube, der allen , Leute» schön that, um sie hiuteroer zn verspotten und heimlich ! seine Tücke an ihnen ausznlaffe». Als sie erwachsen waren, llarb j ihr Vater, und hinterließ ihnen seine Schlaffer, seine Güter, seine ! Häuser in Paris. Im Grunde erbte Karl allein, und Cecil unr­einen geringen Theil aller Reichthnmer. Aber Karl war edel- mülhig, und gab die Hälfte der Schätze dem Bruder, welcher nun nach der andern Hälfte nur um so begieriger wurde. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging darauf hinaus, seinen Bruder zu berauben, ihn zn Grunde z» richten, seine Habe a» sich zn ziehen. Aber seine Ränke und Schliche halfen ihm nichts. Kar! kam dahinter und warf de» Schurken ans seinem Hanse. Da­rauf vermählte er sich, und seine Gattin schenkte ihm einen schö­ne» Knaben, dem er i» der Taufe, einem alte» Oheune zu Ehren, hen sonderbare» Namen Captal gab."

Ah, und unser Captal, das ist sein Sobn."

»Ja, er ist es. Graf Cecil sah mit Wnth, daß er jetzt, wo sein Bruder eine» Erben besaß, nicht mehr auf die Güter desselbeu rechnen konnte, und diese Gewischeit machte ihn um so begieriger nach ihnen. Sein Bruder starb plötzlich, ohne vorder krank gewesen zu sein. Man munkellc von Vergiftung und der­gleichen; aber wer durfte es wagen, de» hochgeborene» und stolzen Grasen lsecil Darville des Brnberniorbs zu beschuldige»? Kurz. Gral Karl wurde begrabe» und hinierließ eine trauernde Wilkw- und sein Söhnchcn Captal, das damals kaum zwei Jahre alt war. Graf Cecil zeigte sich sehr iheilnedmend, tröstete leim Schwägerin und kam fast nicht mehr ans ihrem Hanse. Mir scheint es, als ob er seine Künste damals auch an dem kleinen Captal hätte versuchen wollen. Aber der Knabe wurde z» sorg­fältig bewacht, denn die verwittwete Gräfin Darville hütete ihn, wie ihr^n Augapfel. Sv wurde der Knabe beinahe fünf Jahre alt. Da beredete Graf Cecil seine Schwägerin, den Sommer auf einem ibrer Schlösser auf dem Lande zuzubringen. Er meinte, die Landluft werde dem kleinen Captat recht wohl bekommen. Er sehe so blaß aus. und wen» er nicht grüne Bäume sehe und sich auf grünen Wiesen umher tummele, so müßte er über kurz oder lang völlig ein Siechling werden. Die Mutter liebte, wie gesagt, ihren Sohn zärtlich, und da Graf Cecil immer und im- mkr von seiner Schwäche redete, so glaubte sie endlich daran, daß Captal wirklich ein schwächliches Kind sei n»d fragte de» Arzt, ob er einen Sommer-Aufenthalt auf dem Lande für gerathen finde. Der Arzt hatte nichts dagegen einzuwenden und die Mut­ter begab sich mit ihrem Sohne und ihrer Dienerschaft nach dem Schlosse Monlbris, nicht weit von der Savoy'schen Grenze gele­gen. Graf Cecil begleitete sie mit seinem Sohne Robert, der drei oder vier Jahre älter ist als Captal. Natürlich, wie er sagte, nur, damit die Frau Gräfin und ihr kleiner Liebling nicht so einsam und allein sei» möchten. Die Gräfin, obwohl sie ihre» Schwager nicht liebte, konnte ihn doch nicht zurückweisen, und eine Zeit lang ging auf dem Schlosse alle- ganz vortrefflich. Cap­tals Gesichtsfarbe wurde frisch und roth und sein Auge blitzte mulhiger und lebhafter als jemals. Natürlich! er tummelte sich den ganzen Tag mit seinem Letter Robert im Parke umher, jagte Schmetterlinge und Käfer und athmete mit Entzücken die freie Luft. DaS bekam dem Knaben sehr wohl, und sein kleines hüb­sches Gesicht wurde von der Sonne so lief gebräunt, daß seine Augen in höherem Glanze funkeln mußten. Gesünder wurde er aber nicht, denn er war ja gesund, ehe er Paris verließ, und was kann der Mensch am Ende mehr verlangen, als Gesundheit. Aber um deßwillen hatte Graf Cecil auch gar nicht auf den Be»

such des Schlosses gedrungen. Er wollte den kleinen Captal nur von Paris weg haben, um mit größerer Leichtigkeit seine tückischen Pläne auSführen zn können. In Paris war der Knabe immer behütet, immer bewacht; auf dem Lande, nun, der Schloß­garte» war sebr groß »nd es gab viele umfangreiche Fischteiche darin. Wie leicht konnte ein Kind darin ertrinke»! Kinder sind einmal leichtsinnig!"

Wie Graf Cecil geahnt hatte, so kam cs, denn er ist ei» sehr kluger Mann, und täuscht sich nur selten in seinen Berech­nungen. Captal wurde von Tage zu Tage mit geringerer Sorg­falt bewacht, und obgleich seiner Wärterin befohlen war, daß fie niemals von seiner Seite weichen sollte, so traf es sich doch oft genug. baß der kleine Gras ganz einsam und allein in dem weit» iänfigen Parke umlierlief, während die Mutter ihn unter sorgfäl­tiger Obhut glaubte."

Jetzt mobte der Graf wohl meine», das; eS Zeit sei, seine Pläne zur Reife zu bringen und anSziisühien. Eines Tages be­kam ich ein Schreiben von ihm, durch welches er mich mit weni­gen kurzeil Worten einlud, »ach MonlvriS z» kommen, weil er mir ei» wichtiges Geschäft anfzutrage» babe. Du erinnerst dick, Ella, daß der Latt.i des Grafen z» mir kam?"

Ja, und ich wunderte mich, daß er uns in »»serem Schlupf­winkel zu Paris aufgefnnden hatte."

Mich wnnderle eS nicht, denn der Herr Graf Cecil und ich kennen uns schon seil geraumer Zeit, »nd ich habe ihm Man­cherlei besorgen müssen, wa» kein Doktor »nd Apotdeker ihm ge­geben hätte. Wer holt auch gern Gift ans der Apoihrke, wenn er es zu gewissen Zwecken anwenbe» will. Aber gleichviel! der Herr Graf bezahlte mich immer sehr gut, und was er mit dein Gifte anfing, das kümmert mich nickt »nd geht mich auch nicht» an! Ratten wird er wobl nickt damit vergiftet haben. Kurz, er wußte immer, wo er mich finde» würde, denn einem so treuen Kunden, der mich jederzeit gut bezahlte, konnte ick doch meine Schlupfwinkel nicht verhehlen. Ich wußte uwhl, daß cr mich niemals verraiben werde."

Nun, sobald ich seine» Brief bekam, sagte ick dem Lakai, daß ich binnen kurzer Zeit in Monlbris eintresfe» würde, und machte mich mit dir und Pierre schon am folgenden Tage ans den Weg. Während ihr nach unserer Ankunft im Walde ein Obdach fülltet, ließ ich »lick bei dem Herrn Grafen melde», der mich sogleich in sein geheimstes Zimmer führte und alle Thüren ver­schloß. damit wir auch ja nicht belauscht werde» könnten. Ich war wirklich neugierig, waS er Vorbringen werde, denn ohne Grund und Ursache traf cr solche Vorsichtsmaßregeln niemals."

Höre, Rollet," sagte cr, nachdem cr mich eine Weile mit durchdringendem Blicke angcschaut hatte,kann ich mich auf dich verlassen?"

Wie auf Euch selbst, Herr Graf, erwiderte ich; denn ich war gar nicht abgeneigt, mir ei» hübsches Stück Geld zn ver­diene», was der Mensch immer und jederzeit gebrauche» kann."

Nun wohlan, Rollet," fuhr er fort,wenn du klug »nd entschlossen bist so soll es dein Schaden nicht sein. Hast dn Muth?"

Wie ein Löwe, Herr Graf!" erwiderte ick keck."

So ist es recht, Mann," sagte er. indem cr mich auf die Sckullcr klopfte und recht glcjßnerisch lächelte.Aber ehe wir von unserem Geschäfte sprechen, trinke einmal. Das ist Wein."

Er stellte eine Flasche Wei» vor »tick hin, schenkte mir selbst davon ein. und nöthigte mich, rasch hinter einander einige Becher voll zu trinken. Der Wei» war stark und feurig, »nd ich merkte wohl, daß der Herr Graf damit umgehe, mich zu dem Geschäfte anzufeuerii, das ick für ihn übernehmen wollte. Er mochte wohl aus Erfahrung wissen, baß ein halb trunkener Mensch viel leichter ein Verbrechen begeht, als ein nüchterner. Uebrigenö bei mir halfen ihm seine Ränke uud Pfiffe nichts, den» ich wußte ihn schon zu nehmen, und hütete mich, gar zu tief in'S Glas zu sehen. WaS ick nicht trank, floß in meine Halsbinde, und dort war der Wein so gut aufgehoben, daß er mir nicht wohl in den Kvpf steigen konnte."

Als der Graf meinte, daß ich genug habe ich stellte mich so, daß er dich glaube» mußte rückte er mit seinem Vor­schläge heraus."

(Forts, folgt.)

Vr»ck »I« ««ri», »«» «. «i. L »ik-r'sch«» «»»»»«»i»»». ,t«.